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Der Morgen des Träumers
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eBook232 Seiten3 Stunden

Der Morgen des Träumers

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Über dieses E-Book

Surrealistischer Roman über die Welt der Bücher, des Geistes und der Träume.
Eine Traumgeschichte über die Welt der Bücher
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum9. Dez. 2019
ISBN9783749781690
Der Morgen des Träumers

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    Buchvorschau

    Der Morgen des Träumers - Wolfgang Laschke

    Kapitel 1: Ein verborgener, aber machtvoller Ort

    Charly liegt träumend im Bett:

    Plätschernder Wasserstrahl fällt in sandig, graumehligen Untergrund, sich schnell und mit Nachdruck vermengend, gebetsmühlenartiges Verrühren und Durchmischen der trägen Masse zu einem festen Brei, der ausgehärtet einmal mehr sein möchte als unbeständiges Einerlei im großen Zuber. Kalkquader, die über feuchtes Felsengestein in die Höhe gestapelt werden, fast zu einem unüberwindbaren Gebirgskamm aufgetürmt, der bald stolz aufragend seiner endgültigen Bestimmung zugeführt werden soll. Aufgezogener, nun gut durchmischter Mörtel, der Steine wie Butter um-schmeichelt – von unten nach oben aufgeschichtet, fast wie beim Bau einer Kathedrale als Zeichen der inneren Verbundenheit und Entschiedenheit in die Ewigkeit und Unwiederbringlichkeit gesetzt. Nur ein kleiner, beherzter Sprung aus der Ecke, gegen die noch feuchte, nicht ausgehärtete Wand … und Rettung wäre möglich, wenn die Menschenmauer sich nicht so dicht als arbeitende Gruppe vor mir aufgebaut hätte, quasi als vorausschauende Abschreckung und Durchkreuzung möglicher Ausfallpläne und mich mit ihren durchbohrenden Blicken auf Distanz und an dieser einen, nur mir alleine zugewiesenen Stelle hält; ganz ohne körperliche Gewalt, aber unbändigem Willen nach dem unvermeidlichen Ende.

    Es wird geschehen – Nein! Geschieht gerade jetzt. Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Ich habe mich gefunden und bin nun wahrhaftig am Ende angelangt, verloren und mein verbliebenes Zeitfenster schließt sich mit anmaßender Gleichgültigkeit. Ein letzter Atemzug wird ruhelos in die Welt geschickt. Wo auch immer er hingetragen wird, bin ich nicht mehr willkommen.

    Angespannt und tief erschrocken hocke ich in meiner feuchten, mit fleischigem, triefenden Moos und grünlichen Wasserlachen bedeckten Felsennische, den Blick geradewegs hoch auf einen letzten, kleinen, fast verstohlen hereinbrechenden Licht-spalt gerichtet, der mir noch geblieben ist und horche der still und zielstrebig vor sich hin arbeitenden Meute dort Draußen zu, die in konzentrierter und sich bald entladener Ruhe ihr eifriges Werk bestellend mit einem letzten, erlösenden Mauerstein meine noch verbliebene Verbindung zur Außenwelt mit tiefer Erleichterung kappt, um mich damit gänzlich mit mir alleine zu lassen, wie ich es insgeheim immer befürchtet, aber auch befürwortet habe. Nur! Keiner wusste von meinen persönlichen Obsessionen und Vorlieben, und so blieb es bei diesem letzten, verzweifelten Versuch meinen Willen mit steinerner Haltung endgültig und mit Nachdruck zu brechen, der sie über so viele Jahre angefeindet hatte, obwohl hier niemals irgendjemand absichtlich wirklich zu Schaden gekommen ist, wenn man die psychische Befindlichkeit einmal außen vor lässt. Aber, kann man das überhaupt? Und wer weiß schon genau, wie das menschliche Seelenleben zu bemessen ist. Wahrscheinlich viel subtiler und weit verzweigter, als ein begrenzter Menschengeist überhaupt denken kann. Schon Rousseau hatte diese schmerzhafte Erfahrung der vermeintlichen Isolation machen müssen und ist letztlich daran zu Grunde gegangen. Zumindest nahm er dies mit rückwärts gerichtetem, zornigem Blick immer an und verstrickte sich so zunehmend in sein pathologisches Selbst- und Weltbild, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Er fühlte sich missverstanden und wollte sich der Welt eigentlich im Guten offenbaren, … und Charly fühlte mit ihm, wenn er sich auch insgeheim mit seiner Situation durchaus anfreunden konnte. Für ihn war sie gelebte Wirklichkeit und fast schon alltäglich, weil für ihn das Soziale nur als Randbemerkung wirklich Gültigkeit hatte. Die breite Masse sollte aus seiner Sicht davon unberührt bleiben. Sie war ausreichend vernetzt und immer dazu in der Lage eine helfende Hand zu finden. Die Randbezirke dagegen sind nahe am Äquator und den trockenen Wüsten, dort wo die brennende Sonne quasi direkt ins offene und bereits blutende Hirn brutzelt. Hier ist Hilfe nötig und eben nicht an diesem dunklen und feuchten Ort des gemeinschaftlichen Verbrechens, der wenigstens noch die Aussicht auf den selbstgewählten Freitod offen hält, zumindest wenn man prozessorientiert dachte und den zurückgelegten Weg als Mittel zum Zweck und eigentliches Ziel betrachtet, wie es bei ihm der Fall war. Nun aber war sein Platz bestimmt. Dort unten zwischen bräunlichem, nasskalten, toten Wurzelwerk, an diesem verlorenem, seinem Ort.

    Molloy, eine Figur aus einem Buch, dass Charly einst gelesen hatte, setzt sich derweil auf seinen alten, klapprigen Drahtesel und schärft sich die angefressenen, mit Alkohol getränkten Sinne am vorbeiziehendem Buschwerk, abseits der großen Straßenrouten, die gelegentlich auch einmal ins Gebirge führen können. Dort kann man ihn all-abendlich – gut als abgehalfterter Pflasterkönig und Asphaltcowboy erkennbar – frierend, im hohen Gras- und Buschwerk sitzen sehen. Seine alte Blechtasse im Anschlag und den Brandy immer gut verschlossen in seiner ausgefransten Jackentasche, die schon den Geruch ihrer wertvollen Fracht über Jahre angenommen hatte und selbst für hartnäckige Raucher, wie Charly in seinem früheren Leben einer wahr, schon von weitem zu vernehmen war. Doch sollte der Brandy mal zur Neige gehen, was in aller Regel dreimal täglich der Fall war, verschiebt sich die persönliche Wahrnehmung des alten Heroen gleich tief unter die Grasnarbe, ganz nah an Charlies nun vertrauten Lebensraum heran. Aber befragen wir doch Molloy gleich selber zu seiner Sicht der Dinge. Gerade steigt er von seinem Fahrrad ab und legt sich ins bräunelnde Gras, das nun seinen trägen Körper vor der aufsteigenden Feuchtigkeit schützen soll, was aber keinesfalls gelingen kann, da Molloy ein Mann der modrigen, triefenden und damit horizontalen Anbiederung an das Erdreich ist. Zu nah steht er vor seinem zukünftigen Grab, als das hier noch Hoffnung auf Erkenntnis und persönliche Läuterung wäre.

    „Hey, Molloy. Steh auf und grab dich zu mir ins Erdreich runter!, rief Charly mit aufreizender Selbstverständlichkeit und tiefer, basaler, fast grundständiger Stimme, die keinerlei Zweifel aufkommen lassen konnte, wer hier die Hosen an hat oder besser noch wer mit natürlicher Autorität gesegnet war und seinen, bei Tageslicht betrachtet, heruntergekommenen Vasallen nun zu sich herunter bestellte. Molloy, darauf völlig von Sinnen und zunächst irritiert ob der unangekündigten Ansprache, die er gelegentlich eher von ganz weit oben erwartete, wusste, dass er seinen Augen und Ohren nicht immer verlässlich trauen konnte, da seine Wahrnehmung in der Regel nur an gemeinschaftlich orientierten, anderen Orten zur Ruhe kam, die meist alko- holgeschwängert und mit ausnehmender Lautstärke gesegnet waren. „Wer bist du, dass du mich aus der Tiefe ansprichst, als wärst du der Teufel persönlich? Ein Geist, ein Derwisch oder vielleicht nur eine innere Eingebung? Das ist gut. Wahrscheinlich spreche ich gerade mit mir selbst. Mit wem auch sonst in diesem trostlosen Nirwana, und drehte sich im gleichen Atemzug wieder auf die Seite, mit nichts mehr rechnend als seinem tiefen Bedürfnis nun seinen Rausch im dahin welkenden Wiesenteppich ausschlafen zu können. „Sieh doch zu mir herunter. Gleich scharf unter der großen Eichenwurzel schau ich zu dir herauf. Sieh genau hin, als würdest du ein Geldstück am Straßenrand suchen, was ja gelegentlich eine deiner Lieblingsbeschäftigungen ist. Jetzt kreuzen sich gerade unsere Blicke. Siehst du mich?. Molloy nun klarer und in seiner Sichtweise zunehmend auf weitere neuronale Vernetzung fixiert, war nun von einem zu anderen Moment wacher, so als würde der gerade sich ausbreitende Alkohol alle wesentlichen Körperzellen wohltuend fluten, entgegen seiner eigentlichen Bestimmung als Seelenmasseur. „Ja, ich kann schon etwas erkennen. Nicht ganz Mensch und nicht ganz Tier. Vielleicht eine Eingebung aus meinem letzten Traum, der mich so trostlos zurückgelassen hat. Genauso, wie ich damals mein eigenes Kind verleugnete, dessen Mutter ich nie gekannt habe, obwohl ich ihr in einer leidenschaftlichen Minute sehr zugetan war. Aber, das kann auch ein Traum gewesen sein, wie so vieles in meinem Leben, das vielleicht gar nicht stattgefunden hat. Wen würde das auch wundern. Aber sage mir, bin ich ein lebendiges Wesen, das einen äußeren Raum umschreibt und ausfüllt und das eine zeitliche Achse abschreitet und somit auch am menschlichen Machtbegriff, jenseits der traditionell humanistischen Strömungen, so wie ihn Focault versteht, mitarbeitet? Du da unten, den ich nur schemenhaft und äußerst vage erkennen kann. Äußere dich. Zeige mir, das ich da bin und existiere! „Ja. Ich kann dich sehen. Auch wenn deine äußere Erscheinung eine einzige Zumutung für einen ästhetischen Schöngeist ist, passt sie dennoch in mein geübtes Bunkerauge im weiten rhizomorphen Geflecht der unteren Steinwüste. „Du nennst mich eine Zumutung, obwohl ich mich doch gerade auf deinem schützenden, lehmigen Panzer ausstrecken möchte; dir meine Verbundenheit mit allen abgestorbenen Lebensenergien beweise. Was bist du nur? Ein Mensch, ein Tier oder nur eine weitläufige Ahnung, heraus gekrochen aus meinem benebelten, versoffenen Traumschädel, der sich gleich hier vom Acker macht, weil er noch nie Dinge hinterfragt und mit Disziplin ausgehalten hat. Geschlossene und begründbare Systeme, die ich meist im Hintergrund vermute und für ein Grundübel unsrer Zeit halte, sind mir also fremd. Bleib du dort unten im kühlen Erdreich und ich rette dir hier oben die Sonne, falls du weißt, wovon ich spreche. „Aus systemischer Sicht gehören wir aber zusammen, kommunizieren bereits als zwei Antipoden miteinander, auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist. Wir sind aufeinander angewiesen, um unsere Welten positiv gegeneinander abzugrenzen. Wenn du dort oben die Sonne rettest, schärfe ich hier unten deinem langen Schatten die spitzen Falten. Also hör mir zu und jammere nicht herum, wie ein altes Waschweib. Das hatte gesessen und Charly war sich sicher, dass ihm Molloy nun zur Hilfe kam. Doch keine Reaktion, nur ein leichtes Säuseln, so als hätte der aufkeimende Wind Molloy‘s Körper bereits ins angrenzende Gebirge getragen, dorthin, wo die Ansprache eines vermeintlichen Dämons lediglich als verhallendes Bergecho zu vernehmen war. „Nun gut, sagte Charly, so als rechnete er noch mit der Anwesenheit von Molloy, „so soll es sein. Werde dir nicht länger auf den Leim gehen. Lediglich dein Brandy könnte mir in schweren Stunden, die ich hier unten am Stück und fast täglich auszuhalten habe, ein guter und treuer Wegbegleiter und Tröster sein. Charly schien einen wunden Punkt getroffen zu haben, da sich Molloy urplötzlich und mit ausnehmender und aggressiver Energie wieder zu Wort meldete „Werde den Teufel tun und dir mein Lebenselixier, das mir meine bessere Seite täglich liebevoll zu träufelt, zur Verfügung stellen. Eher zweifle ich an unserer Begegnung und werde dich verleugnen, wie schon so viele vor dir. Glaube mir, denn ich bin kein Mensch der in der Liebe wohnt, sondern das Glück nur für einen flüchtigen Moment betrachten möchte, bevor ich in die Unterwelt herabsteige, die du für mich so fein bereitet hast. Ist es nicht so? Also lass mich in Frieden mit meinem Brandwein und ziehe deiner Wege wie ein Maulwurf in einer feuchten Frühlingswiese. Hier oben wird dich die Sonne nur blenden und nicht wärmen, wie es nur der Alkohol vermag. Also, schärf deine diabolischen Krallen und suche dir einen anderen Ausgang. Hier bin ich der Wächter und nicht befugt dich herauf zu bitten. Versuche dein Glück an anderer Stelle, auch wenn du es hier nicht hättest besser treffen können, wenn ich dies, nebenbei bemerkt, mal sagen darf. Denn auch mir werden Wunderdinge zugesprochen, so dass ich fast schon ein transzendentales Wesen bin, wenn du weißt was ich meine. Wärst du mein Freund, dann könntest du ein Lied davon singen. Ich kenne nämlich einen vergessenen, unwirklichen Ort, an dem die Geister auf Wanderschaft gehen.. Und immer an dieser Stelle, genau hier endet Charlies Traum, den er so oft geträumt hatte, wie auch in der letzten Nacht, bevor es am nächsten Morgen wieder hinaus in die Welt

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