Charlotte und die vier Jahreszeiten
Von Monika Hilbert
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Über dieses E-Book
In meinem Buch "Charlotte und die vier Jahreszeiten" wird beschrieben, wie ein Eichenbäumchen sich in den 4 Jahreszeiten entwickelt und sich im Winter auf die Ruhephase einstellt. Die Hauptdarstellerin "Charlotte" hat einen Setzling gefunden und beobachtet seine Entwicklung, dokumentiert und gestaltet ein Leporello zur Entwicklung des Bäumchens. Charlotte lebt in einer ganz normalen deutschen Familie, hat einen älteren Bruder sowie Mutter und Vater. Auch der Opa spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Es wird von mir weiterhin beschrieben, welche wichtige Rolle die englische Sprache im heutigen Leben spielt, dass Kinder bereits im Grundschulalter mit einem Handy umgehen, dass Kinder selbst im Internet surfen, um sich zusätzlich Informationen für den Unterricht einzuholen und dass der Umgang mit afghanischen Kindern unter Kindern oft unkomplizierter vonstatten geht als bei Erwachsenen (Das sind eigene Erfahrungen mit 4 afghanischen Schülern in meinem Unterricht.).
Am Ende der Handlung gibt es ein Quiz mit Lösungswort.
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Buchvorschau
Charlotte und die vier Jahreszeiten - Monika Hilbert
Charlotte und die vier Jahreszeiten
Ich weiß nicht wie lange schon, aber diesen Schulweg bin ich schon so oft entlanggegangen oder gefahren, dass ich ihn auswendig kenne. Wenn ich meine Augen schließe, kann ich ihn mir vorstellen, als hätte ich eine Skizze vor mir. Ja, wie sieht diese Skizze aus? Ich gehe aus dem Gartentor hinaus und laufe bis zum Ortsausgangsschild am Ende unserer Straße. Diese Straße ist die letzte Straße in westlicher Richtung. Vorbei am modernen Kuhstall der Familie Lehmann komme ich zur Baumschule der Familie Kämpf. Wenn ich dann um die Rechtskurve gegangen bin, stehe ich vor dem Ortseingangsschild von Weisenbach. Dieser Ort ist größer als mein Wohnort und deshalb befindet sich die Grundschule dort. Viele Kinder fahren mit dem Bus hierher. Ich mache das nur, wenn es stark regnet oder alles tief verschneit ist. Weil ich sportlich und aktiv bleiben will, gehe ich den Weg entlang oder ich nehme das Fahrrad. Mutter, sie heißt Sabine, hat es mir zwar verboten mit dem Rad zu fahren, weil ich noch nicht in der 4. Klasse bin und es wäre zu gefährlich, am Straßenverkehr teilzunehmen, sagt sie immer. Aber Vater, er nennt sich Marcel, hat gesagt, dass ich schon im 3. Schuljahr bin und da kann man versuchen, ein bisschen selbstständiger zu werden. Unsere ganze Familie trägt den Namen „Schneider".
Ja, mein Ort heißt Reichbach und hat nur etwa 335 Einwohner und Weißenbach hat ca. 5000 Einwohner. In der Schule haben wir uns verschiedene Stadtkarten angesehen und versucht, uns darin zu orientieren. Seitdem sitze ich zuhause in meinem Kinderzimmer und male nicht nur wie früher einfache Bilder. Nein, ich nehme den Bleistift und zeichne Skizzen. Meinen Schulweg habe ich auch schon skizziert und mit vielen Details versehen. Niemandem ist aufgefallen, dass am Straßenrand ein Grenzstein steht. Er ist halb verschüttet und zugewachsen, schaut aber noch aus dem Gras heraus.
Mit den Fingern habe ich ihn ein wenig ausgebuddelt und auf verschiedenen Seiten große, hinein gefügte Buchstaben gefunden. Das eine ist ein F und zeigt auf meinen Heimatort und das andere ist ein H und zeigt auf meinen Schulstandort. Was das bedeutet, werde ich noch herausfinden. Aber, ich habe immer so viel mit meinen Hausaufgaben zu tun, dass ich jetzt noch keine Lust habe mit meinem Laptop zu arbeiten. Meine Großeltern mütterlicherseits haben mir den Laptop zur Schuleinführung geschenkt. Papa sagte damals, dass sie es mit den Geschenken wirklich übertreiben. Das Kind kann doch gar nicht mit der Tastatur arbeiten und es sollte in der Schule erst mal richtig lesen lernen. Außerdem gibt es so viele Gefahren durch den Umgang mit dem Internet und hier sind sie als Eltern in die Pflicht genommen, weil das Kind noch keine Erfahrung damit hat. Was sie genau damit gemeint haben, verstehe ich nicht und die Erfahrungen, die muss ich doch erst machen können. Ich kann mir schon denken, dass man da genug Fehler macht, aber Mama und Papa sind nicht immer in der Nähe. Ich habe von meinem großen Bruder Oscar gehört, dass Viren auf dem Computer sein können oder er kann abstürzen. Wegen der Viren hat Oscar meinen Laptop über Nacht angelassen und am Morgen erst wieder heruntergefahren. Also, das kann ich auch. Ich warte einfach, bis der Bildschirm mir automatisch einen Hinweis gibt, dass ich das Viren-Programm starten soll. Und dann kann ich erst mal nicht mit dem Laptop arbeiten und muss warten. Wenn er abstürzt, wird es schwieriger. Dann muss ich ihn zum Fachmann bringen, sagt Oscar.
Komisch, Vater spricht über meinen Bruder und benutzt den Namen Oscar. Und ich bin für ihn immer nur das Kind. Ich weiß gar nicht warum. Dabei habe ich doch auch einen Namen. Ich heiße Charlotte. Eben habe ich im Kinderzimmer eine Skizze gezeichnet, darüber, wie man bis zur Kirche in unserem Ort läuft. Die lege ich jetzt weg, weil ich nicht mehr genau weiß, wie groß das Haus ist, das unserem Haus gegenübersteht. Wie viele Stockwerke hat es eigentlich? Von meinem Fenster aus kann ich das Haus überblicken. Es sind zwei Etagen und oben ist ein Dachgeschoss. Ich weiß, da oben gibt es eine größere Wohnung, die so lang ist wie das ganze Haus. Die Familie, die dort gewohnt hat, ist weggezogen. Ich bin froh darüber, denn der Junge hat mich immer geärgert. Den konnte ich nicht leiden, denn das war Mobbing. Einmal hat er mich mit Schlamm beworfen als ich mit dem Rad vorbeigefahren bin. Der war größer als ich und ich konnte in dem Moment nichts machen. Aber später hat er seinen Ball achtlos neben die Haustür gelegt, um seiner Schwester zu helfen und da habe ich ihm den Ball weggenommen. Soll er doch suchen, das gönne ich ihm. Schließlich ärgert er mich dauernd und sagt gemeine Worte zu mir wie z. B. „Was glotzt du so dämlich"? Oder sag` s doch deiner Mama du Baby! Er hat mich nicht gesehen als ich den Ball weggenommen habe, aber er hat sofort gewusst, dass ich es war. Na, das ist jetzt Geschichte für mich. Er wohnt nicht mehr hier. Ich zeichne den Grundriss des Hauses etwas größer in meine Skizze ein, denn alle anderen Häuser in der Straße sind kleiner. Das muss ich doch in Skizzen, die ich zeichne, immer beachten.
Mutter sagt, es ist Frühling. Kann ich das in meiner Skizze auch beachten? Aber die Skizze gilt auch im Sommer, Herbst und Winter. Außerdem wollte ich Symbole verwenden, die wir in der Schule gesehen haben. In den Legenden unter dem Stadtplan waren genug abgebildet und die will ich auch verwenden. Ich hole meinen Heimatkunde-Hefter und das Heimatkunde-Buch. Ich will diese Zeichen verwenden, weil sie die Erwachsenen auch in ihren Büchern haben. Papa hat so einen ADAC-Atlas und da habe ich schon oft darin geblättert. Dort bemerke ich nichts über Jahreszeiten, aber eine Windrose mit Haupt- und Nebenhimmelsrichtungen habe ich gefunden. Oben ist Norden auf jeder Seite. Verflixt! Wo ist dann Norden auf meiner Skizze? Soll ich das jetzt auch noch beachten? Oscar sagte mir, mein Fenster im Kinderzimmer zeigt nach Süden. Also ist das Haus gegenüber noch mehr im Süden und das ist ganz unten auf dem Blatt Papier. Ich knülle meine Zeichnung zusammen und werfe sie in den Papierkorb. Da gab ich mir so eine Mühe und wollte nur auf die Größe der einzelnen Gebäude achten und habe dabei total vergessen, dass alles in die richtige Himmelsrichtung einzuordnen ist. Jetzt habe ich keine Lust mehr zu zeichnen. Mama sagt immer: „Schlaf eine Nacht darüber, wenn du Probleme hast. Dann klappt alles besser."
Ich gehe erst mal zu meinem Laptop und fahre ihn hoch. Bestimmt finde ich etwas über Adelsgeschlechter im Internet. Was könnten die Buchstaben auf dem Grenzstein bedeuten? In Wikipedia lese ich, dass der Buchstabe F für ein Fürstentum steht und der Buchstabe H für ein Herzogtum. Hier war sicher einmal eine Grenze, die jetzt keiner mehr beachtet. Im 16. Jahrhundert gab es Fürstentümer, Herzogtümer und Grafschaften. Wenn diese Familien keine Nachkommen mehr hatten, wurden andere Grenzsteine gesetzt, auf denen Anfangsbuchstaben zu lesen waren. Ich hole mein Ausmalbuch über Ritter und male das Burgfräulein aus und den Bergfried, der der höchste Turm einer Burg ist. Schließlich wollte man früher beobachten können, ob ein Feind im Anmarsch ist oder gar eine ganze Gruppe fremder Angreifer. So konnten die Burgbewohner gewarnt werden und schnell durch den hinteren Ausgang fliehen oder, wenn man dem Feind überlegen war, sich verteidigen.
Ein lautes Geräusch lenkt mich ab. Ich lasse mein Malbuch, das ich mir auf einer Burg gekauft habe, liegen und laufe zum Fenster. Ein Möbelwagen steht vor dem Nachbarhaus. Oh Gott, da zieht eine neue Familie ins Dachgeschoss ein. Hinter dem Möbelwagen hält ein blauer PKW an. Der Fahrer steigt aus. Es ist ein dicker Mann mit schwarzen Haaren. Dann steigen drei Kinder aus, die auf der Rückbank im Auto saßen. Es sind ein größerer Junge und zwei Mädchen. Eine ist so groß wie ich und sie trägt die andere. Die ist fast noch ein Baby. Und was ist das? Jetzt steigt auch die Mutter aus, die vorn gesessen hat. Sie trägt ein Kopftuch so wie es Muslime tragen. Da ziehen Ausländer ein und sie sind sicher Flüchtlinge, die nicht in ihrer Heimat bleiben können. Papa sagt, Flüchtlinge haben Schlimmes erlebt und ich soll sie nicht ärgern nur weil sie anders aussehen. In meiner Klasse ist schon so ein Mädchen mit schwarzen langen Haaren. Sie ist immer ganz still und zurückhaltend. Naja, das wäre ich auch, wenn ich in eine Schule gehen würde, in der eine fremde Sprache gesprochen wird. Lili spielt immer mit dem Mädchen. Die Lili hat bisher keine Freundin gehabt und mit ihr kommt sie gut zurecht.