BLUTHÄNDE: Mystery, Science Fiction und Horror
Von Susanne Riehl und Ena Gelo
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Über dieses E-Book
"Dreamwatching" führt einen Pharmamanager in die virtuelle und magische Welt seines eigenen Sexus.
"Was ist los mit Aja" gibt einen Einblick in die beklemmende schulische Welt der nahen Zukunft.
In "Die drei Freundinnen" begegnet uns ein mysteriöser und mystischer Kriminalfall, in den drei junge Abiturientinnen verwickelt sind.
"Schuldig" berührt anhand des Schicksals eines Straffälligen die ewig menschliche philosophische Frage von Schuld, Erbschuld und Karma.
Die "Indischen Nacht in Deia" lässt ein junges Liebespaar Einblick nehmen in die fantastische Welt von Zeit und Schicksal.
Im "Blutnetz der Nacht" treibt ein junger Vampir sein medizinisches Unwesen.
"Das Pestbild " ist eine mystische Kriminalgeschichte im Kunstraubmilieu.
In "Shamira" begegnet eine Ärztin völlig unerwartet dem Unheimlichen.
"Weihnachtsmarkt" offenbart eine beklemmende Geschichte, in der sich Realität und Psychopathologisches auf schreckliche Weise vereinen.
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Buchvorschau
BLUTHÄNDE - Susanne Riehl
Dreamwatching
Berlin dümpelte. Vier Jahreszeiten. Donnerstag Abend. 21 Uhr. Scheißregen. April. Der 5er BMW hielt vor dem Hotel. Schlüsselübergabe an den Portier. Routine-Gesten. Standard-Mimik. Mehr fledermäusig als dysphorisch. Der frühe Sinatra zärtelte aus der Lounge. Oder aus der Hotelbar? Bienenwachs?
Weder Zeit noch Lust dem nachzugehen, dachte Bensohn. Und die mit dem Piercing an der Lippe, schon abenteuerlich. Retro, dennoch schräg, heiß, eigentlich verboten in diesem Kontext. Eben Berlin. Mitte. Immer wieder eine Reise wert.
Einen ständigen Koffer müsste man hier haben, wie der Grevelli gesagt hat, das stimmt. Nur eine Stunde und schon waren die Verträge unter Dach und Fach. Dr. Schnürer wird zufrieden sein. Der muss zufrieden sein, der alte Sack! Mit den Schweizern, den Luzernern, lassen sich ohnehin bessere Deals abwickeln als mit den zickigen Leuten aus Den Haag in der letzten Woche. Die Holländer saufen viel und nur das Beste auf Firmenkosten, fressen selbst Sushi wie die Schweine und geben sich danach wie alte Diven auf Kurlaub an der Cote d` Azur. Die Almis brauchen für ihre Praxen die neuen Happy-Keulen gegen schwere Depressionen, bei den meisten Kunden als Burnout getarnt. Die fraßen sie mir aus der Hand! Mit der Eu-Sensi p 20 unseres geliebten Konzernes werden Depressive fortan zu wahren Stimmungskanonen. Da geht die Post ab! Endlich langfristig, nachhaltig und ohne Nebenwirkungen! Alles mit staatlichem Prüfsiegel! Wir sind ein Weltkonzern. Das Zeug war der Messeknüller. Obwohl: Meckerer gibt es immer. Sollen die doch ihre Kräutertees schlürfen, wenn ihnen das hilft und sie Zeit dafür haben! Sollen die doch ihre homöopathischen Tröpfchen in die Meere pieseln! Die Klugscheißer. Jedem das Seine.
Gediegenes Beschäftigsein in der Lounge. Hotelboys warteten artig auf ihre Aufträge, schauten halbäugig und gefällig auf die eifrigen, kokett an ihnen vorbeihuschenden Zimmermädchen. Edelhotel-Game, same Procedure als every day und dies nahezu zeitlos eingefroren in der Akashachronik.
Zwei auffallend hübsche Femmes, die ein gemeinsames Doppelzimmer gebucht haben. Fürstlicher Empfang. Die Nussbraune ist die Schwester eines prominenten Münchner Schauspielers, die Blondierte ist Nachrichtensprecherin bei einem privaten Fernsehsender. Früher war sie als IT-Influencerin in der Wellness- und Foodbranche tätig. Wie heißt sie doch gleich?-
Kleines, nahezu unsichtbares Zugestecke am Tresen. Der Dicke hinter dem Holz mit der viel zu kleinen Lesebrille, in der steifen Karnevalsuniform, überschlug sich mit homoerotischem Zungenschlag und süßhölzernen Komplimenten. Übergangsloses Neutralisieren.
„Womit kann ich Ihnen dienen?"-
Woher hat der bloß diese grauenhafte Lesebrille?
„Guten Abend. Bensohn, mein Name. Firma Pharma-Line, Leverkusen-Dubai. Meine Sekretärin hat für mich ein Einzelzimmer gebucht, für eine Nacht."
Gewichtiges, fast politisches, digitales Blättern in den Dokumenten im Laptop neben der Glocke. Würdevoller Blick durch die Lesebrille.
„Ah ja. Hier haben wir ihn, den Herren. Bensohn. Joachim. Pharma-Line."
Schau an, schau an.
„Hier ist Ihr Schlüssel. In unserem Hause haben wir noch Schlüssel!" Er lächelte stolz. Nostalgiker?
„Wenn Sie etwas benötigen, irgendetwas, dann …".
„Danke, ich kenne mich ja aus!"-
„Schönen Abend noch!"
Bensohn war auf dem Weg zum Lift, da rief ihn die Lesebrille noch einmal zurück.
„Ach, Herr Bensohn, da ist noch ein Brief für Sie gekommen. Entschuldigen Sie, dass ich ihn vergessen habe."´
Im Hotelzimmer duftete es nach allergieneutralen Tulpen. Neben dem Strauß ein Piccolo der Hausmarke und ein kleines Betthupferl.
Bensohn legte sein Jackett ab, löste die dezente Krawatte und gönnte sich eine Flasche des besten norddeutschen Edelbieres aus der wie immer viel zu kleinen Minibar.
Noch ein Filmchen nach dem Duschen, einige Fläschchen Bier und dann der Schlaf der Gerechten. Ich hab`s mir nun wirklich redlich verdient! Morgenfrüh dann zurück nach Leverkusen. Wochenende. Simone wollte Gardinen für das Schlafzimmer aussuchen. Ich müsse unbedingt dabei sein, sagte sie.
Er legte sich aufs Bett, die Flasche Bier und die aufdringliche Fernsehzeitung in der Hand. Scheißprogramm! Absolut nichts! Wieder nichts!
Die zweite Flasche war rasch geöffnet und geleert. Wird sich schon mit der Happy vertrage! Dazu eines dieser kleinen bunten Fläschchen. Was soll`s? Feierabend! Endlich!
Zersetzt mit Schneegraupel prasselte der Aprilregen gegen das Hotelzimmerfenster. Da fiel Bensohn der Brief von vorhin wieder ein. Nur eine Werbesendung in teuflisch privatisierter Form. Sehr retro. Wahrscheinlich für alle Hotelgäste. Wusste der Dicke das nicht? Sehr aufwändig, aufgemotzt. Eine IT-Adresse. Geheimtipp. Na, das sagen sie alle. Aber schön zu wissen, dass die hier auch einen Laptop stehen haben. In der linken Hand die Kartoffelchipstüte, in der rechten die Maus, war Bensohn mit Glasfaser-Turbo-Speed im Netz.
Die Arbeit schlich ihm nach. Er klickte die Seiten der Konkurrenz an. Managertrauma. Dann dieser ungebetene Werbebanner einer Erotik-Line. „Dominanz? Ungewohntes? Schockierendes? Nur für Hardliner und echte Kerle!" Klick.
Aber das