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ZUKUNFT IST GESTERN
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eBook320 Seiten4 Stunden

ZUKUNFT IST GESTERN

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Über dieses E-Book

»Halbsieben am Morgen, alles scheint wie immer.
Doch innerhalb weniger Tage verändert sich mein
ganzes Leben. Wann habe ich was nicht bemerkt?«

Charly ist Ende dreißig und wohnt in einer Kleinstadt in Wisconsin.
Geprägt von Erfahrungen, lebt sie nach ihren eigenen Wertevorstellungen
und einem klar strukturierten Leben. Abweichungen lässt sie nicht zu.
Doch dann gerät alles aus den Fugen. Nun muss Charly sich entscheiden,
welchen Weg soll sie an der Kreuzung nehmen? Hilfreich an ihrer Seite
steht ihre betagte und weise Tante Milla.

Mit klaren Fakten und Taten, aber auch mit Witz und Verstand, öffnet
sie Charly die Augen. Wird ein anderer Blickwinkel ihre klaren Strukturen
verändern? Oder ist ihre Richtung bereits unveränderbar entwickelt.

Welchen Weg wird sie gehen?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Dez. 2017
ISBN9783743975613
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    Buchvorschau

    ZUKUNFT IST GESTERN - Emilly A. Thompson

    1 Kleinstadt

    Halb sieben, aus der Musikanlage ertönt ein fetziger Hard-Rock-Sound, nebst kreischender E-Gitarren. Verschreckt ziehe ich mein Kopfkissen über die Stirn und drücke es fest, mit beiden Händen auf meine Ohren.

    Der Sound dringt dumpf und leise an mein Ohr.

    Langsam ziehe ich mein Kopfkissen von meinem Gesicht. Draußen ist es noch dunkel. Im Display meines Weckers sehe ich verschwommen die Uhrzeit, zwei Minuten nach halb sieben. Krampfhaft versuche ich meine Gedanken zu sortieren. Es fällt mir schwer mich zu konzentrieren. Mein Körper fühlt sich schlaff, aufgedunsen und träge an. Egal welcher Tag heute ist, ich werde nicht aufstehen. Wie eine Robbe am Sandstrand, versuche ich meinen Körper auf die Seite zu rollen.

    Der Schweiß bricht aus jeder Pore, ich schaffe es nicht mich, um zu drehen. Das kann doch nur ein gruseliger Alptraum sein.

    3 Jahre zuvor……

    Gitarrensolos überfluten das überdimensionale Open-Air-Gelände. Die Luft ist lau und durch die Nebelmaschinen geheimnisvoll und mystisch. Die Masse tobt im Gleichklang des Heavy-Metal-Sounds. Auf der Bühne rockt die Band mit nackten Oberkörpern und völlig verschwitzen Haaren.

    Durch heftiges springen versuche ich meinen Horizont zu erweitern. Zwei Jungs neben mir sehen diese verzweifelte Aktion und der Eine schreit mich an: »Willst Du hoch?« Durch eifriges Kopfnicken signalisiere ich ein deutliches Ja.

    Im nächsten Moment sitze ich schon auf seinen Schultern. Es ist der Wahnsinn. Durch meine hektischen Bewegungen auf seinen Schultern kippt er plötzlich nach hinten. Die Menschenmasse, um mich herum, fängt mich auf. Dann werde ich auf dem Rücken durch viele ausgestreckte Hände über den Köpfen Richtung Bühne transportiert. Yes, Bodysurfing, das wollte ich schon immer mal erleben. Wie auf einer Wolke schwebe ich zur Bühne. Der Sound wird noch lauter, nur noch ein winziges Stück. Doch kurz vor der Bühne öffnet sich die Menschenmenge und ich knalle unsanft zu Boden.

    Schlagartig bin ich wach!

    Aus meiner Super-HiFi-Anlage knallt noch immer der Hard-Rock-Sound in voller Lautstärke. Mein Arm schmerzt. Jetzt bin ich schon wieder aus dem Bett gefallen. Was ist denn nur los?

    Die Musik soll mich doch nur wecken und nicht niederstrecken. Dringend muss ich hier was ändern.

    Die nächste Katastrophe folgt auf dem Fuß. Es ist viertel nach sieben. Wie lange war ich den schon auf dem Rock-Konzert? Normalerweise müsste der Super-Wecker doch schon um halb sieben starten. Oh Mann, jetzt war ich auch noch zu spät und außerdem ist es heute Montag, schlimmer geht immer. Schießt es durch meinen Kopf.

    Seit Jahren folge ich nun diesem, meinem Erziehungs- und Aufwachritual. Sonst komme ich morgens, unter der Woche, nicht aus dem Bett. Demzufolge startet eine Kette von unsäglich Stress beladenen Aktionen, die sich dann, wie ein schöner stressiger roter Faden durch den Tag zieht. Jetzt hatte ich schon durch das Starten, von nervenzerfetzende Gitarrensolos mit gefühlter Endlosschleife, meinen Wecker gekoppelt. Doch mein Unterbewusstsein machte, damit gerade was es wollte.

    An den Wochenenden ist dies natürlich anders. Sanfte Gesänge in Begleitung von Klavier und Geige küssen mich dann sanft aus meinen Träumen. Hier habe ich mich im Traum, gewiss noch nie auf dem Flügel eines attraktiven Pianospielers, im kleinen Schwarzen, geräkelt.

    Mittlerweile habe ich den Wecker abgeschaltet und höre im Radio die News zum Tage. Die Kaffeemaschine läuft, ganz wichtig, Kaffee gehört neben Schokolade zu meinen Grundnahrungsmitteln. Ich habe mal versucht den Kaffee durch Tee zu ersetzen, soll ja gesünder sein.

    Spätestens als ich mein Büro betrat, wollten die mich bis dahin getroffenen Menschen, schon in einen schallisolierten und abgedunkelten Raum wegschließen. Mit Schokolade verhält es sich übrigens gleichermaßen.

    Also wer mich kennt, achtet immer fein darauf, dass diese beiden Grundnahrungsmittel immer und in ausreichender Menge vorhanden sind.

    Außerdem ist wissenschaftlich bewiesen, dass Schokolade das Belohnungszentrum in unserem Gehirn befriedigt und ich denke schon das ich öfters belohnt werden muss.

    Leider wurde hier nicht berücksichtigt, dass der, und ich meine der normale Gebrauch dieser Droge, zu körperlichen Mutationen führt. Das heißt jetzt nicht, dass ich übermäßig dick wäre, aber ich bediene eine Konfektionsgröße 42, Tendenz zu 44.

    Ja mein Gewicht geht in den letzten Jahren leider immer weiter nach oben.

    Dafür ist bestimmt mein Belohnungszentrum verantwortlich, aber auch die Tatsache, dass ich vor drei Jahren mit dem Badminton aufgehört habe, weil ich meinem Exfreund nicht ständig über die Füße laufen wollten, ja blöd!

    Ich weiß, dass ich hier etwas ändern muss und habe daher fest entschlossen, dass ich mich heute, auf dem Weg nach Hause, bei dem Gym anmelden werde, welches 7 Meilen vor meiner Haustür liegt.

    Es ist halb acht, Badezimmer erledigt, das geht auch immer ganz fix, Zähne putzen, duschen, Haare wasche ich zweimal pro Woche oder manchmal nur am Wochenende.

    Ich habe lange schöne kastanienbraune Haare, dass macht das Frisieren einfach. Kämmen, Gummi rein, perfekter Pferdeschwanz, langweilig aber praktisch. Mit dem Schminken habe ich es auch nicht so, eine bisschen Creme fürs Gesicht und gut ist das.

    Mein Kleiderschrank ist auch eher übersichtlich, die Entscheidung ob Hose oder Rock, mache ich vom Wetter abhängig, oder ob es ein Wochenende war, dann kneift die Hose schon mal eher. Dazu noch eine Bluse, ein Sakko, sportliche Schuhe und ein paar unaufgeregte Accessoires.

    Ich bin da eher der konservative Typ, unauffällig, klassisch oder auch mal sportlich. Jetzt noch einen Kaffee in der Küche und einen Kaffee in den To-Go-Becher und die Schokolade nicht vergessen.

    Ein Blick aus dem Küchenfenster und die ernste Lage wird deutlich. Mein Haus liegt in einer Sackgasse am Rande von Janesville. Die Nachbarn sind Familien mit null bis drei Kindern.

    Wenn ich morgens bis viertel nach sieben mein Haus verlasse, ist alles noch sehr ruhig und friedlich. Die Welt fängt hier immer erst ab halb acht an. Jetzt war es genau halb acht und die Nachbarskinder, drehen schon ihre ersten Runden mit dem Fahrrad und sammeln sich zur gemeinsamen Abfahrt, Richtung Schule. Mein Haus befindet sich am Ende der Sackgasse und ist diesbezüglich bestens für das morgendliche Ritual geeignet. Im Minutentakt und unter lautem Geklingel, sammeln sich die Kids mit ihren Fahrrädchen und fahren solange im Kreis, bis auch der letzte Biker eingetroffen ist. Mit lautem Geschrei, starten sie dann ihre gemeinsame Anfahrt, zur ca. 2,5 Meilen entfernten Schule. Dies sind aber nur die älteren Schüler, die Kleineren laufen die Straße hinunter bis zur Hauptstraße und fahren von dort mit dem Schulbus.

    Hier ist ebenfalls besondere Aufmerksamkeit gefordert, weil sie irgendwie meist noch im Halbschlaf sind und etwas unkoordiniert über den Fußweg stolpern. Die armen Kleinen, ich kann das total gut nachvollziehen, wahrscheinlich kriegen die noch nicht mal einen Kaffee!

    Somit heute Morgen, Zeitverzögerung wegen Einfahrtversperrung von kreischenden Zweiradhalbstarken in Schuluniform.

    Die zweite Zeitverzögerung folgt wegen taumelnder schlaftrunkener Knirpse, auch in Schuluniform und mit riesen Containern auf dem Rücken, die nun zum Schulbus schlafwandeln.

    Dritte Zeitverzögerung der Schulbus. Hier steht schon ein Ordnungshüter an der Bushaltestelle. Mit seiner Riesenkelle in der Hand, hält er schon mein Auto an, damit die kleinen containerbeladenen Träumerle auch ohne Schaden in den Bus kommen.

    Der Ordnungshüter ist übrigen John und wann immer ich hier zum Halten komme, kriege ich auch noch seinen überflüssigen Kommentar um die Ohren. Als er mich heute Morgen kommen sieht, schleicht er äußerst theatralisch auf mich zu. Mit der Trillerpfeife und hocherhobener Kelle stoppt er mich vorschriftsmäßig. Ganz langsam umkreist er nun mein Fahrzeug, grinst mich breit an und sagt: »Na Charly, heute wieder etwas spät dran?«, und grinst weiter. Das habe ich heute Morgen auch noch gebraucht. Schnell beiße ich in meinen Schokoriegel und nehme einen ordentlichen Schluck Kaffee, das beruhigt.

    Durch die geschlossene Fahrerscheibe brülle ich ihn an, da ich mal wieder die Handkurbel des alten Chevys nicht finden kann. Habe mit dem Kaffee und dem Riegel sowieso schon alle Hände voll zu tun. »Ich wünsche Dir auch einen schönen Tag, John. Und immer schön auf die Kleinen achten!«

    Ansonsten ist hier von sieben bis halb acht alles in einer herrlichen Ruhe. Maximal die Vögelchen brüllen einen an und in der schönen Morgendämmerung erscheint diese Straße noch aufgeräumter, als sie es ja sonst auch schon ist.

    Hier achtet jeder auf sein gepflegtes Anwesen, daher ist auch zu erklären, warum jedes Straßenmitglied oft mit einer Heckenschere, Blumenspritze oder Schubkarre bekleidet ist. An den Wochenenden finden oft Rennen mit dem Sitzrasenmäher statt. Der Startschuss wird dann von einem Straßenbewohner, durch hektisches ziehen an den Rasenmäher-Starterkordeln, ausgelöst.

    Von da an ertönen aus den Vorgärten die kreischenden Geräusche dieser kleinen Monster. Wenn anschließend alle richtig gut drauf sind, gibt es danach, so zum späten Nachmittag, ein Barbecue für alle, welches die Damen des Hauses, während der Rasenmäher-Olympiade vorbereiten. Der Hausherr trägt dabei ein kleinkariertes Hemd, Ärmel hochgekrempelt und eine Baseballkappe auf dem Kopf, manchmal mit dem Schirm im Nacken.

    Logisch nehme ich an diesen Ritualen auch teil. Natürlich habe zwar keinen Sitzrasenmäher, ich mache aber den besten Schokoladenkuchen unter der Sonne. Die Männer bedienen den XXL-Grill, in der einen Hand die Grillzange und in der anderen Hand eine Büchse Bier. Die Damen tragen ihre liebevoll zubereiteten Speisen auf die Tische und arrangieren die Pappteller und sonstiges Zubehör auf die dafür bereitgestellten Bänke. Aus der Musikanlage ertönen Country Songs, echte Cowboyidylle und voll das Klischee! Ich liebe es!

    Überhaupt sind wir hier alle wie eine große Familie. Wir achten uns, sind für einander da und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen jemals woanders zu sein als hier in der Straße mit der Sackgasse am Rande von Janesville in Wisconsin.

    Die meisten Kinder kenne ich von Geburt an. Auch dies ist sicher ein Grund warum mich die Kleinen nicht nerven, wenn sie in der Sackgasse ihrem unbändigen Spieltrieb freien Lauf lassen oder gar in meinem Garten verstecken spielen. Ich bin irgendwie wie eine Tante oder große Schwester für sie. Nur John nervt ein wenig. Ob der tatsächlich glaubt, dass ich hier alles platt fahre nur, weil er nicht mit seiner Dienstuniform seine Autorität spielen lässt. Okay, runterfahren, der macht auch nur seinen Job. Einige Nachbarn haben damals erlebt, wie mein Vater uns verlies und haben uns immer zur Seite gestanden.

    Als dann meine liebe Mom noch verstarb, unerwartet und viel zu früh, waren sie eine riesen Stütze für mich. Hier ist die Welt, inklusive Eheritual noch in Ordnung, soweit ich weiß!

    Dadurch das meine Beziehungen immer nur drei Jahre hielten, bin ich auch noch Kinderlos. Ich hätte schon gerne ein Kind, aber dazu fehlt leider, noch immer der geeignete Erzeuger. Ich habe keine Torschlusspanik, es wäre aber schön, wenn hier mal irgendwann etwas passiert, da ich auch stramm auf die vierzig zueile.

    Mein Name ich Charlotte. Freunde, Familie und die meisten meiner Kollegen nennen mich Charly.

    Ich lebe am Rande einer Kleinstadt in einem kleinen Vorort von Janesville, unweit von Madison in Wisconsin. Als ich noch sehr klein war, sind meine Eltern hierhergezogen. Zwei Jahre später kaufte mein Vater dann dieses Haus, indem ich auch heute noch lebe.

    Als ein klassisches Einzelkind überhäuften mich meine Eltern mit Liebe und materiellen Annehmlichkeiten. Manchmal hätte ich gerne noch eine Schwester oder Bruder gehabt. Dazu kam es aber leider nie. Im Alter von zehn Jahren verließ mein Vater dann meine Mutter. Fortan fing sie an, mich noch extremer zu verwöhnen. Ständig bekam ich neue Klamotten, sie fuhr mit mir in Vergnügungspark und versuchte mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

    Eine heile Welt, mit Vater, Mutter, Geschwister und ein Hund, wäre mir allerdings lieber gewesen. Die Besuchskontakte mit meinem Vater waren eher spärlich, er hatte mittlerweile eine neue Familie und mit meinen zwei Stiefschwestern konnte ich nichts anfangen. Somit telefonieren wir heute zu den traditionellen Tagen wie Weihnachten und Geburtstagen, wünschen uns immer das Allerbeste und gehen unserer Wege.

    Dies klingt sicher eher alles sehr emotionslos, ist es auch. Die Situation war für meine Mom damals nicht leicht, doch sie hat sich schnell damit arrangiert. Sie erklärte mir einmal das dies, dass normalste der Welt sei. Das sich Eltern sich auch mal trennen würden, ich dennoch ja beide Elternteile hätte. Na ja, wie man es nimmt. Vierte Zeitverzögerung, Super-Stau bis zum Highway.

    Sonst brauch ich hier nur sechs Minuten, doch heute parkten die wohl schon alle hier. Die Firma, in der ich nun seit fünfzehn Jahren arbeite, befindet sich in Madison. 31 Meilen von Janesville entfernt und ich beginne dort zwischen acht und halb neun. Meine Arbeitszeit ist flexible und das ist auch gut so.

    Jetzt war es bereits kurz vor acht und ich war noch nicht mal kurz vor der Auffahrt zum Highway und bei Billy´s Donut-World, meiner Lieblings Donut-Bude, um meinen Schokohaushalt auszugleichen. Die Kette von unsäglich stressbeladenen Aktionen hatte begonnen, zuzüglich Rush-Hour etc. Somit verfiel ich wieder in die Gedanken, meiner verkorksten oder auch ziemlich normalen Kindheit. Generell bin ich schon der Meinung, dass das Ritual Ehe längst reformiert gehört. Diese versprechen für immer und ewig, in guten und schlechten Zeiten und so weiter und so weiter. Das birgt doch ab einem bestimmten Moment nur noch Probleme in sich.

    In diesem Moment, wenn man heiratet, schweben wir doch alle in guten Zeiten (Zwangsehen sind hier natürlich ausgeschlossen). Dass es mal schlechte Zeiten geben wird, nimmt unser Gehirn doch gedanklich gar nicht wahr, jedenfalls nicht zu dieser Zeit. Dann kommen die schlechten Zeiten, das gehört ja auch dazu. Wie viel schlechte Zeiten können dann kompensiert werden und wie gehen die Partner damit um und arbeiten immer beide daran, dass es wieder besser wird oder bleibt einer auf der Strecke.

    Mein Vater hat damals eine andere Frau getroffen, ja der Klassiker. Die Liebe war schon längst in einem anderen Level angekommen, ich will ja nicht sagen, dass sich meine Eltern nicht mehr geliebt haben, aber dies war so eine Art Gewohnheitszuneigung. Man verbringt jeden Tag miteinander, dann sind die Schmetterlinge im Bauch weg, dennoch freut sich jeder auf den anderen. Wenn wir 75 Plus wären, dann wäre dies ja auch vollkommen in Ordnung.

    Aber in dieser Blühte unserer Hormone, braucht es später schon ganz viel Einfallsreichtum, um dieses Prickeln zu kompensieren. Dann werden wir bequem, es ist ja auch ziemlich anstrengend immer an der Beziehung hart zu arbeiten. Irgendwann huscht uns dann ein anderes Wesen über die Füße und wir drehen komplett durch.

    Ich weiß dies klingt jetzt alles sehr überzogen und erweckt den Anschein, dass ich eine frustrierte und verlassene Ziege bin. Da steckt vielleicht sogar ein wenig Wahrheit drin, verlassen von meinem Vater und vor drei Jahren verlassen von meinen Freund. Frustriert eher nicht, aber ich bin das Produkt meiner Erfahrungen und den dazugehörigen Umständen. Es gibt Ausnahmen, meine Tante nämlich, dazu komme ich aber noch.

    All diese und auch andere Erlebnisse die ich von Freunden und Menschen in meinem Leben erfahren habe, bringen mich dazu, einfach einmal dieses altertümliche Ritual Ehe, auf einen gedanklichen Prüfstand zu stellen, und ich hätte da auch einen Vorschlag.

    Die Ehe muss ja nicht zwangsläufig abgeschafft werden. Man könnte sie ja vertraglich, zeitlich begrenzen. Zum Beispiel, wir binden uns mal per Vertrag für sieben oder zehn Jahre. Danach endet diese Vereinbarung mit dreimonatiger Kündigungsmöglichkeit zum Vertragsende oder verlängert sich nun von Jahr zu Jahr. Was könnte dies den mit uns machen?

    Ich könnte mir vorstellen, dass wir nun mit der Situation anders umgehen. Immer mit dem Gedanken, dass der Partner ja in sieben oder zehn Jahren einfach den Vertrag kündigen kann. Ja, man könnte sich auch einfach scheiden lassen, aber wir wissen ja um diese Komplexität eines Scheidungsrituals und das da jede Menge Geld, für so einen Scheidungsanwalt verbraten wird. Dann müssen auch noch Trennungsjahre herhalten. Ganz ehrlich, in wie viel Fällen hat das den funktioniert. Ist doch vergebene Zeit und wieder sinnlos raus geschmissenes Geld.

    Wenn man nun so eine Vertragslaufzeit vereinbart, könnte ja zum Beispiel auch nur für fünf Jahre geschlossen werden, dann sind die Fakten doch klar. Und ich denke, jeder würde von Anfang an, anders mit dem Partner umgehen. Den Respekt anders aufrecht halten. Denn wenn man ja im Hinterstübchen weiß, dass es ein Vertragsende gibt, könnte es doch sein, dass wir unseren Vertragspartner anders schätzen. Okay, aber genug davon, wollte dies ja nur mal anregen, in einer Zeit wo sehr viel Rituale auch den Prüfstand gestellt werde, würde ich dieses Eheritual auch mal mit dazu nehmen.

    Während der Scheidung meiner Eltern, wurde auch immer wieder diskutiert, wo ich leben sollte, ich wurde auch gefragt, aber wie soll ein 10-jähriges Kind so etwas entscheiden. Ich war ein Papa-Kind und vergötterte mein Vater, meine Mutter liebte ich aber genauso und sie vermittelte mir die Wärme und Stärke, die ich brauchte. Für ein Kind ist es die moralische Höchststrafe. Ich entschied mich für Mom, auch aus dem Grund heraus, dass ich meine Umgebung nicht verlassen wollte.

    Mein Vater zog in einen anderen Bundesstaat und das machte die Situation noch komplizierter. Im Anfang wurde ich dann mit einen Namensschild um den Hals, in den Flieger gesetzt, um meinen Vater zu besuchen. Das war natürlich abenteuerlich, brachte aber irgendwann keinen Spaß mehr und somit wurden die Abstände der Besuchsrhythmen immer größer. Ich überlegte immer, während des Fluges, was ich zu Hause jetzt mit meiner Mom alles hätte tun können. Die Freundinnen, die ich nicht treffen konnte oder gar Geburtstage von Freundinnen, die nun ohne mich stattfanden. Ich hätte sogar mehr für die Schule machen wollen, nur um nicht wieder stundenlang durch Amerika zu reisen und dann meinen Vater doch nicht für mich haben zu können.

    HUHU hört mich da draußen Jemand…. Es ist ARLAMSTUFE DUNKELROT, wenn dein Kind eher Schulaufgaben macht, als im Flieger zu sitzen und um die Welt zu reisen. Und dass auch meist noch an den Wochenenden! Es ist vielleicht egoistisch, das so zu sehen. Aber was ist denn bitte so schön daran, zwei Tage mit einer Familie zu leben, deren Menschen, ausgenommen meinen Vater, kaum etwas mit dir anfangen können. Und dann dir noch regelmäßig das Gefühl geben, das es doch besser wäre, wenn du wieder weg bist.

    Es fehlte mir an jeglicher Freude bei diesen Veranstaltungen. Seine beiden neuen Töchter standen immer im Vordergrund, ich war ja auch die Ältere, die sich einordnen konnte und Rücksicht nehmen musste. Was war denn mit mir und meinen Gefühlen, alle trampelte schonungslos darauf herum.

    Das war wirklich übel, was wollte ich hier? Nach zwei Jahren flehte ich meine Mutter an, meinen Vater nicht mehr besuchen zu müssen. Er könnte doch auch öfters zu uns kommen. Er kam damals noch zweimal und dann hatte er dauernd Vorwände weshalb er nicht kommen könne. Ich vermisste ihn, aber dies legte sich auch mit der Zeit.

    Vielleicht ist aber auch unsere monogame Einstellung nicht mehr zeitgemäß. Das soll jetzt nicht heißen, dass jeder von uns ungehemmt durch die Lande zieht und sich hoffnungslos Vervielfältigen sollte. Aber hier könnte doch auch einmal ein kritisches Auge auf die derzeitige Situation geworfen werden. Wenn zum Beispiel ein Seitensprung und woher kommt der Name Seitensprung den eigentlich?

    Wenn also um so einen Seitensprung nicht mehr so ein Drama verursacht werden würde und wir alle wissen ja warum Männer oder Frauen das tun, dann wären meine Eltern vielleicht zusammengeblieben! Wann hat überhaupt irgendwann mal jemand entschieden, das der Homosapiens ein monogam lebendes Individuum ist.

    Bei unseren tierischen Mitbewohnern gibt es doch ganz erfolgreiche andere Beispiele! Es ist sicher ziemlich profan, hier Vergleiche zu ziehen! Doch wenn ich das mal auf meine letzte Beziehung projiziere, ergibt sich folgender Schluss. Dieser Kuh, mit der mein Freund oder Ehemann so einen Seitensprung begangen hätte, der hätte ich erstmal Tigerbalm in ihre Körperlotion gemischt, da kriegt doch der Ausspruch, »mir wird so Heiß, wenn ich Dich berühre«, eine ganz neue Bedeutung.

    Und was ich, in einem solchen Fall, mit meinem Partner anstellen würde? Da fallen mir auch einige sehr unappetitliche Sachen ein, worauf ich jetzt eher nicht eingehen will!

    Okay, wir sind dann wohl noch nicht soweit, was die Reform der Monogamie angeht. Meine Beziehungen haben es leider nie, über drei Jahre hinaus, geschafft.

    Nun könnten so geschulte und professionelle Analytiker hier mal psychologisch oder wissenschaftlich rangehen und versuchen zu ergründen, woran das nun gelegen haben könnte. Um es aber auch den Punkt zu bringen; wenn man mal herausgefunden hat, dass die Unveränderbarkeit eines Menschen unveränderbar ist und auch das stete Bemühen um diese schier unveränderbare Situation überhaupt so gar keinen Sinn macht, dann sind eben mal drei Jahre vorbei.

    Vordringlich ist dann nur noch zu prüfen, ob wir mit diesen unveränderbaren Situationen umgehen können oder nicht. Akut erliegen wir dann der nächsten Fehleinschätzung oder Desorientierung. Jetzt will keiner aufgeben, drei Jahre bereits in die Beziehung investiert, da kann man die Flinte doch nicht einfach ins Korn werfen. Also noch so ein Jahr und der klägliche Versuch, es noch irgendwie gemeinsam zu schaffen. Nein es wird weiterhin versucht dem Anderen seine Macken abzugewöhnen.

    Bloß, dass es jetzt noch vorwurfsvoller und respektloser wird. Achtung, falscher Ehrgeiz, am falschen Platz, oder anders ausgedrückt bei dieser Olympischen Disziplin bleibst du zweiter Sieger.

    (The second is the looser oft he first!)

    Und da haben wir doch die Erklärung, warum so eine vertragliche Ehelaufzeit schon wieder Sinn machen könnte. Man könnte ja noch überlegen, ob so ein Vertrag an gewissen Bedingungen geknüpft wird und darüber hinaus mit entsprechend Klauseln versehen wird. So zum Beispiel;

    - Sollte der Vertragspartner trotz vereinbarter Bedingungen die Obliegenheit verletzt haben, tritt Klausel 007 in Kraft und die Vereinbarung wird Rückwirkend aufgehoben.

    Heißt; hat Er oder Sie, aber sagen wir mal Er, zum wiederholten Mal den Klodeckel, nach dem Geschäft, nicht geschlossen, (in diesem Fall vielleicht auf zehnmal begrenzt) tritt Klausel 007 in Kraft. Dann bräuchten wir uns doch nicht mehr um die Veränderbarkeit des anderen zu bemühen, das machen Die dann schön von selbst, weil wir doch die Ehe erhalten wollen, oder nicht?!

    REVOLUTIONÄR! Endlich, zehn vor neun und ich habe Billy´s Donut-World erreicht. Hier arbeitet Dorothee auch schon, solange ich denken kann und winkt mir durch die große Fensterscheibe schon zu, als ich auf den Parkplatz biege.

    Dorothee ist 41 Jahre alt, hat zwei Kinder aus erster Ehe und managet ihr Leben als alleinerziehende Mutter exzellent. Ihr Ehemann hat sie vor einigen Jahren sitzen lassen; der Klassiker, wegen einer anderen Frau. Da sage ich nur Laufzeitvertrag! Sie hat zwei Mädchen, Zwillinge, Chloe und Sofia, 17 Jahre alt. Es sind wirklich toll erzogen Girls, sie arbeiten in den Ferien oft im Donut-Laden mit und gehen in die elfte Klasse des Gymnasiums. Beide wollen studieren und sparen dafür jeden Cent. Als ich den Laden betrete, ruft Dorothee schon:

    »Guten Morgen Herzchen, Du bist aber spät dran, einen Schoko-Donut und ein Käffchen, wie immer?« »Selbstverständlich Süße!«,

    antworte ich und setzte mich an den kleinen Tisch am Fenster. Diese Zeit nehme ich mir immer auf meinem Weg zur Firma. Hier erfahre ich in zehn Minuten die aktuellen News aus Janesville, Zwillingsgeschichten und Chef-Allüren.

    Dorthee hätte gerne ihren eigenen Donut-Laden, die Chancen stehen tatsächlich gut, diesen hier einmal zu übernehmen, denn ihr Chef, Bill, ist schon 78 Jahre alt und redet seit gefühlten zehn Jahren endlich mal in den Ruhestand zu gehen. Es wäre auch mal an der Zeit. Nicht nur wegen seines Alters, sondern auch, weil der Laden mal dringend entstaubt werden müsste. Nicht dass es dort schmutzig wäre, nein, die Möbel, die Ansichten über Umgang mit Gästen als auch das manuelle Kassensystem, könnten mal eine Überholung gebrauchen.

    Auch die Fotos von Donuts aus den siebziger Jahren auf blassgelbem Papier, regen nicht unbedingt den Appetit an. Da die abgelichteten Donuts, ob mit Schokoladenguss, Himbeerüberzug oder bunten Streuseln, alle eher einen Grauton haben und sich nur dadurch unterscheiden, dass es hellgrau oder Anthrazit ist. Ganz speziell sieht der Donut mit Eierlikör aus. Mmmh, gelber Donut auf gelben Grund. Doch solange Bill, genannt Catweazle, hier noch das Regiment führt, können alle froh sein, dass es wenigstens schon elektrisches Licht gibt und nicht täglich die Kerzen angemacht werden.

    Den Namen Catweazle habe ich ihm gegeben. Catweazle stammt aus einer Serie im Fernsehen aus den 70ern. Ich habe damals zwar nicht alles verstanden, was der so machte, fand ihn aber äußerst putzig. Später habe ich dann mal gelesen, das Catweazle ein schrulliger Hexenmeister mit einen spitzen Ziegenbart war, der eigentlich im Jahr um die 1060 lebte. Dann mischte er, eines Tages, aus verschiedenen Kräuter einen Zaubertrank, mit dem er fliegen wollte. Dazu kam es aber nicht, weil er vor den bösen Normannen fliehen musste. Aus lauter Verzweiflung und Panik im Nacken, trank er von seinem selbst gebrautem Zaubertrank und sprang dann in einen Fluss, während er noch einen Zauberspruch rief. Als er wieder auftauchte, befand er sich in einem stinkenden Tümpel und war in den 70er Jahren angekommen.

    Von nun an

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