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Guarneri gejagt: Ein musikalischer Krimi
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Guarneri gejagt: Ein musikalischer Krimi
eBook199 Seiten2 Stunden

Guarneri gejagt: Ein musikalischer Krimi

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Über dieses E-Book

Während einer Vorstellung im Dortmunder Opernhaus verschwindet der Konzertmeister spurlos. Was ist passiert? Niemand hat auch nur die geringste Ahnung. Und als er auch am nächsten Morgen nicht wieder aufgetaucht ist, macht sich seine Ehefrau große Sorgen. Hat es womöglich mit seiner Leidenschaft für wertvolle Geigen zu tun?
Christan, der 17-jährig e Stiefsohn des Konzertmeisters, kann die Verzweiflung seiner Mutter nicht tatenlos mit ansehen. Kurz entschlossen
macht er sich auf die Suche nach seine m Stiefvater, bei der ihm seine bulgarische Freundin eine große Hilfe ist. Denn die Spur führt nach Bulgarien ...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum21. Dez. 2021
ISBN9783347487116
Guarneri gejagt: Ein musikalischer Krimi

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    Buchvorschau

    Guarneri gejagt - Barbara Stanzeleit

    Ouvertüre

    Mittwoch 21:00 Uhr

    Der Beifall verklingt langsam, das Licht erleuchtet wieder den Zuschauerraum des Dortmunder Opernhauses. Aufgewühlt durch die Musik und die spannende Handlung der „Aida" strömt das Publikum schwatzend in die Pause. Alle sind froh, nach der Pandemie-Zeit endlich wieder Opernaufführungen besuchen zu können und genießen es sichtlich. Im Orchestergraben freuen sich die Kollegen auf eine kleine Erholung, bis es nach der Pause weitergeht. Einige lassen ihre Instrumente im Orchestergraben, die meisten aber, vor allem die Geiger, nehmen sie mit in die Pause. Zu leicht können die wertvollen Geigen vom Stuhl fallen – und das möchte niemand. Jeder von ihnen hat so sehr gespart, um sich ein gutes Instrument kaufen zu können! Da möchte man ja nichts riskieren. Das Publikum unterhält sich über die Aufführung, Meinungen werden ausgetauscht, einige sind begeistert, Studenten blättern in den Partituren. Die Orchestermusiker hören nur ein allgemeines Gemurmel, schnell streben sie der Kantine und den Umkleideräumen zu.

    „Ich brauche jetzt einen Kaffee, meint Markus, der stellvertretende Konzertmeister, zu einem Kollegen der 1. Geige. „Für den zweiten Teil muss man doch fit sein! Es gibt ein paar ekelhafte Stellen, da braucht man seine Konzentration!

    „Ich habe die Aida schon hundertmal gespielt, meint ein älterer Kollege, „mich kann nichts mehr erschüttern.

    „Ja ja, Hans, das wissen wir, dass du das hier alles aus dem Ärmel schüttelst, wendet sich Peter vom dritten Pult etwas spöttisch an den alten Herrn, der seine Geige fest unter den Arm geklemmt hat. „Du spielst das hier ja alles im Schlaf!

    „Warte nur, wenn du erst so lange Jahre dabei bist wie ich, antwortet der Angesprochene. „Nach einigen Jahren werden immer wieder die gleichen Opern auf den Spielplan gesetzt, irgendwann kennt man sie alle und weiß genau, wo die Probleme sind. Warte erst mal ab, bis du zum zehnten Mal Wagner spielen musst, Götterdämmerung – da geht es so richtig zur Sache!

    „Oh ja, mischt sich da ein Bratscher ins Gespräch, „davon kann ich ein Lied singen! Gerade denkst du nach vier Stunden, du hast es bald geschafft, da kommt eine teuflisch schwere Stelle!

    Hans sieht ihn verständnisvoll an. „Das ist wirklich gemein von Wagner, dass er die Bratschen gegen Ende aufweckt und auch noch Höchstleistung von ihnen fordert. Aber heute ist ja Aida dran, das ist für euch Bratschen doch ein Spaziergang! Gleich kommt höchstens für Friedhelm als erstem Konzertmeister noch eine kleine Herausforderung, aber der ist ja auch ein alter Hase, es macht ihm sicher nichts aus, am Ende noch ein Solo hinlegen zu müssen. Wo ist er überhaupt? Hans schaut in die Runde. „Sonst steht er doch auch gern bei uns mit seiner schönen Geige unterm Arm, ich sehe ihn gar nicht.

    „Mit welcher Geige, meinst du? Er kommt doch jeden Tag mit einer neuen Geige an. Welche hat er denn heute dabei?", fragt Peter.

    „Jaja, meint Hans, „du hast recht. Der mit seinem Geigenhandel! Immer auf der Suche nach dem perfekten Instrument! Ich habe ihn noch gar nicht gefragt, was für ein Instrument er heute dabei hat.

    „Hey, es klingelt schon, die Pause ist zu Ende, los, zurück in den Graben!, ruft Markus. „Wo ist denn Friedhelm bloß?

    „Unser 1. Konzertmeister sitzt sicher schon auf seinem Platz und geht noch mal sein Solo im Finale durch", meint ein jüngerer Kollege. Doch als sie in den

    Orchestergraben kommen, ist von dem ersten Konzertmeister nichts zu sehen.

    „Mensch, wo bleibt der denn?" Markus, der sich bereits auf seinen Stuhl links neben dem ersten gesetzt hat, schaut sich unruhig um. Im Zuschauerraum wird nun das Licht heruntergefahren, schließlich brennen nur noch die Lampen an den Notenpulten der Musiker.

    Hans, der hinter Markus sitzt, raunt diesem zu: „Schnell, geh auf den ersten Platz, wir rücken alle eins weiter vor, dann fällt es nicht auf, dass Friedhelm nicht da ist!"

    „Und wer spielt das Solo?", fragt dieser besorgt.

    „Na, du natürlich", gibt Hans zurück und schubst ihn nach rechts zu dem freien Stuhl. Da geht auch schon die Tür auf und der Dirigent kommt herein.

    „Zu spät!", wendet sich Markus besorgt an Hans.

    „Schnell, Leute, rutscht alle eins vor!", flüstert Hans nach hinten. Zum Glück reagieren alle sofort, und nur am letzten Pult bleibt ein leerer Stuhl. Der Dirigent verbeugt sich vor dem Publikum und dreht sich zum Orchester. Er hebt den Stab zum Einsatz, stutzt einen Moment – da hat er anscheinend den leeren Stuhl entdeckt – fängt sich dann aber und und gibt das Zeichen zum Anfang. Das Orchester beginnt zu spielen, vorn am ersten Pult sitzt ein etwas zittriger stellvertretender Konzertmeister – er hat das Solo ja schon mal geübt, aber doch nicht heute! Wie er das wohl schaffen wird? Hoffentlich kommt Friedhelm zum letzten Akt doch noch zurück. Der dritte Akt geht vorbei, eine kurze Pause tritt ein, das Publikum hustet und unterhält sich noch einmal gedämpft vor dem Finale. Markus blättert schnell zu der Seite mit dem Solo und wirft einen kurzen Blick darauf.

    „Du schaffst das schon!", flüstert Hans ihm zu. Im nächsten Augenblick hebt der Dirigent die Arme zum Finale.

    „Gratuliere! Hans drückt seinem jungen Kollegen noch im Graben die Hand. „Hast du gut gemacht! War doch gar nicht so schlimm!

    Markus atmet hörbar aus, erleichtert, dass alles geklappt hat. Im Umkleideraum kommen auch die anderen Kollegen zu ihm und beglückwünschen ihn zu dem guten Solo. „Toll hast du gespielt! So spontan! Herzlichen Glückwunsch!"

    „Was sollte ich denn machen, es blieb mir ja nichts anderes übrig! Aber wo ist denn Friedhelm? Ist ihm schlecht geworden?"

    „Ich schau mal auf der Toilette nach, bietet Peter an und kommt kurze Zeit später zurück. „Er ist nicht da, auf der Toilette ist niemand. Ich habe noch in die Kantine geschaut, da ist er auch nicht.

    „Wo ist der Orchesterwart? Der war doch die ganze Zeit hinter dem Graben, er muss Friedhelm doch gesehen haben", überlegt Markus.

    Hans klappt seinen Geigenkasten zu. „Der Orchesterwart? Der bekommt gerade eine tüchtige Abreibung vom Dirigenten, weil er angeblich einen Stuhl zu viel hingestellt hatte."

    „Also hat unser guter Maestro nicht gemerkt, dass nach der Pause ein anderer Konzertmeister dasaß. Na ja, er war wohl völlig in seine Partitur vertieft", meint

    Markus. „Aber ich möchte doch mal gern wissen, wo Friedhelm ist? Doch auch nachdem die Kollegen überall nachgesehen haben, ist von dem ersten Konzertmeister nichts zu sehen. Sie befragen den Orchesterwart, den sie inzwischen aufgeklärt haben, warum ein Stuhl zu viel im Graben stand. Nach anfänglichem Unmut sagt dieser besorgt: „Leute, vielleicht ist ihm was passiert! Er kann doch auch irgendwo ausgerutscht sein, bei den glatten Lackschuhen, die ihr immer trägt! Ich gehe nochmal das ganze Opernhaus ab! Markus und Hans sind inzwischen beim Pförtner, der sich aber auch nicht erinnern kann, ob der erste Konzertmeister in der Pause gegangen ist.

    „Hier gehen so viele Leute raus und rein, ich weiß wirklich nichts, meint er zu Hans. „Aber eigentlich müsste es mir aufgefallen sein, wenn in der Pause jemand mit einem Geigenkasten an mir vorbei geht. Ich habe aber nichts gesehen!

    „Die Geige war auch nicht mehr hier, wendet sich Hans zu Markus. „Wir haben doch sogar schon in der Pause danach gefragt, welches Instrument Friedhelm denn wohl heute benutzt. Und da habe wir seinen Geigenkasten nirgends gesehen. Auch jetzt war das Stimmzimmer der 1.Geigen leer. Außerdem hat doch auch der Orchesterwart überall nachgesehen, ein einsamer Geigenkasten wäre ihm sicher aufgefallen.

    „Es sei denn, Friedhelm hat die Geige in seinen Spint eingeschlossen und ist dann gegangen", meint Markus.

    „Wann denn? Der schließt seine Geige nie in den Spint ein, du weißt doch, wie verrückt er mit seinen Instrumenten ist. Manchmal hat er eine Geige auch nur ausgeliehen und nimmt sie mit zum Dienst, um sie zu probieren. Außerdem sind wir doch alle zusammen zur Pause in unser Stimmzimmer gegangen, das hätten wir ja sehen müssen!" Alle Überlegungen führen zu nichts.

    „Komm, wir rufen mal bei ihm zu Hause an, ob er da ist, ich mach mir wirklich Sorgen. Einfach in der Pause weg zu gehen sieht Friedhelm überhaupt nicht ähnlich", sagt Markus jetzt.

    „Nee, das lass mal, entgegnet Hans, „wenn er nicht nach Hause gegangen ist, macht sich seine Frau riesige Sorgen, wenn du sie jetzt anrufst. Vielleicht ist er ja bei einer anderen Frau.

    „Der doch nicht, ruft Markus empört, „das macht Friedhelm bestimmt nicht!

    Hans sieht den Jüngeren an. „Du bist wohl noch sehr jung. So was kann immer sein."

    „Aber doch nicht bei Friedhelm! Dazu kenne ich ihn gut genug", verteidigt sich Markus. Es hilft alles nichts, die Kollegen müssen schließlich gehen, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, was mit Friedhelm geschehen ist.

    Lisa

    Donnerstag 6:00

    Die Morgendämmerung erhellt das Zimmer schon etwas, als ich aufwache.

    Sofort habe ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Ich richte mich leise im

    Bett auf, da sehe ich es: Das Bett neben mir, in dem mein Mann schläft, ist leer.

    Ist er so früh aufgestanden? Hat er vielleicht unruhig geschlafen, quälen ihn Sorgen? Oder ist er nur kurz zur Toilette? Doch dann sehe ich, was mich schon im Halbschlaf beunruhigt hat: Das Bett neben mir ist unbenutzt, er kann gar nicht darin geschlafen haben. Was ist los? Ist etwas passiert? Wo ist Friedhelm? Ich lasse den gestrigen Abend in Gedanken vorbei ziehen. Er hatte Dienst in der Oper, ja richtig, Aida stand gestern an. Die dauert immer lange. Und wenn er so spät nach Hause kommt, gehe ich meistens schon ins Bett, ich muss ja immer früh raus. Die Kinder müssen spätesten um sieben Uhr zum Schulbus gehen. Jeden Morgen mache ich ihnen Frühstück, was besonders mein Großer, Christian, zu schätzen weiß. Gern sitzt er morgens noch einen Moment beim Kaffee und bespricht mit mir, was an dem Tag anliegt. Ich genieße das gemeinsame Frühstück mit dem 17-jährigen. Inzwischen ist er schon fast erwachsen, lang und dünn wie sein Vater – an den möchte ich eigentlich nicht mehr denken. Seit er uns vor zehn Jahren verlassen hat, habe ich immer versucht, ihn aus dem Gedächtnis zu streichen. Aber wenn ich ehrlich bin, sieht Christian ihm verflixt ähnlich, dieselben lebhaften braunen Augen und denselben lockigen Blondschopf. Nur ein bisschen schlaksiger ist er. Seit ich mit Friedhelm verheiratet bin, kann ich auch ohne Hass an meinen Exmann denken. Vor allem seit Mia vor acht Jahren geboren wurde, bin ich mit der Welt wieder zufrieden. Mia ist der Sonnenschein der ganzen Familie, sie steckt alle mit ihrer guten Laune an, niemand kann ihr lange böse sein.

    Vielleicht ist ja alles halb so schlimm. Vielleicht ist Friedhelm gestern Abend nach der Vorstellung noch lange mit Freunden unterwegs gewesen, nicht nur ein kleines Bierchen trinken, wie er es oft macht. Vielleicht war es ja etwas mehr, und er wollte mich nicht stören. Sicher schläft er oben im Gästezimmer. Ich nehme meinen Morgenmantel und schlüpfe in die Hausschuhe. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es für Mia langsam Zeit ist. Im Flur höre ich dass Christian im Badezimmer ist. Oder ist es Friedhelm? Vielleicht ist er erst jetzt nach Hause gekommen? Nein, ich höre Christian beim Duschen singen. Wie oft habe ich ihm gesagt, er soll morgens leiser sein und Friedhelm schlafen lassen! Aber er meint immer, die Wände sind dick genug, der hört im Schlafzimmer sicher nichts davon. Da bin ich mir nicht so sicher…

    Mein Blick fällt auf die Garderobe. Friedhelms Mantel ist nicht da, und seine Konzertschuhe, die er abends immer schnell auszieht und unter dem Mantel stehen lässt, auch nicht. Ich kann nicht

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