"In den Wind geschrieben?: ...seien meine Gedichte und Geschichten, behauptete in mir höhnisch der Verstand".
Von Elke Mainkova
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Elke Mainkova
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Buchvorschau
"In den Wind geschrieben? - Elke Mainkova
Mecklenburger Impressionen
Die Harfe hält er kraftlos schon in
der Hand
Der Wind, der nun ausruht von seiner anstrengenden
Reise
Er ist so verliebt in das Mecklenburger
Land
Vor Bewunderung streicht er über die Saiten der Harfe
ganz leise
In einer Mulde im Rapsfeld hat er ein Himmelbett
gefunden
Das – durchwebt von Kornblumen und Mohn – sich
ausdehnt bis zur Sanddorndüne
Schwerfällig hebt er den Kopf, vieles gibt es noch
zu erkunden
Eine Märchenkulisse ist für den Wind diese
mecklenburgische Freilichtbühne
Die Neugier zwingt ihn, sich noch einmal
zu erheben
Soviel Schönheit kann er nur im Fluge
genießen
Durch uralte Alleen – wie in einem Tunnel –
schweben
Überwältigt von dem Anblick will das Herz des
Windes überfließen
Als er über dem blauen Meer tänzelt, muss er vor Freude
einfach singen
Die Wellen locken, kopfüber taucht er
hinunter
Die Harfe, zurückgelassen im weißen Sand, beginnt von
alleine zu klingen
Soviel Fröhlichkeit steckt an, macht auch sie wieder
munter
Totale Erschöpfung zwingt den Wind nun endgültig
zur Ruh
Gespielin Sonne trocknet noch rasch sein nasses
Gewand
Nun deckt sie ihn mit ihren warmen
Strahlen zu
Der Wind ist zwar frei, doch für alle Zeit gefesselt vom
Mecklenburger Land
Marlow, 11.7.1994
Traumtag
Eine Hommage an Marlow
Die Sehnsucht führte mich dorthin,
wo ich geboren
Das Haus unserer Eltern steht noch
da
Und die Heimateiche im Grünen Steig, unter der wir uns
Treue geschworen
Erinnerung wärmt mich, bringt mir eine Kindheit –
ohnegleichen – wieder ganz nah
Wie ist die Große Teichstraße heut’
klein
Meyers Teichlein – unser See – auf dem wir Schlittschuh
liefen, ist verschwunden
Gehe – wie benommen – vom Krähenberg hin zu
unserem Kirchlein
Welch ein Geschenk, in verzauberten
Stunden
Mit einem Floß – begleitet von Libellen – auf der Recknitz
zu fahren
Durch eine Traumlandschaft an der Trift, die öffnet
unsere Seelen weit
Will diesen Tag für immer halten, in mir
bewahren
Wie lange, das entscheidet meine Freundin aus
Kindertagen – heut’ übermächtige Gegnerin –
die Zeit
Marlow, 21.9.2017
Rosalie
Wie einst ihre Vorfahren, werden auch sie von einem
Urinstinkt getrieben
Immer höher wagen sich die Schwalben in den Himmel
hinauf
Kaum Freunde sind noch im Norden
geblieben
Am Nest wirbt ein Plakat: Wohnung frei, eventuell
Verkauf
Unbeschwerte Kindheit endet früh, an letzten Tagen im
August
Bilder von purer Lust am Fliegen bereichern meine
Traumdatei
Erstrebenswert ist nun ein Ziel, von dem sie im Innern
gewußt
Erst nach Überquerung des Mittelmeeres sind sie stark
genug und frei
Ein letztes Mal sammeln sie sich auf dem
Telefondraht
Wiederholen den Lehrstoff so manch anstrengender
Stunden
Ein ohrenbetäubendes Gezwitscher ertönt, der Abflug
naht
Bald sind sie als kleiner werdender Punkt aus meinem
Blickfeld verschwunden
Wünsch mir wehmütig meine Lieblingsschwalbe Rosalie
zurück
Wenn überhaupt, wird sie nach Monaten der Besinnung
zum Rückflug starten
Bis dahin erfreuen unscheinbare Gesellen meine Sinne,
wohin ich auch blick
Obwohl sie kaum Beachtung fanden, die Spatzen bleiben
in unserem Garten
12.8.1997
Unbeschwerte Ewigkeit
Vor vielen Jahren war meine beste Freundin
die Zeit
Sie überschüttete mich mit nie enden wollenden
Stunden
Als sie mir zu langsam verging, lief ich davon
im Streit
Eine Freundin, wie sie, habe ich seither nie wieder
gefunden
Wie einmalig sie war, konnte ich als Kind ja
nicht wissen
Erst als mich die Vergänglichkeit schreckte mit einem Paukenschlag
Begann ich, die unbeschwerte Ewigkeit aus
Kindertagen zu vermissen
Ein Jahr läuft davon, schnell wie
ein Tag
Vertraut, wie als Kind, wird mir die Zeit nie mehr
werden
Ich werde mit ihr auskommen müssen, wenn sie dazu bereit
Als schmerzliche oder weise Begleiterin
auf Erden
Verwandelt als Stern am Himmelszelt ist sie mir nah für immer, die unbeschwerte Ewigkeit
28.5.1995, Sliac/Slovakia
Fernes-nahes Reich
Wie hat mir während des Winters sein
Rufen gefehlt
Spät, erst Anfang Mai, vernahm ich
es wieder
Zwar hab ich in meinen Taschen nur
Pfennige gezählt
Ich schüttel sie wie früher, als Zeit noch ausgefüllt war
durch Mutters Lieder
So, wie im fernen Reich, fragt aus mir heut’ noch
das Kind
Kuckuck, Kuckuck, sag mir doch, wie viel Jahre leb’
ich noch
Meine bange Frage trägt weit übers Feld der aufgeblähte
Geselle Wind
Und verkauft sie als neueste Nachrichten dem
Wolken-Sommer-Loch
Lauthals beginnt der Kuckuck zu rufen, doch zähl’ ich
gerade mal bis vier
Was, frag ich ängstlich, soll ich mit so kurz
bemessener Zeit
Da besinnt er sich, ruft über zwanzig Mal noch aus
seinem Revier
Lebensfreude bekommt jede Menge Nahrung durch
bunte Bilder aus der Vergangenheit
Der kleine König
Täglich, man kann den Wecker danach
stellen
Inspiziert ein König in meiner Schwester Garten
sein Reich
Als Einzelgänger umgibt ihn keine Schar von lustigen
Hofgesellen
Dafür aber ein Traumschloss, mit Moos ausgelegt
so weich
In königlicher Haltung schreitet er - wie in Hermelin -
und mit goldener Krone
Seine Schwanzfeder hat der Winzling als Zepter
hochgestellt
Einen Moment überkommt mich Wehmut, weil ich nicht
hier wohne
Dann denk ich, Marlow ist ja nicht aus
der Welt
Zuerst fliegt er auf den Rand der alten
Regentonne
Er pfeift dabei so schrill, dass alle anderen Vögel
schweigen
Nur vom Zuschauen tankt mein Herz auf soviel
Sonne
Mit diesem Bild vor Augen wird sich der Tag seinem
Ende neigen
Nun winkt er mit dem Köpfchen aus seinem
Apfelbaum
Aufgeregt wippt er dazu in
den Beinen
Als er fortfliegt platzt, wie eine Seifenblase,
dieser Traum
Sein Abschiedslied klingt schöner, will es mir
scheinen
Ich gestehe, Neid auf meine Schwester schleicht
sich ein
Auf ein königliches Gastspiel muss sie nicht
lange warten
Wie glücklich und dankbar kann sie
doch sein
Einen Zaunkönig als Herrscher zu haben in
ihrem Garten
Marlow, 13.3.1995
Des Königs Wandlung
Ein unsichtbares, selbstbewusstes Wesen hat einen
König willenlos gemacht
Mit einem zarten Flügelhauch wurden Junggesellen-
Illusionen zerstört
Es krempelte sein Leben um in nur einer
Nacht
Auf seine warnende, innere Stimme hat er nicht
gehört
Zur Königin erwählt, ließ sie sich im Traumschloss nun
bedienen
Sie brütete ja im Schweiße ihres Angesichts fünf winzige
Eier aus
Endlich war es soweit, man sah es an ihren gelösten
Mienen
Alle Gartenbewohner spendeten dem Königspaar lang
anhaltenden Applaus
Bald saßen fünf Königskinder, groß wie ein
Fingerhut
Doch schon mit güldener Flaumfeder-Krone auf der
Wäscheleine
Vater König flog ununterbrochen, meine Schwester
machte ihm Mut
Wenn er in die aufgerissenen Schnäbel Mücken und
Würmer stopfte, große und kleine
Zum Glück sind die Kinder schnell eigene Wege
gegangen
Ausgemergelt ruhte der König, nicht mehr fähig zu einem
kessen Ton
Er schlief viele Tage, hat danach zaghaft wieder zu singen
angefangen
Verkündete, was seine innere Stimme sagen wollte,
vorher schon
Er sei ihnen nicht gewachsen, den anstrengenden
Vaterpflichten
Für den