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Einsam zu zweit: Tagebuch
Einsam zu zweit: Tagebuch
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eBook698 Seiten9 Stunden

Einsam zu zweit: Tagebuch

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Über dieses E-Book

Fesselnde, pikante, spannende Lektüre. Ein Buch, das zeigt, wie viel ein Mensch bereit ist zu investieren, um nicht der Routine zu verfallen und um mit sich selbst glücklich zu sein. Ein mutiges Portrait eines einfühlsamen Mannes im einundzwanzigsten Jahrhundert. Er - wohlhabend, erfolgreich, erfahren. Sie - eine Frau Mitte zwanzig, die einen Sponsor sucht. Sie lernen sich über eine Dating-Seite kennen. Zwei Menschen aus unterschiedlichen Welten und Generationen versuchen eine Beziehung aufzubauen, die auf Verständnis, Vertrauen und Ehrlichkeit basiert. Er motiviert sie, das Studium wieder aufzunehmen, sie baut seinen Lebensmut wieder auf. Sie bereisen Europa: Rothenburg, Danzig, Neuschwanstein, Thorn, Budapest, Venedig. Reichen gemeinsame Interessen für guten Wein, Küche, Musik, Filme und nicht zuletzt guten Sex, um eine dauerhafte Beziehung aufzubauen? Kann ein doppelt so alter Mann die Bedürfnisse einer jungen Frau erfüllen? Ist eine so viel jüngere Frau die richtige Partnerin für einen erfahrenen Mann? Ein ungewöhnliches Tagebuch der Ereignisse und der WhatsApp-Unterhaltungen. Basiert auf einer wahren Begebenheit.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum7. Juni 2021
ISBN9783347341265
Einsam zu zweit: Tagebuch

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    Buchvorschau

    Einsam zu zweit - Anton Dr. Lihs

    Teil I

    Grafiken und Links zu den im Buch beschriebenen Orten unter: www.einsam-zu-zweit.de

    Die Texte des Erzählers sind in gerader, die der anderen Personen in kursiver Schrift dargestellt.

    Der Mensch ist selten im Ganzen gut oder böse.

    ***

    Der Mensch muss außer dem Mitleid für andere auch Rücksicht für sich selbst haben.

    Siegmund Freud

    Profil auf www.Erodate.pl

    Name: Georg

    Ausbildung: Höhere Bildung

    Beziehungsstatus: keine Angabe

    Biete Sponsoring: ja, gerne

    Orientierung: Hetero

    Alter: 52 Jahre

    Größe: 1,73 m

    Figur: athletisch gebaut

    Gewicht: 76 kg

    Rauchen: nie

    Alkohol: gelegentlich

    Sprachen: Polnisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch

    Meinem Profil ist ein Bild beigefügt, das mich in Badehose an einem sonnigen Strand auf Mauritius zeigt und das so abgeschnitten ist, dass von meinem Gesicht gerade noch das Kinn mit grauem Dreitagebart sichtbar ist. Ich habe für das Bild sehr viele „Likes" bekommen und ich denke, dass nur ganz wenige Männer einen besseren Body haben als ich, erst recht in meinem Alter.

    Ich suchte nichtrauchende Frauen im Alter zwischen achtzehn und dreißig Jahren in einem Radius von hundertfünfzig Kilometern. Sehr schnell merkte ich, dass mindestens neunzig Prozent der Profile komplett oder größtenteils erstunken und erlogen sind. Bilder von vor zehn Jahren oder von vor zwanzig Kilo werden gezeigt. Jede Frau schummelt bei ihrem Alter, selbst diejenigen, die erst zwanzig Jahre alt sind. Warum eigentlich?

    Je älter sie sind, umso mehr schummeln sie. Deswegen habe ich die Suche von ursprünglich bis zu sechsunddreißig Jahren auf bis maximal dreißig Jahre begrenzt. Die „Sechsunddreißigjährigen" waren zum Teil älter als ich. Die älteren Profile machen keinen Sinn, meist sind das entweder Prostituierte, die mich nicht interessieren, oder einfach Dateileichen, Frauen zahlen ja nichts, also wird auch nichts gelöscht.

    Ich konzentriere mich nur noch auf die „neuen Nutzerinnen. Natürlich gucke ich vor allem auf das Aussehen, was soll man auch sonst machen? Die Beschreibungen sind nur sehr knapp, wenn überhaupt vorhanden. Da sind so viele Lügen dabei, dass ich irgendwann eine große Hotelsuite mietete und an einem einzigen Abend sieben Treffen im Stunden-Rhythmus, fast wie Vorstellungsgespräche absolvierte, um die Frauen wenigstens ein bisschen kennenzulernen. Unvorstellbar, was da teilweise für Gestalten kamen. Am schrägsten war wohl ein Treffen mit einer attraktiven Frau Anfang dreißig, die sofort versuchte, mich „zu Gott zu bringen. Bei mir beißen solche Leute auf Granit und haben es schwer mit mir, ich kenne die Bibel wirklich gut. Als sie merkte, dass sie bei mir nicht weiterkam, wollte sie mit mir ins Bett. WTFi? Ich lehnte ab.

    Das „interessanteste erste Treffen hatte ich mit einer angeblich dreiundzwanzig Jahre alten Frau. Es begann mit einem Klopfen an meiner Hotelzimmertür. Kaum hatte ich die Türklinke heruntergedrückt, wurde die Tür brutal aufgestoßen, sodass ich auf den Boden fiel. Es stürmten zwei „Nilpferde herein, Anfang vierzig, Ende achtzig. Die erste Zahl ist das geschätzte Alter, die zweite das Circa-Gewicht. Eine der beiden drückte sofort mit dem Knie meinen Kopf zu Boden und die andere versuchte, an meine Brieftasche zu kommen. Ich bin wirklich sportlich und konnte mich zunächst befreien. Der schmale Flur der Suite war durch hundertsechzig Kilo Lebendgewicht ausgefüllt, die Tür öffnete nach innen, also hatte ich keine Chance zu entkommen. Ich stürmte in eine Zimmerecke und verbarrikadierte mich hinter dem Schreibtisch, den ich diagonal vor die Ecke gestellt hatte. Zunächst versuchte ich, die Rezeption mit dem Hoteltelefon anzurufen, als das „Alphatier" das Kabel wirsch aus der Wand riss. Ich erreichte den Notruf mit meinem Handy, aber es war unmöglich, gleichzeitig zu telefonieren und sich mit einer Hand gegen vier andere zu wehren. Ich merkte, dass es so keinen Sinn machte, zumal am anderen Ende des Telefons eine dämliche Frage nach der anderen folgte.

    Nein, ich habe in meinem Leben noch nie eine Frau geschlagen und habe es auch nicht vor. Noch bin ich nicht so weit. Ich lehnte mich gegen die Zimmerecke und drückte mit den Beinen den Tisch von mir weg. Beide Nilpferde fielen zu Boden. Ich rannte zur Zimmertür, riss sie auf, die Kräftigere, die hinter mir herrannte, wollte sich auf mich stürzen, ich machte eine Ausweichbewegung, sie knallte mit dem Kopf gegen die Türkante der bereits offenen Tür. Ich zog die Tür hinter mir zu und rannte den Hotelflur entlang, in der Hoffnung, eine Treppe zu finden. Über eine Treppe würde mich wahrscheinlich niemand einholen können, Nilpferde schon gar nicht. Am Ende des Flurs fand ich keine Treppe und so rannte ich wieder zurück.

    Die Nilpferde standen bereits im Flur und blockierten ihn. Ich schlüpfte hindurch, aber eines der Nilpferde klammerte sich an meinen Janker. Ich befreite mich und schaffte die circa dreißig Meter bis zu den Aufzügen und drückte den Aufzugknopf, ich wollte nicht riskieren, auch am anderen Ende des Flurs erfolglos nach einer Treppe zu forschen, um dann in einer Sackgasse stecken zu bleiben.

    Das Gespräch mit dem Notruf lief ja immer noch. Jetzt endlich konnte ich die blöde Kuh am Notruftelefon davon überzeugen, die Polizei zu schicken. Das gab mir Hoffnung. Mittlerweile war ich im Klammergriff der beiden. Der Aufzug kam, darin stand, nach der Uniform zu urteilen, ein Copilot. Ich bat um Hilfe. Er ignorierte mich, die Aufzugtür schloss wieder.

    Danke schön, Herr italienischer Copilot, für diese Zivilcourage. Mit letzter Kraft blockierte ich die Aufzugtür, beide Frauen an mir hängend.

    Der „mutige" Herr Pilot hatte keine andere Wahl, als seinen Chef anzurufen. Dieser kam nach wenigen Minuten und ich bat ihn, die Security zu rufen. Die Security eskortierte die Weiber nach unten und bat mich im Zimmer zu warten, bis die Polizei einträfe.

    Die Polizei kam und nach kurzer Schilderung eskortierte sie mich zum Auto und wünschte gute Fahrt.

    Im Verlauf eines Jahres war ich nur mit drei Frauen im Bett. Alle lernte ich über erodate.pl kennen. Wie gesagt, ich bin wählerisch, ich habe trotzdem jede Frau bezahlt, die zu einem Treffen erschienen ist und die wenigstens rudimentär so aussah wie auf den Fotos. Das Geld tat mir weniger weh als die Zeit, die ich bei den unzähligen Treffen vergeudete. Wenn ich das Treffen beendete und weitere Verabredungen ablehnte, machte ich das immer so höflich wie nur möglich. Manche der gerade blutjungen Frauen waren sichtlich erleichtert, dass sie das Geld ohne „Gegenleistung" bekommen, aber die überwiegende Mehrheit war sichtlich enttäuscht.

    Wenn ich Zeit und Lust hatte, besuchte ich die Website. Meistens war das etwa einmal pro Woche der Fall, dann beantwortete ich auch die eingegangenen Nachrichten. Ich schrieb im Schnitt zwanzig Frauen pro Woche an. Nachdem ich angefangen hatte, meine Nachrichten mit Priorität zu kennzeichnen, und den Frauen „Kredite" schickte, meldeten sich etwa vier bis fünf davon zurück. Ohne die beiden Maßnahmen gab es oft gar keine Rückmeldungen. Wie ich nachher erfahren habe, werden Frauen regelrecht von Nachrichten erschlagen – fünfhundert am Tag sind keine Seltenheit.

    Mein erstes Anschreiben sieht immer gleich aus:

    „Ich bin ein gepflegter, kultivierter, sportlicher Ingenieur. Fliegen, Segeln, Tauchen, Reiten, Motorrad- und Skifahren zählen zu meinen Interessen. Ich bin ganz sicher nicht langweilig und suche auch keinen schnellen Sex, schon gar nicht im Auto. Trotz meines Alters bin ich sportlicher als die Mehrheit Deiner Altersgenossen. Ich suche eine GFE-bzw. FWBii-Beziehung für regelmäßige Treffen, idealerweise einmal pro Woche. Ich biete tausend Zlotyiii für ein Treffen von mindestens zwei Stunden. Sehr gerne lade ich vorher zu einem Abendessen ein, aber es kann auch nur das Nümmerchen sein. Wenn es beim Abendessen bleibt, zahle ich fünfhundert zl, wenn Du wenigstens fünfzehn Minuten mit mir verbracht hast. Die Kredite schicke ich nur, um zu beweisen, dass es kein Fake ist."

    Gelegentlich variierte ich die Details, je nachdem, welche Interessen oder Vorlieben die angeschriebene Dame erwähnt hatte. Wenn sie sich als Weinliebhaber zu erkennen gab, schrieb ich etwas über Wein dazu usw. Dem Anschreiben ordne ich immer kostenpflichtige Priorität zu, sodass es ganz oben in der Liste der empfangenen Nachrichten erscheint.

    Ebenso lege ich immer kostenpflichtige hundert Kredite, mit denen die Dienste der Dating-Seite bezahlt werden, bei, denn neunzig Prozent der Nutzer, die sich auf solchen Seiten tummeln, sind Blender und so kann ich mich mit wenigen Euro hervorheben.

    Dem Anschreiben lege ich immer die gleichen sechs Bilder von mir bei:

    – an meinem Schreibtisch mit Hemd und Krawatte

    – auf meinem Pferd

    – unter Wasser im Indischen Ozean, ich berühre eine große Schildkröte

    – auf einem Katamaran, mit einer Kufe, die in der Luft schwebt

    – auf meinem Motorrad, einer BMW K1300S

    – im Cockpit, am Steuer eines Düsenjets.

    Ja, die Fotos sind alle echt. Ja, sie sind alle sehr aktuell. Ja, die meisten zeigen mein Gesicht. Keines ist älter als 18 Monate. Mein Alter ist korrekt angegeben, im Gegensatz zu wohl allen anderen Profilen auf dieser Seite. Auch meine Interessen stimmen.

    Ich besitze ein Flugzeug und ein Segelflugzeug, zwei Pferde, ein Motorrad und einige Autos, darunter drei Mercedes Oldtimer und werde oft gefragt, wie ich das mache und wie ich es geschafft habe, so weit zu kommen. Es sind wohl mehrere Punkte. Zum einen hasse ich zwei Tätigkeiten, die anscheinend die Mehrheit der anderen Menschen liebt: Fernsehen und die Teilnahme an Festen und Partys. Das Erste macht laut Statistik drei Stunden pro Tag, tausend Stunden pro Jahr. So viel brauche ich ungefähr, um einen Oldtimer zu restaurieren. Eine Party am Samstagabend kostet fast drei volle Tage des Lebens. Gerade die Frauen bereiten sich ja lange darauf vor, Friseur, Nagelstudio, Kleid, etc. Die Party dauert meist bis in die Morgenstunden und der Sonntag und oft auch der Montag wird darauf verschwendet, die Wunden des Resets zu lecken. In diesen drei Tagen kann ich problemlos mit meinem Motorrad oder Cabrio zum Beispiel eine Tour Prag – Wien – Budapest absolvieren. Oder schlicht Geld verdienen. Alternativ nehme ich mein Flugzeug, fliege nach Verona, gehe zu einem schönen Abendessen und anschließend genieße ich unter freiem Himmel die Opernaufführung von „Carmen im Kolosseum, in dem vor – nicht ganz – zweitausend Jahren Gladiatoren gestorben sind. Bei einer Party oder Hochzeitsfeier habe ich spätestens nach den ersten zwei Stunden den Anschluss an den Rest der Meute verloren, sie haben alle einen Promille- „Vorsprung. Bei der brüllend lauten Musik, die ich regelrecht hasse, ist an eine Unterhaltung ohnehin nicht zu denken.

    Ich bin nicht der schlechteste Tänzer dieser Welt, aber in Wirklichkeit tue ich das nur wegen meiner jeweiligen Partnerin. Ich persönlich habe nichts davon. Die langsamen Tänze gefallen mir, wo man im Prinzip lediglich sein Gewicht von links nach rechts verlagert, aber die haben ja mehr mit Kuscheln als mit Tanzen zu tun.

    Der dritte Grund, warum ich erfolgreich bin, ist vermutlich, dass ich wohl nicht ganz dumm bin. Ich habe einen Doktortitel in Maschinenbau, und mein Diplom als Ingenieur der Elektrotechnik habe ich an der RWTH Aachen unterhalb der Mindeststudiendauer abgeschlossen. Meine Diplomarbeit habe ich fertiggestellt, da war ich noch einundzwanzig. Es ist natürlich auch hilfreich, dass ich meinen Beruf wirklich liebe. Selbst in der Freizeit denke ich über technische Lösungen nach.

    Die meisten Ideen zu meinen mittlerweile über dreißig Patenten entstanden in meiner Freizeit, hinter dem Lenkrad oder am Steuer meines Segelflugzeuges. Natürlich gehört etwas Glück dazu, aber auch etwas Intelligenz, um eine Gelegenheit erkennen zu können. Ich habe wohl nicht nur die falschen Schlüsse im Leben gezogen. Es ist zwar Scheiße, dass mir noch nie jemand etwas geschenkt hat, aber umso mehr bin ich stolz darauf, was ich erreicht habe.

    Ich zog vor zwei Jahren vor allem wegen meiner zweiten Frau nach Polen um. Wir hatten ein paar Jahre zuvor ein in Ruinen stehendes, großes Haus gekauft. In Trenkau. Das ist zwar noch in Polen, aber direkt an der tschechischen Grenze. Ursprünglich sollte das Anwesen als Sommerhaus genutzt werden, aber irgendwann fassten wir den Entschluss, komplett umzuziehen. Zum Anwesen gehört ein riesiges Haus, eine Scheune und nur noch Ruinen von einem weiteren Gebäude, in dem früher Vieh gehalten wurde, ein Hektar Land mit alten Ostbäumen drauf und zwei riesigen Linden direkt vor dem Haus. Es wäre billiger gewesen, das Haus abzureißen und neu zu bauen, aber wir wollten unbedingt den alten Charakter bewahren. Ich baute die Scheune zu meinem Büro um und legte dabei den größten Wert darauf, das äußere Erscheinungsbild zu erhalten.

    Am Ende des Krieges war in diesem Haus eine deutsche SS-Einheit stationiert, die sich bis zum Schluss verteidigt hatte. Gerade auf der Fassade der Scheune sind mehrere Salven aus einem Maschinengewehr für die Nachwelt erhalten. Der in regelmäßigen Abständen abgesplitterte Putz und die beschädigten Ziegelsteine darunter sprechen eine sehr deutliche Sprache.

    Zu dem Haus gehört auch eine lustige Geschichte. Diese hat meine Tochter aus alten Kirchenbüchern „herausgebuddelt". Der Dorflehrer hatte sich in das Kirchenbuch eingetragen. Mit sehr deftigem Worten äußerte er seinen Unmut darüber, dass sein Haus jedes Jahr vom Hochwasser überflutet wird und dass er verdammt noch mal wegziehen wird, wenn man ihm kein anderes Haus geben würde. Das Dorf hat zusammengeschmissen und auf dem höchsten Punkt des Dorfes, gegenüber dem Friedhof, eine Schule mit Lehrerwohnung gebaut. Das war 1789. In diesem Haus leben wir heute.

    Leider haben es die Vorbesitzer zuletzt nicht gepflegt. Das Dach wurde undicht und wenn es auch erst vor vielleicht zehn Jahren passiert ist, so hat es doch gereicht, um den ganzen Dachstuhl und die originale wunderschöne Treppe vermodern zu lassen und auch das Gemäuer schwer in Mitleidenschaft zu ziehen.

    Der Umzug, das Haus und die Firmen, die ich neu gegründet habe, waren in den letzten Jahren meine Hauptbeschäftigung. Auch nach drei Jahren ist der Umzug noch nicht abgeschlossen, mir fehlen noch immer diverse Formulare, ich habe die Bürokratie hoffnungslos unterschätzt. Es ist sicher der Hauptgrund, warum meine Ehe am 30.12.2019, nach über sieben Jahren, vermutlich endgültig gescheitert ist. Ich lege auch meinem Spiegelbild gegenüber sehr großen Wert darauf, dass ich meine Frau in sieben Jahren Ehe nie betrogen habe, ja noch nicht einmal mit einer anderen Frau auch nur geflirtet habe.

    Warum bin ich dann auf Erodate.pl gelandet?

    Ich bin wirklich kein Freund von Festen und Discos und schon gar nicht von Klubs, aber ich richte jedes Jahr einen Geburtstag für meine Frau aus und eine Silvesterparty, die gleichzeitig meine Geburtstagsparty ist. Meine Frau liebte es und ließ es auch krachen, aber seit wir geheiratet hatten, nicht ansatzweise so oft wie früher.

    Zu meinem fünfzigsten Geburtstag lud ich alle meine Freunde aus der ganzen Welt ein und wenn ich sage, die ganze Welt, dann meine ich das wirklich so. Es war von jedem Kontinent jemand dabei, außer Pinguine von der Antarktis. Ich bat alle meine Freunde, eine für ihr Land typische Kluft anzuziehen, und sie hielten sich wirklich alle daran. Der russische General kam als Soldat der Zarengarde. Die Ukrainerin als Bauernmädchen. Die Französin als Star eines Varietés. Mein Freund aus Taiwan in der typischen asiatischen Kluft. Viele Gäste aus Europa kamen in der typischen Landestracht ihrer Region. Es war eine herrliche Party und alle hatten ihren Spaß, wobei die wenigsten Gäste eine andere Sprache kannten als die eigene. Da ich keine Lust hatte, zehn Dolmetscher zu beschäftigen, setzte ich die Gäste nach einem ganz eigenen System hin.

    Ich sortierte sie nicht nach Ländern, nicht nach Sprache, auch nicht nach Alter, sondern nach der Menge des Alkohols, den sie normalerweise zu sich nehmen. Die Idee ging auf, gerade die Runde mit dem russischen Ex-General, dem Amerikaner, dem polnischen Geschäftsführer, dem Taiwaner und dem Franzosen war sozusagen das Epizentrum dieser Party. Schon nach einer Stunde sprachen sie untereinander wie die besten Freunde. Ich vermute, sie verstanden sich besser untereinander als ich sie.

    Ich mag es sehr, wenn eine Party eine Besonderheit hat, und obwohl die meisten die Idee zunächst belächelten, sind solche Partys nachher immer eine Erinnerung, die man mit sich trägt.

    Während der ganz harten Jahre des Umzugs litt unsere Beziehung stark und ich bin mir dessen bewusst, dass ich ein Arschloch bin, wenn ich müde bin und in der Zeit war ich das fast permanent. Sowohl wegen der Schuldgefühle, aber auch weil ich meine Frau liebte, hatte ich mir das ganze Jahr 2019 die größte Mühe gegeben, die Beziehung wieder zum alten Glanz zu bringen. Im Frühjahr waren wir auf den Malediven tauchen, im Juli richtete ich eine Geburtstagsparty für meine Frau aus. Ein DJ, zwei bildhübsche Kellnerinnen, ein Koch; für das leibliche Wohl war mehr als gut gesorgt, das Wetter war herrlich, die Party fand bei uns draußen im Innenhof statt. Es waren etwa sechzig Gäste gekommen.

    Ich hatte bereits ein halbes Jahr vorher einen uralten Traktor Baujahr 1953 gekauft. Diese Zeit brauchte ich, um ihn wieder komplett zu restaurieren. Er ist zweifarbig lackiert: Cremefarben sind die Räder und die unteren Bereiche der Kotflügel und der Motorhaube, Dunkelblaumetallic ist der obere Rest, eine lackierte, geschwungene Zierlinie im Stil der Fünfzigerjahre trennt die beiden Farbbereiche voneinander. Der Traktor war eine Augenweide, erst recht mit dem Schmuck als Geburtstagsgeschenk. Ich glaube, im Umkreis von fünfzig Kilometern wussten schon alle vorher von dem Traktor, nur meine Frau nicht, dabei wollte sie unbedingt einen haben, speziell auch, um ihren Paddock glätten zu können.

    Mit einem Bekannten, der alte Traktoren sammelt, fuhren wir etwa zwei Stunden nachdem die Party angefangen hatte, mit vier uralten Traktoren triumphal in unseren Innenhof. Ich „überreichte meiner Frau den Traktor, alle sangen „Happy Birthday. Ich hatte noch mehr vorbereitet und ein Lied für sie geschrieben, einen Männerchor „engagiert". Das Ganze natürlich mit einem Augenzwinkern, keiner von uns kann gut singen. Ich spielte noch ein selbst komponiertes Hard-Rock-Lied mit Gitarren-Solo, wobei der Traktor als Schlagzeug und Taktgeber fungierte. Ich hatte mir wirklich Mühe gegeben. Traurig war nur, manch neidisches Gesicht zu sehen, während die Traktoren einfuhren. Der Abend war ein voller Erfolg und die allermeisten Gäste waren begeistert. Allzu sehr half es unserer Ehe nicht.

    Vor der Hochzeit hatte ich meiner Frau versprochen, dass ich es ihr als Erstes sagen würde, wenn unsere Beziehung mal auf der Kippe stünde. Solange das nicht passierte, bräuchte sie sich um meine Treue niemals Gedanken zu machen. Ich hielt mein Wort sieben Jahre lang und als ich Anfang Oktober 2019 merkte, dass ich es nicht mehr lange aushalten konnte, suchte ich das Gespräch mit meiner Frau. Ich sagte, dass wir uns beide dringendst am Riemen reißen müssten. Ich mache ihr heute keinen Vorwurf, sie ist wirklich eine gute Frau, in jeder Hinsicht, aber wir passen einfach gar nicht zusammen und auch in guten Jahren war es manchmal sehr schwer, unsere teils diametral unterschiedlichen Ansichten und Interessen unter einen Hut zu bringen.

    Zum Bruch kam es zwei Monate später an meinem Geburtstag, dem 30.12.2019. Meine Frau hatte einfach nichts vorbereitet, nichts geschenkt. Ein Geschenk ist mir im Prinzip vollkommen egal, ich kann mir alles selbst kaufen. Es geht um das Engagement, das der Partner hineinsteckt, um dem anderen eine Freude zu bereiten. Nichts.

    An dem Tag ist etwas in mir endgültig zerbrochen, obwohl wir noch nicht einmal einen Streit hatten. Ich war einfach nur zutiefst enttäuscht. Ich weiß, dass ich mich an dem Tag sehr geändert habe. Mein ganzes bisheriges Leben stand immer unter dem Diktat dessen, was das Beste für meine Nächsten ist. Bis zu dem Tag.

    Dienstag, 14.01.2020, bis Freitag, 20.03.2020. Maja

    Das war das erste Mädchen von Erodate.pl, mit dem ich Sex hatte. Sie hatte inseriert als 18-jährige Abiturientin und angegeben, dass sie sich Geld vor dem Studium dazuverdienen möchte. Sie war einen Meter fünfundfünfzig groß und mit einer Figur gesegnet, von der ein Mann nur träumen kann. Sie hatte wunderschöne D-Brüste, einen flachen Bauch, eine Wespentaille und einen schönen prallen Po.

    Wir kamen ins Gespräch, sie war jemand, der entschlossen war und wir waren uns schnell einig. Wir machten ein Treffen in Breslau aus. Ich konnte merken, dass das für sie Neuland war, und je näher der Termin lag, umso mehr Vorbedingungen kamen. Sie hatte wohl viel recherchiert. Sie stellte unter anderem klar, dass sie keinen Analsex macht, dass sie nur geschützten Sex will, das Geld im Voraus, usw. Ich sagte zu allem Ja und dass es in meinem Sinne sei.

    Ich hatte ein gutes Hotel ausgesucht. Als ich bereits im Zimmer war, gab ich ihr die Zimmernummer über WhatsApp durch und wartete. Sie kam pünktlich. Ich sah ein junges, blondes Mädchen mit langen, gelockten Haaren und einem bildhübschen Engelsgesicht mit kleinen Sommersprossen und einer schneeweißen makellosen Haut. Sie wäre auch für fünfzehn durchgegangen. Sie hatte ein Tattoo, das Motiv werde ich aber nicht verraten, damit niemand sie daran erkennen kann.

    Sie setzte sich sofort auf das Bett und ich sah, dass sie zum einen fest entschlossen und zum anderen trotzdem angespannt und schüchtern war. Ich gab ihr sofort das Geld und sagte, dass sie heute alle Entscheidungen träfe und dass sie jederzeit zu allem Nein sagen könne. Meiner Bitte, Strümpfe und Stöckelschuhe anzuziehen, war sie nachgekommen.

    Ich war sehr behutsam. Wir hatten dreimal Sex an dem Tag und sie war eine der aktivsten Frauen, die ich je im Bett hatte. Es fiel mir wirklich schwer, sie auch nur zeitweise zu „bändigen, damit auch ich mal das tun konnte, was ich wollte. Sie übernahm ständig die Initiative. Auch wenn sie unmittelbar nach dem Orgasmus war, kümmerte sie sich sofort um ihren nächsten. Schon bei der ersten Begegnung geriet ich ins „Hintertreffen, bei den Orgasmen steht es vier zu drei.

    Immer wenn ich mit ihr Sex hatte, war es mir fast schon peinlich, ihre Hände sind so winzig, wie die eines Kindes. Wenn sie nah am Orgasmus war, machte sie eine Art Grimasse, wobei sie ihre Lippen komisch verzog, wie zu einem Kuss mit leicht offenem Mund. Das sah komisch, aber auch supersüß aus. Ich werde ihr das natürlich niemals sagen und ich verrate später, warum ich das nicht tun werde, aber es war wirklich süß, und sehr hilfreich im Bett.

    Was macht man, wenn man eine Beziehung im Kopf wirklich unwiederbringlich kaputt machen will? Man zerstört die schönsten Erinnerungen, indem man sie „besudelt". Ich verabredete mich für das zweite Treffen mit Maja im selben Hotel, in dem ich mich auch zum ersten Mal mit meiner jetzigen Frau getroffen hatte und wo ich mich in sie verliebte – im Platinum Palace in Breslau.

    Ich lud Maja zum Abendessen in das wirklich sehr gute Hotelrestaurant ein. Ich hatte im Voraus ein Sieben-Gänge-Menü bestellt und das Abendessen dauerte zwei Stunden. Ich hatte mein normales geschäftliches Outfit an: schwarzes Hemd, schwarzer Anzug, schwarze Budapester, Krawatte, Manschettenknöpfe und meine IWC in Edelstahl mit schwarzem Ziffernblatt. Sie hatte ein schönes enges Kleid mit einem großen Dekolleté an. Ihre großen Brüste waren die reinste Augenweide. Ich guckte nur hin, wenn ich sicher war, dass sie es nicht sehen konnte, aber Mann! das war schwierig, die Augen abzuwenden!

    Bereits nach den ersten Gesprächsminuten dieses Abends wusste ich, dass sie keine Abiturientin war. Ich hatte sie vom Alter her ohnehin schon etwas älter geschätzt. Eher einundzwanzig als achtzehn, aber nach diesem Gespräch im Restaurant war klar, dass ich es mit einem erwachsenen, selbstsicheren, gebildeten Menschen zu tun hatte.

    Irgendwann beim Abendessen sagte sie:

    -Ich habe mit meinem Alter etwas geschummelt.

    -Ich nicht. Darf ich raten? Studentin? Einundzwanzig Jahre alt? Medizin?

    Sie schien erschrocken und machte große Augen.

    - Woher weißt du das alles?

    - Ich weiß das nicht, aber ich kann Menschen recht gut einschätzen und dass Du keine Abiturientin bist, war mir schon beim ersten Mal klar.

    -Ich bin zwar erst zwanzig, aber alles andere stimmt.

    Beim Abendessen wurden wir ständig beobachtet. Sowohl von den wenigen Gästen des Restaurants als auch von der Bedienung. Selbst der Chefkoch kam vorbei, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich war schon oft in diesem Hotelrestaurant, aber den Chefkoch sah ich das erste Mal. Vermutlich liefen in der Küche Wetten, was das wohl für ein Pärchen ist. Ich hatte den Eindruck, dass es ihr unangenehm war, sodass wir uns nie mehr zusammen in der Öffentlichkeit blicken ließen.

    Sie ist eine der Frauen, die gern Neues ausprobiert. Nachdem wir alle Stellungen ausprobiert haben, die ich in meinem Repertoire habe, hatte sie noch ein paar andere auf Lager.

    Sie wollte zum Beispiel auch, dass ich ihr zeige, wie ein Mann onaniert beziehungsweise wie sie es einem Mann mit der Hand machen soll. Ich sagte, dass ich das nicht besonders gerne habe, weder wenn ich es mir selbst mache, noch wenn es eine Frau bei mir macht. Sie zog die Bitte sofort zurück, die Themen sind ja den meisten von uns peinlich, erst recht, wenn man um etwas bittet und merkt, dass der Partner das nicht will. Aber ich beruhigte sie sofort und sagte, dass es doch gerade das Tolle an einer solchen Beziehung sei, sich gegenseitig Fragen zu beantworten, und natürlich zeigte ich es ihr gerne.

    Sie sagte, sie würde gerne Deepthroat probieren. Wir versuchten es mehrere Male, schafften es aber nie. Ihr Rachen und mein Penis passten einfach nicht zueinander und mit Gewalt wollte ich nichts tun.

    Sie ist eine der wenigen Frauen, mit denen ich auch „Hochleistungssex im Stehen hatte und sie war die Erste, mit der ich 69 im Stehen probierte. Und ja, ich hob sie hoch und nicht umgekehrt. Sie wiegt wahrscheinlich keine fünfzig Kilo. Ich hatte sie nicht vorgewarnt und als ich aufstand und sie plötzlich über Kopf hing, fing sie zu schreien an, aber als sie merkte, dass ich gar nicht aufhörte, sie mit meinem Mund zu verwöhnen, fing sie zu lachen an. Die Stellung ist gar nicht so anstrengend, wie man denkt, ihre Oberschenkel lagen auf meinen Schultern und damit auch ihr ganzes Gewicht. Ich hatte schon schlimmere „Rucksäcke auf meinen Schultern. Danach – als wir wieder im Bett lagen – lachten wir darüber und ich sagte, dass sie im Spiegel ein Foto von uns hätte machen sollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand von uns so etwas noch einmal erlebt, ist relativ gering. Sie sagte, sie würde vor Scham im Boden versinken. Ich erwiderte: jetzt stell Dir vor, wenn Du mal das Foto Deiner Enkeltochter zeigen kannst, wenn Du siebzig und sie fünfundzwanzig Jahre alt ist. Sie meinte, das sei ja noch schlimmer. Ich bin dagegen davon überzeugt, dass es diese Erlebnisse sind, die in Erinnerung bleiben und von denen ich versuche, so viele wie möglich zu sammeln.

    Im weiteren Verlauf unserer Treffen kaufte ich ihr viele Kleider, die sie sich gewünscht hatte, auch Reizwäsche wie Korsetts, Strumpfgürtel, Strümpfe, Schuhe. Sie war auch jemand, der sich gerne als Babydoll anzog, geradezu wie ein sechsjähriges Mädchen. Dollskill.com war ihre Einkaufsmeile. Nein, ich hatte nichts dagegen, obwohl, oder vielleicht gerade, weil es für mich völliges Neuland war. Eines der Outfits habe ich noch ganz genau im Kopf: ein rosa Kleid, ganz kurz, oben eng, mit Puffärmeln, unten etwas weiter, aus halbmattem Satin. Dadurch, dass der Satin in einem Muster glänzende Fäden eingewoben hatte, entstanden gerade im Licht tolle Effekte und das Kleid schimmerte wie eine Fischhaut. Dazu hatte sie einen rosa Choker am Hals, weiße Strümpfe bis knapp oberhalb der Knie, pinkfarbene Schuhe mit hohen Absätzen und eine rosa Schleife in den Haaren.

    Meine Fresse, hatte die Frau Eier, so auf die Straße zu gehen. Ich bin sicher, dass jeder Mann, der ihr begegnete, auf die eigene Zunge getreten ist. Wahrscheinlich stieg an dem Tag die Unfallhäufigkeit auf den Straßen von Breslau an. Als ich sie in dem Kleid sah, kam mir sofort das Kleid von Alice im Wunderland in den Sinn, und zwar das der Erstverfilmung von 1933. An dem Tag habe ich sie fast in der Tür des Hotelzimmers im Stehen „vernascht". Dazu hatte sie auch noch kein Unterhöschen an, so wie ich sie gebeten hatte.

    Ich bin mir recht sicher, dass sie niemanden anderen hatte, so wie sie es sagte, denn bei jedem Treffen ging sie ab wie eine Rakete. Sie achtete anfangs immer peinlichst auf die Diskretion, wobei es für mich ein Leichtes gewesen wäre, mehr über sie herauszufinden. Wo wäre das Problem, wenn ich im Badezimmer war, in ihre dort liegende Handtasche zu gucken, oder ihr gar einen GPS-Tracker hineinzulegen? Aber da bin ich Gentleman und habe nicht einmal daran gedacht. Solange Menschen fair zu mir sind, bin ich es auch. Immer.

    Irgendwann hatte sie mir ja dann doch das eine oder andere verraten, unter anderem, dass sie früher auf Antidepressiva war und dass sie diese ab und zu auch noch nimmt. Ich wollte nicht fragen warum und sie verriet nie mehr darüber.

    Leider hatte sie nach drei Monaten einen Unfall, bei dem sie sich den rechten Arm auskugelte. Das war nicht das erste, sondern das dritte Mal und sie musste eine OP über sich ergehen lassen. Sie sagte, es würden mindestens vier Monate vergehen, bis sie wieder auf dem Damm ist.

    Unsere Bekanntschaft war nicht eng und außer dem Sex verband uns nicht viel. Außerdem schrieben wir uns nie wirklich viel. So blieben wir zwar im lockeren Kontakt, trafen uns aber nicht mehr.

    Irgendwann zwischendurch hatte sie mich um Geld gebeten, aber es war nicht viel, ich glaube eintausend zl. Natürlich habe ich es ihr geschickt. Sie hat ab und zu geschrieben und im Laufe der Zeit hatte sie mir auch ihren wirklichen Vornamen und auch die Adresse verraten.

    Mittwoch, 01.04.2020, bis Dienstag, 21.07.2020. Claudia

    Ich machte mich wieder auf die Suche. Maja hatte mir gesagt, dass der Betrag, den ich anbiete, viel höher sei als das, was alle anderen anböten. Sie hätte das für einen Fake gehalten, wenn die Kredite nicht gewesen wären. Deswegen behielt ich den Text zwar bei, senkte aber den Betrag auf achthundert zl, was immer noch eher das Doppelte der üblichen Summen war.

    Diesmal hatte ich Glück. Nach kurzer Korrespondenz mit mehreren Frauen, fand ich schon beim zweiten Treffen ein Mädchen, das mir zusagte. Claudia war zwanzig Jahre jung, Studentin, Modell, mit einem Meter einundsiebzig fast so groß wie ich, lange blonde Haare, ein sehr kindliches Gesicht mit einer makellosen Haut. Sie hatte kleine, aber straffe Brüste, einen flachen Bauch, sehr, sehr lange, wunderschöne Beine mit runden Oberschenkeln und einen schönen, perfekten Po. Claudia war richtig durchtrainiert und übte an der Stange.

    Sie war durch ihre Kindheit schwer vorbelastet und erzählte mir, dass ihr Vater ihre Mutter ständig betrogen hatte und dass ihre Mutter erst dann Schluss gemacht hatte, als er irgendwann mit zwei fremden Frauen in der gemeinsamen Wohnung stand und sagte, sie sollen doch alle zu viert Sex haben. Claudia sagte, sie sei damals zwölf Jahre alt gewesen, hatte das alles mitbekommen und ihre Mutter war seither praktisch ständig auf Antidepressiva und eigentlich musste sich die Tochter mehr um die Mutter kümmern als umgekehrt.

    Sie studierte Chemie und jobbte nebenher als Model, was im COVID-Jahr sehr schwierig war. Ich mochte sie sehr, sie war ein liebes nettes Mädchen und es schien auch hier, als würde sie sich nur mit mir treffen. Jedenfalls ist ihr Profil tot, genauso wie meins, seit wir uns treffen. Wir freuten uns beide, wenn wir uns wiedersahen.

    Sie kriegte schnell ihre Orgasmen, aber ich denke, ihr fehlte einfach noch ein bisschen die Fantasie, damit sie sich gehen lassen konnte. Es war eine Freude, sich mit ihr zu unterhalten. Sie zog alles an, worum ich sie nur bat, aber meine Wünsche sind auch alle nicht besonders ausgefallen und würden locker in einem Film ab zwölf unterkommen, vielleicht sogar ab sechs. Auch ihr kaufte ich Strümpfe, Korsetts, mehrere Strumpfgürtel. Als ich ihr das erste Korsett geschenkt hatte und sie es anzog, war sie regelrecht von sich begeistert. Sie sagte, sie hätte so etwas noch nie angehabt, aber es gefalle ihr sehr, weil es so schön ihre Figur betone und man die kleinen Brüste nicht sehen könne.

    Wenn ich sie bei der zweiten oder dritten Runde darum bat, mir mit dem Mund zu helfen, macht sie das immer sehr gerne und gut.

    Sie erzählte mir von einem Ereignis, als sie sich mal mit einem Mann von dieser Plattform getroffen hatte: Sie habe beobachtet, dass er das Geld komisch lange abgezählt hat und dass er als Erster aus dem Hotelzimmer rausgegangen ist. Erst danach habe sie gemerkt, dass er ihr keine Geldscheine, sondern mit einem Drucker auf normalem Papier gedruckte „Geldscheine" dagelassen hatte. Sie sagte, seither nimmt sie das Geld immer im Voraus.

    Ich habe mich nie getraut zu fragen, mit wie vielen Männern sie zusammen war, die sie über solche Seiten kennengelernt hat. Ich würde es zwar gerne wissen, aber ich befürchte, dass die Zahl sehr hoch ist. Mit meinem von meiner Mutter geprägten, prüden Hirn könnte eine hohe Zahl alles kaputt machen.

    Sie sagte, dass sie erst eine einzige Beziehung hatte und dass ihr Freund sie monatelang mit ihrer besten Freundin betrogen hatte, bevor sie es erfuhr. Scheiße, so etwas kann man ja wirklich kaum noch toppen, oder? Sie sagte, dass sie seither keine feste Beziehung haben wollte.

    Wie jede Frau, die ich kenne, obwohl wunderschön und mit herrlicher Figur, mochte auch sie Sachen an ihrem Körper ändern. Sie sprach immer wieder über eine Brust-OP und ich versuchte, es dem Mädchen auszureden. Sie hat zwar kleine, aber wunderschöne Brüste.

    Leider war auch das eine Beziehung, die nie über reinen Sex hinausging. Ich erfuhr nicht viel über sie, sie wollte auch nie mit mir irgendwo wegfahren oder ausgehen, die Treffen waren immer nach genau zwei Stunden zu Ende. Natürlich verstehe ich das, natürlich war das okay, aber es war nicht das, was ich suche.

    Dienstag, 16.06.2020. „Natalie"

    In einem der Profile auf Erodate.pl beschrieb sich „Natalie_96" als einen Meter fünfundsechzig groß, ierundzwanzig, Nichtraucherin. Sie sei aus Kattowitz, also etwa hundertzwanzig Kilometer von mir entfernt. Auf den Bildern war eine schlanke Frau Mitte/Ende zwanzig zu sehen. Ein Foto zeigte sie von der Seite, lediglich mit halterlosen, schwarzen Strümpfen bekleidet. Lange blonde Haare, schöner flacher Bauch, kleine Brüste, leider mit Ansätzen zum Hängen. Gerade dieses Detail gab den Ausschlag dafür, dass sich meine Begeisterung in Grenzen hielt. Ein zweites Foto zeigte die Frau in einem sehr knappen Spitzenbody von hinten. Wunderschöne Taille, hübscher, aber nicht ganz perfekter Po. Sowohl was die Brüste als auch den Po betrifft, ist das schon Jammern auf allerhöchstem Niveau. Ich bin sicher, dass fünfundneunzig Prozent der Frauen für eine solche Figur töten würden. Männer vielleicht auch. Das letzte Bild zeigte sie wieder in dem gleichen Body, aber von vorne. Die Brüste waren frei, das einzige Foto, auf dem man einen Teil des Gesichts bis zum Mund erkennen konnte. Ich besitze die Fotos bis heute und obwohl ich sie einfach heruntergeladen habe, fühle ich mich bis heute ein bisschen wie ein Dieb. Wenn ich es mir recht überlege, hat die Seite schon etwas von Viehhandel. Aber vielleicht habe ich nur einen Dachschaden. Wer weiß das schon?

    Weniger die Bilder als die Beschreibung machten mich neugierig: „Suche einen Mann, der mich finanziell unterstützt, aber mit dem ich eine Beziehung eingehen kann, die einer normalen Beziehung möglichst nahekommt." Sie machte einen hübschen Eindruck, aber da das „Angebot" riesig war, schrieb ich sie erst nach drei Wochen an, als sie zum dritten Mal bei der Suche erschien. Es war nicht das Aussehen, sondern die Beschreibung, die den Ausschlag gab. Das Gleiche suchte ich ja auch.

    Dienstag, 07.07.2020. Der erste Kontakt

    „Ich bin ein gepflegter, kultivierter, sportlicher Ingenieur. Fliegen, Segeln, Tauchen, Reiten, Motorrad- und Skifahren zählen zu meinen Interessen. Ich bin ganz sicher nicht langweilig…"

    Donnerstag, 09.07.2020

    Nach drei Tagen loggte ich mich wieder ein und rief die Nachrichten ab, unter anderem von „Natalie".

    -Hallo! Was sind das für Geschenke?

    -Wie bereits geschrieben, geht es nur darum zu zeigen, dass ich keine Märchen erzähle, wie wohl die meisten anderen Nutzer dieser Seite. Ich denke, die allermeisten sind einfach Lügner und ich habe keine Zeit für Spielchen auf Kindergartenniveau.

    -Das habe ich auch bemerkt, dass es schwer ist, hier jemanden mit Niveau zu finden.

    -Ich vermute, dass hier kaum ein Prozent der Nutzer real und nicht erlogen ist. Wenn ein Treffen für Dich trotz meines Alters möglich ist, melde Dich bitte. Ich lade Dich gerne zuerst in ein Restaurant ein und werde Deine Zeit selbstverständlich bezahlen. Ich biete vierhundert zl an und das Einzige, was ich erwarte, sind fünfzehn Minuten Deiner Zeit. Danach kannst Du aufstehen und gehen. Ich vertraue darauf, dass Du es mir gleich sagst, wenn ein weiteres Engagement von Deiner Seite ohnehin nicht infrage kommt, ohne mich zweihundertvierzig Kilometer umsonst fahren zu lassen. Ich erlaube mir zu erwähnen, dass alle Fotos von mir echt und aktuell sind. Am liebsten würde ich per WhatsApp kommunizieren, ich bin hier nicht oft. Meine Telefonnummer ist +49 123 456 789.

    Montag, 13.07.2020. Das Gesicht

    - Lass uns doch, vor dem ersten Treffen, zuerst hier schreiben. Die Idee mit dem Restaurant beim ersten Treffen finde ich gut. Vielleicht sage ich gleich, was nicht geht. Kein Anal, keine harten Praktiken wie Facefuck, keine Drogen, dafür akzeptiere ich Rotwein in vernünftigen Mengen. Was hast Du für Interessen?

    -Das meiste habe ich schon geschrieben. Fliegen, Motorrad, Tauchen, Ski, Segeln, Reiten. Ich liebe Filme und ich lese sehr gerne. Ich besitze Tausende Filme und auch Tausende Bücher, die ich auch alle gelesen habe (na vielleicht außer den Enzyklopädien). Ich restauriere auch gerne alte Autos oder alte Flugzeuge.

    Ich bekam zwei Fotos von ihr. Die Bilder zeigten auch das Gesicht. Eines war älter, da sah sie auch etwas rundlicher aus. Sie saß auf einem Rennmotorrad, hatte einen kurzen, dunkelblauen Minirock und eine weiße, ärmellose Bluse an. Ich schätzte sie vielleicht auf zwanzig Jahre. Auf dem zweiten Foto war sie deutlich schlanker und definitiv älter, vielleicht vierundzwanzig. Sie saß auf einer reinrassigen Rennmaschine, die aufgebockt stand, mit Reifenheizern, offenbar kurz vor einem Rennen. Auch hier trug sie einen Minirock und sah durchtrainiert aus.

    -Ich bin beeindruckt. Du fährst Motorrad?

    Ich schickte ihr ein Foto von meinem R107 Mercedes 560SL Cabriolet von 1988 im perfekten Zustand.

    -Ja, aber nur als „Rucksack". Das Auto ist beeindruckend, die alten Autos haben wirklich eine Seele. Welche Bücher und welche Filme magst Du?

    -Eigentlich fast alles, was Filme betrifft, aber ich mag nur ganz, ganz wenige Horrorfilme. „The Ring ist zum Beispiel toll gewesen. Marvel kann mir komplett gestohlen bleiben. Bei Büchern lese ich auch sehr viel, aber kein Fantasy, keine Horrorbücher und natürlich keine billigen Liebesschnulzen. Eines meiner Lieblingsbücher ist „Die drei Kameraden von Remarque. Darf ich auch etwas fragen?

    -Klar.

    -Ich habe kein Interesse an einer reinen Sex-Beziehung. Das bin nicht ich. Ich würde mich wirklich freuen, wenn das so etwas wie eine richtige Beziehung sein könnte. Ich suche eine Frau, die ich etwa einmal die Woche treffen könnte und die mit mir ab und zu übers Wochenende wegfährt, oder ins Kino oder in ein Konzert geht.

    Donnerstag, 16.07.2020

    -Das deckt sich auch mit dem, was ich suche. Wenn Du möchtest, können wir uns treffen, aber das erste Mal wirklich im Restaurant.

    - Das freut mich. Selbstverständlich im Restaurant. Ab jetzt über WhatsApp?

    -Gerne.

    Freitag, 17.07.2020. Natalie wird zu Kathrin

    -Wäre das Gessler-Restaurant im Radisson in Kattowitz okay? Und wenn Du erlaubst, komme ich mit dem etwas jüngeren SLK, es ist recht weit, und wenn das Wetter schlecht ist, ist mir der lieber. Ich freue mich. Beim Vornamen habe ich etwas geschummelt. Gregor.

    -Gerne. Ich heiße übrigens Kathrin. Woher der unübliche Vorname?

    -Ich bin Deutscher, aber meine Mutter ist Polin.

    Sonntag, 19.07.2020

    Ich verabredete mich mit Kathrin im Restaurant des Radisson Hotels in Kattowitz und buchte vorsorglich auch ein Zimmer. Die vierhundert zl, die ich ihr versprochen hatte, hatte ich zusammen mit ein paar Blumen, einer Blechkonserve mit selbst gemachter, alkoholisierter Götterspeise und einer Flasche Rotwein in eine Geschenktüte gepackt, in der ich auch meinen Kunden eine Flasche Wein überreichen würde. Ich fuhr mit meinem SLK hin und war wie immer viel zu früh da.

    Nach dem Einchecken wartete ich vor dem Hotel. Sie war mit einem Uber gekommen und als sie aus dem Auto stieg, war ich nicht enttäuscht.

    Eine ein Meter fünfundsechzig große, junge Frau Mitte zwanzig mit einer herrlichen Figur und Klasse. High Heels, ein beiges, hautenges Ministrickkleid und darüber ein dünner beiger Sommermantel. Natürlich achte ich auf Details. Sie ist blond gefärbt, wobei man die natürliche, dunkelbraune Haarfarbe am Haaransatz sehen kann. Ich bin bis zum heutigen Tage kein Fan von gefärbten Haaren. Ich liebe die Natürlichkeit und am liebsten sind mir diejenigen Frauen, die genauso sind, wie die Natur sie geschaffen hat. Aber ich stamme ja auch einer völlig anderen Generation ab, insoweit war das nur ein winziges Detail, dem ich keine allzu große Beachtung schenkte. Ich bemerkte auch ein Tattoo. Auch davon bin ich kein Fan, aber gerade an dieser Stelle, in dieser Größe, ist es etwas, das mich nicht wirklich stört, obwohl es hätte kleiner sein können.

    Ich begleitete sie zu unserem Tisch, nahm ihr den Mantel ab und fragte sie, ob sie etwas essen möchte. Sie verneinte, bestellte nur einen Kaffee und ich fragte, ob sie vielleicht einen Wein trinken möchte. Ich bestellte für mich Tatar und für uns eine Flasche Rotwein. Wie nachher so oft, trank ich ein halbes Glas davon und sie den Rest der Flasche.

    Obwohl man natürlich bei einem ersten Treffen sehr oberflächlich ist, schwierige Themen vermeidet und sich nicht ganz so natürlich verhält, wie man wirklich ist, war ich wirklich beeindruckt. Eine intelligente, junge Frau, leider mit abgebrochenem Ingenieurstudium. Mit vielfältigen Interessen, mit der man sich herrlich über Musik, Bücher, Filme und tausend andere Sachen unterhalten konnte. Sie kannte sich sogar hervorragend in uralten Schwarzweißfilmen aus!

    Natürlich gingen wir auch auf das Thema ein, warum wir uns hier getroffen hatten. Ich erwähnte mit keiner Silbe, dass ich bereits ein Zimmer gebucht hatte, aber ich machte ihr noch einmal klar, dass ich nicht lediglich Sex, sondern eine Beziehung suchte, die so nah wie möglich an einer normalen Beziehung liegt. Sie sagte, sie würde das Gleiche suchen und letztlich hatte sie exakt das in ihrem Profil angegeben.

    Wir unterhielten uns angeregt fast drei Stunden lang, auch über eventuelle Reisen zu Städten in Europa, über Konzertbesuche.

    Irgendwann sagte sie, sie müsste langsam gehen, weil sie mit ihren Bekannten verabredet sei. Ich bot an, sie hinzufahren. Wir fuhren mit offenem Verdeck nach Gleiwitz. An irgendeinem Kreisverkehr gönnte ich mir den Spaß und driftete ein bisschen. Das missfiel ihr sichtlich und sie sagte, ich sei wohl ein ganz schöner Angeber. Das hatte mir bisher noch nie jemand gesagt. Wir verabschiedeten uns und ich genoss es, ihr hinterherzugucken. Obwohl sie schon im Auto die hohen Schuhe gegen flache getauscht hatte, war es immer noch ein herrlicher Anblick; sie wusste ihre Hüften zu bewegen.

    -Dankeschön für das Treffen und das Vertrauen. Vielleicht am Donnerstag etwas Klassisches? Wine Bar Lofty? Sie haben eine hervorragende Küche und eine riesige Weinauswahl. Danach kannst Du ja immer noch entscheiden, ob mehr daraus wird.

    -Ich war schon mal da und ich hoffe, diesmal werden sie die gleichen Köstlichkeiten servieren.

    -Also ein Tisch für Donnerstag. Wann und wo darf ich Dich abholen?

    -Hol mich bitte nach der Arbeit um sechzehn Uhr an der Firma MFJ in Gleiwitz ab. Zum Restaurant sind es dann fünfzehn Minuten.

    -Ich habe es übrigens geprüft: Nach Prag fliegen wir eine Stunde, Wien anderthalb, Budapest sind eine Stunde fünfundvierzig. In Wien noch eine Stunde mit dem Auto dazu. In Prag und Budapest landen wir fast im Zentrum. Donnerstag stehe ich um sechzehn Uhr vor der Firma. Träum was Süßes.

    Montag, 20.07.2020

    -Guten Morgen, Kathrin. Einen schönen Tag!

    -Wie schön, schon am frühen Morgen denkt jemand an mich. Auch Dir einen schönen Tag.

    -Wenn Dich so etwas interessiert: Heute kann man mit bloßem Auge einen Kometen sehen, der die Erde passiert. Die nächste Gelegenheit hast Du erst in sechstausend Jahren. Wenn ich weniger schreiben soll, sag es einfach.

    -Schreib so viel, wie Du möchtest, schlimmstenfalls werde ich nicht antworten. Die Reisen nach Prag/Budapest/Wien müssen wir unbedingt machen, aber wohl eher am Wochenende?

    -Würde ich vorschlagen. Samstag hin, Sonntag zurück. Eine Übernachtung.

    -Wochenende 08.08.? Ich habe seit April eine Geburtstagsfeier nach der andern.

    -Sei froh, in meinem Alter fangen schon die Beerdigungen an.

    -Ich kann aber frühestens um zwölf Uhr, weil ich noch einen Termin im Nagelstudio habe. Ich habe ein bisschen Angst, aber ich gehe keiner Herausforderung aus dem Weg. Du musst mich auch gar nicht überzeugen, ich bin total heiß auf den Flug! Es hat mich noch nie jemand mit einem Flugzeug abgeholt.

    -Die Einstellung gefällt mir. In fast dreißig Jahren bin ich über zweitausend Stunden geflogen. Viele Berufspiloten, erst recht von Ryanair, haben weniger Erfahrung. Meine Tochter fliegt mit mir, seit sie fünf Jahre alt ist, und mit ihr würde ich niemals ein Risiko eingehen. Nur mein Hund hat furchtbar Stress beim Fliegen.

    Ich schickte ihr ein Foto, bei dem mein Hund auf der Rückbank meines Flugzeuges auf dem Rücken schläft, die Eier und das „Fahrwerk" oben. Ein zweites Foto zeigte den Hund mit mir im Schnee.

    -Ist mein bester Freund, er heißt Whiskey, er war schon zweimal auf der Titelseite der Wachtelhundzeitschrift.

    Ich bekam ein Foto von ihr mit einer Katze und ein zweites, wo sie vor einem Steak sitzt, das auf einem vermutlich heißen Stein liegt.

    -Das erste Foto zeigt meinen besten Freund Willy, der Kater folgte mir auf Schritt und Tritt und wollte ständig gekuschelt werden. Das zweite Foto zeigt das beste Steak, das ich je gegessen habe, Kaya Sushi in Tichau. Wie kannst Du bloß Schnee mögen?

    -Eigentlich mag ich jedes Wetter.

    -Wenn ich es mir überlege, gab es keinen Moment in meinem Leben, in dem ich wirklich glücklich war. Ich frage mich, ob ich nicht etwas an mir habe, was mir nicht erlaubt, mit dem froh zu sein, was ich habe. Entschuldige, aber ich habe heute einen melancholischen Tag.

    -Ich war die drei Jahre vor dem Abi und am Anfang vom Studium am glücklichsten. Ich denke, ich kann Deine Stimmung und Einstellung aufhellen, wenn Du mir nur die Chance dazu gibst.

    -Ich überlege, was meine Einstellung ändern könnte. Ein Bekannter hat mir das Buch „Die Kraft des Unterbewusstseins" empfohlen. Am besten fühle ich mich nach dem Sport, die Befriedigung nach den kleinen Erfolgen. Aber seit zwei Jahren

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