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Das dritte Element: Eine spirituelle Erfahrung
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eBook210 Seiten3 Stunden

Das dritte Element: Eine spirituelle Erfahrung

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Über dieses E-Book

Die Liebe ist ein Tanz zwischen Anziehung und Widerstand. Als Klara und Julius sich begegnen, ahnen sie noch nicht, dass jeder zunächst seinen eigenen Tanz finden muss, bevor der gemeinsame Rhythmus der Liebe entdeckt werden kann.
Dieses Buch beschreibt die Entwicklung einer Liebe, in die zwei Menschen hineinwachsen können, wenn sie den Mut haben, in ihrer eigenen Wahrheit zu bleiben, sich darin auszutauschen und zu respektieren.
Dann ist die Liebe das dritte Element, um das es eigentlich geht, losgelöst von Erwartungen und Enttäuschungen.
Eine spirituelle Erfahrung
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Okt. 2020
ISBN9783347068155
Das dritte Element: Eine spirituelle Erfahrung

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    Buchvorschau

    Das dritte Element - Christiane S. Brackmann

    Mallorca

    Klara

    Drei Wochen Mallorca! Ich sitze im Taxi zum Hamburger Flughafen und kann kaum glauben, dass es jetzt soweit ist! Erst einmal zur Ruhe kommen, abschalten, dem Alltag entfliehen. Zeit für mich, mal wieder ausschlafen, ein Buch lesen, Musik hören oder auch einfach nur aufs Meer gucken. Noch immer kreisen meine Gedanken darum, ob ich auch alles eingepackt habe: Personalausweis, Ticket, Sonnenschutz, Lesebrille, alles dabei? Das Taxi hält vor dem Terminal, ich bezahle den Fahrer, der auch gleich mein Gepäck aus dem Kofferraum wuchtet, versuche, mich zu orientieren und begebe mich in der Abflughalle zur Anzeigentafel. Da fällt er mir das erste Mal auf. Der gutaussehende Mann, der ebenfalls den richtigen Schalter sucht und auf die Tafel starrt. Als er erkennt, wohin er muss, nimmt er seinen Trolley und marschiert los. Auch ich schließe mich der langen Schlange an der Gepäckaufgabe an. Das kann jetzt dauern.

    Eine Stunde später stehe ich in der nächsten Schlange, um mein Handgepäck durchleuchten zu lassen, da spüre ich so eine angenehme Wärme im Rücken. Da ist er wieder, dieser Mann steht hinter mir und angelt Tablet und Handy aus den Taschen, um es in die Plastikbox zu legen. Ich bin irritiert über dieses warme Gefühl, das ich zu diesem Fremden empfinde, bin aber schon bald durch die Kontrolle und vergesse es auch wieder. Ein Rätselheft wollte ich noch besorgen. Als ich einen Platz am Gate ergattere, beginne ich gleich das erste Rätsel zu lösen. Noch 30 Minuten bis Boarding. Ich bin bereit.

    Auf Mallorca erwartet mich ein Doppelzimmer zur Alleinnutzung in einer abgelegenen Finca nahe am Wasser. Sehr gemütlich ist es hier, die Umgebung ist wunderschön, die Sommerblumen leuchten in den schönsten Farben, Sonnenschein, 24 Grad Celsius misst das Thermometer und es weht ein leichter Wind. Und ganz langsam kommen meine Gedanken zur Ruhe, ich darf ankommen, genießen, meine Zeit frei gestalten. Keine Erwartungen, keine Termine, oder doch? Vorhin habe ich mich zu einem morgendlichen Yogakurs angemeldet und abends wird sogar Meditation angeboten. Aber das ist ja alles freiwillig. Mal sehen, wozu ich Lust habe. Nach einem leckeren Abendessen klingt der Abend aus und ich gleite in einen traumlosen Schlaf.

    Am Morgen schlüpfe ich in Sporthose und T- Shirt und finde auch gleich den Raum, in dem der Yogakurs stattfindet. Es haben sich bereits etwa 10 Urlauber auf den bereitliegenden Matten eingefunden. Frauen und wenige Männer unterschiedlichen Alters sind bereit, sich sportlich zu betätigen. Mein Verstand versucht sogleich, die Gruppe zu erfassen und innerlich abzuchecken, ob ich gut genug und schön genug bin, und ob ich mit meinen 48 Jahren in die Gruppe passe. Bis die sympathische Yogalehrerin auftaucht und uns mit einer Sammlung in die innere Mitte zurechtrückt. Schnell stellt sich heraus, dass ich bei Atemkatze, Hund und auch den Übungen im Stand gut mithalten kann, so dass sich meine Zweifel beruhigen und ich die 90 Minuten Yoga zufrieden beende.

    Zwei Jahre sind vergangen, seitdem mein geliebter Mann an Krebs gestorben ist. Jahre der Trauer, des Schmerzes und der absoluten Neuorientierung. Zeit, in der ich mich zunächst wie amputiert gefühlt habe, orientierungslos, fassungslos und allein gelassen. Fünfzehn Jahre waren wir zusammen, jeden Morgen sind wir zusammen aufgewacht, jeden Abend gemeinsam ins Bett gegangen. Alles aufeinander abgestimmt, symbiotisch miteinander verbunden. Kinder wurden uns nicht geschenkt, aber das haben wir auch nicht wirklich vermisst. Wir waren glücklich zusammen, bis zu dem Tag, als er mit der Diagnose Prostata Krebs nach Hause kam und unsere Idylle einen riesen Sprung bekam.

    Ich sitze am Strand und meine Gedanken verlieren sich in der Vergangenheit. Eigentlich wollte ich diese Zeit verdrängen, aber es gelingt mir nicht so richtig. Viel gearbeitet habe ich, nachdem der erste Schock vorbei war. Mich um andere Schicksale gekümmert. Meine Gefühle vermieden, die Einsamkeit verdrängt. „Hey, darf ich? Jemand lässt sich in den Sand sinken und hockt nun neben mir. Sie nimmt ihre Stöpsel aus dem Ohr und streckt mir die Hand hin. „Ich bin Nora, wir haben heute Morgen zusammen Yoga gemacht. „Klara, sage ich und erwidere ihren Händedruck. Nora wurschtelt in ihrem kleinen Rucksack herum und zaubert zwei Äpfel hervor, einen bietet sie mir an. „Danke, ich nehme den Apfel und fast gleichzeitig beißen wir hinein. „Du bist gestern angekommen, oder? „Ja, ich bin noch dabei, mich einzuleben, habe dich heute Morgen beim Yoga gar nicht wahrgenommen. Aber schön, dich kennenzulernen. Seit wann bist du in der Finca del Sol? Nora kaut ihren Bissen zu Ende und berichtet, dass sie auch erst zwei Tage hier ist, aber schon im letzten Jahr in der Finca Urlaub gemacht hat, insofern kennt sie den Ort und die Unterkunft gut und hat sich schnell eingelebt. Wir sitzen einfach so nebeneinander und genießen den Meerblick. Sie schein tiefenentspannt. Ihr dunkles Haar mit gräulichen Strähnen hat sie hochgesteckt, Sie trägt eine blaue Shorts mit einem pinken Top, ihre Sandalen liegen im Sand, ihre Sonnenbrille ist ziemlich groß, sie ist mir auf Anhieb sympathisch. Irgendwie wirkt sie bei sich, nicht so viel im Außen und innerlich entspannt.

    Eine ganze Weile sitzen wir einfach nur da, ohne viel zu quatschen. Nachdem sie sich nochmal vergewissert hat, mich nicht zu stören, gehen wir fast schweigend den Strand entlang. Es ist einfach nur angenehm, in ihrer Nähe zu sein. Nora ermutigt mich, am Abend an der geführten Meditation teilzunehmen. „Du wirst sehen, das tut einfach gut," sagt sie und macht mir Mut. Also erkläre ich mich einverstanden.

    Sechs Frauen und ein Mann finden sich zum Meditieren ein. Wie auch beim Yoga sind alle Altersstufen vertreten. Ananda nennt sich die Kursleiterin und sie hat eine sehr angenehme Stimme, mit der sie uns auf eine innere Reise führt. Entlang von Klippen spaziert unser inneres Auge auf einem schmalen Weg und wir gelangen in eine Höhle, deren Wände mit Amethyst, Bergkristall und Rosenquarz versehen sind und die wunderschön funkeln, weil kleine Lichtstrahlen sich darin brechen. Frisches, klares Wasser sprudelt aus einer Ecke in einen kleinen Höhlenteich, in dem wir uns erfrischen und neue Energie tanken. Am Ende der geführten Meditation fühle ich mich erneuert und aufgetankt. Es ist ein herrliches Gefühl und ich bekomme einen Eindruck davon, wieder mit mir selbst in Kontakt zu sein. Dies ist der Beginn eines Urlaubs, der nicht nur der Erholung dient. Eine Reise zu mir selbst.

    Am dritten Abend sitzen Nora und ich auf ihrer Terrasse. Wir haben uns etwas angefreundet und teilen uns gemütlich eine Flasche Rioja. Der Weg zum Strand führt an ihrem Appartement vorbei und wir beobachten, wie Hans vom Strand zurück schlendert.

    Als er uns da sitzen sieht winkt er. Hans ist vielleicht Anfang sechzig, hat ein kleines Bäuchlein und hellgraue und noch üppige Haare. Er ist auch in der Meditationsgruppe. Wir laden ihn ein, sich zu uns zu setzen. „Gerne, antwortet er erfreut und Nora holt ihm ein Weinglas. Wir tauschen uns über unsere Erfahrungen in der Meditation aus und lernen uns etwas näher kennen. Die Frau von Hans ist an Brustkrebs gestorben vor vier Jahren. Seitdem hat er hier in der Finca del Sol für sich einen guten Platz gefunden, um alleine Urlaub zu machen. „Ich musste mich komplett neu finden erzählt er offen. „Meine Frau und ich waren ein eingespieltes Team, jeder in seiner Rolle, aber das hat wunderbar funktioniert. Seitdem sie gestorben war, hat sich dieses Konstrukt komplett aufgelöst. „Ich habe diese Rolle bedient, ohne je zu hinterfragen, ob ich das eigentlich wirklich will. Hans nippt an seinem Rotwein. „Dann habe ich herausgefunden, dass ich jetzt meinen eigenen Bedürfnissen folgen muss, aber die zu finden, das war wirklich nicht so einfach. „Oh je, das kenne ich auch gut. Nora stöhnt, während sie uns allen nochmal nachschenkt. „Ich war in meiner Ehe auch immer die Mutter für alle, egal, ob sie schon erwachsen waren oder nicht. Selbst mein Mann hat sich manchmal so verhalten, als wäre er einer von unseren Kindern". Und dann erkenne ich, dass auch ich mich auf die Suche machen darf, wo eigentlich meine Bedürfnisse sind. Als Psychotherapeutin bin ich sehr geübt darin, meine Klienten in ihren Bedürfnissen wahrzunehmen. Aber wo bin ich? Es ist Zeit, danach zu forschen!

    Der nächste Tag zeigt sich windstill und wolkenlos. Wir starten mit dem Sonnengruß in den Morgen, frühstücken auf der Terrasse und lassen uns treiben. Ich mache einen langen Spaziergang am Strand und versuche, mich an das zu erinnern, was ich schon immer mal machen wollte. Es fühlt sich richtig gut an, mit mir selbst in Kontakt zu sein und nicht mehr das Gefühl zu spüren, irgendetwas darstellen zu müssen. Mir wird klar, dass wir von Kindesbeinen an lernen, uns an den Eltern, Erziehern, Lehrern usw. zu orientieren. Auch wenn wir in das Leben hineinwachsen müssen, sind wir doch oft fremdbestimmt und lernen nicht wirklich unsere Fähigkeiten zu integrieren. Also machen wir uns Rollen zu eigen, weil wir uns wertlos fühlen. Wir versuchen etwas vermeintlich Wertvolleres darzustellen. Ich gehe in mich: Welche Rollen nehme ich ein? Also auf jeden Fall die Therapeutenrolle, die meistens mehr weiß, als die, die zu ihr kommen. Naja und in meiner Ehe habe ich mich eher angepasst. Zusätzlich zu meiner Arbeit natürlich den Haushalt. Mein Mann hat eher wenig dazu beigetragen. Und die Attraktive wollte ich sein, wahrscheinlich, weil ich mich nicht wirklich so gefühlt habe. Und eigentlich immer nur, wenn ich das Haus verlassen habe. Also nach außen hin.

    Am Nachmittag treffe ich Nora und Hans. Er hat einen Leihwagen und fragt vorsichtig an, ob es unseren Bedürfnissen entspricht, mit ihm eine kleine Spritztour an die Westküste zu machen. Nora und ich grinsen und stimmen sehr gerne zu. Es ist eine tolle Fahrt, die Westküste Mallorcas ist bergig und man hat einen wunderschönen Blick über das Meer. Besonders in dem einen Restaurant, in dem wir eine kleine Pause einlegen, um Café con leche zu trinken. Schnell sind wir wieder im Gespräch. Nora ist 57 Jahre alt, geschieden und hat zwei erwachsene Kinder. „Ich stelle immer wieder fest, dass die Menschen in Identifikationen leben, sagt sie. „Sie haben nicht gelernt, aus sich selbst heraus zu leben. Wir stimmen zu. „Genau, Hans rührt den Zucker in seinen Kaffee. „Dabei ist alles so viel einfacher, wenn wir uns authentisch begegnen könnten. Plötzlich zeigen einige Urlauber aufs Meer und alle drehen ihre Köpfe in die Richtung. Tatsächlich schwimmen dort Delfine! Mit ihrer Eleganz und Leichtigkeit tanzen sie geradezu durch das Wasser! Sie sind einfach, was sie sind. Wir staunen und zucken unsere Handys, um das Erlebnis einzufangen.

    In der Abendmeditation geht unsere Reise in Kontakt zu unserem inneren Kind. Das passt. Meine kleine Klara empfinde ich als aufgeweckt, offen und neugierig. Diese Fähigkeiten möchte ich mir bewahren und in meinem zukünftigen Leben zu eigen machen.

    Die nächsten beiden Tage verbringe ich alleine. Je mehr ich wieder in Kontakt zu mir komme, desto mehr spüre ich auch die verdrängte Traurigkeit über den Verlust meines Mannes. Lange Spaziergänge am Wasser entlang und besonders auch auf Wegen, die eher einsamer sind, geben mir Zeit und Mut, nicht geweinte Tränen kommen zu lassen. Ich spüre, dass es wichtig und gut ist, mich davon zu befreien. Manchmal sitze ich einfach nur da und habe fast das Gefühl, gar nicht mehr zu denken. Abends schreibe ich einige Dinge auf, die ich für mich bemerke und nicht mehr vergessen will. Yoga und Meditation tun mir sehr gut, auch das will ich unbedingt nach meinem Urlaub weiter machen. Auch der Kontakt mit Nora und Hans gestaltet sich unkompliziert und bereichernd. Meine Bedürfnisse werden langsam klarer. Meine therapeutische Arbeit nimmt zu viel Raum ein. Vielleicht möchte ich sie auch etwas verändern. Ich brauche mehr Zeit für mich und möchte mich mit Freunden intensiver austauschen. Nicht so sehr an der Oberfläche. Mir wird klar, dass der Tod meines Mannes dazu beigetragen hat, dass unsere Freunde auch verunsichert waren. Wie können sie mir begegnen? Was dürfen sie fragen? Wann würde es mir zu nahe gehen? Aus Angst, etwas falsch zu machen, haben manche nichts gemacht, einige haben sich zurückgezogen. Hätten sie nach meinen Bedürfnissen gefragt und hätte ich diese Frage auch beantworten können, wäre es leichter für alle gewesen. In Zukunft werde ich offensiver damit umgehen.

    Während der Tage, die ich mit mir alleine war, habe ich Nora und Hans des Öfteren zusammen gesehen. Sie saßen zusammen am Strand und auch abends mal auf ihrer Terrasse. Fast habe ich das Gefühl, nicht mehr dazu zu gehören. Aber am folgenden Abend fragt Nora mich, ob ich Lust hätte, mit ihr eine Strandbar zu besuchen. Gerne sage ich zu.

    Wir schlendern entspannt die Promenade entlang und ich kann ihr von der Krankheit meines Mannes erzählen. Ich berichte von den Tränen der letzten Tage und davon, wie wichtig es für mich war, mir die Zeit, die ich verdrängt hatte wieder ins Bewusstsein zu holen. Nora versteht sofort, was ich meine. „Weißt du, Klara, nach der Trennung von meinem Mann ging es mir genauso. Der Klassiker; die Kinder werden erwachsen und der Mann sucht sich eine jüngere Frau. Unsere Freunde wussten nicht so recht damit umzugehen. Einige dachten, sie müssten Partei ergreifen, einige Paare konnten mit einer nun alleinstehenden Frau nichts mehr anfangen. Es gab sogar Frauen, die fürchteten, ich würde mich nun an ihre Männer ran machen. Dabei war mir vollkommen klar, dass ich jetzt aufgefordert war, meine Mutter Rolle abzulegen und meine Wahrheit zu finden. Und das habe ich auch getan. Von den ursprünglichen Freunden ist nur noch meine Schulfreundin übriggeblieben. Ich habe mehrere Workshops besucht, die mich interessiert haben. Dadurch haben sich neue Kontakte ergeben, intensiverer Austausch mit Menschen, die auch auf der Suche waren."

    Wir finden einen geschützten Platz in der Strandbar und bestellen Sangria. „Hast du nie wieder das Bedürfnis gehabt, eine Beziehung einzugehen? Nora schüttelt den Kopf. „Nein, das war für mich die ersten Jahre undenkbar. Jetzt, nach sieben Jahren Single Dasein fange ich an, es für möglich zu halten. Aber nur wenn der Mann bereit ist, sich mit einer Frau einzulassen, die sich ihrer selbst bewusst ist. Und den musst du erst einmal finden. Wir nuckeln an unserem Strohhalm.

    In der zweiten Woche findet in einer Höhle in einem Nachbarort ein Klavierkonzert statt. Ananda fragt nach der Meditation, ob einer der Teilnehmer Interesse daran hat. Sie hätte noch fünf Karten dafür zur Verfügung. Spontan heben Nora, Hans und ich unsere Hände. Hans erklärt sich bereit, zu fahren. Ich freue mich sehr darauf! Ananda erzählt, dass in dieser Höhle eine spezielle Akustik vorhanden ist, die das Konzert zu einem besonderen Erlebnis macht. Wir sind sehr gespannt. Die Höhle ist nicht sehr tief im Felsen, so dass man sich nicht eingeschlossen fühlt. Sie ist nicht besonders groß. Ich schätze, dass ungefähr 100 Menschen darin Platz finden. Insofern sind die Stühle nicht nummeriert und wir starten rechtzeitig, um einen guten Platz zu bekommen. Es ist speziell, sich für ein Konzert hier einzufinden. Der Flügel ist gut platziert, so dass alle Gäste einen freien Blick darauf haben. Das Programm kündigt Klavierkonzerte von Beethoven, Schubert und Mozart an. Die Höhle ist wunderschön ausgeleuchtet. Schon während wir warten, fühlen wir uns wohl und inspiriert. Eine tolle Atmosphäre! Plötzlich wird das Licht gedämpft und nur ein Lichtkegel beleuchtet den Flügel.

    Der Pianist Julius Kielmann erscheint und wird mit begeistertem Applaus willkommen geheißen. Er sieht unheimlich gut aus in seinem weißen Anzug.

    Mein Herz beginnt zu pochen uns ich kann es kaum glauben. Es ist der schöne Mann vom Flughafen! In der Höhle ist es mucks Mäuschen still. Er schlägt die ersten Tasten an und die Klänge entfalten sich in diesem Raum wie ein Zauber. Wie gebannt lauschen wir dem Konzert und als der letzte Akkord erklingt, ist es einen Moment lang ganz still, bis der Applaus losbricht.

    Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt. Nach dem Frühstück fahre ich mit Nora und Hans auf einen Markt im übernächsten Ort. Es gibt jede Menge Obst, Fisch, Gewürze und Gemüse. Spontan beschließen wir üppig einzukaufen und bei Nora im Appartement am Abend zu kochen. Ich bin gespannt. Drei unterschiedliche Menschen, die sich kaum kennen zaubern ein mediterranes Menü. Gerade als wir alles aus dem Auto in Noras Küche geschleppt haben, bricht das Unwetter los. In Sturzbächen schütten die Wolken den Regen über Mallorca aus. Aber wir sind im Trocknen. Nora kocht eine Kanne Tee und wir machen es uns gemütlich. Wir kommen nochmal auf das Thema Bedürfnisse zu sprechen. Nora sagt, sie hat erst nach der Scheidung angefangen mit sich selbst in Kontakt zu kommen. „Klar, mit 20 Jahren habe ich

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