Dante — Der Prophet der Hoffnung: Überlegungen zur Entschlüsselung des Veltro-Rätsels
Von Marc Fochler
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Auf diese Fragen versucht vorliegendes Buch eine Antwort zu geben, die für viele recht verblüffend sein mag.
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Rezensionen für Dante — Der Prophet der Hoffnung
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Buchvorschau
Dante — Der Prophet der Hoffnung - Marc Fochler
I. Einleitung
Bekanntlich begehen wir im Jahr 2021 die Todestage von zwei Menschen, die die Geschichte Europas außergewöhnlich geprägt haben. Nicht nur den von Napoleon Bonaparte, der 1821 im Exil auf St. Helena verstarb, sondern auch den von Dante Alighieri, der 1321, ebenfalls im Exil, in Ravenna sein Leben beschloss.
Dante Alighieri hat in der Kulturgeschichte des Abendlandes so tiefe Eindrücke hinterlassen, dass man auch über Italien hinaus noch heute von ihm als dem größten aller Dichter, „Il Sommo Poeta, spricht. Er ist es, den man nicht nur als einen der Väter des modernen Italienisch bezeichnen darf, sondern auch und in erster Linie als den Schöpfer eines Werkes, das Boccaccio, Petrarca und viele nach ihnen Kommende in tiefstes Erstaunen und Bewunderung versetzten. Er schuf das große Werk, welches unter dem Namen „Die göttliche Komödie
oder „Commedia" weltbekannt wurde.
Papst Franziskus würdigte anlässlich des 700. Todesjahres Dante durch ein am 25. März 2021 erschienenes Apostolisches Schreiben, welchem er den Titel „CANDOR LUCIS AETERNAE (Glanz des ewigen Lichtes) gab. Er bezeichnet Dante hierin bereits in der Einleitung ausdrücklich als „Prophet der Hoffnung und Zeuge des dem menschlichen Herzen innewohnenden Durstes nach dem Unendlichen
. Viel besser als etliche andere, so der Papst wenige Absätze später, habe Dante es verstanden, mit der Schönheit der Poesie die Tiefe des göttlichen Geheimnisses und der Liebe auszudrücken. Seine Dichtung, in der der menschliche Geist zu höchstem Ausdruck finde, sei Frucht einer neuen und tiefen Eingebung, deren sich der Dichter bewusst gewesen sei, als er sie das »heilige Gedicht« nannte, „an das Himmel und Erde Hand angelegt haben." ¹
Gleichzeitig wirft der Papst zum Ende seines Apostolischen Schreibens jedoch auch einige Fragen auf, indem er ausführt: „Aber das Werk des Sommo Poeta hält auch einige Provokationen für unsere Zeit bereit. Was hat er uns, in unserer Zeit, mitzuteilen? Hat er uns noch etwas zu sagen, zu geben? Hat seine Botschaft auch für uns eine Aktualität, eine Funktion? Kann sie uns weiterhin herausfordern?" ²
Die nachfolgende Untersuchung wird diesen Fragen in einem Teilbereich nachgehen.
So enthält das Hauptwerk Dantes, des „Propheten der Hoffnung, wie bereits seit Jahrhunderten in der Literaturwissenschaft unbestritten, an zwei Stellen eine Vorhersage, die allgemein als die „Veltro Prophezeiung
betitelt wird und deren Auslegung durch spätere Generationen noch zu keinem endgültig überzeugenden Ergebnis geführt hat. Aber wird diese Vorhersage nicht vielleicht etwas vorschnell als eine „Prophezeiung" bezeichnet?
Das Lexikon definiert den „Propheten" als den Empfänger einer göttlichen Offenbarung durch Gesichte (Vision) oder Hören (Audition) und Künder des Gotteswillens oder des Verborgenen oder des Zukünftigen.³ Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia erläutert hierzu, dass die Prophezeiung „eine Verkündigung von Botschaften durch Propheten, inspiriert von bzw. im Auftrag Gottes bzw. einer Gottheit"⁴ sei. Der Unterschied zu einer Weissagung oder einem Orakel liegt daher gerade darin, dass der Prophet nicht unbedingt um die Kenntnis der Botschaft gebeten hat, sondern er mit oder ohne sein Zutun von der höheren Macht als Mittler der Botschaft ausersehen wurde.
Bildlich gleicht der Prophet damit dem mittelalterlichen Herold, der nur die Aufgabe hat, das, was ihm von seinem (göttlichen) Herrn aufgetragen wurde, zu verkünden.
Die Bibel kennt vielfache Beispiele von Propheten, wie zum Beispiel die vier Großen Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel, die ihre Botschaften von Gott erhielten und diese verkündeten. Die Prophezeiungen der Bibel betreffen im Übrigen nicht zwingend zukünftige Ereignisse, sondern können zum Beispiel auch Gottes Missfallen über damalig gegenwärtige Zustände zum Inhalt haben. In der griechisch-römischen Mythologie wird dieser Dienst der Übermittlung des Willens der Götter sogar selbst von einem Gott, von Hermes beziehungsweise Mercur als sogenanntem Götterboten wahrgenommen.
Eine Prophezeiung setzt somit unabdingbar das Vorhandensein einer Wesenheit voraus, die dem menschlichen Propheten oder göttlichen Boten seine Botschaft auf- oder eingegeben hat. Sofern sich daher das Vorliegen einer solchen Prophezeiung beweisen ließe, würde damit auch bewiesen sein, dass die genannte Wesenheit existiert, die dem Propheten ihre Botschaft eingegeben hat. Es wäre letztendlich eine Form eines Gottesbeweises.
Es stellt sich also die Frage, ob im Werk Dantes tatsächlich eine Prophezeiung im vorgenannten Sinne verborgen sein könnte. Zur Untersuchung dieser Frage, soll damit begonnen werden, eine Grundlage für eine Bewertung zu schaffen, indem zunächst das Leben des Dante Alighieri sowie sein Werk, die Commedia, näher beschrieben wird. Danach soll aufgezeigt werden, welche prinzipiellen Anforderungen zu stellen sind, damit eine Vorhersage als Prophezeiung qualifiziert werden kann. Daran anknüpfend wird im weiteren Gang der Untersuchung der Frage nachgegangen, ob es konkret in der Commedia eine als Prophezeiung qualifizierbare Vorhersage gibt und wie diese im Hinblick auf die Denkweise der Zeit sprachlich und im historischen Zusammenhang auszulegen ist. Im Anschluss wird geprüft, ob sich die Vorhersage durch konkrete historische Tatsachen nachweislich erfüllt hat. Ist dies der Fall, wird abschließend anhand der aufgezeigten allgemeinen Kriterien überprüft, ob die Vorhersage Dantes und deren Erfüllung auch die formalen Voraussetzungen erfüllt, die an eine echte Prophezeiung zu stellen sind und ob daher im Ergebnis auf eine auf- oder eingebende Wesenheit rückgeschlossen werden kann. Zu dem so gefundenen Ergebnis sollen dann noch einige Schlussüberlegungen angefügt werden.
¹ Paradiso, XXV. Gesang, Vers 1-2
² Candor lucis aeternae, Ziff. 9, 2. Abs.
³ Bertelsmann, Bd.12 Pots-Satl
, unter Prophet
⁴ https://de.wikipedia.org/wiki/Prophezeiung; Stand 25.08.2021
II. Dante degli Alighieri – „Il Sommo Poeta"
Geboren wurde Dante degli Alighieri, der eigentlich Durante hieß, denn Dante ist nur die Kurzform seines Vornamens, im Jahr 1265, wohl zwischen dem 18. Mai und 17. Juni⁵ in San Marino del Vescovo, einem Stadtviertel von Florenz. Damit war er von Geburt an Bürger einer Stadt, die den wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt des damaligen Italiens und damit Europas darstellte, nachdem Rom einen beispiellosen Niedergang erlebt hatte. Um die 90.000 Einwohner bevölkerten zur Zeit von Dantes Geburt die Häuser und Geschlechtertürme, die Plätze und die mit einem überreichen Warenangebot ausgestatteten Märkte innerhalb der Stadtmauern. Florenz war damit eine der größten Städte Europas und auch an wirtschaftlicher Kraft kam ihr kaum eine andere Stadt gleich. Florentiner Kaufleute handelten mit der ganzen Welt und die Bankhäuser der großen und reichen Familien der Stadt wie der Bardi, der Peruzzi, der Acciaiuoli, aber auch der Cerchi unterhielten überall in Europa bereits Filialen.
Das Geburtshaus Dantes lag inmitten einiger Häuser, die von den d´Alighieri bewohnt wurden, an der Piazza San Martini und ist im Übrigen nicht identisch mit dem Haus, welches Florenz heute den Touristen als Haus Dantes präsentiert. Sein Geburtshaus wurde bereits im Jahr 1302 im Zusammenhang mit Dantes Verurteilung niedergebrannt und abgerissen.
Dante entstammte einer alten und vornehmen Familie des florentinischen Stadtadels, welche ihre Herkunft aus „dem Samen eines alten Römergeschlechts herleitete, das schon in der Gründerzeit Florenz kolonisierte.⁶ Dantes Ur-Urgroß-vater Cacciaguida degli Elisei⁷ hatte von König Konrad III. den Ritterschlag erhalten und war daraufhin mit dem Kaiser ins Heilige Land gezogen, wo er auf dem zweiten Kreuzzug umkam. Dante lässt diesen Urahn in seiner „Commedia
im Paradiso, im XV. bis XVII. Gesang, auftreten, wo er Dante die Zukunft weissagt.
Trotzdem waren die Alighieri wohl nicht reich, sondern eher wohlhabend zu nennen. Sie gehörten weder zum alten Lehensadel noch zu den Magnaten.⁸ Der Vater, Alighiero di Bellincione d’ Alighiero, arbeitete als Richter und Notar, verdiente sein Geld aber auch als Geldverleiher.⁹
Von der Mutter wusste man lange Zeit nur, dass sie „Bella" hieß und früh den Tod fand. Neueren Forschungen zufolge war ihr Name Bella degli Abati und sie verstarb vor 1270, also noch in Dantes Kleinkindalter. Dante wäre dann bei ihrem Tod fünf oder sechs Jahre alt gewesen. In zweiter Ehe heiratete sein Vater Lapa di Chiarissimo Cialuffi und aus dieser Verbindung gingen zwei Halbgeschwister Dantes hervor.
Dante hat seine gesamte Familie in seinen Werken kaum erwähnt, obwohl er sonst viele Persönlichkeiten seiner Zeit auftreten ließ. Ob hieraus der Rückschluss zu ziehen ist, Dante hätte sich zum Zeitpunkt der Abfassung seiner Werke bereits mit seiner Familie überworfen oder habe ihr aus unbekannten Gründen gezürnt, muss hier aus Mangel an Belegen offenbleiben.
Dante erwarb seine Bildung zunächst wahrscheinlich im Konvent des Dominikanerklosters Santa Maria Novella und vielleicht auch im Franziskanerkonvent von Santa Croce¹⁰, wo er unter anderem auch von Brunetto Latini unterrichtet wurde oder zumindest Lesungen von ihm gehört hat. Dieser war damals einer der führenden Gelehrten in Florenz und Dante setzt ihm im Inferno seiner Commedia ein bleibendes Denkmal.¹¹
Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, führte Dante das typisch freizügige Leben eines jungen Edelmanns aus der begüterten Oberschicht, der „jeunesse dorèe", wie man diese Jugend später einmal treffend bezeichnen sollte. In dieser Zeit lernte er auch den zehn Jahre älteren Guido Cavalcanti kennen. Dieser entstammte einer der großen Guelfenfamilien von Florenz und er und Dante wurden gute Freunde. Aus