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Trübe Sicht: Menschliches zwischen Sein und Schein
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Trübe Sicht: Menschliches zwischen Sein und Schein
eBook223 Seiten2 Stunden

Trübe Sicht: Menschliches zwischen Sein und Schein

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Über dieses E-Book

Die Streitschrift stellt die moralische Kompetenz der Menschheit und die theoretische Option möglicher Handlungsfreiheit des Individuums infrage. Eine Kritik, ein Erklärungsversuch und eine Prognose sich abzeichnender, ruinöser sozialer Entwicklungstendenzen, die jedes verfügbare, empirisch verifizierte Wissen, jede theoretisch mögliche Vernunft außer Acht lässt. Warum handeln die Menschen in der Regel inhuman und unbedacht, obwohl alternative, ethisch vernünftigere und auch konsistentere Handlungsoptionen vorhanden wären? Setzen die begrenzten, geistigen Fähigkeiten hier zu enge Grenzen der Wahrnehmung, der Erkenntnis und in Folge der Vernunft? Ist nicht die Vernunft, sondern der egozentrische Selbsterhaltungstrieb, die zwingende Handlungsstrategie des menschlichen Geistes und somit die Annahme einer möglichen besseren Welt eine naive Illusion?
Eine sehr persönliche Analyse aus Betrachtung und Erfahrung des diskrepanten menschlichen Verhaltens der Vergangenheit mit dem misslichen Resultat, frei nach Schopenhauer: Die real existierende Welt ist wohl die schlechteste, überhaupt denkbare Vorstellung.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Aug. 2021
ISBN9783347349971
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    Buchvorschau

    Trübe Sicht - Klaus A. Sartorius

    Trübe Sicht

    Menschliches zwischen Sein und Schein

    Kapitel 1

    Diejenigen, welche zu einer Erkenntnis, gelangen und glauben es anderen vortragen zu müssen, sollten sich drüber im Klaren sein, dass sie nicht mehr als eine persönlich bedingte, temporäre, oft nur diskrepant errungene Meinung, dazu darlegen können. Sie erkennen und bewerten die Dinge allein mit ihren begrenzten, geistigen Möglichkeiten, dem, bis dato erworbenen Wissen und den aufsummierten Lebenserfahrungen. Damit und den gegebenen, individuellen kognitiven Fähigkeiten, bildet sich ihre Wirklichkeit, fühlen sie sich berufen verbindliche Schlüsse aus Wahrnehmungen zu ziehen. Ein riskantes Tun in einem engen geistigen Rahmen, der, noch weiter einschränkt von Stimmungen, Neigungen, Vorurteilen, einer ganzen Palette vielerlei psychischer Bedingungen und Reizüberflutungen, die Wahrnehmungen nicht zwangsläufig zu umfassend bedachten, stabilen Erkenntnissen reifen lassen müssen. Unter diesen Bedingungen ist von einer Wahrheit, gar einer verbindlichen Wahrheit zu sprechen, ohnehin ein intellektueller Schwachsinn, denn die Möglichkeit der Wahrnehmung, in Folge die daraus abgeleitete Erkenntnis, ist individuell zu verschieden um sie zu verallgemeinern. Ein jeder nimmt schließlich etwas anderes wahr, eine Synchronisation mit den Wahrnehmungen anderer ist zwar über die kulturelle Identität gegeben, doch schlussfolgernde Erkenntnisse differieren, im besten Fall nur um Nuancen, aber sie können niemals identisch sein. Diese Diskrepanz adelt einen menschlichen Geist, sie ist das Merkmal einer, zwar von dem Intellekt abhängigen, gedanklichen Freiheit, doch sie ist ein wesentliches Merkmal der geistigen Integrität und somit einer geistigen Würde. Nicht totale Assimilation mit der Gesellschaft zeichnet einen Menschen aus, es ist die kritische Distanz zu ihr, die Grundlage eines moralisch gebotenen Abstandes oder zu vernunftorientierter, verbindender Nähe.

    Mensch sein, unter Menschen leben und dabei die Würde der Individualität, eine, das menschlichen Wesen kennzeichnende Eigenheit, zu wahren, sollte im Zyklus eines Lebens die wesentliche Bestimmung dieser menschlichen Daseinsform im eigenen Selbstverständnis darstellen. Keine einfache Anforderung, zumal der Mensch sich in ständiger physischer und psychischer Entwicklung verstrickt sieht, sein Wesen keine konstante Größe von der Wiege bis zur Bahre aufweist, denn er ist eingebunden in die drei Entwicklungszyklen seiner Existenz mit ihren diskrepanten Konditionen.

    Zu Beginn des Lebens, der Frühling - frisch, spritzig, voll faszinierender Impressionen, Träume, Hoffnungen, berauschende Gefühle. Die Gedanken frei von Zynismus, von Ironie; voll von arglosen, für alles nur mögliche Sein, offenen Gedanken und unbelastete Sinne am Beginn der Zeit.

    Der folgende Sommer - der Sinn dieser temporären Existenz will sich selbst erfahren und erfährt letztlich nur das Diktat dieser Existenz, die Verschleierung des Seins. Was bleibt, ist das hektische Eifern nach trügerisch vernebelten Zielen, vorgegaukelter Illusionen widersinniger Ideale. So faszinierend sie auch im Bann dynamischer, suggestiver Lebensenergie erscheinen mögen, keines würde bei rationaler Beurteilung zur Aufwertung, geschweige denn zu einer Sinngebung der eigenen Existenz taugen.

    Der letzte der Zyklen, der Herbst des Lebens – Versuch der Schadensbegrenzung einer großen Zahl von implodierten Lebens Konstrukten fiktiven Ursprungs, die Reduktion auf das, was möglich war und gelungen scheint, meist lediglich der Spiegel für die bittere Erkenntnis gelebter Banalität. Ein Sachverhalt, festgeschrieben ohne einen Hauch von wohltuend geschönter Poesie, nur die nüchterne Erkenntnis, die Fakten eines fast gelebten und in großen Teilen vergeudeten Daseins. Fiebriges Festhalten an dem wenigen Gelungenen. Das ist Realität in einer bitteren Form am Ende einer Zeit, morbide, schaudernd, abstoßend. Die Geschichtlichkeit des Lebens ist festgeschrieben, es bleibt nur die Betrachtung des Geschehenen.

    Wo findet der Mensch, nach der Erkenntnis seiner bescheidenen Wertigkeit, aus dem Geschehenen Halt, Zuversicht, Würde? Dies könnte er in der Annahme finden, dass er, bei allen abträglichen Mängeln, doch das einzige, sich selbst bewusste, erkenntnisfähige und vernunftbegabte Wesen im erfassbaren Universum sei. Ein Unikat, vielleicht, doch was nützen ihm hypothetische Annahmen, deren problematische Substanz keinen stabilen Wert für sein labiles Lebenskonzept besitzt. Wenn er einen Sinn außerhalb seines Selbst findet, wenn er an ein transzendent Göttliches glauben kann, so findet er zumindest in einem Glauben an etwas, ob dies sich nun als plausibel oder illusorisch erweist, ein Minimum an Sinn in seiner Existenz und damit vielleicht auch ein notwendiges Quantum an menschlicher Würde. Würde, die der Psyche Halt verleiht, sie vor der Resignation bewahrt, ein resignierender, haltloser Mensch ist eine würdelose Vorstellung einer menschlichen Existenz.

    Menschen, denen nur die schlichte Realität einer biologischen Existenz plausibel erscheint, sind daher aus Mangel an einer assistierenden Sinngebung, zum letzten Energieeinsatz ihrer Lebenskraft genötigt, um diese Existenz mit mess- und sichtbarer Erfolgsbilanz, in eigenem Selbstverständnis von Würde und Anstand, zu leben. Dieser Mensch wäre im besten Fall sein eigener Gott und Richter, frei und ungebunden in der Wertschätzung seiner selbst, wenn nicht diese Freiheit durch die Konfrontation und Reglementation mit dem normativen Moralkodex seiner Zeit, enge Grenzen finden würde.

    Was bleibt nun dem nun, in jeder Beziehung befangenen und getriebenen Menschen, bedenkt er alle Widrigkeiten einer haltbaren Seins- und Sinndefinition, außer der nüchternen, freudlosen Erkenntnis, dass sein episodisches Leben sich nach dem Tod lediglich flüchtig, in einer endlichen, kümmerlichen Erinnerung seiner Zeit konserviert, bis es in ewige Vergessenheit gerät?

    Kann das der unabänderlich ablaufenden Lebenszeit einen Schimmer Substanz, eine Bedeutung, eine Sinngebung zuweisen?

    Wohl kaum, die Annahme, dass verbleibende triviale Erinnerungen, bei größtmöglicher, objektiver Introspektive eigener Wertigkeit, einen Sinn des Seins aufzeigen könnten, wäre eines menschlichen Intellekts unwürdig. Die Bedeutung, der fiktive Wert einer menschlichen Existenz, definiert sich im Allgemeinen aus dem ersichtlichen Resultat des Handelns im Hier und Jetzt, unabhängig von dessen zeitgeistig instabilem, moralischem Wert.

    Das zeigt in Folge die problematische Strategie auf, die den Menschen durch seine Lebenszeit treibt. Quantität anstelle von Qualität ihrer Handlungen, mit dem Resultat, dass sie in einer blinden, wirren, raffgierigen Eile versuchen, ihrer Zeit mit übersteigertem Tun eine Bedeutung zu vermitteln.

    So verhakt sich die Menschheit insgesamt in den Fängen einer, alles stupide Tun rechtfertigenden Eile in ihrer Zeit, die alles zu versprechen, zu erhöhen scheint und letzten Endes doch nichts hält. Die lediglich, im Gegensatz zu der Absicht, jeden ideellen Sinn entbehrlich macht, und zerstört. Hast und Eile, diese zeitfressende Monster die keine Zeit zum Bedenken der Dinge lassen, die Würde und den Charakter des Menschen der Lächerlichkeit preisgeben. Ein diffuser, panischer Aktionismus, dieser untaugliche Versuch in der endlichen Zeit alles nur Mögliche zu erreichen und so viel wie möglich aus der bunten Palette der trügerisch blendenden Verlockungen mitzunehmen um daraus etwas Sinn zu schöpfen.

    Warum aber verfällt, das zur Vernunft fähige Wesen Mensch, einem Diktat, das ihm letzten Endes nur illusorischen Nutzen seines Tuns vorgaukelt, aber erkennbar ein Nichts an individuellem Wert zuweist, gleich einer Ameise, einer Biene, die ohne eigenen Wert, einen entbehrlichen Nutzen einer Population darstellt? Der Mensch, den ein leistungsfähiges Denkorgan auszeichnet, fähig zu gewaltigen kulturellen Entwicklungen, versagt sich elementare, individuelle Bedürfnisse. Verschließt sich selbst jeder, noch so zwingenden Erkenntnis seiner Vernunft, die nicht durch gesellschaftlich normierte Regeln zu begründen ist.

    Warum versagt ein, zur Vernunft fähiger Geist, hier so kläglich? Einer, von möglichen Gründen dürfte sein, dass die Wahrnehmungs- Erfassungs- und Verarbeitungsstrategie des menschlichen Gehirns für komplexe, reaktive Anforderungen in einem engen Zeitfenster, zu einfach strukturiert ist. Bekanntes ist, wenn es sich bislang als gut erwiesen hat, auch per se, vor einer anderen prägenden, misslichen Erfahrung, gut. Das naheliegend Bewährte, und sei es noch so zweifelhaft, wird bei anstehenden, aktuellen Handlungsstrategien in der Regel den Vorzug vor Neuem erhalten. So ist das Individuum den Konventionen der Gesellschaft mehr verhaftet, als ihm bewusst sein dürfte, es wird sich ihnen nie oder selten in größerem Umfang entziehen. Dies verhindert schon der, das menschliche Handeln regulierende Trieb der Selbsterhaltung, der individuelles, existenzgefährdendes Verhalten autonom im Unterbewusstsein eliminiert. Masse anstatt Klasse, das heißt Allgemeinheit vor Individualität - ein probates Konzept der Evolution - und ohne jeden Zweifel, das Erfolgsrezept des Homo sapiens.

    Eine problematische Erkenntnis, eine so missliche Einsicht über die eigene Autonomie vor allem für die daraus resultierende Wertigkeit. Solch trüben Gedanken muss sich jeder Nachdenkende, irgendwann, an einem Punkt einer kritischen Reflexion seiner Existenz, stellen, so musste auch der Verfasser dieser Schrift sich mit dem Resultat des Kalküls seines (Über)- Lebens auseinandersetzen. Für dieses Überleben verleugnete er zu oft seine Natur, sein Wesen, betrog sich um seine Individualität und Würde! Aus Angst vor unangenehmen Konsequenzen beugte er sich Konventionen, die ihm Unbehagen verursachten, die seine kreative Fantasie verkommen ließen. Die gelebten, gesellschaftlichen Konventionen waren nicht seine, er liebte sie nicht, auch die Menschen nicht, die sie verkörperten, er unterwarf sich ihnen aus Mangel an eigenem Selbstwertgefühl.

    Warum nahm er es niemals wahr?

    Oder verfügte er nicht über den Mut, so etwas primär Essenzielles wahrzunehmen, hatte er Angst vor den sich dann aufdrängenden Konsequenzen, der Forderung nach der alternativlosen Eigenverantwortlichkeit seines Ichs?

    Früher wie heute fand, und findet die Mahnung Goethes kaum Beachtung, die Selbstachtung nicht bequemer, kniefälliger Ergebenheit vor jeder, sich aufdrängenden Nötigung, zu opfern, sich besser der eigenen Stärke zu bedienen, den Lebensweg offensiv, mit Würde zu beschreiten. Er hat diese Gedanken erst spät in seinem Leben, zu spät, gelesen. Wenn er ehrlich ist, hegt er seine Zweifel, ob er es früher, unter dem Druck, funktionale, existenzsichernde Entscheidungen treffen zu müssen, verstanden oder es überhaupt in Erwägung gezogen hätte.

    Feiger Gedanken

    Bängliches Schwanken,

    Weibisches Zagen

    Ängstliches Klagen

    Wendet kein Elend.

    Macht Dich nicht frei.

    Allen Gewalten

    Zum Trutz sich erhalten,

    Nimmer sich beugen,

    Kräftig sich zeigen,

    Rufet die Armee

    Der Götter herbei.

    Es lässt sich nur schwer vorstellen, dass solche couragierten Gedanken ein, an allem zweifelndes, und weder zu sich noch zu anderen vertrauensfähiges Wesen, ohne signifikante psychische Stärke, erreichen könnten.

    Wie konnte er an seinem ideellen Lebensweg etwas ändern, in seinem Frühling, seinem Sommer, seinem Herbst?

    Er war nun einmal wie er war, intuitiv verstand er es, akzeptieren konnte und wollte er es nicht und das war das Dilemma seines Lebens.

    Wieviel zaghafte Gedanken, Unschlüssigkeit, Mutlosigkeit und Angst bestimmten sein Handeln?

    Allen Widrigkeiten zum Trotz seinen Weg gehen, sich nicht beugen, oft meinte er in wohliger Selbstgefälligkeit, dass er es tat, meistens, oder manches Mal wenigstens. Doch wenn er sich seiner Gedanken, seiner Ängste und Zweifel erinnert, stimmt etwas nicht mit dieser Rückbesinnung. In der Wechselbeziehung zwischen Sein und Schein wird der Konsens unscharf. Ist es nur die, in weiser Voraussicht, längst bestattete Erinnerung oder steckt ein ganz profanes Kalkül seiner primären psychischen Lebenserhaltungsdisposition dahinter? Diese sinnentleerte, ideologische Sackgasse, die symbolisch vom Kampf bis zur letzten Patrone faselt, anstatt sich mit der Alternative auseinanderzusetzen, sich diese letzte Patrone in den Kopf zu schießen und diesen verlorenen Konflikt nicht mit lächerlichem Ehrgefühl in endlosem Leiden zu verklären. Ist dieses Korsett der primären Selbsterhaltung letzten Endes mehr Fluch als Segen?

    Kann ein Mensch, sein Werden überhaupt verlässlich, sachlichen Bewertungskriterien entsprechend, analysieren? Sicher, wenn er es zulässt kann er dies; mehr als ihm lieb sein dürfte wird er sich an seine Katastrophen, sein Versagen, die Abgründe seines Wesens, seiner Gedanken, seiner Seele, den Bausteinen der heute existierenden Person erinnern.

    Dann tauchen sie auf, die Geister der Vergangenheit, sie entziehen dem Leben im Hier und Jetzt viel Energie, zerfressen die Seele und verbrennen das wohlig warme Lager beschissener Lebenslügen. Schon wenn sich die Türe zu den Speichern eingelagerter Erinnerung auch nur einen Spalt öffnet, drängen sie ans Licht, schaffen sich Platz, diese exhumierten, schleimig- modrigen Erinnerungen. Angewidert schaut der Mensch dann der Wiedergeburt einer penibel verborgenen Vergangenheit zu bis die ganze Missgeburt von Selbsttäuschungen die schön bemäntelten Erinnerungen als Illusion entlarvt und sich das ganze, selbstinszenierte Schmierentheater offenlegt.

    War auch er so ein geistloser Ignorant dieser widrigen Fakten, man möchte es zu gerne nicht glauben. Doch er kann sich dieser misslichen Erkenntnis nicht entziehen, es war so, auch wenn einige vage Versuche mit zaghaften, sinnfreien Deutungen etwas Entlastung verschaffen wollen. Diese Retrospektive in die Vergangenheit, nüchtern, mit einer kräftigen Prise Masochismus, ist ein verlässlicher Fakt, eine bittere Tatsache.

    Viel bitterer ist jedoch jene Tatsache, dass der Herbst, letzter, finaler Akt der drei Lebensabschnitte einer menschlichen Existenz, physisch und psychisch seine Präsenz penetrant ausweitet. Die Lebenszeit läuft ab, früher oder später. Wie der Mensch auch immer rechnet, sich selbst, etwas vermessen eine hohe Lebenserwartung in Aussicht stellt, die kalten Schleier sich ausbreitender, morbider Emotionen verdrängen die verdeckende Fieberglut exzessiven Tuns im Sommer seines Lebens. Die physikalische Zeit ist eins mit den biologischen Abläufen der Natur, der Zeit der Blüte, wie die des Zerfalls, sie kennt keine Irritation in ihrem Lauf, verteilt keine Geschenke und die Uhr seiner Lebenszeit eskortiert den Menschen mit festem Griff bis zum Ende seines Daseins.

    Die verbliebene Dauer seiner Existenz kennt der Mensch in aller Regel nicht, und wenn er seinen Verstand zu Rate zieht, so wäre es klug sich zu wünschen, dass er es nie erfahren möge. Wenn es dann an der Zeit ist, sollte er, ohne sich dessen bewusst zu werden, den Weg aus seiner Zeit gehen. Die emotionale, die psychische Belastbarkeit sollte am Ende keiner nutzlosen Überprüfung unterzogen werden, vor allem, da die Kenntnis des Todestages, keinerlei nützliche und verwertbare Erkenntnis offenlegen würde, außer dem Wissen um die sich jeden Moment verringernde Zeit der physischen und psychischen Existenz.

    Davor verspürt auch er Angst, Angst, die ihn lähmt, er fühlt sich noch nicht bereit für die letzte Reise, diese Reise ohne Wiederkehr, ohne Ziel, diese Reise ins Nichts. Er hat noch so viel vor und mag vieles davon ein Wunschtraum bleiben, so lebt und genießt er es mit seinen verbliebenen Möglichkeiten, den Weg seiner Träume zu gehen. Ist der Weg nicht meist reizvoller als das Ziel? Der menschlichen Natur entspricht es auf jeden Fall, sie kann nur in stetiger Hoffnung auf Veränderung existieren, denn ein Verharren in der Zeit ist unvereinbar mit der Dynamik und daher dem Sinn einer biologisch, temporären Existenz.

    Hoffnung ist Inspiration, Antrieb und Kraft, Hoffnung ist die Bewegung, der Motor des Lebens. Sie kann trügerisch und falsch sein, ohne reale Substanz, doch sie erfüllt meist ihren Zweck, wenn auch oft nur lediglich als Verschleierung objektiv miserabler Lebensbedingungen. Sie ist eine mögliche, wenn auch mehr trügerische Zuversicht eines jeden Individuums aber sie ist sein Antrieb zu leben und den Weg durch die Zeit seiner Existenz zu gehen.

    Die Zeit der Existenz, - ist diese Zeit, diese Existenz mehr als die Verführung einer fiktiven Hoffnung, mehr als eine Illusion, mehr als Dekoration einer perfiden Inszenierung, eines Experimentes mit vorhersehbar schlechtem Ausgang, von wem oder was auch immer arrangiert?

    Diese Existenz

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