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Meynste?: 35 lustige Tragödien über Zweibeiner, Vierbeiner und Urlaubswurst
Meynste?: 35 lustige Tragödien über Zweibeiner, Vierbeiner und Urlaubswurst
Meynste?: 35 lustige Tragödien über Zweibeiner, Vierbeiner und Urlaubswurst
eBook278 Seiten2 Stunden

Meynste?: 35 lustige Tragödien über Zweibeiner, Vierbeiner und Urlaubswurst

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Über dieses E-Book

Nur alle hundert Jahre betritt ein Autor die Bühne, der mit seinen Satiren gleichermaßen Jung und Alt auf der ganzen Welt begeistert. Sein Humor ist Garant für Lachtränen und Lesegenuss auf höchstem Niveau. In voller Zuversicht, dass solch ein Talent bald entdeckt wird, möchten wir die Wartezeit bis dahin mit den urkomischen Katastrophengeschichten des folgenden Autors überbrücken:
Geboren und aufgewachsen in Deutschland. Ausgewandert nach Amerika. Das ist kurz und knapp der Lebenslauf von Michael Meyn. Wer weiter hinter die Kulissen schauen will, erfährt in diesen Kurzgeschichten mehr über sein Truckerleben im Wilden Westen, "Rippchen" und die eigenwilligen Haustiere Wulfgäng und Mellie.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Aug. 2021
ISBN9783347378520
Meynste?: 35 lustige Tragödien über Zweibeiner, Vierbeiner und Urlaubswurst

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    Buchvorschau

    Meynste? - Michael Meyn

    Autor: Die Geschichten sind fertig. Jetzt können wir uns auf die Gestaltung des Buchs konzentrieren.

    Eier-Lady: Ich knalle ganz viele Eier auf das Cover.

    Autor: Warum?

    Eier-Lady: Versteckte Werbung für die Fan-Seite Michls Ei tickt.

    Autor: Sehr gut durchdacht! Gabriele, haben wir schon einen Titel?

    Gabriele: Nein. Meinste, wir können das ganz zum Schluss machen?

    Autor: Kommt nicht in Frage! Wir brauchen ihn schnellstmöglich.

    Gabriele: Verstanden! Brainstorming in 3…2…1…

    Autor: Und kurz muss er sein! Sharela berechnet das Lektorat nach Wortzahl.

    Sharela: Wichtig ist, dass der Titel nicht im Passiv formuliert wird und keine Füllwörter enthält.

    Autor: Muss ich für die rausgestrichenen Wörter auch zahlen?

    Sharela: Selbstverständlich.

    Autor: Sind sie denn korrigiert, lektoriert und optimiert, bevor du sie rausschmeißt?

    Sharela: Nein. Nur eliminiert.

    Autor: Ihr Lektoren seid alle Gauner!

    Sharela: Wir Lektoren sind der Grund, dass ihr Buchpreise gewinnt!

    Autor: Da erinnerst du mich an etwas. Schnuckie, hast du den Kaminsims freigeräumt?

    Rippchen: Yes, Sir! Es ist jetzt genug Platz für fünf Pokale.

    Gabriele: Meinste, das reicht?

    Rippchen: Ich meine, dass da sehr bald wieder die Sanduhrensammlung stehen wird.

    Autor: Schwarzmalerei können wir nicht gebrauchen.

    Rippchen: Wieso bin ich dann hier?

    Autor: Ich brauche auch einen guten Autorennamen.

    Sharela: Michael Meyn ist ein guter Name.

    Gabriele: Meinste?

    Sharela: Ja

    Autor: Ich bleibe lieber anonym.

    Rippchen: Den Nachnamen würde ich aber behalten. Meyn klingt so schön.

    Autor: Und was nehme ich als Vorname?

    Gabriele: Frankfurt am.

    Eier-Lady: Soll ich Eier für die Buchmesse modellieren?

    Rippchen: Genug mit den Eiern! Das ist doch kein Kochbuch.

    Gabriele: Mein Eierbuch würde sich als Titel anbieten. Was meinste?

    Sharela: Das verwirrt den Leser noch mehr.

    Gabriele: Oder Meine Eier?

    Autor: Nicht übel! Sharela, was kostet mich der Titel im Lektorat? Sharela: Grob überschlagen, deine Schriftstellerkarriere.

    Autor: Mehr Brainstorming, Gabriele!

    Gabriele: Meinste? Also gut. 3…2…1…

    Eier-Lady: Und ich kümmer mich um deine Eier!

    Sehr geehrte Frau Sigmund-Wild,

    offiziell schreibe ich Ihnen im Auftrag meiner Frau. Es geht um die Anschaffung eines Welpen, genauer gesagt um die Frage, ob ein weiterer Hund (unser Haus ist die reinste Hundehütte!) überhaupt ratsam sei. Sie wurden uns in dieser Hinsicht als kompetente Expertin empfohlen.

    Inoffiziell schreibe ich Ihnen im Auftrag meiner selbst. Bitte holen Sie mich hier raus! Ich kann nicht mehr. Dies ist nicht mehr mein Haus. Dies ist nicht mehr mein Leben!

    Erlauben Sie mir zu schildern, was sich bei uns täglich abspielt. Meine Frau hat mehrere Leidenschaften: Möbel. Katzen. Hunde. Die Möbel sind kein großes Problem, sieht man von der Tatsache ab, dass sie oft nur aus einem einzigen Grund an einer bestimmten Stelle stehen: Dort war halt noch Platz. Der Unterschied zwischen unserem Haus und einem Möbelgeschäft besteht in der Übersichtlichkeit. Bei Ikea hat man eine gewisse Ahnung, wo sich der Ausgang befinden könnte. Hingegen gilt seit der Feier meines 60. Geburtstages vor vier Jahren der Großteil meiner Verwandt- und Bekanntschaft weiterhin als verschollen.

    Auch die Katzen stören mich nicht. Ich vermute, es sind fünf Perserkatzen. Es könnten aber auch sechs oder neun Perserkatzen sein. Es könnte auch sein, dass sie nicht wirklich Perserkatzen sind. Genau weiß ich es nicht. Aber es sind Katzen. Viele Katzen. Meist liegen sie irgendwo herum und schlafen. Oder sie hocken wie Gargoyles auf den höchsten Möbelstücken und wachen reglos über alles, was unter ihnen geschieht. Wenn ich es mir recht überlege, sind sie schon fast langweilige Tiere. Sehr sympathisch!

    Unsere wahren Probleme liegen ausschließlich in der dritten Leidenschaft meiner Frau. Den Hunden. Es sind Pekinesen, fünf an der Zahl. So sehr ich mich auch bemühe, mir fehlt jeglicher Bezug zu den Tieren. Ich mag sie nicht, sie mögen mich nicht. Meine Frau liebt sie, sie mögen meine Frau nicht. Jedoch lässt sie sich nicht entmutigen und startet jeden Tag aufs Neue den Versuch, die Liebe und Zuneigung des Pekinesenrudels für sich zu gewinnen. Belohnt werden ihre Bemühungen stets mit Bellen, Knurren und hektischem Gezeter.

    Hinzu kommt ihre eigenwillige Angewohnheit von exotischen Namensgebungen, die ich mir allesamt nicht merken kann. Ein Hund (Oder ist es eine der Katzen?) hat einen solch langen Namen, allein der Versuch ihn auszusprechen, produziert weißen Schaum in meinen Mundwinkeln. Unser allererster Hund trug den gewagten Titel Lashintiquanorantoria. Er starb an Altersschwäche genau an dem Tag, als ich seinen Namen endlich fehlerfrei über die Lippen bekam.

    Der Radau in unserem Haus ist unfassbar und wird mit jedem Tag schlimmer. Von den fünf Pekinesen haben sich mindestens zwei unaufhörlich in der Wolle. Ein Dritter hat sich für die Umtopfung berührungsempfindlicher Zimmerpflanzen verantwortlich erklärt, während der Vierte bei der kleinsten Stresssituation (also immer) auf alles pinkelt, was gepolstert ist. Das macht er aber erst, seit wir alle Teppiche im Keller verstaut haben und wir uns einbildeten, somit das Pinkelproblem gelöst zu haben. Wie leicht man sich doch täuschen kann!

    Der hinterlistigste Störenfried ist Staschlackscha, der Fünfte im Bunde. Beim Rufen seines Namens ist mir schon dreimal das Gebiss rausgeflogen. Seither nenne ich ihn Fritz. Fritz spielt gerne den zutraulichen Hund. Das Schwänzchen peitscht freudig hin und her und manchmal macht Fritz sogar Männchen vor dem gerührten Frauchen. Streckt dieses nun verliebt die Hand aus, beißt Fritz zu. Nicht in die Hand, sondern konsequent in die Waden. Zu meiner Verwunderung hat sich meine Frau noch nie über die vielen Narben auf ihren Waden beschwert. Sie nimmt es schweigsam hin. Aber wehe ich schnarche nachts…

    Mit den Hunden Gassi zu gehen, bringt mehr Sorgen als Segen. Fünf hysterische Köter an fünf Leinen durch die Nachbarschaft zu führen, ist ein unmögliches Unterfangen. Wer behauptet, dass Leinenführigkeit den Hunden am leichtesten und vor allen Dingen am schnellsten beizubringen ist, soll mich bitte umgehend aufsuchen. Ich werde ihn noch auf der Türschwelle erwürgen. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass selbst ich - als wir noch ein aktives und ausgereiftes Sexleben hatten - besser auf allen Vieren an der Leine gekrochen bin als jedes von diesen ungehorsamen Monstern. Das geht schon in der Einfahrt los. Pekinesen sind kleine Hunde. Aber wenn sie gleichzeitig in fünf verschiedene Richtungen laufen, ist die eigene körperliche Unversehrtheit nicht mehr garantiert. Meine Frau hat auch schon die umgekehrte Erfahrung gemacht und war vom Rudel, welches sich unerwartet für eine Richtung entschieden hatte, vor meinen verblüfften Augen mit vereinten Kräften aus den Wanderschuhen gehebelt geworden.

    Aus diesem Grund teilen wir uns die Aufgabe. Ich nehme einen Hund an die Leine, meine Frau vier. Weit kommen wir selten. Nachbarn, die sich uns in einem Anflug tierliebender Neugier nähern, vertreiben wir mit gezielten Warnschüssen. Wer sich dennoch nicht abschrecken lässt, wird vom Rudel nach der Devise 'Oben lecken. Unten beißen' herzlichst in Empfang genommen. Äußerst ungemütlich sind Begegnungen mit fremden Hunden und ihren Hundehaltern. Was sich dann abspielt, lässt sich nicht in wenige Worte fassen. Auf dem Polizeirevier liegen dicke Akten mit Zeugenaussagen, die uns schon in Teufels Küche gebracht haben.

    In einem Zeitungsinserat bot eine Dogwalkerin ihre Dienste an. Tränen der Freude und Hoffnung bildeten ein Bächlein vor meinen Füssen. Sogleich kontaktierte ich die Frau und wir vereinbarten den ersten Termin. Bei der Dogwalkerin handelte es sich um eine bezaubernde 23-jährige Philosophiestudentin. Sie machte einen netten und seriösen Eindruck, gleichwohl sie zugab, von Hunden nur begrenzt Ahnung zu haben. Als Anreiz schlug sie zwei kostenlose Probetage vor. Erst danach würden wir über ihre Gehaltsforderung sprechen. „Einverstanden!, nickte ich und hoffte, sie würde meinem Poker Face die Bereitschaft, monatlich bis zu 10.000 Euro zu zahlen, nicht ansehen. Ich überreichte ihr die Leinen und deutete auf eine Tür, hinter der sich die wild kläffende Brut verbarg. „Möge Gott Sie beschützen, sagte ich leise.

    Hier ist meine Anekdote auch schon fast zu Ende. Nachdem die bezaubernde Dogwalkerin von unseren Hunden an den Leinen durchs halbe Haus und dann nach draußen gezogen wurde, wart sie nie mehr gesehen. Kurz vor Sonnenuntergang hörten wir lauten Tumult vor dem Haus. Die Hunde waren heimgekehrt. In der Einfahrt hatten sie sich versammelt. Hoffnungslos verstrickt in einem Leinenwirrwar, erkannte ich zwei Mülltonnen und Pastor Franke aus dem Nachbarsort. Ein blutiges Haarbüschel im Karabinerhaken einer Leine ließ mich dünken, dass die Philosophiestudentin ihren zweiten Probetag nicht antreten würde.

    Gassi gehen wir nun nur noch in Ausnahmefällen. Beispielsweise bei Schneestürmen, Erdbeben, Reaktorunfällen oder ähnlichen Katastrophen. Die Hunde (und auch wir) sind weitaus entspannter, wenn die Chancen auf eine Begegnung mit anderen Lebewesen relativ niedrig stehen.

    Seit einiger Zeit sind wir damit beschäftigt, die Hunde mittels Leckerchen zu trainieren. Das haben wir uns aus dem TV abgeschaut. Angeblich soll das funktionieren. Werte Frau Sigmund-Wild, ich kann Ihnen versichern: Dieser Unfug bringt nichts. Und im Rudel erst recht nicht. Wir machen nun immer Einzeltraining mit jedem Tier. Mit ganz simplen Kommandos haben wir angefangen. Bei Fritz sah das dann folgendermaßen aus:

    „Sitz, Fritz", sagte ich sanft. Dabei hielt ich ihm ein Leckerchen vor die Schnauze.

    „Der Hund heißt Staschlackscha!, korrigierte mich meine Frau mahnend. „Wir müssen da schon an einem Strang ziehen, sonst machen wir das arme Tier konfus. In ihrer Aussage irritierte mich am meisten die Formulierung 'das arme Tier'. Aus der Einzelstunde wurde schnell ein Einzelnachmittag. Fritz stand einfach nur da und beäugte uns skeptisch. Auf 'Sitz' reagierte er kein einziges Mal. Auch nicht auf 'Sitz, Staschlackscha' oder 'Sitz, bitte' oder 'Sitz, du armes Tier!' Sogar die Leckerchen ließen ihn kalt. Einmal warfen wir ihm eine komplette Fleischwurst vor die Pfoten. Wir gaben Handzeichen, schmissen uns in Sitz-Position zu Boden, krabbelten bellend um Fritz herum und probierten ein paar esoterische Trance-Tänze. Ohne Erfolg. Mir riss der Geduldsfaden und ich schrie so laut ich konnte: „SITZ, DU ARSCH! Danach herrschte Stille. Fritz schaute uns an. Wir schauten Fritz an. Niemand bewegte sich. Lediglich der wild zerzauste Dutt meiner Frau wehte leicht in der Zugluft. Je länger sich der Moment der Stille zog, desto unangenehmer und bedrückender wurde sie. Bis auf einmal der kirschbaumhölzerne Sekretär aus der hinteren Ecke zaghaft fragte: „Meint ihr etwa mich die ganze Zeit? Ich kann so was nicht!

    Resigniert warf ich meiner Frau einen Blick zu. „Ich glaube, Fritz ist heute nicht lernwillig. Vielleicht probieren wir es morgen wieder?"

    Sie knurrte. „Der Hund heißt Staschlackscha!"

    „Entschuldige, sagte ich besänftigend. „Natürlich. Staschla-

    Fritz fing gekonnt mein im Flug befindliches Gebiss auf und sprintete raus in den Garten.

    Lassen Sie mich nun zur Futterverteilung kommen. Diese Problematik hat tief einschneidende Konsequenzen, die mir einerseits den nächtlichen Schlaf rauben, andererseits ertappe ich mich gedanklich immer häufiger dabei, unserer Ehe von 40 und zumeist glücklichen Jahren ein Ende zu setzen. Warum, fragen Sie? Ich werde es Ihnen verraten: Bei der Futterverteilung werde ich eiskalt übergangen!

    Es fing schon vor Jahren an, als Zischlinkalotta (bei korrekter Atmung löst sich zwar kurz die Zahnprothese, schmiegt sich aber nach der zweiten Silbe wieder fest an den Gaumen) plötzlich über das Nassfutter im Napf kritisch die Nasenschnauze rümpfte. Irgendetwas passte dem Hundeweibchen nicht.

    „Meinst du, sie ist krank?, fragte meine Gattin besorgt. Ich erinnere mich noch sehr genau, dass ich schon damals dem Braten nicht traute. „Das glaube ich nicht. Sie wird schon fressen, wenn sie Hunger bekommt.

    Zwei Minuten später befanden sich Zischlinkalotta und die Frau, von der ich mich heute gerne trennen möchte, auf dem Weg zum Tierarzt. Diagnose: Hund war gesund. Der Tierarzt hatte vorgeschlagen, ruhig etwas Abwechslung in die Mahlzeiten zu bringen, gelegentlich auf Trockenfutter umzusteigen und auch die eine oder andere Geschmacksrichtung auszuprobieren. Tatsächlich fraß Zischlinkalotta noch am gleichen Abend gierig eine üppige Portion 'Chicken à la Wauwau'. Meine Frau war glücklich, doch der Augenblick der Freude erlosch sofort, als sie den Rest der Meute knatschig vor den gefüllten Näpfen hocken sah. Fritz jaulte gar in Protest. Kein Problem für meine Frau. Mit einem 20-Kilo-Sack 'Rind fürs liebe Hundekind' verbuchte sie bei den anderen Hunden gute Erfolge. Lediglich Jean Baptiste XIII (fragen Sie nicht!) spielte bockig und biss probeweise in eine der Perserkatzen.

    Tags darauf war alles anders. Drei Hunde bestanden auf Trockenfutter, einer wollte Nassfutter mit einem Esslöffel Honig, unterdessen Jean Baptiste XIII ungehemmt die Kohlroulade auf meinem Mittagsteller anstarrte. Ich ahnte: Hier bahnte sich Unheil an…

    Heute, im Jahre des Herrn 2019, gleicht die Futtervergabe einer amateurhaft geschriebenen Satire. Bitte glauben Sie mir dennoch. Jedes Wort ist wahr! Alle Mahlzeiten werden nach strengen Regeln serviert. Die kleinste Abweichung resultiert in einem zornigen Hungerstreik. Zimmertemperatur und Lichtverhältnisse spielen eine ungemein große Rolle. Auch die korrekte Auswahl der Hintergrundmusik darf nicht außer Acht gelassen werden. Die Darreichung des Futters findet vor unserem Kachelofen statt. Dort auf dem Boden platziert meine Frau Kuchenteller mit güldenen Rändern, auf denen der Hundeschar Roastbeef und Tafelspitz mit frischen Kräutern kredenzt wird. Und selbst dann sind sie nur zufrieden, wenn man das Fleisch in kleine Häppchen schneidet und von den Tellern zwischen zwei Fingerspitzen direkt in die hungrigen Mäuler befördert. Ich habe schon beobachtet, wie sich Jean Baptiste XIII missgestimmt abwendete, weil das Fleischstückchen mit der linken anstatt mit der rechten Hand gereicht wurde. Das hat ihm den kompletten Tag versaut!

    Mit all dem könnte ich leben, würde doch nur ab und an ein kleines Bröckchen für mich abfallen. Gekocht wird bei uns schon lange nicht mehr. Alles dreht sich um die Pekinesen. Für meine Frau bedeutet die Zeit nach dem Füttern nichts anderes als die Zeit vor dem Füttern. Zur Ruhe kommt sie nie, denn es muss viel vorbereitet werden.

    Kennen Sie Mission Impossible? Sollten den Filmproduzenten irgendwann die Ideen für Fortsetzungen ausgehen, wären sie gut beraten, mich bei meinen nächtlichen Aktivitäten zu studieren. Mein mir selbst erteilter Auftrag lautet wie folgt: Infiltriere unbemerkt das Wohnzimmer und mache dich über den Tafelspitz auf den Kuchentellern her. Verleugne deine wahre Identität, falls die Mission auffliegt und beiße avanti auf die Zyankalikapsel in deiner Backentasche. Viel Glück, Reinhold!

    Ein arges Hindernis auf dem Weg zu den gelobten Fleischhäppchen ist die Treppe zum Erdgeschoss. Die morschen Stufen knarzen verräterisch. Eingangs versuchte ich dies zu umgehen, indem ich den Handlauf elegant herunter rutschte. Der Endpfosten splitterte mein Hüftgelenk. Nun knackt es deutlich hörbar bei jedem Schritt. Neuerdings lasse ich mich einfach vom ersten Stock in einen weichen Sessel fallen. Das gelingt mir aber nur dann lautlos, wenn sich keine Katze auf jenem Sessel befindet. Den Rest der Strecke muss ich auf dem Bauch robbend bewältigen. Richtig, sonst knackt es im Hüftgelenk.

    Bis zum Kachelofen mit den Kuchentellern sind es etwa sieben Meter Luftlinie. Das ließe sich für einen rapide alternden Mann wie mich mühelos meistern, stünden nicht all diese nutzlosen Möbel im Weg. Grob geschätzt ziehe ich mich rund 200 Meter über den Boden, weiche zunächst der großen Standuhr aus, schlängle mich keuchend an antiken Vitrinen und Fauteuils vorbei in den Flur, wo ich mich durch die wohlweißlich gut geölte Hintertür in den Garten begebe. Dort, als würde meine Frau etwas ahnen, muss ich mich durch mehrere Dornenbüsche und Bärenfallen zum Wohnzimmerfenster vorkämpfen, in das ich mich mit letzter Kraft hieve und endlich vor meiner Belohnung lande. Meist sind meine Arme zu schwach für weitere Tätigkeiten und ich verschlinge das Fleisch wie ein Hund von den Tellern.

    Vielleicht ist es mir gelungen, den Ernst meiner Lage zu schildern. Vielleicht verstehen Sie nun, warum ich unseren Pekinesen ablehnend und hilflos gegenüber stehe. Und vielleicht können Sie auch verstehen, weshalb ich den 3. Weltkrieg dem Zuwachs eines neuen Welpen vorziehe. Dieser Narretei muss ein Ende gemacht werden! Ich bitte sie von Mensch zu

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