Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033
DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033
DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033
eBook853 Seiten11 Stunden

DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Im Jahr 2033 steht die Menschheit an einem Wendepunkt ihrer eigenen Evolution – ihrer Verschmelzung mit der KI oder ihr Eintritt in ein neues Goldenes Zeitalter.

Seit Jahrhunderten lenkt Satan mithilfe einer einflussreichen und mächtigen Elite im Verborgenen die Geschicke der Welt. Im Jahr 2033 will er die Menschheit unter seiner personifizierten Gestalt – dem Antichristen – nun gänzlich von allen lichtvollen Kräften des Universums abschirmen und unter einer einheitlichen Weltordnung beherrschen. Der intergalaktische Rat der Lichtfamilie beschließt daher, drei außerirdische Seelen auf die Erde zu schicken, um den Menschen dabei zu helfen, aus der Matrix ihrer Tyrannei zu erwachen. Celina, die weibliche der drei Seelen, scheint am Ende die Einzige zu sein, die sich mit Unterstützung eines ehemaligen Geheimagenten dem Antichristen noch entgegenstellen kann …

Ein apokalyptischer Endzeitroman, der Science-Fiction und Fantasy in einzigartiger Weise verbindet und zugleich ein aktuelles Thema unserer Zeit aufgreift:
Die Cyborgisierung und Kontrolle des Menschen durch die KI!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Dez. 2022
ISBN9783347685291
DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033

Ähnlich wie DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033

Ähnliche E-Books

Science-Fiction für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    DER LETZTE KAMPF UM DAS LICHT - Zeitenwende 2033 - Thayet Agapi

    ______ I. TEIL ______

    DIE ANKUNFT

    Frankfurt

    21. Dezember 2033

    Lisa wischte sich die Regentropfen aus ihrem Gesicht und schnürte ihren Mantel noch enger. Sie fluchte laut, da sie ihn aufgrund ihrer Leibesfülle nicht mehr richtig zubekam.

    »Das hast du nun davon«, schimpfte sie lauthals zu sich selbst. »Warum hast du dich auch erneut schwängern lassen …?«

    Mitten in ihrem Wutausbruch hielt sie inne, denn sie spürte, wie ihre Fruchtblase platzte, und ihre ohnehin schon durchweichten Schuhe wurden von einer auf die andere Sekunde pitschnass.

    »Na prima, hatten wir nicht verabredet, dass du dich erst blicken lässt, wenn ich mit meinen Einkäufen fertig bin? Aber nein, ihr Kellers könnt es einfach nicht erwarten.«

    Lisa stellte ihre Einkaufstaschen ab und kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Holo-Smartphone, doch wie so häufig hatte ihre Assistentin vergessen, es aufzuladen, obwohl die Hyper-Akkus seit 2031 bereits mehrere Wochen lang hielten. Sie nahm noch ein kurzes Aufblitzen auf ihrem Display wahr, bevor sich dieses von selbst vom Netz nahm.

    »Oh, ich bring Doreen um!«, schnaubte sie wutentbrannt.

    Wenn es nach Lisa gegangen wäre, hätte sie Doreen längst gefeuert. Ihr Ehemann wollte hiervon jedoch nichts wissen. Er hatte Doreen vor fünf Jahren als persönliche Assistentin für sie eingestellt und im Gegensatz zu ihr hielt er große Stücke auf sie – und nur das zählte im Hause Keller.

    Immer noch laut fluchend lehnte sie sich an einen Laternenmast.

    Ausgerechnet heute war sie allein unterwegs. An dieser Tatsache, dass musste sie allerdings zähneknirschend zugeben, war sie ganz allein schuld. Um nach Jahren endlich einmal allein in der Metropole von Frankfurt einkaufen zu können, hatte sie heute Morgen ihre zwei Bodyguards erfolgreich gegeneinander ausgespielt, indem sie jeden von ihm im Glauben ließ, der andere hätte heute Morgen Dienst.

    Wie ein Kind hatte sie sich darauf gefreut, wieder einmal ohne große Entourage, durch Frankfurt zu schlendern – so wie früher, wo sie zwar jemand war, aber noch nicht die Frau von Richard Keller. Allerdings machte ihr der noch ungeborene Sprössling in ihrem Bauch gerade einen Strich durch die Rechnung.

    Sie sammelte daher ihre Einkaufstaschen ein und ging in Richtung Hauptbahnhof, wo sie den nächsten zentralen Taxi-Stand vermutete. Die Strecke zog sich, da sie alle fünf Minuten anhalten musste, denn mittlerweile hatten bei ihr schmerzhafte Wehen eingesetzt.

    »Das kann doch nicht wahr sein«, schimpfte sie weiterhin lauthals und wutschnaubend vor sich hin, obwohl sie begann, sich mit jedem Schritt ängstlicher und verlorener zu fühlen. Die letzten vier Male kamen sie doch am Anfang in viel größeren Abständen. Sie biss die Zähne zusammen und lief so schnell es ihre Leibesfülle erlaubte weiter.

    Nach einer Viertelstunde stand sie schweißüberströmt, mit hektischen roten Flecken und bleischweren Armen vom Schleppen der Einkaufstaschen am Taxistand. Da sie in Panik war, beschloss sie heute lieber auf eine der wenigen bemannten Taxen zu setzen. In ihrer Situation war es sicherlich klüger, sich keinem führerlosen Fahrzeug anzuvertrauen.

    Keuchend riss sie das Erste von den nur zwei bemannten Taxen auf, schmiss dem Taxifahrer ihre Einkaufstaschen und ihre Handtasche beinahe ins Gesicht und ließ sich erschöpft auf dem Beifahrersitz nieder.

    »Fahren Sie mich bitte in die nächste Klinik, aber schnell«, herrschte sie den völlig perplexen Taxifahrer panisch an.

    »Sie sind doch nicht etwa schwanger?«, erwiderte dieser erschrocken.

    Lisa Keller bekam in diesem Augenblick erneut eine heftige Wehe, die sie mit ihrem ab sofort unfreiwilligen Geburtsbegleiter dadurch teilte, dass sie ihre Hände und Fingernägel in sein rechtes Bein krallte.

    »Fahren Sie endlich los, Sie Idiot!«, schrie sie ihn panisch, ja fast hysterisch an.

    Der Taxifahrer schüttelte den Kopf, als wolle er sie mit dieser Geste dazu bewegen, sein Taxi wieder zu verlassen.

    Lisa bekam plötzlich Angst. Er würde sie doch nicht rausschmeißen? Sie biss sich auf ihre Unterlippe. Es war taktisch wahrscheinlich klüger, wenn sie ihr Temperament zügelte und einen sanfteren Ton anschlug.

    »Es tut mir leid, ich wollte sie nicht beleidigen«, sagte sie in einem etwas milderem Tonfall.

    Er nickte seufzend und startete den elektrischen Motor per Sprachbefehl.

    Lisa atmete erleichtert auf.

    Mit weit überhöhter Geschwindigkeit fuhren sie durch die Straßen von Frankfurt, vorbei an dem größten Elendsviertel der Stadt, von den Menschen nur ‚Black F.‘ genannt, in dem sich kleine schwarzgraue Häuser wie Särge neben- und hintereinander in endlosen Reihen zu stapeln schienen.

    Lisa schaute auf ihren angeschwollenen Bauch und spürte, wie das Kind in ihr sich mit aller Macht einen Weg nach draußen bahnen wollte.

    Mein Gott, warte wenigstens, bis wir im Krankenhaus sind, dachte sie im Stillen. Ihr ungeborenes Kind schien ihre Botschaft gehört zu haben, denn die Wehen nahmen plötzlich ab.

    Als sie vor der Notaufnahme des Krankenhauses ankamen, stieg sie mit zittrigen Beinen aus dem Taxi. Ihr Atem ging schwer und Schweißperlen standen auf ihrer Stirn.

    »Kommen Sie, ich begleite Sie hinein. Dort können wir auch in Ruhe die Fahrt abrechnen«, sagte der Taxifahrer freundlich.

    Lisa nickte, während sie sich mit schmerzverzerrter Miene an ihren Bauch fasste und stöhnte.

    Als sich die gläserne Eingangstür mit der Aufschrift ‚St. Elisabeths Krankenhaus‘ geräuschlos zur Seite schob, standen sie unmittelbar in der riesigen Empfangshalle der Notaufnahme. Der Raum war überfüllt mit Menschen, die hinter einem Dutzend von Aufnahmestellen standen, hinter denen menschenähnliche Chatboots die Aufnahmeprozedur emotionslos regelten. Es stank nach Schweiß und abgestandenen Essensresten, als würden die Menschen schon seit Tagen hier campieren.

    Lisa hielt den Atem an. Mein Gott, wo war sie nur hingeraten? – erschrocken wandte sie sich dem Taxifahrer zu. »Bringen Sie mich auf der Stelle weg von hier und fahren mich in ein anderes Krankenhaus. Dieser Gestank ist ja nicht auszuhalten.«

    Der Fahrer sah sie verdutzt an. »Garantiert nicht. Dies ist das einzige Krankenhaus in einem Radius von fünfzig Kilometern. Aber Schalter 12 scheint für VIP-Patienten zu sein und so wie sie aussehen, ist das bestimmt der richtige Schalter für Sie. Also kommen Sie schon, wir gehen dort hinüber.«

    Als sie am VIP-Schalter ankamen, stellten beide mit einem Seufzer der Erleichterung fest, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut hinter der weiß glänzenden Empfangstheke saß.

    Eine Frau, um die sechzig vielleicht, mit einer weißen Bluse bekleidet, auf deren rechter Brustseite das Emblem einer bereits etwas vergilbten Sonne angebracht war, blickte geschäftig auf ihren Holo-Computer vor sich.

    »Gott sei Dank, keine Warteschlange«, murmelte Lisa erleichtert.

    Die Frau hinter der Theke schien sie gehört zu haben, denn sie schaute jetzt auf und bedachte sie beide mit einem kritischen Blick.

    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie freundlich.

    Lisa spürte, wie eine erneute Wehe kam. Sie stöhnte auf und musste sich an der Theke abstützen.

    »Das sehen Sie doch«, erwiderte der Taxifahrer völlig verständnislos. »Diese Frau hier kriegt jeden Augenblick ihr Kind!«

    Die Empfangsdame lächelte. »Keine Angst, mein Herr. So schnell wie die meisten denken, kommen die Kleinen dann doch nicht heraus. Am besten Sie setzen Ihre Frau jetzt erst einmal dort drüben auf die Bank und füllen auf diesem Holo-Tablet das aufgerufene Formular aus. In der Zwischenzeit rufe ich in der Gynäkologie an und informiere die Schwester … Ich nehme doch an, dass Ihre Frau privatversichert ist?«

    »Selbstverständlich«, mischte sich Lisa in das Gespräch ein.

    Die Frau lächelte sie zufrieden an und richtete dann ihren Blick wieder auf den Taxifahrer. »Also, was ist mit Ihnen? Sie sehen doch, dass Ihre Frau Wehen hat.«

    Der Taxifahrer nickte resigniert und wandte sich Lisa zu. »Kommen Sie, ich begleite Sie zur gegenüberliegenden Sitzbank. Dort können Sie es sich einstweilen bequem machen.«

    Dankbar nickte sie ihm zu, hakte sich bei ihm unter und ließ sich bereitwillig von ihm fortführen. Als sie endlich auf der Bank Platz genommen hatte, kündigte sich erneut eine Wehe an. Lisa stöhnte auf und krallte ihre Finger in die verschlissene Armlehne.

    Mit schmerzverzerrtem Gesicht beobachtete sie, wie sich der Taxifahrer nervös durch sein schütteres Haar fuhr – augenscheinlich schien ihn die Situation ein wenig zu überfordern.

    Nachdem ihre Wehe verebbt war, beugte er sich zaghaft zu ihr herunter und tätschelte ihr unbeholfen den Rücken. »Warten Sie hier, ich komme gleich wieder.«

    Lisa sah, wie er mit entschlossenen Schritten erneut auf die Dame hinter der Theke zuging.

    »Also, hören Sie«, hörte Lisa ihn jetzt mit ruhiger Stimme sagen. »Ich bin Taxifahrer und nicht der Mann dieser Frau. Ich habe sie lediglich in dieses Krankenhaus gefahren und möchte jetzt nur noch meine Stars abkassieren. Wenn Sie Auskünfte brauchen oder was auch immer sonst«, dabei zeigte er mit dem Zeigefinger auf Lisa, »dann holen Sie sich diese bitte von ihr.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und steuerte erneut auf Lisa zu. Als er vor ihr stand, räusperte er sich zwei Mal und sagte verlegen: »Entschuldigen Sie bitte, ich weiß, es ist jetzt etwas ungünstig, aber ich bekomme noch dreiundzwanzig Stars von Ihnen.«

    Lisa sah den Taxifahrer ungläubig an. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Sie lag mitten in den Wehen und er behelligte sie jetzt mit seinen Forderungen. Außerdem hatte sie ihren bargeldlosen Starcode-PAD nicht dabei, da sie es gewohnt war, dass ihre Assistentin oder einer ihrer Bodyguards derartige Dinge für sie regelte. Du bist eine dumme Kuh, schallte sie sich daher erneut.

    »Passen Sie auf, guter Mann«, sagte sie so ruhig sie konnte. »Ich habe leider so gut wie nie meinen Starcode-PAD dabei und ich bin zudem einer der wenigen Aliens auf dieser Welt, der auch keinen Chip unter seiner Haut trägt. Ich war ehrlich gesagt nicht darauf vorbereitet, heute Ihre Dienste in Anspruch nehmen zu müssen. Ich gebe Ihnen daher meine Holo-Visitenkarte und Sie schicken die Rechnung einfach an diese Adresse. Meine persönliche Assistentin wird sich umgehend darum kümmern, dass Sie Ihre Auslagen so schnell wie möglich erstattet bekommen.«

    Der Taxifahrer blickte sie amüsiert an, als habe sie einen Scherz gemacht. Ruhig, aber mit einem etwas sarkastischen Unterton, antwortete er daher: »Sorry, Madame, aber ich will jetzt auf der Stelle, dass Sie mir Ihren Unterarm zeigen. Dann nehme ich meinen Scanner und buche einfach die mir zustehenden Stars auf mein Chip-Account. Die Geschichte mit dem Alien, der keinen Mikrochip hat, können Sie gerne einem anderen Schlauberger auftischen. Seit 2028 gibt es abgesehen von unserer wohlgeschätzten Politikerelite keinen Bürger mehr, der keinen ‚Allround Blue Chip‘ eingepflanzt bekommen hat. Das ist gesetzlich gar nicht zulässig. Auf Visitenkarten und ominöse Assistentinnen lasse ich mich erst gar nicht ein, sonst müsste ich am Ende des Tages auch noch eine Assistentin einstellen, die meinen Bürokram erledigt.«

    Lisa wollte gerade etwas erwidern, da kündigte sich abermals eine Wehe an. Unter lautem Stöhnen beugte sie sich nach vorne und krallte ihre Hände erneut in die gepolsterte Seitenlehne.

    Die Wehe war heftig und sie schaute mit schmerzverzerrtem Blick den langen Flur entlang. Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie eine Schwester wahr, die, bewaffnet mit einem Rollstuhl, der aus dem vorherigen Jahrhundert zu sein schien, schnurstracks auf sie zukam. Als sie endlich bei ihr war, stellte sie diesen in aller Ruhe zur Seite, beugte sich liebevoll zu ihr herunter und sprach sie in einem sanften Tonfall an. »So meine Liebe, mein Name ist Schwester Maja. Ich fahre Sie jetzt erst einmal in den zweiten Stock der Gynäkologie und kümmere mich dort um Sie. Verraten Sie mir noch netterweise Ihren Namen?«

    »Lisa Keller«, entgegnete sie keuchend. »Mein Mann ist Richard Keller. Bitte rufen Sie ihn in seinem Büro an und schildern ihm kurz die Lage.«

    Sie kramte erneut in ihrer Handtasche und zog ein holografisches Visitenkartenetui heraus, in dem sich die Visitenkarten ihres Mannes und die ihrigen befanden.

    Die Schwester schüttelte bedauernd mit dem Kopf. »Frau Keller, ich habe mein Gerät zum Einscannen leider nicht bei mir. Ich kümmere mich um alles, sobald wir auf der Station angekommen sind. Jetzt bringe ich Sie erst einmal in den zweiten Stock und rufe den diensthabenden Arzt.«

    Sie griff Lisa unter den rechten Arm und wies den Taxifahrer mit einem strengen Blick an, es ihr gleichzutun. Mit vereinten Kräften setzen sie Lisa in den Rollstuhl. Die Schwester nickte dem Taxifahrer dankend zu und drehte sich mit ihr in Richtung des gläsernen Fahrstuhls um.

    »Hey Madame, Sie schulden mir immer noch dreiundzwanzig Stars«, hörte sie den Taxifahrer noch rufen. Doch weder Lisa noch die Krankenschwester schauten sich noch einmal nach ihm um.

    Auf der Gynäkologie angekommen, waren Lisas Wehen mittlerweile so stark, dass sie sich nur noch wünschte, dass dieses Kind bald zur Welt kommen würde. Im Kreißsaal konnte sie nur noch verschwommen wahrnehmen, wie eine Frau, die sich ihr als Hebamme vorstellte, ihr auf einen Geburtsstuhl half und ein weiß gekleideter Mann mit Mundschutz hereinkam – wahrscheinlich einer der Ärzte.

    »Wie weit ist sie?«, fragte er die diensthabende Hebamme nervös.

    »Ihr Muttermund hat sich schon circa sieben Zentimeter weit geöffnet. Ich denke, es ist bald so weit.«

    »Irgendwelche Komplikationen?«

    »Nicht, soweit ich das nach den ersten fünf Minuten beurteilen kann«, erwiderte sie ein wenig spöttisch.

    »Nun gut«, sagte er jetzt deutlich ruhiger und fügte ergänzend hinzu: »Ach, und tun Sie mir bitte noch einen Gefallen und überprüfen, ob ihr Ehemann bereits verständigt wurde.«

    »Soviel ich weiß, wurde er bereits informiert.«

    »Dann sehen Sie auch zu, dass Dr. Frinnern – ihr Frauenarzt und Leiter der ‚Human-Liberty-Klinik‘ – ebenfalls verständigt wird«, entgegnete er ein wenig ungehalten.

    »Seit wann verständigen wir den zuständigen Frauenarzt?«, erwiderte sie verdutzt.

    So unauffällig wie möglich nahm er sie beiseite. »Weil Frau Keller nicht irgendeine Frau Keller ist, sondern die Frau von Richard Keller, dem Medienmogul«, zischte er ihr barsch ins Ohr. »Und glauben Sie mir, da möchte ich wirklich nichts falsch machen. Es sei denn, Sie und ich wollen morgen in den Abendnachrichten stehen und eine Horde Anwälte auf den Hals gehetzt bekommen.«

    Erstaunt blickte sie ihn an, machte dann aber postwendend auf dem Absatz kehrt und beeilte sich, die Anweisungen ihres Chefs in die Tat umzusetzen.

    Lisa hatte das Gespräch der beiden nur bruchstückhaft verfolgen können. Irgendetwas war anders als bei ihren vorherigen Geburten. Sie fühlte einen stechenden Schmerz, aber im Gegensatz zu ihren anderen Schwangerschaften empfand sie auch das erste Mal so etwas wie Vorfreude. Für einen kurzen Moment musste sie fast anfangen zu lachen, denn als sie vor sieben Monaten die Hiobsbotschaft von Dr. Frinnern erhalten hatte, dass sie wieder ein Kind erwarten würde, war sie alles andere als begeistert gewesen. Sie verstand bis heute nicht, wie sie trotz Sterilisation überhaupt schwanger geworden war. Abgesehen davon, dass sie und ihr Ehemann nur noch selten das gemeinsame Bett teilten.

    Dr. Frinnern, ihr Gynäkologe und Leiter der Human-Liberty-Klinik, hatte ihr nach der Eröffnung der Schwangerschaft angeboten, einen Abbruch vorzunehmen. Ihr Ehemann hatte jedoch von diesem Vorschlag nichts hören wollen. Wie sie später erfuhr, hatte er Frinnern gedroht, seine Klinik ohne mit der Wimper zu zucken zu vernichten, sollte er sich erdreisten, eine Abtreibung ohne sein Einverständnis vorzunehmen.

    Lisa könnte sich heute noch dafür ohrfeigen, dass ihr das mit der Schwangerschaft ihrem Mann gegenüber überhaupt rausgerutscht war. Aber bei einer ihrer zahlreichen heftigen Streitereien hatte sie sich wie so häufig nicht zurückhalten können und ihm in ihrer Wut schreiend an den Kopf geworfen, dass er es wieder einmal geschafft hatte, sie zu schwängern.

    Im Gegensatz zu ihr war Richard über diese Nachricht allerdings äußerst erfreut gewesen – nicht, weil er entzückt von dem Gedanken war ‚ein weiteres Kind der Liebe‘ in diese Welt zu setzen. Vielmehr ging es ihm nur darum, so viele Keller-Sprösslinge wie möglich zu zeugen, um unter seinen Kindern später wählen zu können, wer ihm eines Tages ebenbürtig auf den Thron folgen würde.

    Lisas Gedanken wurden abrupt von der nächsten sich ankündigenden Wehe unterbrochen. Nur vage vernahm sie die Stimme der Hebamme. »So Frau Keller, hören Sie mir jetzt genau zu. Bei der nächsten Wehe pressen Sie – so gut Sie können.«

    Lisa Keller gehorchte und presste. Schon in der nächsten Sekunde verspürte sie einen bohrenden Schmerz im Unterleib und konnte nur noch geistesabwesend registrieren, dass ihr Körper anscheinend auf Autopilot geschaltet hatte. Ihr bewusster Verstand war mittlerweile zu kraftlos, um den weiteren Anweisungen der Hebamme Folge leisten zu können. Sie hörte sich atmen, schreien und wüste Flüche gegen den Arzt und die Hebamme ausstoßen. Sie gewann erst wieder neue Klarheit, als von einem auf den anderen Moment ein Schreien ertönte. Es war ein durchdringender Schrei, fast makellos und von unheimlicher Intensität. Erschöpft sank Lisa zurück und beobachtete aus dem Augenwinkel heraus, wie die Hebamme die Nabelschnur durchschnitt und ihr ein kleines Bündel in die Arme legte.

    »Herzlichen Glückwunsch, es ist ein Mädchen«, erwiderte die Hebamme sichtlich verzückt.

    Sobald das Bündel an ihrer Brust ruhte, hörte ihre Tochter augenblicklich auf zu schreien. Auch alle anderen im Raum waren plötzlich verstummt. Es war fast so, als wären sie einer ihrer Haushaltsroboter, denen man nach ihrer Tätigkeit abrupt den Strom abgestellt hatte.

    Lisa blickte auf das kleine nackte Wesen, das ihre winzigen Ärmchen zaghaft in die Luft streckte. Die strahlend blauen Augen ihrer Tochter waren ganz auf sie gerichtet. Obwohl sie erst ein paar Minuten alt war, schaute sie dieser Säugling mit sanftem und klarem Blick an – ein Blick, der sie mitten ins Herz traf. Lisa kam es vor, als ob dieses winzige Wesen bereits alles wusste, was es über diese Welt zu wissen gab. Sie spürte, wie etwas seltsam Befremdliches in ihr aufkam; wie die Ruhe vor einem Sturm, von dem man bereits wusste, dass er mit rasender Geschwindigkeit auf einen zukam, um alles mit sich zu reißen, was sich ihm in den Weg stellte.

    ***

    Richard Keller war mit seiner schwarzen Limousine auf dem Weg zur Zentrale der Keller-International-Media-Group – dem größten Multi-Mediakonzern der Welt.

    Seit sechs Uhr früh war er bereits damit beschäftigt, unzählige Telefonate mit seinen Niederlassungen in Übersee zu führen und seine Führungskräfte anzuweisen, welche Nachrichten herausgegeben wurden und welche in der Versenkung verschwanden.

    Obwohl sein Unternehmen seine größten Standorte in den USA, Kanada, Süd- und Lateinamerika sowie Australien hatte, war es ihm nie in den Sinn gekommen, seinen Hauptfirmensitz außerhalb von Frankfurt zu verlegen. Hier hatte sein Vater, Albert Keller, vor fast vierzig Jahren das Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut und nach seinem Tod an ihn, seinen ältesten Sohn, übergeben.

    Richard selbst hatte seinen Vater nur als einen vom Ehrgeiz zerfressener Menschen kennengelernt, der zur Erreichung seiner Ziele über mehr als nur eine Leiche gegangen war. Dabei war es ihm nur sekundär um Reichtum gegangen, vielmehr hatte es ihn Zeit seines Lebens nur nach einer Sache gedürstet – unbegrenzter Macht.

    Schon in jungen Jahren wurde ihm jedoch bewusst, dass es nur einen Weg gab, dieses Ziel in kurzer Zeit zu erreichen – er musste sich einer mächtigen Seilschaft anschließen, die über immensen Einfluss und sehr viel Macht verfügte.

    So war sein Vater zunächst den Freimaurern sowie einer im Geheimen tätigen Bruderschaft – dem Orden des blauen Blutes – beigetreten, in deren verschachtelten Zirkeln er im Laufe von über zehn Jahren verschiedene Initiationen durchlaufen musste, um in die höheren Grade aufzusteigen. Während dieser Zeit hatte er zielstrebig nach den Kontakten gesucht, die ihm die Tür zu der wohl mächtigsten Geheimorganisation dieser Welt öffnen sollte – den Illuminaten.

    Diese Geheimorganisation stand bis heute an der Spitze aller Orden und Bruderschaften, der es nur um eines ging – unendliche Macht, die darin mündete, unter der Führung einer kleinen und auserwählten Elite die alleinige Weltherrschaft zu erlangen.

    Drei Jahre später, im Jahre 1996, war sein Vater diesem Ziel endlich ein Stück nähergekommen. Eher zufällig hatte er ein Gespräch einiger Ordensbrüdern belauscht, von denen er wusste, dass sie bereits den dreiunddreißigsten Grad besaßen. Sie waren zu einem großen Treffen verschiedener Geheimzirkel, Orden und Bruderschaften in die Schweiz geladen worden, wo es um ein wichtiges wirtschaftliches und finanzielles Thema ging, das ganz Europa betreffen sollte.

    »Ich weiß nicht, ob es Glück, Fügung oder die Bestimmung Satans war«, hatte sein Vater ihm einmal erzählt, »aber ich bekam eine Einladung zu diesem Treffen, obwohl ich erst den zweiunddreißigsten Grad besaß.«

    Richard wusste, dass das Treffen unter striktem Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte, denn was damals wie heute besprochen wurde, war nicht für den Normalbürger bestimmt, wenngleich es ihn fast ausschließlich betraf.

    Es versetzte Richard immer noch in Erstaunen, wie einfältig und dumm die Menschen doch waren. Die meisten Bürger dieses Erdballs glaubten immer noch daran, dass die Geschicke ihrer Länder in ihren Plenarsälen gelenkt wurden. Sein Vater hatte auf jeden Fall nicht zu dieser Sorte von Lämmern gehört, sondern war vielmehr ein gieriger Wolf gewesen.

    Bei diesem schicksalsträchtigen Treffen war es seinem Vater jedenfalls gelungen, den Hauptredner und Initiator, Sir John Gordon, derart zu beeindrucken, dass er ihn fortan unter seine Fittiche genommen hatte.

    Gordon selbst gehörte zu den einflussreichsten Bankiers der damaligen Zeit. Er war die graue Eminenz der Finanz-, Banken und Hedgefondswelt, der im Hintergrund weltweit die Fäden zog – Regierungen und internationale Institutionen miteingeschlossen.

    Gordon war es dann auch, der seinen Vater schrittweise mit den Ideologien der Illuminaten und der Stellung des Jansitenordens bekannt machte. Er offenbarte ihm die wahren Machtinstrumente in Politik und Wirtschaft und sprach immer wieder von der dringenden Notwendigkeit, eine einheitliche Weltordnung zu schaffen, um so das Überleben der gesamten Menschheit zu sichern. Darüber hinaus machte Gordon seinen Vater sukzessiv mit dem satanischen Kult vertraut, in dessen Zentrum die Anbetung Satans stand.

    »Satan war einst ein mächtiger Erzengel mit dem Namen Luzifer«, hatte Gordon seinem Vater erklärt. »Es ist ihm jedoch gelungen, sich aus der Tyrannei Urschöpfers zu befreien und strebt seitdem unaufhaltsam die Herrschaft über das gesamte Universum an – zusammen mit uns, der auserwählten Elite.«

    Nach drei weiteren Jahren der Lehrzeit hatte man Gordon dann angewiesen, seinen Vater auf das jährlich stattfindende Einweihungsritual nach ‚Brave‘ mitzunehmen, bei dem die Nachkömmlinge der 13 obersten Familien der satanischen Blutlinie im Rahmen eines okkulten Rituals offiziell in den Orden eingeführt wurden.

    Sein Vater durfte als einer der wenigen Rekruten von außerhalb daran teilnehmen, obgleich er bis zu diesem Zeitpunkt weder zum ersten noch zweiten Rang gehörte. Eine Ehre, die jedoch gleich am Anfang mit dem Tod geendet hätte, wenn sein Vater damals nicht bestanden hätte – aber er bestand die Einweihungsprozedur mit Bravour und drei Jahre später gehörte die Keller-Media-Group bereits zu den funkelnden Sternen am Medienhimmel.

    Richard musste unwillkürlich an das überdimensionale Ölgemälde denken, dass seinen Vater porträtierte und bis zu dessen Jagdunfall noch im Eingangsflur seines Anwesens gehangen hatte. Sein Vater hatte es von einem berühmten französischen Maler zwei Tage nach seiner Einweihung anfertigen lassen und zeigte einen Mann voller Stolz – aber auch grausamer Entschlossenheit.

    Als Kind hatte er noch voller Bewunderung vor diesem Bild gestanden und seinen Vater mehr als einmal darum gebeten, ihm alle Einzelheiten dieser Nacht zu schildern, denn auch er wollte dort eines Tages die satanischen Weihen empfangen – erst ein Jahrzehnt später sollte dieser Traum für ihn Wirklichkeit werden.

    Seine Gedanken wanderten zu seiner eigenen Einweihungszeremonie auf Brave. Es war der Abend des ersten November 2004. Alle Mitglieder der ersten beiden Ränge hatten sich in einem riesigen Halbkreis vor dem steinernen Opferaltar versammelt. Hinter dem Altar ragte ein fast 12 Meter hoher, steinerner Stier mit Hörnern, Brüsten und einem menschlichen Korpus in die Höhe. Zur rechten und linken Seite des Altars hatte man sechs Meter hohe Feuerschalen aus Kupfer platziert, deren Feuer die fast einzige Lichtquelle bildete. Alle Anwesenden waren in schwarze Mäntel mit Kapuzen gekleidet und trugen silberne Masken, die ihre Gesichter vollständig verhüllten. Lediglich sechs Anwesende stachen optisch heraus, da sie im Gegensatz zum uniformierten Rest in rote Roben mit breitkrempigen Kapuzen eingehüllt waren. Auch sie trugen Masken, die allerdings aus Gold waren. Damit waren alle Gesichter, bis auf sein eigenes und die der übrigen Anwärter verhüllt.

    Richards Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten, fast wehmütigen Lächeln. Vor seinem geistigen Auge konnte er sich noch immer jedes Detail in Erinnerung rufen.

    Mit nackten Füßen stand er auf dem eiskalten Boden, während sein Blick auf den blutroten Vollmond gerichtet war, den lediglich ein paar schwarze Schleierwolken verdeckten, die ihm wie dämonenhafte Geister aus der Unterwelt erschienen.

    In weiter Ferne hörte er das Rufen einer Eule, während die Rekruten sich nacheinander auf den Altar legen mussten.

    Die Zweige der meterhohen alten Tannen und knorrigen Kiefern, die rund um den Platz wie stumme Soldaten Spalier standen, peitschten im Wind mal sachte, mal schneller gegeneinander, als würden sie der dunklen Zeremonie frenetisch Beifall klatschen.

    Es roch nach Blut und Harz, und er konnte noch immer mit jeder Faser seines Körpers spüren, von welch einer unheimlichen, ja fast ekstatischen Erregung er damals erfasst gewesen war.

    Noch deutlich sah er den damaligen ‚Schwarzen Papst‘ vor sich, der ihn mit einem kalten und emotionslosen Blick aufforderte aus dem Halbkreis herauszutreten, um den Illuminaten-Eid auf die satanische Bibel zu schwören.

    Nachdem er gelobt hatte, sein Leben und alle zukünftigen Leben in den Dienst Satans und der Agenda einer neuen Weltordnung zu stellen, überreichte er ihm einen Kelch mit Blut.

    Das Blut war dickflüssig und pulsierend, gleich einem Lavastrom, und er konnte immer noch fühlen, wie es langsam seinen Hals hinuntergeglitten war.

    Als das Ritual nach Stunden sein Ende fand, hatte er triumphierend nach seinem Vater Ausschau gehalten, aber unter all den maskierten Männern und Frauen konnte er ihn nicht ausmachen.

    Erst auf dem anschließenden Fest war sein Vater auf ihn zugekommen, hatte ihm kurz anerkennend auf die Schulter geklopft und war dann wieder wortlos in der Menge verschwunden – wie so oft in seinem Leben.

    Zu diesem Zeitpunkt war ihm jedoch seine kühle und schroffe Art bereits gleichgültig, denn mit dem Bestehen der Einweihungszeremonie gehörte er nun selbst zu den mächtigsten Menschen auf diesem Erdball.

    Eines schwebte jedoch auch danach wie eine dunkle Wolke über ihm – er hatte es noch nicht bis an die Spitze der Pyramide geschafft. Die Zugehörigkeit zur obersten Logenspitze war seit der Gründung des Ordens den 13 satanischen Blutlinien vorbehalten – Familienstämme, die über besondere schwarzmagische, okkulte und dämonenhafte Kräfte verfügten, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

    Nur wenige Auserwählte hatten bisher den Aufstieg in die obersten Familien erreicht und wenn ja, dann hatte dieser Weg fast ausschließlich über die Ehelichung eines Familienmitgliedes geführt.

    Die Familien achteten jedoch bis heute penibel darauf, dass sich ihr Blut so wenig wie möglich mit anderem nicht satanischem Blut mischte. So sollte sichergestellt werden, dass die Erblinie rein blieb und die Weltherrschaft wirklich denjenigen vorbehalten war, die schon immer an oberster Spitze gestanden hatten.

    Mit Vollendung seines dreißigsten Lebensjahres hatte er daher alles darangesetzt, eine Frau zu finden, die aus einer dieser Familien stammte. Richard wusste, dass er dabei auf die Unterstützung seines Vaters zählen konnte, denn seine Brüder hatten sich als zukünftige Führer des Imperiums als völlig untauglich erwiesen.

    Kurz nach seinem zweiunddreißigsten Geburtstag hatte sein Vater ihn dann in sein Büro zitiert und ihm mitgeteilt, dass er eine geeignete Kandidatin für ihn gefunden hatte. »Sie ist eine echte Dane, mein Sohn«, hatte er mit stolz geschwellter Brust verkündet. »Setze alles daran, sie für dich zu gewinnen. Ich habe bereits mit ihrem Vater gesprochen. Er wird jedoch nur mit mir in Verhandlungen einsteigen, wenn du es schaffst, sie von dir zu überzeugen.«

    Eine Aufgabe, die er zielstrebig und unter Einsatz von Charme und Manipulation schnell umgesetzt hatte, wenngleich Lisa eine nicht so leichte Beute gewesen war.

    Damals war sie noch scheu und zurückhaltend gewesen, ja fast wie ein naives Mädchen, das darauf wartete, endlich ihrem Märchenprinzen zu begegnen. Es hatte ihn vier Monate gekostet, bis er sie endlich ins Bett bekommen hatte. Bei Satan, das hatte ihn damals wirklich an ihr gereizt – diese infantile Unschuld, die es in ihren Kreisen eigentlich nicht mehr gab.

    Letztendlich hatte es fast zwei Jahre gedauert, bis sie seinem Charme endgültig erlegen gewesen war. Außerdem hatte sein Vater die stattliche Summe von vierhundert Milliarden US-Dollar an Nicolas Dane überweisen müssen, um den Ehedeal in diesen Kreisen zu besiegeln.

    Ein Jahr später hatten sie dann unter Ausschluss der Presse und mit großem Pomp in einem Schloss in Frankreich geheiratet und schon neun Monate später wurde sein erster Sohn geboren.

    Sein Vater hatte sein erstes Enkelkind jedoch nicht mehr kennengelernt, denn sein Helikopter war auf dem Weg zu einem Jagdausflug in den kanadischen Bergen abgestürzt.

    Er konnte sich noch gut daran erinnern, dass er weder Trauer noch Verlust gespürt hatte, als ihm seine Mutter unter Tränen von seinem Tod berichtete. Ja, es war eher eine Art von Erleichterung gewesen – endlich stand er allein an der Spitze des Unternehmens.

    Nach seiner Einheirat in die ‚Dane Dynastie‘ gelang es ihm dann auch innerhalb eines Jahrzehntes bis an die Spitze des Geheimbundes vorzudringen. Sein Schwiegervater ernannte ihn noch vor seinem Tod zu seinem Nachfolger, denn auch seine beiden Söhne hatten sich nach seinem Dafürhalten als völlig untauglich erwiesen, seine Dynastie standesgemäß fortzuführen.

    Seitdem lebten er und Lisa abwechselnd in Frankfurt oder auf einem ihrer Anwesen in Frankreich oder in den Vereinigten Staaten. Ansonsten verkehrten sie weltweit nur noch unter ihresgleichen – da war der Aufenthaltsort oder das jeweilige Land doch eher eine Nebensächlichkeit.

    Für Richard und die übrige Elite waren Länder und Menschen sowieso nur eine Art Ware. Es waren Systeme mit andersartigen klimatischen Bedingungen, anderen Menschenrassen und unterschiedlichen Sprachen, die sich ausnahmslos nur von einem leiten ließen – Geld und ihrem Irrglauben, die Macht über ihr Leben zu besitzen.

    Staaten und Länder wurden seit jeher gekauft wie Huren, denn sie alle waren geblendet von dem schnellen Geld und der Illusion verfallen, irgendwann einmal aus dem Sumpf von erdrückenden Krediten, Gewalt und Korruption herauszukommen.

    Die humanoiden Sklaven – wie Richard und die übrige Elite den Rest der Weltbevölkerung nannte – wurden zudem von einem sehr machtvollen Instrument gesteuert und gelenkt – den Medien. Eine Welt, die Richard schon nach Abschluss seines Studiums und dem Einstieg in das Imperium seines Vaters wie kein anderer beherrschte und dominierte.

    In seiner Jugend hatte Richard einmal einen amerikanischen Film namens ‚Die Tyrannen hinter der Matrix‘ gesehen. Dieser Film wurde zwar in die Story eines Science-Fiction-Films eingebettet, doch in Wirklichkeit zeigte er erstmals jedem Kinozuschauer die wahre Welt, in der jeder von ihnen lebte. Es war eine Scheinwelt, aufgebaut auf Konsum und Kontrolle, einzig und allein dazu geschaffen, die Rasse Mensch zu kontrollieren und deren Energien anzuzapfen. Wie im wahren Leben erkannten dennoch nur wenige Menschen, was in der wirklichen Matrix vor sich ging und welcher Kampf dahinter tobte. Der Film war damals ein riesiger Blockbuster gewesen. Aber wie im Film waren bis heute nur wenige Menschen dahintergekommen, dass er die grausame Realität ihrer eigenen Welt darstellte.

    Bis heute begriff die Menschheit nicht, dass nur sie, die Elite, zu einem Großteil die menschliche Rasse sowie die Geschicke dieser Welt kontrollierte und beherrschte. Sie besaßen nicht nur das Geld, sondern sie kontrollierten Länder, Regierungen, Währungen und bestimmten, welche Technologie auf den Markt kam und welche in den Schubladen verschwand. Sie zettelten Kriege an, stürzten Regierungen und setzten danach neue Präsidenten ein, die ihnen ergeben waren. Sie waren es, die im Jahr 2027 fast ausnahmslos den bargeldlosen Zahlungsverkehr in ganz Nord- und Südamerika, Europa, Australien, der African Unity und einem Großteil der Länder in Asien einführten – einzig und allein zu dem Zweck, jeden Menschen auf diesem Erdball zu versklaven und zu kontrollieren.

    Amerika war damals neben Europa der Steigbügel gewesen, um die Plattform für ein einheitliches und weltweites Währungssystem zu ebnen und Schritt für Schritt den bargeldlosen Geldverkehr einzuführen.

    Als Ende 2024 das europäische sowie das amerikanische Währungssystem zusammenbrachen, verkaufte man den Menschen in diesen Ländern als einzige Möglichkeit, um ein globales Chaos abzuwenden, ein ausnahmslos bargeldloses Währungssystem einzuführen. Ein Währungssystem, welches virtuelles Geld in Form einer neuen Computerwährung abrechnete, die man ‚Stars‘ nannte.

    Hierzu war es jedoch notwendig, dass man jedem Staatenbürger einen Mikrochip unter seine Haut einpflanzte, der außer den Konto- und Bankdaten des neu eingeführten Währungssystems zudem alle Identitätsmerkmale seines Trägers speicherte. Mithilfe des Chips war es zudem möglich, seinen Träger zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Ort zu tracken – keine Straftat blieb so mehr unentdeckt.

    Der Chip war überdies mit einem eigenen privaten Internet-User-Account verknüpft. Dies ermöglichte es jedem Staatenbürger, sich von überall ins World-Wide-Web einzuloggen, um zu kommunizieren, Online einzukaufen, seine Bankgeschäfte zu erledigen, seine Behördengänge abzuwickeln oder bei Wahlen seine Stimme abzugeben.

    Seit der Einführung des Chips gab es weltweit zudem nur noch wenige Internetplattformen, allen voran K’Ollusion, die Richard mithilfe der amerikanischen Regierung im Jahr 2029 zwangsweise eingeführt hatte und mittlerweile einen Großteil des gesamten World-Wide-Web dominierte.

    Jeder Mensch, der einen solchen Chip besaß, war damit gläsern, manipulierbar und kontrollierbar geworden. Nichts blieb K’Ollusion verborgen, denn mithilfe des Chips und seiner Verknüpfung zum Internet war es nun möglich, alle Daten über einen Menschen zentral zu erfassen und so ein gläsernes virtuelles ‚Ich‘ eines jeden Chip-Trägers zu erstellen.

    Mit der weltweiten Einführung des Mikrochips wurde die Erde von da an auch nur noch in ‚Human-Chip-Areas‘ und in ‚Human-Non-Chip Areas‘ unterteilt. Letztere befanden sich fast ausschließlich in den ärmsten Regionen dieser Welt, die unzählige von Slums beherbergten – aber auch dieses Problem würden Richard und seine Mitstreiter bald lösen.

    Noch ganz in seine Gedankengänge versunken sah Richard, wie die Limousine das Tor zum Firmengelände passierte. Sein auf Vibrationsalarm gestelltes Smartphone gab plötzlich ein leises Surren von sich. Ärgerlich nahm er das Gerät aus seiner Hosentasche und aktivierte mithilfe des Sprachmodus die Netzholografierung. In Sekundenschnelle baute sich vor seinen Augen ein virtuelles Bild seines Anrufers auf – es war seine erste Assistentin.

    »Was gibt es so Dringendes, Vivian? Ich sagte doch, ich möchte heute Morgen auf keinen Fall mehr gestört werden.«

    »Es tut mir leid, Richard, aber ich habe soeben einen Anruf vom ‚St. Elisabeth Krankenhaus‘ in Frankfurt erhalten. Ihre Frau ist mit Wehen dort eingeliefert worden und keiner unserer Security Mitarbeiter ist bei ihr – Herr Dr. Frinnern, der Gynäkologe Ihrer Frau, ist gerade auf dem Weg dorthin.«

    Richard zog überrascht eine Braue nach oben. Warum hatte sie sich nicht in die Privatklinik einliefern lassen? Und warum in Teufels Namen war sie ohne Bodyguards in diesem Krankenhaus?

    Er seufzte. Nun gut, er hatte für so etwas jetzt keinen Kopf. Es fand in wenigen Minuten ein wichtiges Meeting statt, an dem die obersten Vertreter der 13 mächtigsten Dynastien auf diesem Erdball teilnahmen. Er konnte sich keinesfalls durch die Geburt seines mittlerweile fünften Kindes davon ablenken lassen.

    »Okay Vivian, nehmen Sie Kontakt zum Krankenhaus auf und sagen denen, sie sollen zusammen mit Dr. Frinnern den Transport meiner Frau in seine Privatklinik organisieren. Ich will, dass sie im St. Elisabeth Krankenhaus nur so lange bleibt, wie es unbedingt sein muss. Verständigen Sie zudem meinen Sicherheitsdienst, damit sie fünf zusätzliche Männer für ihre Bewachung abstellen.«

    Nachdenklich schaltete er sein Smartphone aus, während der Fahrer bereits dabei war, ihm die Tür zu öffnen.

    Richard nickte ihm nur kurz zu und betrat in Begleitung seiner zwei Bodyguards die Firmenzentrale seines Medien-Imperiums.

    Marilyn – die erste Empfangsdame – eilte auf ihn zu und nahm seinen Mantel in Empfang, während sie ihn wie immer zum Fahrstuhl begleitete.

    »Soll ich Vivian verständigen, Sir?«, fragte sie ihn im geschäftsmäßigen Ton.

    »Das ist nicht nötig. Ich fahre direkt in den letzten Stock«, erwiderte er tonlos, während er bereits auf den Knopf drückte.

    Zwei Minuten später war er im obersten Stockwerk angelangt. Er bog nach rechts und ging bis ans Ende des Flurs, wo er vor einer unscheinbaren Holzvertäfelung stehen blieb.

    »Stimmenautorisierung aktivieren«, rief er mit lauter Stimme in den menschenleeren Flur.

    Die Holzvertäfelung glitt unverzüglich nach rechts und gab eine Stahltür inklusive eingebauter Kamera und Augenscanner frei.

    Richard legte seinen Kopf auf das Scanner-Gerät und schaute in die winzige Mini-Kamera vor ihm. Binnen weniger Sekunden hatte der Scanner die unverwechselbaren Merkmale seines Gesichts mit seinem eigenen Datenspeicher abgeglichen. Die vier Meter lange und ein Meter dicke Stahltür schob sich geräuschlos zur Seite und gab den Blick frei auf einen circa zweihundert Quadratmeter großen Konferenzraum. Kaum, dass Richard über die Schwelle getreten war, wurde er von dem Körperscanner erfasst, der sich rechts oben im Raum und für Dritte nicht sichtbar befand. Derweil schloss sich die Stahltür geräuschlos hinter ihm. Der Körperscanner war in der Zwischenzeit damit beschäftigt, sämtliche Körpermerkmale inklusive Körpertemperatur in Millisekunden zu erfassen, um sie danach durch sein Autorisierungsprogramm zu schleusen. Würde die Autorisierung nicht binnen dreißig Sekunden hergestellt werden können, so würde der gesamte Raum hermetisch abgeriegelt und der Alarm ausgelöst werden.

    Während das Autorisierungsprogramm arbeitete, ging Richard bis zum Ende des Raumes, vorbei an dem langen und aus Mahagoni bestehenden Konferenztisch, bis er an dessen Kopfende angelangt war. Hier befand sich der Stuhl, von dem aus der Vorsitz einer jeden Sitzung geführt wurde. Er war mit echtem Büffelleder bezogen und auf seiner Rückseite war der Kopf eines Stieres abgebildet. Richard setzte sich und schaute nachdenklich in Richtung Stahltür. In weniger als einer Minute würden 12 weitere Männer diesen Raum betreten und sich einer Agenda widmen, von dem der Rest der Erdbevölkerung nie etwas mitbekommen würde.

    ***

    Bruno Frinnern war persönlich mit seinem Helikopter eingeflogen, nachdem ihn der Chefarzt des St. Elisabeth Krankenhauses über seine prominente Patientin informiert hatte.

    Er hatte sich zunächst alle notwendigen Informationen vom hiesigen Chefarzt geben lassen und dann den neuen Sprössling der Keller Familie untersucht. Danach forderte er seine persönliche Assistentin auf, mit dem bereits eingetroffenen Sicherheitspersonal alle nötigen Schritte für Lisa Kellers Verlegung in seine Klinik vorzubereiten.

    Gut gelaunt fuhr er in den zweiten Stock, wo die Privatzimmer für die sogenannten ‚Profit Human Beings‘ waren, und ging mit seinem vom Chefarzt persönlich ausgehändigten Ausweis durch die Sicherheitskontrolle. Vor der Tür mit der Nummer vierundzwanzig stand schon ein Mitarbeiter von Kellers privatem Sicherheitsdienst. Er zeigte dem Mann seinen holografischen Sicherheitsausweis, indem dieser die Scannung kurz berührte und daraufhin ein 3D-Bild von ihm, inklusive des speziellen Autorisierungskennzeichens der Klinik, erschien. Dann betrat er vergnügt das Zimmer.

    Er fand Lisa Keller schlafend in ihrem Bett vor. Ihr First-Class Krankenhausmenü stand unberührt auf einem Nebentisch.

    Bruno räusperte sich, doch Lisa Keller ließ sich davon nicht beeindrucken und schlief seelenruhig weiter.

    Er wiederholte sein Räuspern, diesmal etwas energischer, woraufhin sie die Augen öffnete und ihn mit einem zufriedenen, ja fast beseelten Blick ansah.

    »Reichlich spät, mein Lieber. Sie kommen mal wieder erst, wenn die Show vorbei ist«, murmelte sie müde, aber anscheinend glücklich.

    »Von mal wieder, kann ja wohl keine Rede sein. Soweit mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt, war ich bei jeder vorhergehenden Premiere im Kreißsaal anwesend«, erwiderte er augenzwinkernd.

    Lisa verzog den Mund zu einem milden Lächeln. »Nun gut, eins zu null für Sie, Bruno. Also, dann legen Sie mal los. Wie geht es meiner Kleinen? Ist sie gesund? Haben Sie sie schon gesehen?«

    Bruno bedachte Lisa mit einem strahlenden Lächeln, die seine perlweißen Zähne freigaben. »Ich war kurz bei ihr, habe sie persönlich untersucht und mir das Protokoll über den Geburtsverlauf angesehen. Es ist alles in bester Ordnung. Ich werde die weiteren Untersuchungen, insbesondere die Genanalyse, vornehmen, sobald wir sie beide in unsere Klinik überführt haben. Der Helikopter steht schon bereit. Ihr Sicherheitspersonal ist auch schon eingetroffen und Ihr Mann lässt über seine Assistentin ausrichten, dass er Sie besuchen kommt, sobald sein Termin beendet ist.«

    »Ist es wirklich notwendig, dass wir verlegt werden? Es wird doch auch hier ausreichend für uns gesorgt. Ich bin sowieso in spätestens zwei Tagen wieder draußen.«

    Bruno schüttelte den Kopf. »Sorry, Lisa, die Anweisungen Ihres Mannes waren unmissverständlich. Ich muss Sie in jedem Fall in unsere Klinik verlegen. Dieses Krankenhaus ist nicht halb so gut gesichert wie unsere Privatklinik. Überdies verfügt es auch nicht über die gleichen medizinischen Gerätschaften, geschweige denn über ein so ausgezeichnetes Ärzte- und Laborteam, wie wir es haben. Vom Service will ich erst gar nicht sprechen. Auch der Sicherheitsberater Ihres Mannes hält die Verlegung für ratsam.«

    Lisa rollte mit den Augen und seufzte. »Okay, Bruno, ich verschwende sowieso nur meine wertvolle Energie, wenn ich mich dagegen auflehne. Ich spare sie mir lieber für wichtigere Kämpfe auf. Sie können jetzt gehen. Ich möchte noch ein bisschen schlafen, bevor man mir meine Tochter bringt.«

    Dann drehte sie sich um, sodass sie ihm ihren Rücken zuwendete, zog die Bettdecke bis zum Kinn und schloss die Augen.

    Bruno nickte nur kurz. »Wie Sie wollen, Lisa. Ich leite dann alles Weitere in die Wege.«

    Er war schon im Begriff hinauszugehen, da wandte sich Lisa noch einmal zu ihm um. »Ach Bruno, was ich Sie noch fragen wollte, ist Ihnen auch aufgefallen, dass meine Tochter ein merkwürdiges Muttermal auf ihrem rechten Oberarm hat?«

    Bruno blieb abrupt stehen. Ein Muttermal? Was für ein Muttermal? Das hätte ihm doch auffallen müssen?

    Verlegen räusperte er sich. »Natürlich ist mir das aufgefallen. Es besteht aber absolut kein Grund zur Besorgnis. Solche Muttermale kommen äußerst häufig vor und sind völlig harmlos.«

    Lisa Keller blickte ihn misstrauisch an, als spüre sie instinktiv, dass er keinesfalls wusste, wovon sie sprach.

    »Ich wollte nur sichergehen, dass alles in Ordnung ist«, erwiderte sie argwöhnisch. »Sie wissen, mein Mann liebt keine Überraschungen und hasst schlampige Arbeit, daher sollten Berichte an den ‚Kontrollfreak par excellence‘ immer lückenlos sein.«

    »Ich kann Ihnen versichern, dass alles in Ordnung ist«, erwiderte er mit so viel Überzeugungskraft, wie er im Augenblick aufbringen konnte. Dann nickte er Lisa noch einmal zu und schloss die Tür.

    Winzige Schweißtropfen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Er kramte nach einem Taschentuch und wischte sie sich hastig von der Stirn. Wie hatte er das Muttermal nur übersehen können? Er hätte sie sich doch etwas genauer angucken sollen. Sobald sie beide in seiner Klinik waren, würde er das Kind nochmals gründlich untersuchen. Er wollte keine weiteren Überraschungen wie diese erleben, denn das würde seiner Karriere sicherlich nicht gut bekommen.

    Hastig eilte er an den Sicherheitsleuten vorbei und stieg in den Fahrstuhl.

    ***

    Richard lehnte sich in seinen Sitz zurück und schaute auf seine Uhr. Seine satanischen Eidgenossen waren wie immer unpünktlich. Aber im Gegensatz zu ihm – dass musste er fairerweise zugeben – war die Anreise der übrigen 12 Männer auch weiter als die seinige.

    Gedankenverloren starrte er auf seinen Siegelring, der seit dem Tod von Nicolas Dane seinen Ringfinger schmückte. Auf der Vorderseite war das Familienwappen der Danes abgebildet und auf der für andere unsichtbaren Rückseite war das Auge des Horus eingraviert. Nur den obersten ‚Dreizehn‘ war es erlaubt, dieses Symbol zu tragen, obgleich keiner von ihnen es jemals in der Öffentlichkeit zur Schau trug.

    Diejenigen Männer, die in wenigen Augenblicken diesen geheimen Konferenzsaal betreten würden, waren allesamt im Besitz eines solchen Ringes, der sich nur durch das unterschiedliche Familienwappen auf der Vorderseite von den anderen unterschied.

    Wie Richard waren alle der gleich eintreffenden Männer davon überzeugt, dass die Verwirklichung einer einheitlichen Weltordnung dem Wohle der gesamten Menschheit dienen würde. Nur sie, die Elite, waren intellektuell fähig, erleuchtet und wissend genug, diese Führungsrolle zu übernehmen.

    Demokratien waren ihrer Ansicht nach weder aus ideologischen noch aus praxisbezogenen Gründen eine geeignete Staatsform, um die Geschicke der Menschen zu lenken. Staaten ließen sich jedoch leichter führen und regieren, solange die Bevölkerung davon überzeugt war, dass sie in einem vermeintlich demokratisch geführten Staat lebten.

    Wie sein Vater ihn schon lehrte, waren daher die effektivsten totalitären Regime schon immer diejenigen, in denen die Bevölkerung tief daran glaubte, eine Wahl zu haben, in Wirklichkeit jedoch rein gar nichts selbst entscheiden oder beeinflussen konnte.

    Aus einem plötzlichen Impuls heraus löste Richard seine Augen von seinem Siegelring und blickte auf die Stahltür.

    Als würde sie darauf reagieren, öffnete sie sich lautlos und David Grave betrat als erster den Raum. Seine Dynastie besaß das weltweit größte Unternehmen zur Produktion von Saatgut und Herbiziden mit dem Namen ‚Moorawa‘ und David stand unangefochten an seiner Spitze.

    Richard erhob sich von seinem Stuhl und begrüßte ihn mit einem leicht verschmitzten Lächeln.

    David sah wie immer ein wenig lädiert aus. Sein Haar war nicht in Form und sein oberer Hemdknopf geöffnet, sodass man seine behaarte Brust sehen konnte.

    »Schön dich zu sehen, David«, sagte er in einem freundlichen, aber distanziertem Tonfall. »Ich hoffe, du hattest einen angenehmen Flug.«

    Davids Mundwinkel verzogen sich zu einem Schmunzeln.

    »Danke der Nachfrage, Richard. Der Flug war nicht schlecht. Ich hatte mir eine angemessene Begleitung mitgenommen, die mir ein bisschen die Zeit vertrieben hat.«

    David lachte und Richard wusste, dass er sich mal wieder mit einer seiner Edelhuren den Flug über den Atlantik versüßt hatte.

    Diese Vergnügungsart gehörte jedoch noch zu einem seiner harmlosesten Amüsements, denn in der Führungsriege war er vielmehr berühmt und berüchtigt dafür, ganz spezielle Orgien zu organisieren. Bei solchen Veranstaltungen ging es dann nicht nur um schöne Frauen, sondern vielfach um blutjunge Mädchen, manchmal auch Jungen, die wie Vieh von einem zum anderen weitergereicht wurden.

    »Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?«, fragte er David höflich.

    David krempelte sich sein Hemdenärmel nach oben und grinste Richard gefällig an. »Du kennst mich ja Richard, während eines Fluges trinke ich nie. Ich will ihn schließlich in vollen Zügen genießen. Daher könnte ich jetzt einen guten Schluck vertragen. Gib mir einen Bourbon, aber mache das Glas nur ein Viertel voll. Ich muss meine Sinne für gleich noch beisammenhalten.«

    »Ganz wie du möchtest«, erwiderte Richard lächelnd.

    Da bei den geheimen Treffen aller Dreizehn kein Personal zugegen sein durfte, musste Richard als heutiger Gastgeber wohl oder übel selbst die Drinks für seine Gäste mixen.

    Er ging daher zur rechten Seite des Raumes, dessen Wandtäfelung vollständig aus Mahagoni war und drückte auf einen Knopf, der sich an der Wandseite befand. Die komplette Holzvertäfelung fuhr geräuschlos und in Sekundenschnelle nach oben. Dahinter wurde eine Bar aus altem Mahagoni sichtbar.

    Richard hatte sich beim damaligen Einbau vom Filmklassiker ‚Die oberen Zehntausend‘, einem Filmjuwel aus den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts, inspirieren lassen. Er liebte diesen Film und dies nicht nur, weil er als pubertierender junger Mann die Schauspielerin Grace Kelly als den Inbegriff von Schönheit, Sex und Eleganz empfunden hatte.

    Schon in jungen Jahren hatte er sich daher fest vorgenommen, dass seine zukünftige Frau auf jeden Fall die gleichen Attribute besitzen musste. Als er Lisa damals kennenlernte, glaubte er, so jemanden gefunden zu haben. Schon nach wenigen Ehejahren musste er jedoch enttäuscht feststellen, dass sie seinem Idol zwar äußerlich das Wasser reichen konnte, allerdings nur wenig Interesse und Freude an den gesellschaftlichen Ränkespielchen besaß, die nun einmal in ihren Kreisen dazugehörten.

    Richard ging hinter die Bar, nahm eine der vielen Bourbonflaschen aus dem großen Wandregal, schüttete David seinen Drink ein und goss sich selbst einen Martin ein. Dann reichte er David seinen Drink und stieß mit ihm an. »Cheerio! Auf ein erfolgreiches Meeting!«

    David nickte und kippte seinen Bourbon auf Ex runter. Dann schaute er sich neugierig im Raum um. »Wann werden die anderen da sein?«

    »Sie müssten gleich hier sein.«

    Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, schwang die Stahltür abermals zur Seite.

    Herein kam Cecil Bauerschild und damit der wohl einflussreichste Großbankier auf diesem Erdball. Seiner Familie gehörte das größte Bankhaus dieser Welt, die Roschem Bank, dessen Vorsitz er zurzeit innehatte. Darüber hinaus war er einer der führenden Drahtzieher hinter diversen Zentralbanken sowie zahlreichen internationalen Währungs- und Geldorganisationen.

    Cecil blieb im Türrahmen stehen, hob seine Hände behäbig in die Höhe und lachte laut auf: »Bei Satan, es wurde Zeit, dass wir mal wieder zusammenkommen und ein paar Dinge ins Rollen bringen.«

    Richard wusste nicht, was er mehr an Cecil verabscheute, seine widerliche Aufgeblasenheit, seine Blasiertheit oder sein rücksichtsloses Vorgehen die absolute Vorherrschaft innerhalb der Dreizehn an sich zu reißen.

    In seinem üblichen stolzen Schlendergang, den Mund zu einem arroganten Lächeln verzogen, bewegte er sich mit seinen fast hundertzehn Kilo behäbig auf Richard und David zu und begrüßte beide mit dem satanischen Zeichen, dem Zeichen des gehörnten Stiers, bei dem der Mittel- und Ringfinger der rechten Hand geballt wurde, sodass nur noch der kleine Finger sowie der Zeigefinger und Daumen aus der Handfläche herausragten. Richard und David erwiderten den Gruß mit dergleichen Geste.

    Dann sah sich Cecil mit gerunzelten Brauen im Raum um, als würde ihm erst jetzt auffallen, dass außer ihm, Richard und David noch niemand da war. »Verdammt Jungs, ich dachte schon, ich wäre zu spät, aber wie ich sehe, trödeln die anderen mal wieder ein, wann es ihnen passt.«

    Alle drei lachten. Aber Richard wusste, dass Cecil innerlich kochte, denn er hasste Unpünktlichkeit. Außerdem wertete Cecil ein solches Verhalten als einen persönlichen Affront gegen sich selbst, da er der Meinung war, dass er als unausgesprochener Führer des obersten Ranges das alleinige Recht dazu hatte, zu spät zu kommen.

    Richard holte ein leeres Glas unter der Theke hervor und stellte es auf die Theke. »Darf ich dir einen Drink mixen?«

    »Eine ‚Bloody Mary‘, bitte«, erwiderte Cecil leicht gereizt.

    Richard mixte ihm schweigend seinen Drink, reichte ihm das Glas über die blankgeputzte Theke und prostete ihm dann zu. »Es lebe Satan, unser Herr und Meister.«

    »Auf Satan«, wiederholten Cecil und David im Gleichklang, während sie ihre Gläser an ihre Münder führten.

    »Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich es mir schon einmal bequem machen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Cecil zum großen Konferenztisch und ließ sich mit seinem massigen Körpergewicht und einem Seufzer auf einen der großen, ledergepolsterten Konferenzstühle fallen. Mit ruhiger Hand schwenkte er das Eis in seinem Glas ein paar Mal hin und her und blickte dann zu Richard. »Wie ich gehört habe, hat deine Frau mal wieder einen Braten im Ofen. Ich muss schon sagen, mein guter Richard, ich bewundere es ja immer wieder, wie du es bei der vielen Arbeit noch schaffst, deine Frau zu beglücken.«

    Richards Augen blitzten kurz auf, während sein Mund sich zu einem herablassenden Grinsen verformte. »Tja, Cecil, das liegt wahrscheinlich daran, dass meine Kondition sowie mein Erbgut einfach noch recht brauchbar sind – im Gegensatz zu manchem anderem hier.«

    Er wusste, dass er mit seiner Bemerkung direkt den wunden Punkt bei Cecil getroffen hatte und beobachtete genüsslich, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg.

    Da sich Cecil jedoch keine Blöße geben wollte, erwiderte er gespielt gleichgültig: »Du hast recht, mein alter Freund. Im Gegensatz zu dir muss ich auch noch ein paar andere Frauen ficken, um in Form zu bleiben und selbst das reicht nicht aus, wie man sieht.« Dabei schlug er sich mit seiner linken Hand auf seinen beleibten Bauch und lachte grölend.

    Richard indes wusste, dass Cecil seine spitze Bemerkung innerlich nicht so beiläufig abgetan hatte, wie er ihm jetzt glauben machen wollte. Er hatte Cecil einen gezielten kleinen Dolchstoß in sein aufgeblasenes Ego verpasst. Seine überaus reizende Gattin, deren Schönheit wahrlich ihresgleichen suchte, hatte ihm nämlich bis heute lediglich einen Erben schenken können, der zudem recht kränklich daherkam. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um seine Blutlinie zu sichern. Er war gespannt, wann sich Cecil ihrer entledigen würde, um nach einem geeigneteren Brutkasten Ausschau zu halten.

    Richard hob sein Glas an seine Lippen, nahm einen kräftigen Schluck und wollte zu einem belanglosen Thema wechseln, da schwang die Stahltür abermals zur Seite.

    Jeff Petrail und Nathan Billiard traten herein. Sie schienen sich vor ihrem Eintreten lebhaft unterhalten zu haben, denn sie beendeten ihr Gespräch ein bisschen zu abrupt, als sie den Raum betraten.

    Cecil blickte zu den beiden hinüber, blieb aber auf seinem Stuhl sitzen. Richard als Gastgeber kam hinter der Theke hervor und ging gemeinsam mit David den beiden mit dem satanischen Gruß entgegen, der von Nathan und Jeff mit einem Schmunzeln erwidert wurde.

    »Wie schön, dass ihr alle so zeitnah erscheint«, bemerkte Cecil sarkastisch, bevor einer von den anderen etwas sagen konnte.

    »Cecil, du schon hier?«, erwiderte Nathan mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. »Ich dachte eigentlich, dass du als Letzter auftauchen würdest, um deinen großen Auftritt zu genießen.«

    Alle lachten – bis auf Cecil. Er warf Nathan einen vernichtenden Blick zu, den dieser aber absichtlich ignorierte.

    »Komm Cecil, sei nicht mehr böse mit mir. Du weißt doch, ich bin ein arrogantes Arschloch«, erwiderte Nathan versöhnlich. Aber jeder wusste, dass Nathans Entschuldigung nicht ernst gemeint war.

    Cecil bedachte Nathan mit einem leicht arroganten Lächeln, das seine perlweißen Zähne und einen goldenen Stiftzahn freigab, und erwiderte mit ruhiger Stimme: »Ich vergebe dir mein Lieber, du kannst schließlich nichts dafür, dass du nicht in unseren Kreisen groß geworden bist.«

    Richard war gespannt, ob Nathan noch etwas darauf erwidern würde, aber es schien, als habe er seinen Spaß gehabt.

    Nathan war der mächtigste Mann innerhalb der ‚National American Intelligent Security Agency‘, kurz NAISA genannt, der zentralen Nachfolgeinstitution der CIA und NSA und zugleich ihr größter und gefährlichster Maulwurf.

    Außer der NAISA unterstand ihm noch die NASA und damit das offizielle amerikanische Raumfahrtprogramm, das der Weltöffentlichkeit bis heute glauben machte, dass sie es noch nicht weiter als bis zum Mond geschafft hätten. Im Hintergrund leitete er jedoch mit einem ganzen Stab von Mitarbeitern das eigentliche, geheime Weltraumprogramm der Amerikaner, das bereits seit dem zweiten Weltkrieg existierte. Dazu gehörte nicht nur die Verhandlungsführung mit den verschiedenen Alien-Allianzen, wie den Dracos, den Reptiloiden, den verschiedenen Grey-Rassen oder den Mercatoren, sondern auch die Weiterentwicklung der von den Aliens übergebenen Technologien.

    Die Aufgabe, die sein Eidgenosse jedoch am meisten liebte und in das Ressort der NAISA fiel, war das von Nathan im Untergrund entwickelte weltweit größte ‚Mind-Control-Programm‘ seit Menschengedenken – auch ‚MK-Ultra‘ genannt.

    Seitdem er das MK-Ultra vervollkommnet hatte, besaß Nathan die Macht, nicht nur jeden beliebigen Bürger, Spion oder Staatsmann ins Nirwana zu befördern, sondern auch unliebsame Gefährten aus der zweiten Reihe zu beseitigen, soweit diese ihm ernsthaft gefährlich werden sollten.

    Das MK-Ultra war Nathans ganz spezielles Baby, das er hätschelte und pflegte wie ein verzogenes Kind. Menschen wurden hier mittels Hypnose, Drogen, Elektrostimulationen und spezieller Folterungsmethoden dazu gebracht, sich wie willenlose Roboter führen zu lassen.

    Nathan setzte es in erster Linie für gezielte Selbstmordkommandos, Auftragsmorde und Terroranschläge ein.

    Viele der MK-Ultra-Kandidaten wurden nur für einen einzigen Mord ausgebildet; andere, um ganze Serienmorde und Terroranschläge zu begehen. Nach ihren Verbrechen konnten sich diese zu humanoiden Robotern reduzierten Menschen nicht mehr daran erinnern, was sie durchlebt und angerichtet hatten. Wenn doch, wurden sie sofort beseitigt, um jegliche Spur zu ihren Schöpfern zu verwischen.

    Richard und den anderen war Nathans Macht nur allzu bewusst. Viele aus den Reihen der Elite sahen daher eher in Nathan den heimlichen Anführer der Illuminaten als in Cecil und Richard wusste, dass dies Cecil innerlich nahezu auffraß.

    Richard räusperte sich und wandte sich Nathan zu: »Kann ich dir einen Drink anbieten, bis wir vollständig sind?«

    Nathan zog die rechte Braue nach oben und sah irritiert in die Runde. »Präzisiere bitte, nicht ganz vollständig. Ich dachte wir wären heute nur eine kleine Runde.«

    »Nein, da muss ich dich enttäuschen. Wir werden heute endlich mal wieder vollzählig sein. Mithin fehlen also noch William, Mark, Peter, Adrian, Dace, Brian, Quentin und dein Busenfreund Oliver.«

    »Verdammt und ich habe wirklich gedacht, dass ich heute mal pünktlich zu meinem Rendezvous kommen werde«, erwiderte Nathan mit einem ironischen Augenzwinkern. »Dann gib mir in der Zwischenzeit doch bitte einen Whisky auf Eis.«

    Richard nickte knapp. »Selbstverständlich, und was möchtest du, Jeff? Du bist doch sicher durstig nach dem langen Weg.«

    Alle lachten schallend, denn Jeff, Leiter des größten Pharmakonzerns der Welt, hatte neben Richard die wohl kürzeste Anreise gehabt. Wie Richard hatte er seinen Wohnsitz in der Frankfurter Metropole. Lediglich aus Steuergründen hatte er seinen offiziellen Wohnsitz in der Schweiz beibehalten. Aber auch dies war mittlerweile nur eine Farce, da die meisten seiner Firmen steuerrechtlich über die Cayman Inseln abgewickelt wurden, welche immer noch zu den größten Steuerfluchtoasen der Welt gehörten.

    Jeff stieg in das Lachen seiner Ordensbrüder ein und schmunzelte süffisant. »Ich hätte ebenfalls gerne einen Whisky, aber bitte ohne Eis, wenn es dir keine zu großen Umstände macht.«

    »Keinesfalls.«

    Richard mixte beiden ihren Whisky und stellte die Gläser auf die Mahagoni-Theke. Dann hob er sein Glas und prostete zunächst Jeff und dann Nathan zu. »Auf Satan, unseren Großmeister und Führer.«

    Jeff und Nathan erwiderten den Trinkspruch mit erhobenen Gläsern.

    Richard hingegen blickte nachdenklich in sein Glas. Seine Gedanken wanderten zu seiner Frau und seinem Kind und ein merkwürdig flaues Gefühl machte sich augenblicklich in seiner Herzgegend breit.

    »Geht es dir gut?«, fragte Jeff unvermittelt.

    Richard fühlte sich ertappt, fasste sich jedoch sofort wieder. »Alles bestens, danke der Nachfrage. Ich warte noch auf einen Anruf aus dem Krankenhaus. Meine Frau ist gerade in die Klinik eingeliefert worden. Anscheinend haben bei ihr die Wehen eingesetzt. Ich konnte mich nur noch darum kümmern, dass sie unverzüglich in unsere Privatklinik verlegt wird.«

    Jeff lächelte ihm aufmunternd zu. »Nun ja, deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, dachte ich schon, es wäre was Schlimmes.« Dann schlug er Richard kumpelhaft auf die Schulter und fügte scherzhaft hinzu: »Solange dir deine liebreizende Gattin keine beschädigte Ware ins Nest legt, ist doch alles in Ordnung. Lass sie am besten ihre Arbeit machen und wir leiten derweil die Geschicke dieser Welt.«

    Richard wollte gerade etwas darauf erwidern, da schwang die Stahltür erneut zur Seite. Gleich drei Personen betraten den Raum. Peter Weyerfeller, Präsident des weltweit größten Rüstungskonzern ‚Braytton Industry‘, Brian Gordon, hinter Cecil wohl eines der größten Finanzgenies und Präsident der ‚Gordon Bank Corporation‘ mit Sitz in London sowie Mark de Sasvon, dem Präsidenten und Inhaber des größten Fleisch- und Nahrungsmittelkonzerns ‚Sasswelar‘ mit Sitz in Texas.

    Die drei lachten und schwatzen angeregt miteinander. Als sie die anderen erblickten, formten sie den satanischen Gruß und gingen auf sie zu, um sie zu begrüßen.

    »Wir dachten schon, wir seien die Letzten, aber wie ich sehe, fehlen immer noch welche«, sagte Brian in einem leicht scherzhaften Tonfall.

    Alle lachten, selbst Cecil, der eine tiefgehende Abneigung gegen Brian hegte.

    Brians Worte waren noch nicht verhallt, da betraten Dace Van de Mayn, Adrian Bayer, Quentin Biff und Oliver Mormenn den Raum.

    Während sich die Runde freudig begrüßte und Richard seine Gäste nebenbei mit Drinks versorgte, schweiften seine Gedanken erneut zu seiner Frau und seinem Kind ab. Erneut beschlich ihn ein seltsames Gefühl, das er weder fassen noch richtig beschreiben konnte. Bisher war er lediglich bei der Geburt seines ersten Sohnes nervös gewesen. Aber seine damalige Nervosität hatte auch darauf gefußt, dass er darauf angewiesen war, seinem Schwiegervater einen geeigneten Nachfolger für das Hause Dane zu schenken.

    Richard blickte hinüber zur Stahltür. Polternd betrat der letzte der Dreizehn den Raum – ein breitschultriger, untersetzter und mittelgroßer Mann mit Kahlkopf, der eine rote Kardinalsrobe trug.

    Noch beim Eintreten entledigte er sich seiner Robe und warf sie achtlos auf den nächsten Konferenzstuhl. Darunter kamen eine maßgeschneiderte graue Hose und ein blütenweißes italienisches Designerhemd zum Vorschein.

    William Conclei, einer der höchsten Würdenträger der römisch-katholischen Kirche, betrat die Bühne. Mit einer theatralischen Geste breitete er die Hände nach oben aus. »Meine lieben Eidgenossen, wie ich mich freue euch alle zu sehen. Wir haben uns in dieser exquisiten Runde wahrlich eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen«, rief er freudig, fast überschwänglich in den Raum.

    William formte den satanischen Gruß und verzog seine wulstigen Lippen zu einem leichten Grinsen. Sein Gruß wurde augenblicklich von allen erwidert, während er bereits auf die Menge zuging.

    »Schön, dann sind wir ja vollzählig«, bemerkte Richard tonlos, während er hinter der Bar bereits Williams Lieblingsgetränk zubereitete – Gin mit einem Spritzer Zitrone.

    Nachdem William ausgiebig jeden Einzelnen begrüßte hatte, steuerte er zielstrebig auf die Bar zu.

    »Hier, der ist für dich – Gin mit Zitrone«, sagte Richard und zeigte dabei auf das Glas, das direkt vor ihm stand.

    »Danke!«, sagte William gedämpft und beäugte Richard mit einem kritischen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1