Wer hat uns 1945 befreit?: Interviews mit Kriegsveteranen und Analysen zu Geschichtsfälschung und neuer Kriegsgefahr
Von Ulrich Heyden
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Rezensionen für Wer hat uns 1945 befreit?
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Buchvorschau
Wer hat uns 1945 befreit? - Ulrich Heyden
Vorwort des Autors
Der 8. Mai ist für die meisten Deutschen ein schwieriger Tag. Es gibt keine Klarheit, was dieser Tag bedeutet. Ist es ein trauriger Tag oder ein Tag der Freude? Ein Tag des Dankes an die Sowjetsoldaten und die westlichen Alliierten oder ein Tag an dem man wegen einer großen Militärparade aufgebracht nach Moskau guckt?
Für mich selbst war der 8. Mai immer ein Tag der Freude. Doch diese Freude war abstrakt. Erst durch die Interviews mit russischen Kriegsveteranen bekam ich ein einigermaßen realistisches Bild vom Zweiten Weltkrieg.
Ich interviewte in den letzten zwanzig Jahren zahlreiche russische Kriegsveteranen, weil ich spürte, dass in den Erzählungen meines Vaters, der als Soldat kurz vor Moskau stand, etwas Entscheidendes fehlte. Der russische Soldat als Mensch kam in seinen Erzählungen nicht vor. Ich wollte wissen, was das für Menschen waren, die von der deutschen Wehrmacht am 22. Juni 1941 mit 3,3 Millionen Soldaten auf breiter Front angriffen wurden.
Den Tod von Bürgern der Sowjetunion kann ich nicht ungeschehen machen. Aber als Journalist kann ich dazu beitragen, dass diejenigen, welche die Sowjetunion damals verteidigten, ein Gesicht bekommen und nicht nur graue Masse sind. Das ist auch – so denke ich - ein Mittel gegen einen neuen Krieg, für den in Europa schon eifrig geübt wird.
2016 schrieb Joachim Käppner in der Süddeutschen Zeitung, man könne, angesichts zahlreicher Nato-Manöver an Russlands Grenze, das Deutschland von heute nicht mit dem Dritten Reich vergleichen. „Und doch, schreibt Käppner weiter, „ist der Mangel an historischer Sensibilität erstaunlich, dass ausgerechnet das Land der Invasoren von einst, statt Soldaten zu schicken, seine Rolle nicht deutlicher als Mittler zwischen dem Westen und Moskau versteht. Vielleicht hat das noch immer damit zu tun, dass der Krieg des Deutschen Reiches gegen die Sowjetunion 1941 hierzulande in seinen apokalyptischen Dimensionen bis heute vielfach nicht ganz begriffen wurde. Mindestens 27 Millionen Menschen wurden auf sowjetischer Seite Opfer dieses Krieges.
¹
Die Formulierung „nicht ganz begriffen wurde" legt nahe, dass es in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eine intensive Aufklärungsarbeit über die Verbrechen der Wehrmacht in der Sowjetunion gegeben hat. Doch diese Aufklärung gab es nur in Ansätzen. Wenn heute von Verbrechen in der Sowjetunion die Rede ist, dann geht es meist um Stalin, aber fast nie um Hitler.
An der Dämonisierung Russlands arbeiten die großen deutschen Medien und viele Politiker seit Wladimir Putin im Jahre 2000 zum Präsidenten gewählt wurde. Ein großer Teil der deutschen und der amerikanischen Elite will ein starkes Russland nicht akzeptieren. Man möchte ein schwaches Russland, dass die Kontrolle über seine Rohstoffe an westliche Konzerne abgibt. Je mehr Putin das Land stabilisierte und aus dem Chaos der Jelzin-Jahre herausführte, desto giftiger wurden die Kommentare in deutschen Medien.
Mit der Ukraine-Krise verschärfte sich der Ton der großen Medien gegenüber Russland dann in einem Maß, wie es seit den 1960er Jahren nicht mehr der Fall war. Die Entspannungspolitik, die Anfang der 1970er Jahre zwischen Deutschland und Russland begann und bei der viel für das gegenseitige Verstehen der beiden Völker erreicht wurde, wurde seit 2014 fast vollständig zerstört.
Ich selbst habe bei meinen Interviews mit den Veteranen einiges dazugelernt. Ich meinte immer, ich wüsste das Wichtigste über Russland. Doch erst durch die Gespräche mit den Veteranen und ehemaligen Zwangsarbeitern habe ich die Bedeutung des Sieges über Hitler-Deutschland nicht nur verstanden, sondern auch erfühlt.
Der 22. Juni 1941 war für mich ein abstraktes Datum. Das änderte sich, als ich im Sommer 2002 in Moskau den Kriegsveteranen Wladimir Kolganow interviewte. In einer russischen Küche zu sitzen und aus dem Munde eines Russen zu hören, wie er die Rede von Außenminister Molotow zum Überfall von Hitler-Deutschland erlebte, das ging unter die Haut.
Ich stellte mir vor, dass ich an diesem Juni-Tag im Jahr 1941 in der Masse der Menschen auf der Straße stand, welche die Rede aus den Lautsprechern hörten.
Das Kriegs-Thema beschäftigte mich von nun an immer mehr. Und ich fürchtete, zu spät zu kommen. Denn immer mehr Veteranen starben. Zufällig erfuhr ich, dass meine Wohnungsnachbarin, Anna Pessina, im Gebiet Stalingrad als Krankenschwester im Einsatz war. Auch sie gab mir 2002 ein langes Interview.
Während der Interviews wurde mir klar, dass die sowjetischen Soldaten nicht nur ihre Familien vor der Versklavung und Ausrottung retten wollten. Sie kämpften nicht nur für die heimische Erde. Sie kämpften auch für den Erhalt einer Gesellschaftsordnung, die sie aus der Armut befreit hatte, eine Gesellschaftsordnung in der Bildung, Gesundheit und ein würdiges Einkommen für die einfachen Menschen einen hohen Stellenwert hatte.
„Hätte man uns 1989 angegriffen, weiß ich nicht, ob wir uns so gewehrt hätten wie damals", sagte mir vor kurzem eine Bekannte.
1989 war das Jahr, als es vor den sowjetischen Läden lange Schlangen gab. Die Menschen erlebten, dass die Perestroika von Michail Gorbatschow zu Armut, Wirtschaftschaos und Staatszerfall führte. Der Gewinn an politischer Freiheit wurde überlagert von dem Überlebenskampf jedes Einzelnen und jeder Familie.
Hundertausende – unter ihnen viele gut Ausgebildete – emigrierten in den 1990er Jahren in westliche Länder und suchten dort ihr Glück.
Doch der Staatsstreich in der Ukraine im Februar 2014 und der darauffolgende Krieg im Donbass brachte für viele Auswanderer die bittere Erkenntnis, dass die Vorstellung von einem Europa in Frieden und Wohlstand nur ein schöner Traum war.
Im Juli 2014 nahm ich in Hamburg zusammen mit einigen Russen und Ukrainern an einer Demonstration gegen den Krieg im Donbass teil. Der dringend notwendige Protest auf der Straße gegen Kriegsvorbereitungen und Russland-Dämonisierung ist in Deutschland seitdem leider nicht stärker geworden. Dies ist auch Resultat der massiven Medienpropaganda, um die es in diesem Buch auch geht.
¹ Wehe den Besiegten, Joachim Käppner, Süddeutsche Zeitung, 21.06.2016, https://www.sueddeutsche.de/politik/unternehmen-barbarossa-wehe-den-besiegten-hitlers-vernichtungskrieg-im-osten-1.3035250
Grußwort von Andrej Hunko
(Mitglied des Bundestages, Die Linke)
Es ist ein überaus verdienstvolles Anliegen, in Form von Interviews mit Zeitzeugen die verdrängte Erinnerung an den Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten zu erinnern, dem 27 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind, darunter überwiegend Russen, aber auch viele Ukrainer und andere Völker der damaligen Sowjetunion. Ulrich Heyden legt hier rund um den 75. Jahrestag der Befreiung vom NS-Faschismus ein sehr wichtiges Buch vor.
Das ist umso bedeutsamer, als wir in einer Zeit leben, die starke Züge eines neuen Kalten Krieges aufweist, der auch die Erinnerungskultur berührt. Im September 2019 etwa beschloss das EU-Parlament unter dem Titel „Bedeutung des europäischen Geschichtsbewusstseins für die Zukunft Europas" eine Resolution, die insbesondere auf Betreiben polnischer Nationalisten eine revisionistische Neudefinition des 2. Weltkriegs vornimmt, die sich in die aktuelle geopolitische Stimmungsmache gegen die Russische Föderation einfügt.
Denkmäler etwa die, die Erinnerung an die Rolle der Roten Armee beim Sieg über den Nazismus aufrechterhalten, sollen laut dieser Resolution einem umgeschriebenen Geschichtsbild weichen. Erschütternde 82% der Abgeordneten stimmten dafür, einzig die Linksfraktion und einzelne Abgeordnete anderer Fraktionen stimmten dagegen. 77 Abgeordnete der parlamentarischen Versammlung des Europarates aus 17 Ländern widersprachen daraufhin in einer „written declaration Ende Januar 2020 jeglichen Versuchen, die „historische Wahrheit
über den 2. Weltkrieg umzudeuten.
Ausgerechnet zum 75. Jahrestag der Befreiung vom NS-Faschismus sollte der Höhepunkt des größten Militärmanövers seit dem Kalten Krieg vor der russischen Westgrenze stattfinden. Auch wenn es so aussieht, dass das Corona-Virus diese Provokation in diesem Jahr vereitelt, ist doch davon auszugehen, dass vergleichbare Manöver in den nächsten Jahren geplant werden.
Meine teilweise ukrainischen Wurzeln ändern nichts daran, dass ich sehr westdeutsch sozialisiert bin, aufgewachsen in Aachen, derjenigen deutschen Stadt, die schon am 21. Oktober 1944 befreit wurde. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie ich als 11-Jähriger im Rahmen einer Fußball-Jugendmannschaft nach Paris fuhr und dort von einer französischen Großfamilie aufgenommen wurde. Ich spürte die feierliche Überwindung, die es meine französischen Gastgeber 30 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs kostete, einen Deutschen aufzunehmen. Erst später begriff ich, dass dieser Jugendaustausch Teil der Elysee-Verträge war, die auch der zivilgesellschaftlichen Versöhnung der ehemaligen Erzfeinde Deutschland und Frankreich dienten.
Während diese deutsch-französische Aussöhnung erfreulicherweise weitgehend erfolgreich umgesetzt wurde, hat es nie vergleichbare Initiativen einer deutsch-russischen Aussöhnung gegeben. Die Erinnerung etwa an die Hungerblockade von Leningrad oder die Dimension des Vernichtungskrieges selbst, ist im deutschen Bewusstsein verglichen mit anderen Verbrechen des NS-Regimes nur äußerst rudimentär ausgeprägt. So konnte etwa Thomas Oppermann bei seiner offiziellen Rede zum 75. Jahrestag der Befreiung von Aachen im dortigen Krönungssaal am 21. Oktober 2019 völlig unwidersprochen etwa die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung von Ausschwitz „vergessen".
Ähnliches dürfte bei den offiziellen Feierlichkeiten im Mai 2020 zu erwarten sein. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Interviews wichtige Stimmen, um dieses Vergessen zu vermeiden.
Andrej Hunko ist stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag und im Europarat
Grußwort von Jan Korte
(Mitglied des Bundestages, Die Linke)
Liebe Leserin, lieber Leser,
innerhalb von nur acht Monaten erschüttern drei schreckliche rechtsterroristische Anschläge unser Land. In Thüringen machen FDP und CDU gemeinsame Sache mit der AfD und brechen den demokratischen Konsens, dass nie wieder Faschisten Regierungsmacht bekommen dürfen. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig an die Geschichte zu erinnern. Und da gibt es keine tiefere Zäsur als den 8. Mai 1945.
Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands besiegelte das Ende eines verbrecherischen Systems, dessen Weltherrschaftspläne und Rassenwahn die menschliche Zivilisation infrage stellten. Erst durch die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 wurde der industrielle Massenmord an sechs Millionen Juden beendet. Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges ist eine des Schreckens und des Terrors: Mehr als 60 Millionen Menschen starben bei Kampfhandlungen und durch Repressalien. Von den 18 Millionen Menschen in den Konzentrationslagern, wurden elf Millionen ermordet oder durch Zwangsarbeit vernichtet.
Die nationalsozialistische Kriegsplanung sah im Jahr 1941 für die Sowjetunion ausdrücklich vor, dass die Bevölkerung um 30 bis 50 Millionen Menschen reduziert werden sollte. Zuerst realisiert wurde diese Vernichtungsplanung an den sowjetischen Kriegsgefangenen. Zehntausende von ihnen wurden ausgesondert und nach den Richtlinien des „Kommissarbefehls" direkt hinter der Front erschossen oder in den Konzentrationslagern ermordet. Mehr als drei Millionen Gefangene überlebten den Krieg nicht. Nur dadurch, dass eine Einnahme von Leningrad verhindert werden konnte, scheiterte die deutsche Planung, die den Tod aller drei Millionen Einwohner der Stadt vorgesehen hatte. Doch 800 000 Leningrader verhungerten durch die deutsche Blockade oder starben im Bombenhagel der Wehrmacht.
Am Ende hatte Nazideutschland einen Leichenberg mit 27 Millionen sowjetischen Männern, Frauen und Kindern aufgetürmt – teils im Kampf gefallen, zu Hunderttausenden in der Gefangenschaft ermordet, als Zivilisten vergast, willkürlich erschossen, gehenkt, in ihren Häusern verbrannt, zu Millionen und mit Vorsatz dem Hunger- und Kältetod preisgegeben.
Man sollte meinen, dass dies alles Anlass für Bundestag und Bundesregierung sein sollte, sich um gute Beziehungen zu Russland und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu bemühen. Doch weit gefehlt. Seitdem die Bundesregierung 2012 die Modernisierungspartnerschaft mit Russland einseitig aufgekündigt hat verschlechtern sich die deutsch-russischen Beziehungen von Jahr zu Jahr mehr. Das diesjährige NATO-Manöver Defender 2020, ausgerechnet rund um den 75. Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Faschismus, zeigt dies in drastischer Form. Statt immer neuer Konfrontation brauchen wir Entspannung und Kooperation mit Russland. Es wäre an der Zeit ein starkes öffentliches Zeichen für Versöhnung, Völkerverständigung und Frieden zu setzen. Endlich den vergessenen Opfern des NS-Vernichtungskrieges mit einem zentralen Gedenkort in Berlin zu gedenken, könnte so ein Zeichen sein.
Wünschenswert wäre, wenn dieses Buch, in dem dankenswerter Weise die Befreier und Betroffenen selbst ausgiebig zu Wort kommen, einen Beitrag dazu leisten könnte, dass die Erinnerung an den Vernichtungskrieg Nazideutschlands im Osten aus dem Erinnerungsschatten geholt und den Opfern dauerhaft ein ehrendes Andenken in unserer Erinnerungskultur zuteilwird.
Jan Korte ist 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE
1. Was Deutsche und Russen vom Krieg erinnern
Mit meinem Vater „an der Front"
Es ist ein Sommertag Ende Mai 1997 und ich bin mit meinem Vater Wilhelm auf dem Weg zu dem Dorf, wo er mit seiner Wehrmachts-Einheit im Winter 1941 sechs Wochen lang im Einsatz war. Es ist der Ort, an dem mein Vater im „Feldzug Barbarossa" Moskau am nächsten war.
Kurz vor dem Dorf Kusmistschewo läuft ein junger Schimmel über die Straße. Wilhelm schreit: „Anhalten!" Er ist wieder in seinem Soldaten-Modus, sagt mir meine innere Stimme.
Der Fahrer unseres Taxis hält und mein Vater springt aus dem Wagen, als ob zum Angriff geblasen wurde. Trotz seines Alters – er war damals 76 Jahre alt – hangelt er sich ohne Hilfe aus dem Wagen und läuft mit ausgebreiteten Armen dem Schimmel hinterher. Doch der Versuch, das Pferd einzufangen, misslingt. Der Schimmel wechselt die Richtung und trabt über die Wiese davon.
Mit unzufriedenem Gesicht kehrt Wilhelm zum Auto zurück. Was hat ihn auf die Wiese getrieben?
Je näher wir zu seinem ehemaligen Stationierungsort kommen, desto aufgeregter wurde mein Vater. Ich spürte, wie die Kriegszeit wieder in ihm hochkommt. „In Deckung, „Aufsitzen
, „vorwärts …", das waren die Worte, die in seinen Erzählungen immer wieder vorkamen.
Der deutsche Soldat war einsatzbereit und gewohnt zu jeder Tages- und Nachtzeit Befehle auszuführen. Gehorsamkeit, Mut und Ehre. Das waren die „Werte", welche die deutschen Soldaten zusammenschweißte.
Im Oktober 1941 hatte Wilhelm für irgendeine „Heldentat" das Eiserne Kreuz erster Klasse bekommen. Der schnelle Vorstoß Richtung Moskau hatte auch bei ihm die Hoffnung genährt, man könne bald in Moskau sein.
Nein, ein Nazi war Wilhelm nicht. Aber er hat den „Feldzug Barbarossa mir gegenüber nie kritisiert. Möglicherweise hielt er den Angriff auf die Sowjetunion im Nachhinein für falsch. Aber sich öffentlich dazu zu bekennen, hätte bedeutet, dass er der Wehrmacht in den Rücken fällt. Und das wäre für ihn „unsoldatisch
gewesen.
Noch Jahrzehnte nach dem Krieg las er die Erinnerungen von deutschen Generälen und die Abhandlungen von Historikern, um herauszufinden, welche taktischen Fehler gemacht wurden.
Kein Wunder war für mich, dass Wilhelm die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht"², die im März 1995 in Hamburg begann, verurteilte, als Verleumdung von Soldaten, die in ihrer überwiegenden Zahl nicht an Verbrechen beteiligt gewesen seien.
Als Wilhelm nun 50 Jahre später den Schimmel über die Straße laufen sieht, fühlt er sich in seine Soldatenzeit zurückversetzt. Seine Ausbildung hatte er an einer KavallerieSchule gemacht. Mit Pferden kannte er sich aus. Und in der emotionalen Anspannung kurz vor dem Dorf Kusmistschewo, wollte er offenbar noch einmal im „wilden Russland „Ordnung schaffen
und das Pferd einfangen.
Das „Auge der Division"
Das Dorf Kusmitschewo, wo Wilhelm stationiert war, liegt 100 Kilometer südlich von Moskau im Gebiet Kaluga. Es war der Wunsch meines Vaters, das Dorf einmal zu besuchen. Ich sollte ihm helfen dahin zu kommen.
Im Dezember 1941 führte Wilhelm das Kommando über eine Schwadron von 40 Radfahrern. Die Schwadron gehörte zur „Aufklärungs-Abteilung 152". Diese war eine Voraus-Abteilung der deutschen 52. Infanterie-Division.
Er habe vor dem Dorf Kusmistschewo in einer „primitiven Schneeloch-Verteidigungsstellung" gelegen, erinnert sich Wilhelm. An Eingraben war nicht zu denken. Die Erde war bei Minus 30 Grad steinhart.
Die deutschen „Aufklärungs-Abteilungen waren „das Auge
der Division. Sie hatten in der Regel 630 Soldaten und Offiziere und wurden bis zu 30 Kilometer vor oder neben der eigentlichen Front eingesetzt. Zu einer Aufklärungs-Abteilung gehörten ein Abteilungsstab