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Glücklich auf ihre Weise: Mein Kampf gegen die Magersucht
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Glücklich auf ihre Weise: Mein Kampf gegen die Magersucht
eBook381 Seiten5 Stunden

Glücklich auf ihre Weise: Mein Kampf gegen die Magersucht

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Über dieses E-Book

Ich lebe! Sie lebt! Wir leben zusammen in einem Körper, in meinem Körper. Ich lerne sie schätzen, lieben und ernenne sie zu meiner besten Freundin. Ich schenke ihr all meine Kraft und Zuneigung, so lange bis ich merke, dass sie sich "Magersucht", "Anorexia Nervosa" oder auch kurz "Ana" nennt. Sie erobert mein Leben ganz für sich alleine, bis ich fast vernichtet, ausgerottet und tot bin.
Ich beginne zu kämpfen, gegen meine beste Freundin. Ich kämpfe, scheitere, gebe auf, stehe auf, so lange, bis ich den Kampf gewinne.
Ich gewinne die Auseinandersetzung gegen diese tödliche Krankheit. Ich, aber kaum ein anderer.
In dem Buch "Glücklich auf ihre Weise" wird der heilende Weg aus der psychischen Störung beschrieben.
Ein Kampf zurück in ein glückliches Leben.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum16. Jan. 2017
ISBN9783734587214
Glücklich auf ihre Weise: Mein Kampf gegen die Magersucht

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    Buchvorschau

    Glücklich auf ihre Weise - Lina Kröger

    Kapitel -1-

    Ich war verzweifelt, von meinen Gedanken und dem inneren Hass. Mein Körper teilte sich in zwei Hälften. Es gab eine zuversichtliche, die mit Hoffnung und Freude gefüllt war, genauso wie die andere, welche ängstlich und unsicher der Zukunft entgegen stand. Ich begann nach einem Grund zu suchen. Einem Grund, auf die Frage. „Warum mich niemand mag, wieso keiner bei mir, an meiner Seite steht!"

    Schon bald war ich fest entschlossen das ich der Fehler war. Ich war ekelig, zu hässlich und vor allem zu dick, so dass keiner etwas mit mir zu tun haben wollte, aus Angst meinetwegen runter gemacht oder genauso ausgeschlossen zu werden. Meine Verzweiflung wurde größer und mächtiger. Ich begann im Internet nach „10 Kilo weniger in 2 WochenDiäten oder so etwas in der Art zu suchen. Es blieben mir noch genau 4 Wochen, bis der erste Schultag anstand. Es war unvorstellbar für mich, sich den ganzen Tag nur von Tomaten ernähren zu müssen, um in so kurzer Zeit so viel abzunehmen. Es war also schon vorher gesagt, dass es nichts bringen würde, zumindest mir nicht! Ich suchte weiter, bis ich auf einer „Pro Ana Seite landete. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was dieser Name oder viel mehr diese Abkürzung bedeuten sollte. Daher ließ ich mir interessiert den Blog genau durch. Regenbogen-Diät, Schokoladen-Mono-Diät, ABC-Diät, Model-Diät und unter der genauen Erklärung zu diesen Abnahmeweisen stand das man alles schaffen konnte, mit genügend Disziplin. Ich las mir die Diäten genauer durch und bemerkte das diese extrem streng waren, 200 Kalorien am Tag. Unvorstellbar! Ich googelte nach Lebensmitteln, die dieser Kalorienmenge entsprachen. Nach gründlicher Auseinandersetzung mit zahlreichen Nährstoffen, Kohlenhydraten, Stoffwechseln, Körperstrukturen und dem Wasserhaushalt, verglich ich diese Zahl mit zwei eineinhalb Äpfeln. Wie sollte man von zwei einhalb Äpfeln sich am Tag ernähren. Vielleicht war es auf irgendeine Art und Weise möglich, aber ganz bestimmt nicht, wenn meine Eltern nichts mit bekommen sollten. Nach meinen Vorstellungsvermögen war es mehr als undenkbar. Ich wusste nicht wieso, ich auf meine Eltern und nicht auf meinen Wunsch dünn zu sein achtete. Ich hatte Angst, das sie sich Sorgen machten, das sie es nicht gut fanden, ich mal wieder nicht das tat, was sie für richtig hielten.

    Daher fing ich einfach an Gesund zu essen. Einfach? Es war alles andere als das, aber bestimmt nicht leicht! Anstatt Süßigkeiten am Abend, aß ich lieber eine Möhre, oder statt des Brötchens mit Salami zum Frühstück ein Jogurt, mit einer Birne. Schon ein paar Tage später bemerkte ich, das ich wirklich begann abzunehmen. Es entwickelte sich in mir, zum ersten Mal wieder, so etwas wie Freude.

    Ich war glücklich?

    Es war ein komisches Gefühl, nach so langer Zeit wieder Strahlen zu können und das nur, weil die Zahl auf der Waage kleiner wurde. Ich erinnerte mich an die Worte auf der Internetseite. „Genügend Disziplin … Genügend Disziplin". Ich wusste in diesem einen Augenblick, dass ich alles schaffen könnte, wenn es wirklich mein Ziel war und das war es, zu groß war meine Überzeugung.

    Ein Tag verging nach dem anderen und ich schaffte es kaum etwas essen zu müssen. Am Anfang knurrte mein Magen wie verrückt, ich trank viel Wasser, damit er sich wenigstens einige Minuten behruhigen konnte. Jeder andere Gedanke um das Essen war eine Qual. Sollte ich wirklich nichts essen? Es schmeckte doch so gut! Ich hatte außerdem Hunger! Eine Stimme meldete sich :Wenn du isst, wirst du dick, du wirst hässlich, du hast nichts erreicht, dich wird keiner mögen, es bleibt alles wie vorher!

    In demselben Moment hatte sich die Frage, ob ich ausnahmsweise etwas essen sollte schon geklärt. Statt dessen versuchte ich mich mit Sport abzulenken, um nicht in Versuchung geraten zu können. Außerdem hatte es einen sehr positiven neben Effekt, denn ich verbrannte die wenigen Kalorien, die ich zu mir nahm. Ich konnte nicht mehr still stehen, aus Angst die zu mir genommenen Kalorien nicht wieder abzubauen. Ich konnte es mir nicht erlauben, dazu war ich viel zu dick. Ebenso konnte ich es mir nicht erlauben, ganz normal zu gehen. Nein, bei jedem Schritt hob ich meine Beine so hoch es nur ging. Wennn ich saß, atmete ich so stark ein und aus, dass sich mein gesamter Brustkorb bewegt. Ich schleoif mit offenen Fenster um zu frieren, genauso wie ich nur noch kalt dushte oder eine ganze Stunde, in der Eiskalten Badewanne lag. Es waren untershciedliche Methoden, die alle einen einzigen Sinn verfolgten. Kalorien zu verbennen. Es war mein Tag, mein Tagsablauf, meine Entscheidung. Alles um mich herum war mit dem Essen und dessen Angst verbunden. Ich traute mich nicht mehr aus meinem Zimmer, aus Angst, dass mir jemand Essen anbot und ich dankend ablehnen müsste. Mich erneut vor die Entscheidung, essen oder nicht essen stellen und vor die Wahl, hübsch oder hässlich stellen müsste. Wenn ich über diese beiden Kontroverse nachdachte, wurde mir sofort schlecht. Es gab für mich nichts Schlimmeres, als mein derzeitiges Aussehen weiter zu führen. Ebenso nichts Abwertendes, als hässlich und dick zu sein und das war ich, auf jeden Fall jetzt noch! Ich entwickelte Ideen, um dem Essen zu umgehen und mir nichts anmerken zu lassen. Ich war schon immer ein schlaues Mädchen gewesen, was sich selbst für diese Art von Dingen super eignete. Immer öfters nahm ich mein Essen mit auf mein Zimmer und schmiss es anschließend in den Müll, den ich ein paar Stunden in den Abfalleimer entsorgte, damit nichts dort verschimmeln oder auffliegen konnte. Was mit einmal Anfing wurde zu einem ständigen Ritual. Schon bald konnte ich dem Essen nicht mehr so einfach aus dem Weg gehen. Selbst nur eine klitze, kleine Kleinigkeit war zu viel. Ich kam nicht damit klar zu wissen, dass das was ich gerade aß, mich zu einem dicken Außenseiter machte. Ich beurteilte die Nahrung, als schlecht und unwichtig, damit ich auch ja nicht in Versuchung gelang. Deshalb begann ich das, was ich aß, aus Angst das meine Familie etwas mitbekam wieder zuerbrechen und erfand die besten Methoden, wie ich in dieser Situation dachte. Die besten waren leider auch die ekeligsten, das konnte ich wohl sagen! Ich ging, nachdem Abendessen duschen, sodass das Geplätscher des Wassers meine Geräusche übertönten, oder ich suchte mir ein Loch im hintersten Teil unserers Feldes, die direkt neben unserem Haus lag. Es war eine andere Art mit dem Essen klar zu kommen. Es beruhigte mich zu wissen, dass das was ich aß mich nicht mehr dick machte, mich zu meinem Ziel brachte.

    Kapitel -2-

    Der erste Schultag kam immer näher und die ständigen Gedanken um das Essen führten dazu, das ich die Ängste vor diesem einen Tag vergessen konnte. Auf einmal, ganz plötzlich, war er da. Dieser Tag, den ich verdrängte. Der Tag, der alles verändern würde, oder eben auch nicht. Es war der Tag, der über meine Zukunft bestimmte. Der Tag von dem mein restliches Leben abhing.

    Es war soweit gekommen, mein Neuanfang stand im Wahstensinne des Wortes vor der Tür. Ich hatte Panik herauszugehen, es würde sich alles ändern, es war die Entscheidung, über mein Leben, über mich, über mich selbst!

    Der Tag war gekommen und ich suchte verzweifelt nach etwas zum Anziehen.

    Ein blaues T-Shirt mit einer zerrissenen Shorts – Nein meine Beine waren zu dick. Ein Spitzentop, mit einer grauen Strickjacke und einer Jeans – Der Knopf der Jacke würde noch nicht mal zu gehen, das ging so nicht. Ein enges Langarmshirt mit einer dunkelblauen Skinny Jeans – Die Abdrücke meines schwabbeligen Fettes, an den Oberschenkel konnte ich schon auf den ersten Blick sehen. Egal was ich machte, ich fühlte mich nicht wohl.

    Zu dem stieg die Angst vor den neuen Leuten, vor deren Reaktion, wer wollte schon eine Kuh in seiner Klasse haben, jemanden der aussah wie ein Stück Scheiße? Ich, nicht! Ich zweifelte und entschied mich für ein weißes, kurzes Spitzentop, dazu eine graue Strickjacke, mit einer hellen Highway Jeans. Ich konnte es aushalten, entweder weil ich verstanden habe, dass ich sowieso nichts Besseres fand oder nur dadurch, dass beides Markenartikel und somit ziemlich teuer waren. Es musste wenigstens einiger Maße gut ankommen. Selbst wenn sie mein Aussehen abscheulich fanden, mochte jeder meine Kleidung.

    Schnell packte ich die restlichen Sachen für die Schule in meine Tasche, sprang hektisch zu meiner Mutter ins Auto, die schon seit gefühlten Stunden vor der Haustür wartete, damit wir endlich los fahren konnten. Die Fahrt im Auto verursachte eine Denkblockade in meinem Kopf. Ich dachte ausschließlich daran, wie ich gleich, in wenigen Minuten hilflos in der Klasse stehen würde, alle so taten, als ob es mich nicht geben würde und keiner auch nur ein Wort mit mir wechselte.

    Nachdem ich mich von meiner Mom verabschiedete und sie mir alles Gute wünschte, ging ich den restlichen Weg alleine. Mir liefen Tränen über mein Gesicht, Tränen der Wut, der Verzweiflung, der Einsamkeit, der Angst. Zum ersten Mal war ich sauer darauf, was die anderen Leute mit mir gemacht hatten. Ich war nur ich und ich konnte nichts dafür, das mich alle ignorierten. Ich verstand, das nicht ich, sondern sie der Fehler waren. Ich höchstens falsch mit dem Gedanken lag, das ich so sein wollte wie sie und das nur um allen möglichen Menschen zu gefallen. Ich brauchte nur mir selbst zu gefallen und nicht ihnen. Ich hätte diese Worte viel früher an mich heran lassen und auf der alten Schule bleiben sollen, doch dazu war es nun zu spät. Diese Einsicht hätte ich früher erlangen müssen, was ich nicht. Wie so oft oder besse rgesagt, wie immer suchte ich die Schuld bei mir. Ich selbst hätte lieber auf dem Tag warten sollen, bis jemand zu mir kam und mit mir redete. Ich hätte warten solen, bis ich genügend Mut angesammelt hatte, bis ich stak genug war. Wäre ich, ich geblieben wäre es bestimmt anders geworden und meine Gedankengänge unterschieden sich. Mal wieder suchte ich den Fehler bei mir. Schließlich hatte ich die Entscheidung getroffen, somit war auch ich dafür verantwortlich und vor allem schuldig!

    << Ich möchte so sein, wie ihr seid, wenn ich nun genauso bin wie ihrmöchte ich noch mehr.

    Der Charakter stimmt, also fehlt noch das Aussehen, die coolen Sprüche und der Style.

    Sobald ich das alles verändert habe, fängt es wieder von vorne an, denn irgendwie bin ich doch nicht so geworden wie ihr! >>

    Unbewusst achtete ich auf die Baumkronen der Allee, auf die schon rötlich, braunen Herbstfarbenden Blätter, den Himmel, der keine einzige Wolke besaß und das Zwitschern der Vögel, welches unter dem Gekreische und Gelächter von hunderten Schülern unterging, dennoch hörte ich es und nahm es wahr. Einen Moment lang war ich so vertieft in der Umgebung, dass ich mein Ziel vergaß und nicht mehr wusste, wo ich eigentlich war. Bis mir ein paar alte Klassenkameraden entgegen kamen. Mir wurde bewusst, dass nicht mehr denselben Weg vor mir lag, wie sie ihn hatten.

    Schon wieder ging alles viel zu plötzlich, zu schnell, so das nicht anährend mit meinen Gedankenstößen hinterher kam. Ich suchte das Sekretariat, erzählte das ich neu auf der Schule war und mich hier melden sollte. Daraufhin wurde ich zu meiner Klassenlehrerin Frau Klamm gebracht, die mich freundlich begrüßte und anschließend durch einen Strudel voller Menschen mit in den Klassenraum nahm. Alle saßen auf ihren Plätzen und es herrschte eine wahnsinnige Lautstärke und Unruhe. Sie verwies mich auf einen Platz ganz vorne, fast neben der Tafel, wo ich mich hinsetzen sollte oder viel mehr musste. Es war kein anderer Platz übrig, von daher musste ich mich, ob gewollt oder nicht dort breit machen. Jetzt war ich angekommen. In einer Klasse voller fremden Personen, die mich nach und nach betrachteten. Ich kam mir, wie eine Schaufensterpuppe vor die irgendwas besonders an sich hatte. Es war ganz bestimmt keine Designer Jacke, sondern eher ein dunklen, riesigen, abartigen, Leberfleck im Gesicht. Ich fühlte mich wie auf dem präsentieren Teller. Es war unangenehm all die gaffenden Blicke wahrzunehmen und keinerlei Worte oder Zeichen mit denen ich etwas wahrnehmen konnte. Ich wusste nicht, was sie dachten, sich fragten oder in ihren Köpfen herum schwebte. Aus meiner Sicht waren sie alle damit beschäftigt meinen Körper und meine Figur wahrzunehmen, wie breit und dick ich war. Wie hässlich sie mich fanden oder wie unattraktiv, das sie meine Kleidung nicht mochten, die ich trug und somit selbst die Marke keinerlei Stellenwert mehr nahm. Meine neue Klassenlehrerin berichtete das ich Lina hieß, ab heute in diese Klasse ging und mir ein paar Leute, in der Pause mir bitte einmal die Schule zeigen sollten. Gleich danach begann sie mit dem Unterricht. Das Ferien-Feeling war sofort verflogen und die Schulzeit war wieder in vollen Zügen. Nachdem alle anderen sich gegenseitig über deren Ferien ausgetauscht hatten, begann auch ich die einzelnen Mädchen und Jungen genauer zu betrachten. Mir fiel auf, dass eine in meine alte Parallelklasse ging. Ich hatte gar nicht mitbekommen, das sie die Schule gewechselt hatte. Mit einer anderen war ich gemeinsam in einer Grundschulklasse gewesen. Wiederum kannte ich jemand anderen von meiner Oma, welche ihre Nachbarin war. Schnell schlossen mich die anderen in ihre Gespräche ein oder ich redete einfach mit, als wäre es, das normalste was es gab.

    Meine Englischlehrerin ermahnte mich daher schon in meiner aller erst Stunde, das ich leise sein sollte und wir unsere Gespräche bitte, wann anders weiter führen sollten.

    Ich fing an mich besser zu fühlen, ging wieder gerne zur Schule und alles schien gut zu sein. Naja „gut" ist ziemlich relativ, aber für jemanden, der erst ein paar Tage auf der Schule war, hatte ich schnell Anschluss gefunden. Dachte ich, auf jeden Fall noch zu dieser Zeit.

    Mit zwei Mädchen verbrachte ich die Pausen an einer Heizung im Bereich der Oberstufen. Wir redeten, lachten und ich fühlte mich dazugehörig. Es war so schön wieder unter Leuten zu sein und nicht in meinem Selbstmitleid zu versinken. Nach der Schule lag ich nicht mehr verzweifelt in meinem Bett, in der Hoffnung das der Alptraum, welcher sich Leben nannte, ein Ende nahm, sondern ich erledigte mit viel Spaß am Schreibtisch meine Hausaufgaben. Ich hatte ganz vergessen, wie viel Freude mir die Schule einmal bereitet hatte. Ich war eine sehr gute Schülerin, die es liebte, sich mit Matheaufgaben oder Formulierungen von Texten zu Beschäftigen. Ich war fleißig, zielstrebig und vor allem perfektionistisch, ein Rechtschreibfehler mit dem Kugelschreiber und schon musste die Seite noch einmal geschrieben werden. Davon war ich allerdings nie enttäuscht, sondern freute mich über das vollendete Bild oder die fertigen Aufgaben. Plötzlich gab es wieder Dinge, die ich mochte, die mir das Gefühl gaben, gebraucht zu werden, die mich gut fühlen ließen. Schon in meiner zweiten Schulwoche kamen die beiden Mädchen, mit zu mir nach Hause. Wir schauten uns meine Haustiere an, pflückten uns Äpfel von einem Apfelbaum und gingen gemeinsam zum Handballtraining. Die beiden wollten sich das Training anschauen, so dass sie mich einluden mitzukommen. Ich freute mich Angebot und war glücklich über den Gedanken, das sie mich anscheinend mochten, schließlich hätten sie mich ansonsten nicht gefragt. Wir drei machten uns gemeinsam auf dem Weg. Ich genoss die Zeit mit ihnen und wir bekamen immer wieder einen Lachanfall, über meine merkwürdigen Handbewegungen, da ich den Handball wie ein Basketball warf und es somit nicht ganz zur Sportart passend war.

    << Es sind die kleinen,

    selbstverständlichen Momente,

    die einem zum Lächeln bringen! >>

    Mit der Zeit begann ich außerdem wieder mehr mit meinen Eltern zu sprechen, die Zuwendung die ich über die Ferien dem Essen schenkte wurde nebensächlicher. Ich konnte mich endlich wieder auf mich konzentrieren. Ich hatte Zeit für mich selbst für die wichtigen Dinge im Leben und brauchte mir keine Gedanken darüber zu machen, was ich und was ich am Tag lieber nicht zu mir nahm. Ich durfte mich auf neue Dinge einlassen. Wie auf das Berufspraktikum, welches schon nach den ersten zwei Schulwochen anstand.

    Ich hatte mir in der Nachbarstadt eine Maßschneiderei ausgesucht, bei der ich schnell eine Zusage bekam. An meinem 10. Geburtstag wünschte ich mir eine Nähmaschine und seit dem ist dies zu meiner Leidenschaft geworden.

    Etwas was mich gut fühlen ließ und eine sinnvolle Beschäftigung gab. Ich zog nur selten meine selbstgemachten Kleidungsstücke an, aber darum ging es mir nicht. Für mich war die Auseinandersetzung mit den Stoffen, der Maschine, den Schnitten, eigentlich der gesamte Weg zum Fertigen Stück, das was mich interessierte. Es danach zu tragen, war viel mehr nebensächlich. Der erste Tag, war leider nicht so wie erwartet. Nach meinen ersten 8 stündigen Tag war ich wirklich kaputt und hatte wenig Zeit für irgendwelche anderen Dinge. Wenn ich um 17 Uhr nach Hause kam, freute ich mich auf das Abendessen. Ich aß so viel, bis ich satt war, machte mir keinerlei Gedanken über Fette und Kalorien. In diesen 14 Tagen nahm ich wieder 1,5 Kilo zu, ohne das mich es auf eine Weise störte. Ich fühle mich wohl. Auf der Arbeit beschäftigte ich mich viel mit Körper, Figur und selbst meine Meisterin sagte einmal zu mir, dass sie früher eine genauso schöne und schlanke Figur gehabt hätte wie ich. Ich konnte ihr diese Worte nur schwer glauben. Obwohl ich mich momentan wirklich wohlfühlte, empfand ich mich nicht annähernd als dünn oder schlank. In meinen Gedanken war ich immer noch das pummelige Kleinkind, was etwas mehr als alle andern Kinder oder Jugendlichen auf den Rippen hatte. Alle anderen mussten mich eher vom Essen weglocken, als das sie mir etwas von ihrem anboten. Jetzt sollte es auf einmal anders herum sein. Lag es daran das ich schon fast 10 Kilo abgenommen hatte. Schon möglich? Ich stellte mir 10 Mehlpackungen nebeneinander vor und war überzeugt, mehr als Überzeugt.

    Ein Unterschied müsste mittlerweile zu sehen sein, ich sah ihn auch, irgendwie! Ich versuchte mir zumindest einzureden eine Veränderung zu sehen, selbst wenn ich diese nicht wirklich wahrnahm und immer noch in der Vergangenheit lebte, auf jeden Fall war das Aussehen meines Körpers anbelangte!

    Kapitel -3-

    Wenn ich zu Hause war, betrachtete ich mich Stunden lang im Spiegel. Zuerst war es mein Bauch der mir viel zu dick und breit vorkam, die Einkerbungen der nicht übersehbaren Rettungsringen, waren, auch wenn ich gerade, mit beiden Beinen auf dem Boden stand nicht zu übersehen. Dazu kamen später meine Oberschenkel. Sie berührten sich und das Fett quoll an den Seiten heraus. Am aller schlimmsten waren meine Fettpolster zwischen den Armen und Oberkörper. Mit jedem Blick ekelte ich mich mehr vor meinem eigenen Körper. Es machte mich wütend, traurig, verständnislos, warum ich nicht so wunderschön wie alle anderen sein konnte. Warum war ich kein angesagtes und beliebtes Mädchen? Es konnte doch alles viel einfacher sein. Viel besser!

    Als die Schule wieder begann, wurde ich von all meinen positiven Erwartungen enttäuscht. Ich freute mich auf die Leute, auf den Unterricht, auf das lernen, auf die Arbeiten und die Hausaufgaben. Meiner Meinung waren diese Wochen der perfekte Start um als richtige Klassenkameradin anerkannt zu werden. Es hatten sich alle einige Zeit nicht gesehen, womit ich nicht mehr alt zu neu dastehen sollte.

    Diese Hoffnung zerplatze in nur ein paar Sekunden.

    Es waren der schlimmste Augenblick meines ganzen Lebens, naja vielleicht einer der schlimmsten zu dieser Zeit. Auf einmal stand ich ganz allein in der Klasse und hatte niemanden, an den ich mich halten konnte. Alle anderen schienen wichtiger als ich, selbst die Leute, mit denen ich zuvor viel zu tun hatte, sprachen nur noch wenige Worte mit mir. Vor ein paar Sekunden, Minuten, vielleicht auch Stunden ging es mir so gut wie schon lange nicht mehr. Von nun an wurde ein Tag schlimmer als der andere. Es war der Beginn eines Alptraums, welcher aus meinem größten Traum entstanden war. Es waren nicht die Leute an sich, viele waren total nett und hilfsbereit. Es war meine innere Einstellung, der Gedanke, meine Ausgangssicht, dass sich niemand für mich interessieren würde. Somit begann ich immer abweisender zu reagieren. Zwischendurch kamen ein paar Mädchen oder auch Jungen auf mich zu, ich gab aber nur einzelne Wörter von mir preis. „Was hast du am Wochenende gemacht?, „Ich hatte ein Basketballspiel! und drehte mich weg. Ich konnte niemanden vertrauen und erst Recht niemanden den ich nicht ein mal kannte. Ich hatte Angst, ausgenutzt und missbraucht zuwenden. Ich hatte Angst vor fremden Leute, vor bekannten Leuten und vor allem, vor mir selbst!

    << Die schlechten Erfahrung, Erinnerungen,

    Ereignisse und Erlebnisse,

    sind die Dinge die uns Angst machen.

    Angst vor unserem Selbstbewusstsein,

    vor unserer Selbstliebe,

    vor unsrem Selbstvertrauen

    und vor unserer Selbstachtung.

    Angst vor uns. Angst vor uns selbst! >>

    Schon wieder wuchs die Leere in mir und ich brauchte etwas, was alles andere unwichtig erscheinen ließ. In demselben Moment, während ich diesen Gedanken dachte, war es auf einmal wieder da, das Essen! Hinter dem sich viel mehr, als die alltägliche Nahrungsaufnahme befand. Hinter diesem Wort, versteckte sich Kontrolle, Mut, Hoffnung und vor allem Liebe!

    Mein momentanes Wohlbefinden hatte sich verändert, die Traurigkeit ist verschwunden, statt dessen machte sich eine Endgültigkeit in mir breit, eine Entschlossenheit und ein einziger Gedankenkreis, der mich einnahm und keinen Raum für überflüssige Probleme bot.

    Das morgendliche wiegen nach dem Aufstehen, wurde zu einem festen Ritual. Wenn die Zahl auf der Waage kleiner wurde, bekam ich Kraft geschenkt, wenn sie es nicht tat, wurde ich schwach und schwächer. Ich brauchte die fehlende Stärke, den Mut und tat alles dafür, diesen zu erlangen.

    Meine Schulzeit verbrachte ich nun mit Essensplänen über die gesamte Woche zu erstellen. Ich schrieb ein Zettel nach dem anderen, mit Zahlen, Mengenangaben und Auswahlmöglichkeiten, ich schrieb all das auf, was ich niemals essen würde. Die Pläne waren mit tausenden von Fragen überseht. „Was passiert wann? Wann muss ich essen? Nehme ich davon zu? Wie kann ich welches Essen umgehen? Welche Ausrede klingt real? Wie kann ich ständige nachfragen verhindern? …", zu viele Fragezeichen tauchten in meinem Kopf auf. Es ließen sich allerdings nur wenige beantworten! Dies nahm so viel Zeit in Anspruch, dass ich für kaum etwas andere mehr Platz hatte. Ich war mit mit mir selbst beschäftigt, ich war beschäftigt und aus diesem Grund fühlte ich mich nicht mehr alt zu sehr alleine. Ich hatte keine Zeit mehr daran zu denken, wie ich mich fühlte. Außerdem hatte ich alles, was ich brauchte. Ich hatte das Essen auf meiner Seite. Das Essen war mehr als Essen. Das Essen wurde lebendig. Das Essen konnte reden. Das Essen füllte mich mit Liebe, es gab mir Zuneigung und Vertrauen. Das Essen wurde zu meiner besten Freundin. Das Essen war das wonach ich suchte, dass was mir fehlte, das was ich mir so sehr wünschte und genau deshalb wurde ich von Tag zu Tag glücklicher.

    Es wurde mir immer mehr egal, was für einen Stand ich in der Klasse hatte, wie beliebt oder eher unbeliebt ich war. Denn ich hatte meine Gedanken ganz für mich alleine, es war mein Eigentum, mein ein und alles!

    Meine beste Freundin war nur für mich ganz alleine da. Niemand konnte sie sehen oder spüren, dennoch beschützte sie mich. Genau deshalb war meine beste Freundin etwas ganz besonderes. Niemand konnte mir meine beste Freundin wegnehmen. Auf jeden Fall nicht, wenn niemand meine beste Freundin sah oder wiedererkannte. Es war die engste Freundschaft die ich je hatte und das, obwohl sie erst so frisch, neu und unbekannt war.

    << Ich brauchte mein Leben lang,

    jemanden der mich hält.

    Ich suchte, durchsuchte und verfluchte die ganze Welt.

    Bis zu diesem Augenblick, in dem ich dich fand

    und wir verbunden waren durch ein

    inniges Herzensband! >>

    In den Mittagspausen saß ich mit allen anderen an einem großen Tisch in der Mensa. Alle kauften sich etwas zu Essen und aßen ein oder auch zwei, viel zu überfüllten Teller in wenigen Minuten auf. So schnell haben sie hunderte von Kalorien zu sich genommen und es nicht einmal genossen! Ich hockte brav daneben, ließ mir nicht anmerken wie abwertend meine Gedanken waren. Ich knabberte verlegen an ein paar Gurkenscheiben und einem Stück Paprika.

    Ein Mädchen aus meiner Klasse sprach mich an: „Möchtest du dir nicht auch etwas zu Essen holen? „Nein, das reicht mir, ich habe gerade keinen Hunger! erwiderte ich. Sie schaute mich ungläubig an, lachte und sprach: „Pass aber auf, dass du nicht magersüchtig wirst! Ich grinste sie an, mein Blick sank noch in demselben Moment auf den Boden und das Wort „Magersucht … Magersucht schrie in meinem Kopf umher. „Warum hat sie das gesagt, sieht sie nicht das ich schon längst magersüchtig bin? Sieht sie es mir nicht an? Sehe ich normal aus, so wie jeder andere auch? Ich möchte nicht normal sein, ich bin anders, ganz anders! Ich bin nicht so wie ihr, ich möchte nicht so wie ihr sein!", sprachen meine Gedanken und liefen weiter.

    Ich dachte an die Zahl auf der Waage heute Morgen. 48,3 Kilo bei 170 cm, das ist ein BMI von 16,7. Mit der Erinnerung, das ich noch vor den Sommerferien 64 Kilo gewogen habe, war ich nicht mehr ganz so enttäuscht. Es war mittlerweile Anfang November und ich habe in den dreieinhalb Monaten knapp 16 Kilo abgenommen. Zuerst war ich davon überzeugt, dass es viel war. Jedoch war ich immer noch enttäuscht, denn das Ziel von der magischen 47 Kilo hatte ich noch nicht erreicht. Ich wusste nicht wieso, aber diese Zahl, wäre wie ein Geburtstagsgeschenk für mich, eine bestätigung, etwas gut gemacht und beendet zu haben, dann durfte uafhören, dann durfte ich so beiben, wie ich war, aber erst dann!

    Nach der Schule ging ich wie fast jeden Tag zum Basketballtraining. Es machte mir Spaß, allerdings nicht mehr, wenn ich über meine Grenzen hinaus spielte, ich lief und lief und lief, solange bis ich nicht mehr konnte und dann, lief ich weiter. Ich tat alles dafür, um so viele Nährstoffe wie möglich zu verbrennen. Ich übte keine simplen Würfe mehr. Ich übte Fast Breaks, ich denen ich nichts anderes tat, außer zu laufen, welches ich mit ein paar unterschiedlichen Skills verband. Ich hielt es nicht aus, auf der Stelle zu stehen. Zu dieser Zeit, sprang ich höher, als es ging und war so gut wie noch nie! Ich war die Motivierte und Kraftvolle in meinem Team, was ich leider auch mit der Zeit meinen Mitspielern zudenken gab. Ich wurde überheblich, wollte nur das Beste für mich. Ich wollte die gut genug sein und das ohne mich mit ihnen auseinanderzusetzen! Ich tat das was ich für richtig hielt, ohne auf meine Mitspieler zu achten, denn das Ziel, Sport zu machen, um dünn zu werden, stand an erster Stelle. Anschließend fuhr ich mit dem Bus nach Hause. Ich lag in meinem Bett, hörte Musik und lernte nebenbei Kalorientabellen der Nahrungsmitteln auswendig. Dies tat ich solange bis ich Abends, meist hungrig dabei einschlief.

    Mit meinen Eltern wollte ich ebenso wenig zu tun haben. Jeder Moment unter Leuten könnte eine neue Essenssituation hervor rufen. Es könnte einen Moment geben in dem ich nicht flüchten konnte, so dass ich einen gemeinsamen Umgang von vorneherein vermied. Ich würgte jedes Gespräch so schnell es ging ab und mein Leben baute weiterhin auf vielen unterschiedlichen positiven Lügen auf. Wenn ich erzählte, wie gut die Schule war, wie nett die ganzen Leute mich behandelten, ich mal wieder eine 1 ohne Fehler geschrieben hatte, blieben keine Fragen mehr offen. Ich brauchte nicht noch mehr Wörter von mir geben, dann habe ich mehr Zeit für mich und meine neue beste Freundin. Meine beste Freundin war das Essen, die Magersucht oder die Essstörung, wie Außenstehende es beschrieben würden, aber nicht ich. Für mich war mein beste Freundin, alles was ich brauchte und somit hatte meine beste Freundin, ihren Namen verdient. Dadurch das ich an kaum einer Mahlzeit mehr teilnahm, wurde das erbrechen weniger, mein Magen jedoch täglich kleiner. Wenn ich Frühstückte war es höchstens 1 EL Müsli und 3 EL fettarme Milch , wenn zum Abendessen da war, aß ich eine halbe Scheibe Brot mit fettarmer Salami, welche pro Scheibe 11 Kalorien hatte. Falls ich einmal Mittag essen musste, lag nie mehr als 1 Löffel Gemüse und etwas Soße auf meinem Teller. Ich wusste das es wenig war, zu wenig um sich gesund zu ernähren, aber es war genau, das was ich wollte, das wofür ich kämpfte. Ich wollte dünn sein, dünner als alle anderen. Ein einziges Mal die schönste, die begehrteste, die attraktivste. Ich mochte mich keines Weges und genau das sollte sich ändern.

    Ich wollte mich in meinen eigenen Körper wohlfühlen und das konnte ich nur durch die Unterstützung meiner besten Freundin. Meine beste Freundin opferte sich für mich, damit ich

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