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Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis
Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis
Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis
eBook1.280 Seiten16 Stunden

Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis

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Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis

DREI PACKENDE SF-SAGAS VON JO ZYBELL!

Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum12. März 2018
ISBN9783745203851
Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis

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    Buchvorschau

    Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket - Jo Zybell

    Das 1000 Seiten Jo Zybell Science Fiction Abenteuer Roman-Paket: Mission Sternenstaub/ Kosmisches Geheimprogramm/ Rebellen der Galaxis

    DREI PACKENDE SF-SAGAS VON JO ZYBELL!

    Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author  / Cover: Michael Heywood/123rf/Steve Mayer/Pixabay

    © dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Mission Sternenstaub

    SF-Roman von Jo Zybell

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 226 Taschenbuchseiten.

    Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author  / Cover: Michael Heywood/123rf/Steve Mayer/Pixabay

    © dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1.

    Er hieß Tanka. Er war gut, und er wusste, dass er gut war. Viele hielten ihn sogar für den Besten. Auch das wusste er. Doch was spielte das für eine Rolle in einem Augenblick wie diesem? Heute kam es darauf an zu beweisen, dass er der Beste war. Heute kam es darauf an, seinem Lebenswerk die Krone e aufzusetzen.

    Er fuhr die Augen weit aus und spähte in das Gelände. Es stieg sanft an. Morgendunst wallte über dem rötlich grünen Farnteppich, der den Hang bis hinauf zu dem lichten Silberbaumwäldchen bedeckte. Rötlicher Nebel schwebte zwischen deren hohen, dünnen Stämmen und hing in ihren Wipfeln. Rötlicher Nebel hüllte auch den Gittersockel des Werkes ein. Dort oben lag die größte Hochebene des Kontinentalplateaus. Dort oben erstreckte sich über zweitausend und mehr Kilometer die Seenplatte von Muntarion, dem nördlichsten Nutzlandplateau von Korsky.

    Dort oben hatte sich der Feind verschanzt.

    Von den Bleichköpfen und ihren Maschinen sah er nicht einmal eine Antenne. Das würde sich ändern. Nicht mehr lange, und er würde seine Späher hinaufschicken. Dann würde der ganze fade Stolz der Bleichköpfe wie ein Geschwür im grellen Scheinwerferlicht eines Chirurgen vor ihm liegen: ihre Maschinen, ihre mobilen Stellungen, ihre Zentrumsgenerator, ihre Flugschweberen und ihre Festungsanlagen. Bald; sehr bald.

    Sie hatten die gesamte Hochebene besetzt, an die vier Millionen Quadratkilometer. Das ganze Gebiet, das schon die Urväter den »Brunnen von Korsky« genannt hatten. Rund um das Fundament des Werkes verlief die Front; und damit rund um den Hauptsee und die Brennstofffabrik an seinem Westufer. Seit Langem schon; viel zu lange schon.

    Heute würde sie zusammenbrechen. Er hatte hart dafür gearbeitet, viele Umläufe lang.

    Er zog die Augen ein, klappte die Schutzgläser vom Stirnhelm über sie und drehte sich um. Bis zur Hälfte hatte die rote Sonne sich bereits hinter dem Horizont in den Himmel geschoben. Die Wolken schienen zu brennen. Er nickte zufrieden.

    Ein letzter Rundblick in die Umgebung: In jeweils zweihundert Meter Entfernung standen die beiden Flugschweberen bereit. Aus ihren Türmen lehnten schwarze Gestalten mit roten Helmen und in roten Kampfanzügen: Lankok und Hintor, seine beiden Strategieberechner. Sie warteten auf den Einsatzbefehl.

    Und hinter ihnen Tankas Zentrumsgenerator. In einer fast fünf Kilometer langen Reihe ragten seine Panzerbrecher und wölbten sich seine neuen Multikämpfer aus dem Farn. 1200 Multikämpfer und 3900 Panzerbrecher würden er und seine beiden Strategieberechner an diesem Morgen in die Schlacht führen. Dazu die 3900 Späher; jeder Panzerbrecher führte eine dieser faustgroßen Kleinstraketen mit sich. Die Hälfte von ihnen würde als Geschosse dienen, wenn sie ihre Aufklärungsarbeit erledigt hatten.

    Und gut getarnt im Hinterland, keine dreißig Kilometer entfernt, wartete die riesige Armee des Generals darauf, durch das Tor zu stürmen, das er heute aufstoßen würde.

    Tanka winkte zu Lankok und Hintor auf ihren Flugschweberen hinüber. Ein letzter Blick auf die Sonne – fast den zehnten Teil des Himmels füllte sie inzwischen aus –, dann stieg er in seinen Zentrumsgenerator hinunter, klappte die Schutzgläser hoch und zog die Turmluke zu.

    Wie geplant würden sie die Sonne im Rücken haben. Nicht dass die Bleichköpfe keine optischen Geräte besessen hätten, die gegen das grelle Blendlicht immun waren. Das schon. Die verdammten Bleichköpfe konnten auf fast alle technischen Geräte zurückgreifen, über die auch die Darak verfügten. Anders hätten sich diese Schmarotzer niemals so lange dort oben am Fundament des Werkes halten können.

    Über fast alle – das war der entscheidende Begriff.

    Entscheidend war einer wie Tanka.

    Mindestens drei der Neuentwicklungen, die er heute in die Schlacht werfen würde, hatten die Bleichschädel nicht. Die Multikämpfer. Vor allem sie würden Furcht und Schrecken unter den Strategen der verdammten Schmarotzer vom Mond verbreiten. Und ihre beiden stärksten Waffen erst recht: der Lumenator und der Neutronenwerfer. Beides Neuentwicklungen aus Tankas Denkschmiede. Der Lumenator arbeitete mit Sonnenlicht. Auch fünfhundert Panzerbrecher hatte Tanka mit der neuen Waffe aufgerüstet.

    Tankas Großvater hatte einst die Armeen der Darak in die verlustreiche Schlacht geführt, bei der 104 Umläufe zuvor das Fundament des Werkes und der Hauptsee verlorengegangen waren; oder besser: wieder verlorengegangen waren. Denn im Laufe des immerwährenden Krieges hatte Tankas Volk die Bleichschädel wohl hundertmal von dort oben vertrieben und war wohl hundertmal von den Bleichschädeln wieder von dort oben vertrieben worden.

    Tankas Großvater war damals gefallen, und seit 104 Umläufen kontrollierten die verdammten Bleichschädel nun schon wieder den Wasserabfluss vom Hauptsee hinunter in die Siedlungsgebiete der Darak. Sie ließen gerade genug Wasser abfließen, dass die Darak in dieser Gegend Trinkwasser hatten; aber viel zu wenig, um daraus ausreichend Brennstoff zu gewinnen. Die acht feingliedrigen Finger seiner Rechten tanzten über die Armaturentafel. Tanka sandte einen UKW-Impuls an das mobile Hauptquartier aus. Hinter ihm begann der Reaktor zu summen. Unter ihrer transparenten Verblendung leuchtete die Rechenspirale auf. Wie aus dem Nichts flammte über ihr der Sichtschirm auf. Und in ihm nahm das Gesicht des Oberbefehlshabers Konturen an. Die Augenstiele weit ausgefahren, musterte er Tanka.

    »Ich grüße meinen Oberbefehlshaber Jupanthor, General der Darak!« Tanka deutete eine Verneigung an. »Ich bin bereit zum Angriff und erwarte Ihren Befehl, General Jupanthor.«

    Genau wie Tanka – genau wie alle reinrassigen Darak – war Jupanthor schwarz. Nicht dunkelgrau, nicht braun, nicht dunkelbraun, nicht anthrazitfarben, sondern schwarz. So schwarz wie eine Srygork-Nacht niemals sein konnte, denn selbst während der kurzen Nächte auf dem innersten Planeten der roten Sonne Luut glühten noch Spuren ihres Lichtes in der Atmosphäre. Um die Schwärze der Haut eines Darak vor Augen zu haben, müsste man sämtliche Luken eines Zentrumsgenerators schließen, die Rechenspirale ausschalten und den Reaktor deaktivieren, damit auch die schwächste Bereitschaftsleuchte erlosch. So etwas aber kam niemals vor, denn die Darak von Korsky und die Schirins vom Mond Lauan führten praktisch ununterbrochen Krieg. Und das seit über zehntausend Umläufen. So konnte man von der Hautfarbe der Darak eigentlich nur soviel sagen: Sie war unvergleichlich schwarz.

    Die verfluchten Bleichschädel, die Schirins, waren nicht halb so schwarz – nicht halb so edel. Geschmeiß halt.

    »Und ich grüße meinen Ersten Vordenker Tanka. Es ist ein großer Tag. Das Volk der Darak schaut auf seinen Helden, schaut auf Sie. Von unseren Spionen weiß ich, dass General Labtor und seine Streitkräfte zittern, seit sie erfahren haben, dass der große Vordenker Tanka persönlich die Schlacht lenken wird! Der Scheinangriff am Westhang der Hochebene hat soeben begonnen. Wie wir hören, hat der Feind dort seine stärksten Kräfte massiert. Es läuft also alles nach Plan. Hiermit befehle ich nun den Hauptangriff! Heute holen wir uns den Brunnen von Korsky zurück! Heute noch erobern wir die Brennstofffabrik! Eine frohe Schlacht! Mögen die Götter mit Ihnen sein!«

    »Danke, mein General.« Wieder deutete Tanka eine Verneigung an, wieder tanzten seine sechzehn Finger über die Armaturen. Jupanthors Konterfei verblasste.

    Der General war ein Pathetiker und ein Frömmler dazu. Er redete zu gern und zu viel, und vermutlich glaubte er sogar noch an jene lächerlichen Mythen, nach denen die seit Jahrzehntausenden währende Ausdehnung der roten Sonne Luut eine Strafe für irgendeine Erbsünde der Urväter sei. Und nicht nur die Sonnenexpansion, sogar das prachtvolle Schwarz darakischer Haut führten diese Mythen auf eine Strafe der weißen Götter zurück; und die, welche solche kindischen Mythen seit Neuestem wieder für salonfähig hielten, ebenfalls.

    Eine Strafe welcher Götter? Und für welche »Erbsünde«? Tanka schnitt eine verächtliche Miene und schüttelte den schwarzen Schädel. Er würde niemals begreifen, weshalb der Glaube an die weißen Götter vor allem unter der Elite auf Korsky wieder modern werden konnte.

    »Erster Vordenker an Strategieberechner – setzen Sie Ihre Maschinen in Bewegung. Und hinaus mit den Spähern!«

    Lankok und Hintor bestätigten nacheinander. Jeder von ihnen steuerte eine Hälfte der Panzerbrecher; selbstverständlich würde Tanka ihre Arbeit über seine Rechenspirale kontrollieren. Seine neuartigen Multikämpfer persönlich zu steuern ließ er sich nicht nehmen. Er sandte den Programmimpuls aus.

    Der Zentrumsgenerator rollte an, die Vorstoßmeldungen der Flugschweberen gingen ein. Umgeben von drei Ringeskorten aus je achtzehn Panzerbrechern würden die drei gepanzerten Amphibienfahrzeuge sich immer drei bis zehn Kilometer hinter der dritten und letzten Angriffswelle bewegen.

    Auf der oberen Hälfte des Sichtschirms glitt rasend schnell der farnbedeckte Hang vorbei – das war die Perspektive der Späher. Schon kamen die ersten Geschütztürme der Bleichschädel in Sicht.

    Auf der unteren Hälfte des Schirms sah Tanka die vorderste Angriffswelle seiner Maschinen. Die Panzerbrecher hatten ihre Späher ausgeschleust und pflügten nun, auf der Vorderseite liegend und die Gehstelzen zusammengelegt, wie mehrgliedrige Röhren durch den Farn. Ihre kleinen Kettenschuhe wühlten Blattwerk und Erde in die Luft. Die Brennkreise ihrer Kleinstdüsen leuchteten grell. Manche zogen einen Schweif aus Funken hinter sich her.

    Dazwischen die etwa zwei Meter durchmessenden und zu etwa einem Meter hohen Kuppeln gewölbten Körper der Multikämpfer. Sie erinnerten Tanka an stählerne Panzerechsen, wie sie da auf ihren sechzehn achtgliedrigen Beinen den Hang hinaufrasten. Unwillkürlich klatschte Tanka in die Hände. »Wunderbar!«, rief er. »Einfach wunderbar!«

    Feine grelle Strahlen lösten sich aus einigen Multikämpfern. Feindberührung, endlich! In der oberen Sichtschirmhälfte konnte Tanka beobachten, wie das gebündelte Licht in die Tarnnetze zweier mobiler Stellungen der Schirins eindrang. Im Zickzackkurs rasten die feindlichen Fahrzeuge in den Silberbaumwald. Ihre Navigationssysteme waren ausgefallen! Es gab gar keinen Zweifel mehr – die Waffe wirkte! Ein Späher schlug in eine der mobilen Stellungen ein. Eine Feuerkugel blähte sich auf, dann ein Rauchpilz. Ein paar Bäume brannten. Schade, aber nicht zu ändern.

    »Es geht los!« Tanka schrie vor Begeisterung. »Jawohl! Es geht los!« Es war erst der Anfang. Seine Finger tanzten über die Armaturen – er gab den Neutronenwerfer frei.

    »WEIßT DU, WIE ICH mich fühle?« Sergej Grigoff stapfte durch die Hallen des Raumjägerdepots. Überall Wartungsroboter, überall Reinigungsmaschinen, überall Aufräumkolonnen. »Nackt fühle ich mich, vollkommen nackt!« Makrod antwortete nicht.

    Grigoff bückte sich nach einem zusammengeknüllten weißen Etwas und hob es mit spitzen Fingern auf. Eine Einmalwindel. Sie stank entsetzlich. Grigoff verzog das Gesicht und schleuderte das Ekelteil in Richtung eines Abfallbehälters, den zwei Roboter in der Nähe vorbeizogen. Er verfehlte den Behälter und traf den vorderen Roboter. Der blieb stehen und richtete seine Optik auf den Raumjägerpiloten.

    Der winkte ab. »Tut mir leid, Blechmann. Weitermachen!« Und dann wieder an Makrods Adresse: »Ja, nackt fühle ich mich, verdammt noch mal!« Er entdeckte eine Plastikflasche, nahm Anlauf und trat sie in den Abfallbehälter. Diesmal traf er, und der Roboter, der gerade die zusammengeknüllte Windel aufhob, fuhr hoch und beäugte den Menschen. Fast hätte man meinen können, er fühlte sich von Grigoff provoziert.

    Mark Makrod, der einzige Raumjägerpilot in Hörweite, war damit beschäftigt, einen Trupp Wartungsroboter beim Abbau einer der zahlreichen Zeltbahnen zu dirigieren. Jetzt drehte er sich um und runzelte die Stirn. »Sagtest du, du fühlst dich nackt?«

    »Ja, das sagte ich, Mann! Und das meine ich auch! Oder wie soll man sich fühlen als Raumjägerpilot in einem Raumjägerdepot ohne einen einzigen Raumjäger?« Er drehte sich ein paarmal um sich selbst und wies mit ausgebreiteten Armen auf die leeren Beibootbuchten. »Na, wie soll man sich fühlen? Sag es mir, Mark! Los!«

    Makrod grinste. »Keine Ahnung!« Die pathetische Art seines Kollegen amüsierte ihn. Hin und wieder ging einfach sein ukrainisches Temperament mit Grigoff durch. So war er eben.

    »Ich glaube, ich fühle mich ein wenig wie im Urlaub.« Makrod trat ein paar Schritte zurück, damit die Roboter die nächste Zeltbahn lösen und umlegen konnten. »Ja, Sergej! Fühl dich doch einfach wie im Urlaub. Du bist Raumjägerpilot, es sind keine Raumjäger an Bord, also bekommst du in absehbarer Zeit keinen Einsatzbefehl. Daher bist du in Urlaub. Los, fühl dich wie im Urlaub!« Makrod winkte den Kollegen zu sich. »Komm her, pack mit an! Wenn du was zu tun hast, musst du nicht darüber nachdenken, wie du dich fühlst.«

    Die Zeltbahn fiel, Staubflocken stiegen vom Boden hoch. Grigoff hustete, wedelte mit den Armen und bückte sich nach einem Ende der Bahn, um sie gemeinsam mit Makrod glattzuziehen.

    »Ich hätte aber gern einen Einsatzbefehl, kapierst du das? Urlaub mache ich, wenn wir auf Terra gelandet sind. Dann geht’s in die Transmitterstation und ab nach Paradise, das schwöre ich dir.« Gemeinsam wickelten sie die Zeltbahn auf. »Ich weiß gar nicht, wie du von Urlaub sprechen kannst, während wir hier den Dreck all dieser Leute wegräumen müssen.« Er hob den Kopf, schnüffelte und rümpfte die Nase. »Und dieser Mief, den sie hinterlassen haben! Könnte man nicht endlich mal lüften hier?«

    »Nein«, sagte Makrod trocken. »Das tun wir besser erst, wenn wir gelandet sind.« Er griff in die Zeltbahn und zog ein großes Blatt Papier ab, das jemand mit Klebstreifen daran befestigt hatte. Eine Zeichnung, von einem Kind gemalt. »Wie niedlich!«

    Grigoff beugte sich über seine Schulter. Gemeinsam betrachteten sie das Kinderbild: ein gebogener Horizont, eine Sonne, drei Strichmännchen. Zweien davon, einem der beiden großen und dem kleinen, standen stachelartige Haare von den runden Köpfen ab. Über dem Bild hatte jemand mit krakeliger Kinderschrift geschrieben: Mama + Papa + Marie.

    »Da hat ein kleines Mädchen seine Landung auf Yolnur gemalt. Was machen wir damit?«

    »Keine Ahnung.« Grigoff klopfte sich die Hände am Overall ab. Mürrisch blickte er auf einen Stapel Gerümpel, den ein Roboter in seiner Nähe mit einem breiten Besen zusammenschob: Plastikflaschen, leere Pappkartons, Verpackungsmaterial, ein Schnuller, eine angebrochene und vergessene Packung Kondome, ein paar leere Konservendosen.

    »Wenn man bedenkt, dass es auf dem ganzen Schiff solche Dreckhaufen gibt ...« Grigoff rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf.

    »Es werden doch von Minute zu Minute weniger.« Makrod faltete das Kinderbild zusammen und steckte es in eine Beintasche seiner Bordkombi. »Sieh es doch positiv, Sergej – es ist vorbei.«

    Vorbei war die größte Evakuierungsaktion in der Geschichte der Menschheit. Die Sternenstaub hatte sich daran beteiligt. Gleich nach dem tragischen Verschwinden der Seithnys in den Weiten des Kosmos hatte sich das Schiff von Commander Ryan Whittaker in die konzertierte Rettungsmission der Terranischen Flotte, der verbündeten Luhr und der Flotte von Paradise eingeklinkt.

    Die Enttäuschung war maßlos gewesen – hatten sie doch gehofft, die geheimnisvollen Energiewesen, die Seithnys, würden die heimatliche Sonne so lange mit neuem Wasserstoff versorgen, bis sie wieder die Masse erreichen würde, die sie vor dem heimtückischen Angriff der Gracker gehabt hatte. Die Besatzung der Sternenstaub und ihr Kommandant hatten ihre Frustration einfach in Arbeit erstickt. Monatelang war der Diskusraumer zwischen Yolnur und der Erde gependelt. Zweitausend Menschen hatten sie bei jedem Flug nach Yolnur an Bord gehabt.

    Waren sie fünfzehnmal geflogen? Oder zwanzigmal? Grigoff hatte irgendwann aufgehört zu zählen. Schon möglich, dass insgesamt fünfzigtausend Leute an Bord gewesen waren in den letzten Monaten. Fünfzigtausend Menschen machten eine Menge Dreck. Die Evakuierungsaktion war vorbei. Aufräumen und Saubermachen war angesagt.

    »Positiv soll ich das sehen?« Ein paar Schritte weiter warf ein Roboter einen Arm voll Kunststoffflaschen in einen Abfallbehälter. Ein anderer kippte einen Karton mit Konservendosen dazu. Eine Reinigungsmaschine rollte mit aktiviertem Staubsauger vorbei. »Berauschender Tipp«, knurrte Grigoff.

    Er und Makrod standen auf. Das Verschnüren und den Abtransport der Zeltbahnen überließen sie den Robotern. Mit den Planen hatten sie im Raumjägerdepot und auf den Gängen der Sternenstaub kleinere Räume voneinander abgegrenzt, um den Evakuierten während der tagelangen Reise nach Yolnur wenigstens eine Andeutung von Intimsphäre zu schaffen.

    »Ist doch so!«, sagte Makrod. »Die ganze verdammte Evakuierung ist vorbei.« Er bückte sich nach einer Tüte mit gebrauchten Trinkbechern und schleuderte sie im Vorübergehen in einen Abfallbehälter. »Jetzt machen wir sauber. Gleichzeitig fliegen wir zurück nach Terra. Dann machen wir Urlaub auf Paradise, und wenn wir anschließend wieder an Bord kommen, ist hier wieder alles blitzblank und vor allem: voll mit unseren Raumjäger.« Er boxte Grigoff gegen die Schulter. »He, Sergej! Freu dich! In Ordnung?«

    Eines der kleinen Hologramme im Zugangsbogen einer Raumjägerbucht flammte auf. Grigoff und Makrod erkannten die Gesichtszüge ihres Chefs.

    »Nun, meine Herren? Kommen Sie voran?« Ryan Whittaker lächelte. »Haben Sie ein paar Breschen in das Chaos schlagen können?«

    »Sagen wir lieber so, Commander«, antwortete Grigoff. »Wir geben uns dem Chaos nicht geschlagen.«

    »Hören Sie nicht auf ihn, Whittaker«, sagte Makrod. »Sergej hat seinen bescheidenen Tag heute. Wir kommen schneller voran als erwartet. Morgen um diese Zeit finden Sie hier keine Spur mehr von Evakuierungslagern.«

    »Gut zu hören.« Whittaker nickte anerkennend. »Dann müssen Sie noch neun Tage ohne Ihre geliebten Raumjäger durchhalten, was? Aber auch das geht vorüber. In neun Tagen liegen Ihre Prachtstücke wieder in den Buchten. Darauf können Sie sich freuen.«

    »Das tun wir, Commander!« Grigoff nickte und bedachte seinen Kollegen mit einem grimmigen Seitenblick. »Da können Sie sich drauf verlassen. Wir sind schon ganz wild vor lauter Vorfreude auf unsere geliebten Blechbüchsen!«

    TANKA SICHTETE DIE Aufnahmen aus dem mobilen Hauptquartier. Es waren Bilder von Spähern, die den Scheinangriff beobachteten: Luftwaffengeschwader und schwere Panzerverbände der Bleichschädel gingen auf die zwölftausend Altmaschinen los, die vierhundert Kilometer weiter westlich den dort ziemlich steilen Hang zur Hochebene hinaufmarschierten. Dort war der Weg vom Rand der Hochebene zum Fundament des Werks, zum Hauptsee und zur Brennstofffabrik am kürzesten. Dort erwartete der Feind den Angriff seit langem. Jupanthor und Tanka wussten es von ihren Spionen.

    Der Erste Vordenker triumphierte. Hatten die Bleichschädel also tatsächlich ihre Befestigungsanlagen dort oben in der Hügelschneise vor der Hochebene ihres stärksten Schutzschildes beraubt! Hatten sie tatsächlich ihre Panzer und Luftkämpfer nach Westen verlegt! Genau so, wie Jupanthor und er es erwartet hatten!

    »Wunderbar!« Tanka jubelte. »Erster Vordenker an Strategieberechner – die Hauptstreitmacht des Feindes kämpft im Westen gegen unsere ausgemusterten Roboter! Der Weg ist frei! Schalten wir die Festungen aus! Führen Sie Ihre Maschinen nach vorn, Lankok! Vernichten Sie Festung Zwei! Wir geben Ihnen Feuerschutz!« Die Bestätigungen gingen ein.

    Hinter seiner dritten Angriffswelle raste Tanka den Hang hinauf. Auf dem Sichtschirm sah er, wie Lankoks Flugschweber Fahrt aufnahm, abhob und über die dritte Angriffswelle hinweg den Hang hinaufschwebte. Der Flugpanzer gewann rasch an Geschwindigkeit und verschwand kurz darauf hinter dem Horizont. Lankok verlegte seine Steuerzentrale an die Spitze der ersten Angriffswelle.

    Wenn die drei Festungen dort geknackt waren, konnte nichts mehr die im Hinterland wartenden Kampfverbände der Darak unter General Jupanthor aufhalten – dann war der Weg zu den Fundamenten des Werkes und zum Hauptsee frei! Dann konnte die Front der feindlichen Roboterarmeen von hinten aufgerieben werden! Und selbst die schwierige Eroberung der Brennstofffabrik war dann nur noch eine Frage von Stunden!

    Tankas erste Angriffswelle war längst auf der Hochebene verschwunden. Die rötlichen Nebel dort oben leuchteten von Explosionsblitzen, Laserstrahlen und den Reflexen der Lumenatoren. Die zweite Angriffswelle hatte die Hälfte des Hanges bereits hinter sich und tobte dem brennenden Silberbaumwäldchen entgegen. Tankas Zentrumsgenerator und Hintors Flugschweber folgten ihr in einem Abstand von knapp siebenhundert Metern.

    Auf dem Sichtfeld verfolgte der Erste Vordenker der Darak die Vorstöße seiner vorderen Angriffslinie. Die mobilen Einheiten der Bleichköpfe standen auf verlorenem Posten. Die Lumenatoren der Panzerbrecher und der Multikämpfer legten ihre Navigationssysteme lahm, und die Neutronenwerfer schalteten ihre Elektronik aus. Eine feindliche mobile Einheit nach der anderen explodierte.

    »Sehr gut!« Tanka schrie seine wilde Freude hinaus. »Das ist einfach wunderbar!« Seine langen schwarzen Finger rauschten über die Armaturen. Noch gab er seine Steuerbefehle über die Tasten ein. »Erster Vordenker an Strategieberechner!« Die Verbindungsbestätigungen folgten sofort. »Sehen Sie das? Ist das nicht wunderbar? Was glauben Sie, was geschieht, wenn die Multikämpfer erst einmal die Festungen erreichen!?«

    »Das gibt ein Freudenfeuer, wie Korsky es noch nie gesehen hat!«, rief Hintors Stimme aus dem Funk.

    »Ihre Panzerverbände brauchen sechs Stunden bis hierher!« Lankoks Stimme überschlug sich vor freudiger Erregung. »Falls sie den Trick mit den Schrottrobotern überhaupt sofort durchschauen! Wenn uns ihre Luftwaffe noch eine halbe Stunde gibt, sind wir so gut wie durch!«

    »So ist es!« Tanka klatschte in die Hände. »Ist es nicht wunderbar?!«

    Dieser Tag würde als Tag seines Ruhmes in die Geschichte der Yuparen eingehen. Dieser Tag würde die Schmach der Niederlage seines Großvaters tilgen! »Weiter so, Lankok! Weiter so, Hintor! Immer weiter so!«

    Dass der Weg zu den Seen und zum Werkfundament kein Spaziergang werden würde, begriff Tanka zwei Minuten später: Die Festungen hatten titanische Panzerroboter ausgeschleust, 190 Einheiten insgesamt. Die Panzerbrecher stürzten sich sofort auf sie. Doch ihre Laserstrahlen glitten an ihren verspiegelten Außenhüllen ab, und die Lumenatoren konnten ihren Navigationssystemen nichts anhaben; vermutlich, weil der Nebel dort oben immer dichter wurde.

    Das schmeckte Tanka ganz und gar nicht. Seine Finger hieben auf die Tastenfelder der Armaturentafel ein. Sofort konzentrierten sich 140 Multikämpfer auf die Panzerroboter. Verstärkte Ladungen der Neutronenwerfer trafen die Maschinentitanen und beraubten sie ihres Spiegelschirms. Gleich beim ersten Angriff explodierten zwei Dutzend feindlicher Panzerroboter. Dann, in kurzen zeitlichen Intervallen, einer nach dem anderen. Der Detonationslärm drang sogar durch die schallgeschützte Innenglocke von Tankas Zentrumsgenerator. Immer zwei Multikämpfer nahmen einen Titan-Panzerroboter in die Zange. Mit ihrem Neutronenwerfer raubten sie ihnen den Spiegelschutz, mit ihren Granatwerfern oder Mikroraketen zerstörten sie die Maschinen.

    Es ging Tanka wie ein Stich durchs Herz, als irgendwann der erste Multikämpfer explodierte. Zwei feindliche Panzerroboter hatten ihn gerammt, ein dritter einen Laserstrahl in sein elektronisches Hirn geschossen. Ein solch finaler Angriff aktivierte augenblicklich das Selbstzerstörungsprogramm. Keine dieser neuartigen Maschinen durfte den Bleichschädeln jemals in die gierigen Hände fallen. Diese verdammten Schmarotzer würden sie innerhalb weniger Umläufe nachbauen!

    Jetzt verschwand auch die dritte Angriffswelle hinter dem Rand der Hochebene. Die Kämpfe hatten sich mittlerweile auf drei Brennpunkte konzentriert: Im Silberbaumwald, vor der ersten Festung und vor den Verbänden der feindlichen Panzerroboter wogte die Schlacht. Die Titanen traten aber bereits den Rückzug an.

    Lankoks Flugschweber hatte bereits die erste Festung inmitten von etwa zweihundert Multikämpfern und dreihundert Panzerbrechern passiert. Die darakische Angriffsspitze nahm jetzt Kurs auf die achtzehn Kilometer entfernte zweite Festung. Grimmige Freude erfüllte Tanka, als er sah, wie geschickt sein Strategieberechner seine Einheiten koordinierte.

    Plötzlich eröffnete Festung 1 das Feuer mit Raketenwerfern und aus schweren Artilleriegeschützen. Gleich sieben Multikämpfer und fast zwanzig Panzerbrecher explodierten. Tanka fluchte laut, beruhigte sich aber gleich wieder, denn nur Sekunden später brachen das Abwehrfeuer und die Schutzspiegelung der Festung unter dem unsichtbaren, aber wirkungsvollen Beschuss der Neutronenwerfer zusammen.

    An die hundertzwanzig Späher stürzten sich in einem dichten Geschwader auf die Kuppeln und Türme der Festung. Zahllose Explosionen erfolgten, Feuertürme schossen an zwei Stellen aus der Festung, Rauchkaskaden stiegen in den Himmel. Tanka meldete die Zerstörung der ersten Festung an das mobile Hauptquartier.

    »General Jupanthor an Ersten Vordenker! Bin auf dem Laufenden! Sehr gute Arbeit! Den Göttern sei Dank! Ganz Korsky jubelt! Ich setze jetzt meine Haupttruppen in Bewegung! Gratuliere! Nur noch eine Frage von Minuten, bis der Weg frei ist! Wir marschieren los!«

    Tanka bestätigte. Ein wenig wunderte es ihn, dass General Jupanthor nicht wenigstens die Zerstörung von Festung 2 abwarten wollte. Andererseits – da die Bleichschädel ihre Hauptstreitmacht vierhundert Kilometer entfernt auf einen Haufen Altmaschinen geworfen hatten, war der Kampf hier, an der Pforte zur Seenplatte von Muntarion, so gut wie entschieden.

    Wieder explodierten zwei Multikämpfer, und die Bilder von Flammen und Trümmern auf dem Sichtschirm taten Tanka körperlich weh. Doch er zwang sich, kühlen Kopf zu bewahren: Bei den Multikämpfern hatte er zwanzig Prozent Verluste eingeplant, bei den Panzerbrechern sogar fünfzig. Gerade mal zwei Prozent Verluste zeigte das Diagramm der Rechenspirale für die Multikämpfer an und vier Prozent für die Panzerbrecher.

    Jetzt erreichten auch Tankas Zentrumsgenerator und Hintors Flugschweber die Hochebene. Der Erste Vordenker starrte auf das Sichtfeld – was war das? Drei Flugobjekte, die ihm die Späher nicht gezeigt hatten? Verfügten die verdammten Bleichschädel etwa über neue Ortungsschutzmöglichkeiten?

    »Strategieberechner Lankok an Ersten Vordenker – sie greifen mit Düsenluftschiffen an!«

    Tanka, der seine Rechenspirale angewiesen hatte, die Aufnahmen ihrer Außenkameras zu vergrößern, sah es jetzt selbst: drei torpedoförmige Luftschiffe. Sie nahmen Kurs auf die Stoßspitzen seiner ersten beiden Angriffswellen. Normalerweise benutzten die verdammten Schirins solche Luftschiffe zum Transport von Maschinen und Soldaten. Was, wenn sie die Dinger heute mit Sprengstoff vollgepackt hatten?

    Tanka stöhnte. Bloß nicht daran denken! Er verfluchte die Festungen. Was würden sie noch für Überraschungen bereithalten? Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte man die Festungen mit drei kleinen taktischen Nuklearsprengsätzen ausgeschaltet und Ende. Aber Nuklearbomben waren ja böse, waren ja Sünde, und der fromme Jupanthor musste fürchten, von seinen weißen Göttern in noch tieferes Schwarz gefärbt zu werden, wenn er den Einsatz von Nuklearbomben überhaupt nur in Erwägung zog!

    Mit grimmiger Miene hieb Tanka auf die Tasten seiner Armaturentafel ein. Er programmierte drei Gruppen von jeweils zwanzig Multikämpfern zu einem koordinierten Neutronenwerferangriff auf die Luftschiffe.

    Fakt war folgendes: Es existierten und galten uralte Verträge mit den Bleichschädeln, nach denen der Krieg zwischen beiden Yuparenvölkern die Umwelt von Korsky und Lauan so wenig wie möglich belasten durfte. Der brennende Silberbaumwald zum Beispiel, durch den sein Zentrumsgenerator gerade der dritten Angriffswelle hinterherpflügte, hätte für weniger prominente Kämpfer, als er es war, schon ein Disziplinarverfahren zur Folge gehabt.

    Auch die Menge des Wassers, das die jeweiligen Besitzer der Seenplatte den jeweiligen Verlierern der Hochebene zu überlassen hatte, regelten die uralten Abkommen.

    Dann aber der Kern der Verträge: Nuklearwaffen waren strengstens verboten. Dieses Verbot hing einmal mit der Pflicht zur Schonung der Umwelt zusammen und zum anderen mit der schlichten Tatsache, dass der Krieg im Laufe der Jahrtausende die Bevölkerung der Darak und der Schirins erheblich dezimiert hatte; und das, obwohl er hauptsächlich mit Robotern geführt wurde. Und der wichtigste Grund des Verbotes: Die Kämpfe durften unter keinen Umständen das Werk und sein Fundament beschädigen. Denn das würde mit hoher Wahrscheinlichkeit den Untergang sowohl Lauans als auch Korskys zur Folge haben.

    Tanka hielt diese Verträge für überholt. Er war nicht aus Versehen Erster Vordenker der Darak geworden, er war es geworden, weil er scharf und logisch denken konnte wie kaum ein anderer Yupare auf beiden Seiten der Front. Und sein legendärer Verstand sagte ihm, dass ein einziger Einsatz von Nuklearwaffen – nur einer! – dem seit zehntausend Umläufen währenden Krieg ein Ende setzen würde und mit ihm auch dem alarmierenden Rückgang der Bevölkerungszahlen auf beiden Seiten der Front.

    Aber gut – er würde sich hüten, den Einsatz von Kernwaffen vorzuschlagen. Atombomben am Rande des Brunnens von Korsky? Atombomben vor den Fundamenten des Werkes? Eine Stunde, nachdem er diesen Vorschlag gemacht hätte, säße er bereits im Straflager von Genneza oder sonst einer Salzwüste zwischen den Kontinenten von Korsky.

    Plötzlich sah er, wie eines der Luftschiffe abstürzte. Natürlich, es musste abstürzen – schließlich hatte es mehrere Breitseiten aus Neutronenwerfern abbekommen! Doch es stürzte nicht einfach so herunter, sondern steuerte im Sturzflug die Angriffsspitze seiner Truppen an. Die trennte nur noch drei Kilometer von Festung 2.

    »Vorsicht, Lankok! Schalten Sie das Objekt aus ...!«

    Das Luftschiff schlug auf, und Tanka schloss die Augen, so grell war der Explosionsblitz. Er glaubte zu spüren, wie sein Zentrumsgenerator vibrierte, was vollkommen ausgeschlossen war. Als er die Augen aufriss und die Augenstiele ausfuhr, blinkten auf den Anzeigen der Rechenspirale die Verlustzahlen: 370 Panzerbrecher und 111 Multikämpfer.

    Er schrie auf, als hätte ihn jemand in die Nieren getreten. Doch schon im nächsten Moment hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Erster Vordenker an Strategieberechner Lankok!«, rief er in den UKW-Funk, während seine Finger über die Tasten jagten. Nichts. »Zentrumsgenerator an Flugschweber Eins!« Keine Antwort.

    »Die Explosion hat seinen Flugschweber zerstört«, tönte Hintors Stimme aus dem Funk. »Er ist tot!«

    Tanka erstarrte. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, General Jupanthor anzufunken und die nachrückenden Truppen aufzuhalten. Doch wirklich nur für einen Moment, dann gewann sein Selbstvertrauen wieder die Oberhand, und sein Entschluss stand fest. »Erster Vordenker an Strategieberechner: Weiter geht es! Geben Sie Ihre Maschinen frei!«

    Er schaltete die Rechenspirale in den Verbalmodus und aktivierte das Mikrophon seines Helms. »Panzerbrechereinheiten siebzehn bis vierhundert – Angriff auf die beiden anderen Luftschiffe! Alle anderen: Sturm auf die Festungen!«

    In den heißen Phasen einer Schlacht benutzte er den Sprachmodus. In diesem Modus konnte man den Maschinen zwar immer noch strategische Befehle geben und ihre Vorstöße zumindest in groben Linien korrigieren. Zugleich jedoch gewährte man ihnen einen großen Spielraum, die eingehenden Daten selbständig zu verarbeiten, und den Kampf autark und mit der ihnen eigenen technischen Intelligenz zu führen.

    Plötzlich schrillte der Ortungsalarm. Tanka blickte auf den Sichtschirm. Die feindliche Luftwaffe! Der Schreck fuhr ihm in alle Glieder. Wie konnte es sein, dass die Flugroboter der Bleichschädel in so kurzer Zeit vom Ort des Scheinangriffs hierher geflogen waren? Hatte Labtor, der General der verdammten Schirins, die Strategie durchschaut? Hatte er sie etwa von Anfang an durchschaut?

    Sie flogen von der Westseite in drei Angriffswellen aus dem Nebel heran, etwa neunhundert Flugkämpfer pro Welle. Schon ging ein Stakkato von Laserstrahlen auf Tankas Maschinenheer nieder, Dutzende von Panzerbrechern explodierten, und sogar drei seiner neuen Multikämpfer gingen verloren. Die Laserstrahlen der eigenen Einheiten verpufften wirkungslos an der verspiegelten Außenhaut der feindlichen Luftwaffeneinheiten. Und die Mikrogranaten der Multikämpfer? Tanka traute seinen Augen kaum: Sie gerieten gleich nach Abschuss in einen Schlingerkurs und verfehlten ihre Ziele.

    »Neutronenwerfer!«, schrie der Erste Vordenker von Korsky. »Höchste Stufe!«

    Seine Multikämpfer beschossen die Flugroboter jetzt mit den unsichtbaren Strahlen der Neutronenwerfer, und sofort drangen Laser und Granaten durch: In kurzen Intervallen explodierten neunzehn Flugroboter. Dann war die erste Angriffswelle durch.

    Die zweite nahte.

    Tanka hielt den Atem an: Die Kampfflugroboter schossen diesmal im Tiefflug heran. Kaum fünfzehn Meter über dem Boden rasten sie dahin und entfachten eine gewaltige Feuerwalze unter sich. Unverantwortlich, jetzt den Neutronenwerfer einzusetzen – die Strahlung würde die Schützen selbst beeinträchtigen! Aus irgendeinem Grund funktionierte der Lumenator nicht mehr. Nirgendwo konnte Tanka einen Flugkämpfer mit Navigationsproblemen entdecken. Hatten die Bleichschädel etwa eine Abwehrwaffe entwickelt? Aber wie denn, wenn sie seine neuen Waffenkonzepte nicht kannten? Und warum griffen sie im Tiefflug an? Das pflegten die Maschinen der Bleichschädel normalerweise nur im Notfall zu tun.

    »Sprung!«, brüllte Tanka ins Mikrophon. »Sprung!« Und dann entfalteten seine vielgliedrigen Multikämpfer ihre unglaubliche mechanische Kraft: Sie sprangen vom Boden bis zu zwanzig Meter in die Höhe, klammerten sich an den Flugkämpfern fest und rissen sie mit sich auf den Boden hinunter.

    »... WIR SIND SCHON ganz wild vor lauter Vorfreude auf unsere schönen Blechbüchsen!« Grigoff grinste und machte dabei eine halb grimmige, halb wehmütige Miene.

    »Gut so, und schönen Abend noch.« Ryan Whittaker unterbrach die Verbindung. Grigoffs und Makrods Gesichter im Hologramm verblassten. Sternkonstellationen glitzerten wieder in der Bildkugel. Noch einundneunzig Minuten bis zur nächsten Transition. Noch neun Tage bis nach Terra.

    »Sergej Grigoff scheint kein Vergnügen an Evakuierungsflügen zu haben.« Whittaker lehnte sich zurück und faltete die Hände im Nacken. »Und an Reinigungsarbeiten gleich gar nicht.«

    »Ich möchte den sehen, dem das Spaß macht«, sagte Don Ryder. »Und wer hätte auch gedacht, dass die Umsiedler so viel Dreck hinterlassen würden? Manche haben sich schlimmer benommen als Schweine.« Er erhob sich vom Sitz neben Whittakers Kommandosessel. »Aber hast du gesehen, wie seine Augen leuchteten, als wir von den Raumjäger sprachen?«

    »Habe ich.«

    »Und zum Schluss wieder die Waschräume.« Don Ryder schaltete das Hologramm auf die letzte Station ihres visuellen Schiffsrundgangs an diesem Abend. Licht spiegelte sich an blitzblank gescheuerten Polysteriumwänden. Eine Gestalt aus grauem Metall lehnte unter einer Dusche. Rauchwolken stiegen von ihr auf. Gilead qualmte eine Zigarre.

    Ryder zog die Brauen hoch und schüttelte den Kopf. »Sieht nach Feierabend aus«, sagte der Commander.

    »Korrekt, Whittaker«, schnarrte der Roboter. »Alles sauber. Morgen streichen wir hier noch die Luken, dann sieht es hier wieder aus wie am ersten Schöpfungstag.«

    »Und die verstopften sanitären Anlagen?«

    »Alles fließt wieder, Whittaker.« Gilead zog an der Zigarre und blies den Qualm gegen die Decke. »Ich habe dafür gesorgt, dass meine Kollegen von der Schiffstechnik alle deine Wünsche erfüllt haben. Komm und rauch eine mit mir. Dann kannst du dich persönlich davon überzeugen.«

    »Danke. Bis später.« Whittaker grinste.

    Ryder unterbrach die Verbindung. Die Gestalt des Roboters im Hologramm löste sich auf. Sterne funkelten im schwarzen All. »Die Persönlichkeit dieses Maschinenwesens nimmt immer skurrilere Züge an«, sagte Don Ryder. »Findest du nicht?«

    »Ich mag ihn so.« Whittaker streckte die Beine aus und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Arbeitstag war so gut wie vorbei.

    Einmal am Tag, gleich nach dem Frühstück, nahm er sich drei Stunden Zeit und machte einen Rundgang durch sein Schiff; zu Fuß, persönlich. Er war zu sehr mit der Sternenstaub verbunden, um sich mit den Berichten seiner Leute zu begnügen, er musste mit eigenen Augen sehen, wie sich der Diskusraumer allmählich wieder von einem Flüchtlingsschiff in einen Forschungs- und Kampfraumer verwandelte. Er musste auf eigenen Beinen durch die Gänge und Abteilungen laufen, wo vor acht Tagen noch Familien von der Erde kampiert hatten und wo jetzt Wartungs- und Reinigungsmannschaften arbeiteten.

    Nach einer Woche hatte er auf diese Weise sämtliche Segmente der Sternenstaub durchschritten und sich so ein augenfälliges Bild vom Zustand seines Circulum-Raumers gemacht. Zehntausende von Menschen hatten eine Menge Spuren hinterlassen; nicht nur Müll, auch Schäden an der Einrichtung, an den sanitären Anlagen und so weiter. Immerhin – die Reparatur- und Aufräumungsarbeiten gingen voran. Ein oder zwei Tage noch, dann war die Arbeit erledigt.

    Meistens begleitete Don Ryder ihn auf seinen Rundgängen. Auch ihm war das Schiff ja längst ein Teil seines Lebens, ja, sogar seiner Identität geworden.

    Gegen Abend, meist wenn die Borduhr auf 21 Uhr zuging, nahmen sie dann per Bordfunk noch einmal Kontakt zu den einzelnen Abteilungen auf, um sich einen Eindruck vom Fortgang der Reinigungs- und Reparaturarbeiten zu verschaffen. So wie an diesem Abend, als sie mit Mark Makrod und Sergej Grigoff im Raumjägerdepot gesprochen hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der KI-Master die Landung auf Terra in neun Tagen geplant.

    Don Ryder stieg aus dem Kommandostand und trat vor die zentrale Bildkugel. So oft hintereinander waren sie die Strecke von Terra nach Yolnur und zurück geflogen in den letzten Wochen, dass ihm die Sternkonstellationen schon vertraut vorkamen, die zwischen den Transitionen im Hologramm zu sehen waren.

    »Ich bin gespannt auf Terra«, sagte Whittaker hinter ihm. »Wie mögen sich die Zurückgebliebenen wohl zurechtfinden in all dem Eis und bei der Kälte?«

    »Darüber mache ich mir weniger Sorgen.« Ryder drehte sich nach dem Freund um. »Ich frage mich eher, ob die Gebrüder Moreno die Meeresfrüchte inzwischen von der Speisekarte gestrichen haben.«

    »Ein bisschen mehr Optimismus, wenn ich bitten darf.« Whittaker grinste. »Was für ein abscheuliches Katastrophenszenario du schon wieder entwirfst! Ist ja nicht zum Aushalten!«

    Die Antwort gefiel Ryder. Überhaupt gefiel ihm der Freund seit drei oder vier Tagen wieder besser. Fürchterlich, wie er unter dem plötzlichen Verschwinden der Seithnys gelitten hatte. Alle Hoffnungen auf die Rettung der Sonne – von einem Augenblick zum anderen zerstoben. Alle Hoffnungen auf eine lebenswerte Zukunft auf der Erde – von jetzt auf gleich in Nichts aufgelöst.

    Eine Katastrophe.

    Alle hatten sie darunter gelitten, die ganze Besatzung, doch Ryan Whittaker – das jedenfalls war Ryders Eindruck gewesen – hatte die Enttäuschung an den Rand seiner Belastbarkeit geführt. Tagelang hatte er sich während der Evakuierungsflüge in seiner Privatkabine verkrochen. Wenn man ihn in der Zentrale sah, sprach er kein Wort, und seine Miene war wie aus weißem Marmor gemeißelt gewesen. Nicht einmal Anna Brent war in dieser Zeit an ihn herangekommen. Selten hatte Don Ryder seinen alten Freund und Weggefährten derart niedergeschlagen erlebt.

    Damit war es vorbei, Gott sei Dank. Ryder merkte, dass sein Freund seit ein paar Tagen wieder zu seiner gewohnten Entschlusskraft und Unternehmungslust zurückfand. Eine neue Aufgabe musste jetzt her, und dann würde auch Whittaker wieder endgültig der alte sein.

    »Ich bin ernsthaft beunruhigt«, sagte der Commander. »Keine Meeresfrüchte mehr? Schätze, das sollten wir gleich nach der Landung auf Space City überprüfen. Ich lade dich und deine Frau ein.« Er blickte zur Wendeltreppe, wo Anna Brent gerade herabstieg. »Und dich natürlich auch, Liebes.«

    »Danke. Angenommen.« Ryder schlenderte um die Bildkugel herum. »Hoffen wir, dass den Morenos noch nicht die Eingänge zugefroren sind«, unkte er. »Und was machen wir nach dem Essen?«

    »Erst einmal Urlaub.« Anna war auf halber Höhe der Treppe stehengeblieben. »Wir haben für drei Tage auf Paradise gebucht.«

    »Ich glaube, das haben die meisten getan.« Ryder beobachtete, wie Anna sich über das Geländer beugte und Whittaker mit den Fingern zu sich winkte. Die beiden schienen eine Verabredung der romantischen Sorte zu haben. »Und was machen wir nach dem Urlaub?«

    »Was schon?« Whittaker stemmte sich aus dem Kommandosessel. »Fliegen, mein Freund! Wir schwingen uns ins All!« Er stieg vom Kommandostand und nahm die ersten Stufen der Wendeltreppe. »Ich dachte an eine kleine Forschungsmission.«

    »Was du nicht sagst.« Ryder musste sich korrigieren: Sein Freund lief nicht erst langsam zu alter Form auf, er war schon wieder ganz der alte. »Und an welches Ziel und welchen Zweck dachtest du?« Er fürchtete die Antwort zu kennen, wollte aber, dass Whittaker sie aussprach. Er spürte, wie alle in der Zentrale, die mithören konnten, die Ohren spitzten.

    »Über das Wohin müssen wir uns noch Gedanken machen, das Ziel dürfte auf dem Tisch liegen. Ich will die Seithnys finden.« Whittaker griff nach der ausgestreckten Hand seiner Partnerin. Anna zog ihn nach oben.

    »Und du hast natürlich ganz konkrete Vorstellungen, wie du sie findest in unserem winzigen Universum!«, rief Don Ryder ihm nach.

    »Natürlich nicht, Dan!« Oben beugte sich Ryan Whittaker über die Balustrade der Galerie. »Ich hab noch keinen Plan, ehrlich gesagt. Aber du kennst mich doch, Don – bin ich ein Glückspilz, oder bin ich es nicht? Gute Nacht!« Sein Kopf verschwand, und kurz darauf hörte man von oben eine Kabinentür zuschlagen.

    »Gute Nacht, Glückspilz«, murmelte Ryder. Breitbeinig stand er vor der Bildkugel und betrachtete das Sternengefunkel. Er hätte noch die eine oder andere kritische Frage zu Whittakers Plänen gehabt; oder besser: zu seiner Planlosigkeit. Doch er behielt solche Gedanken lieber für sich. Nur nicht den wieder erwachten Tatendrang des Freundes dämpfen.

    Schritte näherten sich, Tino Arrazolan trat neben ihn. »Klingt ernst gemeint, was?«

    »Sie kennen ihn ja.« Ryder betrachtete seine Fingernägel. »Wenn der Chef sich mal was in den Kopf gesetzt hat, zieht er es auch durch.«

    »Ich weiß.« Eine Zeitlang standen sie schweigend und blickten gedankenverloren in die Bildkugel. »Was meinen Sie, Dan?« sagte Tino Arrazolan schließlich. »Werden wir die Seithnys finden?«

    Ryder zog die Brauen hoch und musterte den Italiener. Dann hob er seine Linke und deutete auf den Nagel seines kleinen Fingers. »Sehen Sie den schwarzen Fleck hier unter meinem Nagelrand, Tino?«

    »Sehe ich.«

    »Aus wie vielen Atomen besteht dieses bisschen Dreck, was schätzen Sie?«

    Arrazolan zuckte mit den Schultern. »Eine Milliarde? Zehn Milliarden?«

    »So, und jetzt stellen Sie sich vor, ich könnte eines dieser Atome nehmen und in die Bildkugel werfen.« Er machte eine wegwerfende Bewegung von seinem kleinen Finger zum Zentralhologramm. »Was meinen Sie, Tino? Werden wir das Atom wiederfinden?«

    Arrazolan seufzte und grinste zugleich. »In ein paar Millionen Jahren vielleicht – wenn wir die Bildkugel gründlich genug durchsuchen.«

    »Noch Fragen?« Don Ryder wandte sich ab und stieg die Wendeltreppe zur Galerie hinauf.

    Siebzig Minuten später leitete der KI-Master die nächste Transition ein. Und neun Stunden danach fing die Funkzentrale einen Notruf auf.

    FASZINIERT BEOBACHTETE Tanka die Angriffe seiner Multikämpfer: Ducken, Absprung, Aufprall, Umklammerung – und dann der Absturz mitsamt des Flugroboters. Es ging jedes Mal so rasant, dass Tanka die mechanischen Angriffe seiner vielen Maschinen optisch kaum noch auf dem Sichtfeld verfolgen konnte. Die neuartigen Roboter berechneten den Zeitpunkt des Absprungs und den Kollisionskurs so exakt, dass kein einziger Angriff ins Leere ging. Als wenn es nichts wäre, pflückten sie die feindlichen Maschinen vom Himmel.

    »Ist das nicht wundervoll?!« Tanka geriet schon wieder ins Schwärmen. »Sag selbst, Hintor, ist das nicht einfach wundervoll?!«

    »Ja, Erster Vordenker, das ist es.« Hintors Stimme klang belegt. Der Tod des ersten Strategieberechners schien ihm nahezugehen. Tanka bekam den Eindruck, als würde der Pilot des verbliebenen Flugschwebers seine Arbeit nicht mehr ganz mit der Nüchternheit erledigen, die in dieser Phase der Schlacht unerlässlich war.

    »Reißen Sie sich bloß zusammen, Hintor! Haben Sie nicht mitgezählt? Schon über dreihundert Flugkämpfer haben meine Multikämpfer erledigt! Wir schalten die beiden verbliebenen Festungen aus, und dann ist unsere Aufgabe erledigt! Ich erwarte präzise und gewissenhafte Arbeit! Ist das klar?«

    »Jawohl, Erster Vordenker«, kam es knapp zurück.

    Die letzten Flugroboter der zweiten Angriffswelle röhrten über Tankas Maschinenheer hinweg. Seine Multikämpfer sprangen ab, umklammerten die Flugkämpfer und rissen sie auf den Boden. Viele schafften es, die aus der Luft gepflückten Angreifer kurz vor dem Aufschlag loszulassen, sich abzurollen und unbeschädigt gleich zum nächsten Fangsprung anzusetzen.

    Tanka lachte laut. Seine neuen Maschinenkämpfer machten ihm wirklich Freude – und das Wort gefiel ihm: Fangsprung.

    Die Hälfte derer, die nicht rechtzeitig losließen, prallten mit den Flugkämpfern auf dem Boden auf, brannten ihnen einen Laserstrahl in die Elektronik und zogen sich ein paar Meter zurück. Sie brauchten dann meist zwanzig bis vierzig Sekunden, um sich für den nächsten Einsatz neu zu konfigurieren. Die andere Hälfte blieb entweder stark beschädigt liegen oder verglühte, falls der Flugkämpfer beim Aufschlag explodierte.

    Auf diese Weise vernichtete Tankas Multikämpferheer über 600 Flugroboter bei eigenen Verlusten von gerade mal 153 Maschinen.

    Die dritte Angriffswelle der Flugkämpfer verzichtete auf den Tiefflug. Die Multikämpfer wehrten sie mit konzentriertem Feuer aus Neutronenwerfern ab. Über hundert Flieger stürzten auf das Schlachtfeld. Danach drehte die feindliche Luftwaffe ab.

    Tanka jubelte und machte Meldung bei seinem Oberbefehlshaber. General Jupanthor wusste schon Bescheid.

    »Wunderbare Schlacht! Gratuliere, Erster Vordenker! Das Volk der Darak ist stolz auf Sie! Meine Panzerspitzen haben den Rand der Hochebene erreicht! Wir sehen die Explosionen und die Rauchwolken! Wir schicken Ihnen achttausend Panzerbrecher, um Ihre Flanken zu sichern und Sie mit ausreichend Munition zu versorgen! Weiter so, Erster Vordenker! Es ist bald geschafft! Schöne Schlacht noch!«

    Die zweite Festung schleuste Unmengen von Kampfrobotern aus, ein paar der zehn Meter hohen Titanen, zumeist aber kleine, zweibeinige Schützen. Die schossen mit Laserstrahlen und warfen mit Granaten um sich. Mit der ihnen eigenen Schnelligkeit, für die diese Modelle berüchtigt waren, drangen sie in Tankas Schlachtreihen ein und versuchten, die Vernichtungswalze seines Angriffs aufzuhalten. Vergeblich: Obwohl nicht ganz so reaktionsschnell, war ihnen Tankas Neuentwicklung dennoch turmhoch überlegen. Während sich die Panzerbrecher um die Titanen kümmerten, irritierten die Multikämpfer die Schützen mit dem Lumenator oder schnitten ihnen mit Schneidbrenner oder Zangen einfach die Köpfe und mit den Köpfen ihr zentrales Steuermodul ab.

    Festung 2 leistete keinen nennenswerten Widerstand, und Tanka verzichtete darauf, sie zu zerstören. Sie sollte ihm und Jupanthor als eigene Bastion gegen die Bleichschädel dienen, denn dass die Schmarotzer versuchen würden, die Hochebene zurückzuerobern, stand außer Frage.

    In weniger als einer halben Stunde erreichten die ersten Multikämpfer Festung 3. Sie lag bereits hundert Kilometer tief auf besetztem Gebiet. Tankas Maschinenheer umzingelte sie. Von den Seen her verstärkte sich der Nebel. Die Riesensonne von Korsky stand jetzt in voller Größe hinter Tankas Linien.

    Der Erste Vordenker der Darak stoppte seinen Zentrumsgenerator, stieg zum Turm hinauf, klappte die Schutzgläser vor die Augen und öffnete die Luke. Durch seinem Feldstecher betrachtete er das zurückeroberte Gebiet. Überall Brandherde, überall Detonationstrichter von Granaten oder abgestürzten Flugkämpfern, und überall demolierte und bewegungslose Maschinen.

    Da und dort schleppte sich ein beschädigter Panzerbrecher zurück zu den Nachschublinien, wo ihn Reparatureinheiten in Empfang nahmen. Auch die Sicherungskolonnen mit dem Nachschub sah Tanka schon heranrücken. Seine Aufgabe war fast erfüllt. Stolz und Genugtuung schwellten seine Brust.

    Er blickte nach vorn. Drei Kilometer entfernt hatten an die viertausend Roboter – Panzerbrecher und Multikämpfer – die letzte feindliche Festung umzingelt. Mitten unter ihnen entdeckte er den Flugschweber seines Strategieberechners. Wunderbar! Doch warum nur wurde der Nebel über dem Belagerungsring auf einmal so dicht? Die dritte Festung eröffnete das Artilleriefeuer und schleuste mobile Einheiten und Titan-Panzerroboter aus.

    Er beobachtete, wie einige Panzerbrecher zwei feindliche mobile Einheiten stellten. Offenbar wurden sie von einer Besatzung aus Fleisch und Blut gesteuert, und offenbar funkten die Bleichschädel das Zeichen für Kapitulation. Durch den Feldstecher beobachtete Tanka, wie die Turmluken der mobilen Einheiten sich öffneten und insgesamt vier Bleichschädel ausstiegen. Mittels Verbalbefehl steuerte Tanka seinen Zentrumsgenerator näher zu ihnen heran.

    Von der Festung her donnerte Explosionslärm. Rauchpilze stiegen aus den Kuppelbauten. An einigen Abschnitten des weiten Belagerungsrings beobachtete Tanka Bleichschädel, die mit erhobenen Händen ihre mobilen Einheiten verließen. Seine Roboter nahmen sie in Empfang und führten sie hinter die Kampflinien, um sie von dort zu den Nachschubeinheiten zu transportieren. Gingen den Schirins die Roboter aus? Aus einigen zerstörten Fahrzeugen zogen Ambulanzroboter des Feindes verletzte Bleichschädel und transportierten sie zurück in die Festung.

    Tankas Amphibienfahrzeug erreichte die Roboter mit den Gefangenen. Die vier Yuparen von der Rasse der Schirins wirkten reichlich geknickt. Ihre schwarzgraue Haut sah noch heller aus als sonst; widerlich hell geradezu.

    »Na, Bleichschädel?«, sprach Tanka den ranghöchsten Kämpfer an. »Wie fühlt man sich am Ende einer verlorenen Schlacht?«

    Die Besiegten verneigten sich, und ihr Anführer sagte: »Es ist eine Schande, die Niederlage zu überleben, doch es ist eine Ehre, als Besiegter des großen Tanka in Gefangenschaft zu gehen.« Die Roboter transportierten die Gefangenen in Richtung der Nachschublinien.

    Tanka sah ihnen nach. Der Erste Vordenker der Darak war zufrieden; sehr zufrieden sogar. Er setzte den Feldstecher an und beobachtete die Schlacht um die Festung. Sie fand irgendwie nicht mehr statt.

    Rötlicher Nebel hüllte das Gros seiner Maschinenarmee ein. Warum um alles in Korsky hatte Hintor die Angriffe stoppen lassen? Hatte die Festung kapituliert? Für einen Moment wollte ihm ein Jubelschrei entfahren. Doch plötzlich schrillte akustischer Alarm aus dem Inneren des Zentrumsgenerators. Der Vordenker zuckte zusammen. Blitzschnell ließ er sich aus dem Turm in seinen Steuersitz fallen.

    Die Rechenspirale blinkte, der quäkende Alarm schmerzte in Tankas Ohren. Der Blick auf die Sichtfelder lehrte ihn den Horror: Hunderte von Explosionsblitzen zuckten auf einmal im Belagerungsring seiner Roboterarmee auf. Aus den rötlichen Nebelfeldern schoben sich große gepanzerte Kettenfahrzeuge mit langen Geschütztriaden, und jedes feuerte im Sekundentakt aus allen drei Rohren.

    »Status!«, brüllte Tanka. »Ich will den Status haben!« Nichts geschah. »Erster Vordenker an Strategieberechner! Warum lassen Sie nicht angreifen?!« Keine Antwort.

    Ein fiebriger Blick auf die Schirme: Überall plötzlich Panzer der Bleichschädel! Tankas sechzehn Finger flatterten über die Tasten der Armaturentafel. Die Rechenspirale blinkte und blinkte, der Alarm quäkte, und endlich glitt die Statusliste durch das Sichtfeld. Tanka konnte jetzt den Operationsstatus jedes einzelnen seiner Roboter ablesen. Status = 0, lauteten die weitaus meisten Zeilen, Status = 0, Status = 0, Status = 0. Die wenigen anderen Zeilen zeigten stark eingeschränkte Operationsbereitschaft der restlichen Einheiten an. Tanka traute seinen Augen nicht.

    Er gab den Selbstzerstörungsbefehl in die Tastatur ein und starrte auf das Sichtfeld. Die erwartete Explosionskette unter seinen Geräten blieb aus. »Autoeliminierung!«, brüllte er. Nichts geschah. »Autoeliminierung! Autoeliminierung!« Nichts.

    Langsam, ganz langsam begriff er, dass er verloren hatte. Während er auf dem Sichtfeld mit ansehen musste, wie die Panzer seine Roboterarmee zusammenschossen, ja, teilweise einfach niederwalzten, tönte die heisere Stimme seines Oberbefehlshabers aus dem Funk.

    »Was ist geschehen, Erster Vordenker?«

    Tanka atmete schwer. Seine Stimme versagte.

    »General Jupanthor an Ersten Vordenker! Können Sie mich hören, Tanka? Was ist geschehen?«

    »Sie haben eine Möglichkeit gefunden, die Strahlung der Neutronenwerfer umzukehren und gegen ihre Quellen zu richten. Die meisten meiner Roboter sind schon ausgefallen, die restlichen stark eingeschränkt in ihrer Operationsfähigkeit.«

    »Wie konnte so etwas passieren, großer Tanka?«

    Die Stimme des Generals hatte auf einmal etwas Weinerliches. Im Hintergrund hörte Tanka Ausrufe des Schreckens und der Angst: »Unmöglich! Das kann doch gar nicht sein! Verrat!« Und so weiter.

    »Bei allen Göttern«, stöhnte Jupanthor aus dem Funk. »Wie ist das nur ...« Mitten im Satz riss seine Stimme ab, und weiter nichts als ein Rauschen drang aus dem Funk.

    Tanka schloss die Augen und ließ sich tief in seinen Steuersitz sinken. Der Feind hatte also sogar das Funknetz erobert. Der akustische Alarm sprengte ihm schier den Schädel.

    Als er die Augen wieder öffnete und ausfuhr, sah er drei Dutzend Panzer auf seinen Zentrumsgenerator zufahren. Es war vorbei. Er tippte den Code für Kapitulation in die Rechenspirale. Das Geblinke hörte auf, der Alarm verstummte, auf dem Schlachtfeld stellten seine Maschinen die Gegenwehr ein. Nach und nach verebbte der Detonationslärm. Tanka kletterte aus seinem Zentrumsgenerator und ging den feindlichen Panzern entgegen. Sie taten ihm nicht den Gefallen, ihn zu erschießen.

    Aus einem der Panzer stiegen zwei gelb uniformierte Strategieberechner der Bleichschädel und ein Übermittler. Den Übermittler zwischen sich, kamen die beiden Schirin-Offiziere zu Tanka. Der Kugelschirm auf dem filigranen Leichtmetallkörper des Übermittlers flammte auf, und ein hässliches Gesicht erschien darin – das Gesicht des Oberbefehlshabers der Bleichschädel: General Labtor.

    »Ich nehme Ihre bedingungslose Kapitulation an, Tanka«, sagte er. Der höherrangige der beiden Strategieberechner nahm Tankas Identifikationskarte und den Steuerchip für den Zentrumsgenerator in Empfang. Inzwischen stoppten auch andere Panzer neben ihm. Gelb und schwarz gekleidete Bleichschädel stiegen aus. »Ihr Leben ist in meiner Hand, Tanka«, sagte Labtor. »Ich garantiere für Ihre Sicherheit.«

    Anders als seine Offiziere ließ sich Labtor die Genugtuung darüber, den berüchtigten und von vielen Schirins sogar heimlich bewunderten Ersten Vordenker der Darak gefangen genommen zu haben, nicht anmerken. Seine Offiziere dagegen klopften sich ungeniert auf die Schultern, kreisten vor Freude mit ihren Augenstielen und klatschten in die Hände.

    Einen hörte Tanka sagen: »Das nenne ich gut investiertes Geld«, ein anderer stimmte ein Loblied auf den Geheimdienst der Schirins an, und Tanka begriff, dass einer aus den eigenen Reihen ihn und seine Neuentwicklungen verraten haben musste.

    »Und jetzt?«, fragte er mit hohler Stimme. Er wäre gern im Boden versunken.

    »Jetzt bringen meine Oberstrategen Sie erst einmal zu unserer Kampfbasis in der Brennstofffabrik«, sagte Labtor. »Die haben eine Menge Fragen an Sie, wissen Sie? Ich hätte Sie gern persönlich in Empfang genommen und befragt, doch ich muss mich von hier oben aus noch eine Zeitlang mit Ihrem Oberbefehlshaber beschäftigen, wie Sie sich denken können. Wir haben ja die beiden Festungen nicht einfach so aufgegeben.«

    Er lächelte, wie nur Sieger lächeln konnten.

    »Sie dienten natürlich als Köder. Inzwischen haben wir General Jupanthors Armee eingekreist. Sobald auch er kapituliert hat, lasse ich Sie zu mir auf den Mond bringen. Und dann, verehrter Tanka, dann können auch wir beide uns in Ruhe unterhalten.« Der Kugelschirm erlosch. Die beiden Strategieberechner trugen den Übermittler zurück in den Panzer.

    Tanka musste zu ihnen in den Panzer steigen. Wie ein kostbares Beutestück transportierten die Bleichschädel ihn ab. Noch nie in seinem langen Leben hatte Tanka eine derartige Demütigung hinnehmen müssen. Er musste an seinen Großvater denken.

    Die Panzer rollten in die roten Nebelschwaden hinein und steuerten das Fundament des Werkes an.

    2.

    Die siebte Runde Skarat , die letzte, sie zählten die Karten. Tolo Brik zählte langsam und sorgfältig. Während er die letzten beiden Metallkarten auseinander schob und die Punktwerte registrierte, verfinsterte sich sein Gesicht. Er fluchte, schoss einen giftigen Blick auf Tykor ab und knallte die Karten samt seinem Einsatz auf den Tisch. Leise fluchend flüchtete er sich hinauf in den Kommandostand.

    Tykor ging sein Blatt nur flüchtig durch. Danach schob er die Karten zusammen und beobachtete mit ausdrucksloser Miene den Wer.

    »Das ist nicht wahr«, sagte der Tolun leise und mit gepresster Stimme. Er zählte seine Karten ein zweites Mal. Dann zählte er die des Navigators und dann noch einmal seine eigenen. Danach sog er scharf die Luft durch die Nase ein und beäugte seinen Zweiten Navigator, wie er sonst nur einen Soßenfleck in einer frischen Bordkombi zu beäugen pflegte. Ling hasste Soßenflecken.

    »Gewonnen«, sagte Tykor, und er sagte das in genau demselben gleichmütigen Tonfall, in dem er zuvor schon sechsmal »Gewonnen« gesagt hatte.

    Pretor Ling sagte gar nichts. Er schürzte die Lippen, ließ die Karten fallen und legte seinen Einsatz auf den Tisch. Danach stand er auf und ging auf der Mittelstufe der Kommandoplattform zum Seitenschott.

    »Ein Glücksspiel«, murmelte er, als er die Kommandozentrale verlassen hatte. »Ein verdammtes Glücksspiel.« Er ging in die Toiletten für die ranghöheren Besatzungsmitglieder, erleichterte sich und stand schließlich vor dem Spiegel über dem Waschbecken. Neben seinem Nasenflügel entdeckte er eine Aufhellung auf seiner ansonsten schwarzen Haut. Und an der Stirn noch eine. Er dachte an Tykor, und sein Ärger flammte erneut auf. Der Zweite Navigator hatte eine makellose Haut von gleichmäßiger, dunkler Pigmentierung.

    »Wenn es aber ein Glücksspiel ist, warum gewinnt er dann alle sieben Runden?« Ling redete laut mit sich selbst. Das tat er gern, wenn er allein war. »Nach allen Wahrscheinlichkeitsrechnungen und statistischen Voraussagen hätte er zwei, wenigstens eine Runde verlieren müssen!« Ling wusch sich die Hände. »Er spielt falsch«, zischte er. »Ganz bestimmt, er spielt falsch.«

    Andererseits – sollte Tykor wirklich falschspielen, wäre das vielleicht ein Grund, gegen ihn vorzugehen; disziplinarisch gegen ihn vorzugehen. Zumindest aber wäre es ein Grund, ihn überprüfen zu lassen.

    Durch den Hauptgang ging der Tolun zurück zur Zentrale. Die reglosen Gestalten in den dunkelgrauen Uniformen rechts und links auf den Tragen an der Gangwand würdigte er keines Blickes. Im Grunde trugen sie die Schuld daran, dass er seine Zeit mit Kartenspielen und in Gesellschaft von Gestalten wie Tykor totschlagen musste. Er, Pretor Ling! Er, der Kommandant eines Kampfschiffes! Er, ein Wer!

    Er winkte ab und rief sich innerlich zur Ordnung. Er war kein guter Verlierer, so sah es aus. Er hatte schon als Kind nicht verlieren können. Und wenn er etwas an sich mochte, dann dass er nicht verlieren wollte und konnte.

    An der Abzweigung eines Seitenganges blieb er stehen. Er überlegte einen Moment lang, dann bog er in den schmaleren Gang ein. Hier lagen die Kabinen der leitenden Ränge des Schiffes; seine ganz am Ende. Der Gang mündete praktisch in seine Tür, eine zweiflügelige selbstverständlich.

    Er tippte seinen Code in die Schlosstastatur, trat ein, ging zur Schrankwand und fand sofort, was er suchte: ein quadratisches Brettspiel mit magnetischen Feldern und magnetisch verschlossenen kleinen Schubladen an der Seite. Es hatte eine Seitenlänge von etwa zwanzig Zentimetern. In den Schubfächern lagen die Spielfiguren. Dieses Spiel war garantiert kein Glücksspiel; und falschspielen konnte man dabei schon gar nicht. Ling suchte noch das Lehrbuch zu dem Brettspiel heraus.

    Er klemmte Buch und Spiel unter den Arm und wollte seine Privatkabine verlassen. Sein Blick fiel nach rechts, wo eine große Sichtkuppel in der Seitenwand hinter den Polstern einen freien Blick auf den zweiten Kugelrumpf der Tano Keldan gewährte. Achthundert Meter Durchmesser! Zwei Kugelrümpfe, und jeder hatte achthundert Meter Durchmesser! Und so ein Schiff, so einen fabrikneuen Duosphärenraumer missbrauchte der Santar als Frachter! Jawohl, als gemeinen Frachter!

    Pretor Ling verließ seine Kabine. Verdammte Bitterkeit! Er hasste dieses Gefühl – das Gefühl, in der zweiten Reihe stehen zu müssen.

    Am Ende des Gangs, bevor er nach rechts zur Kommandozentrale abbog, blickte er noch einmal nach links zu den reglosen Gestalten in Uniform auf den Tragen rechts und links des Hauptgangs. Da lagen sie. Verdammte Roboter! Sagten nichts, taten nichts und störten ihn trotzdem.

    Er kommandierte den neusten Schiffstyp des Imperiums. Die Tano Keldan – der Stolz der Kelradan – war Metall und Elektronik gewordene Genialität kelradanischen Geistes! Ein mächtiges Kampfschiff, ein Kampfsystem, ein Edelstein kelradanischer Raumschiffsbaukunst! Eingesetzt an den Grenzen des Imperiums gegen die immer stärker werdenden Rebellen, hätte es unter seinem Kommando Großartiges leisten können. Sogar einen Aktivspürer für Energiemuster, wie technische Anlagen der Farses sie aufwiesen, gab es in diesem genialen System. Und wozu missbrauchte der Santar einen solchen Schatz von Raumschiff? Als Frachter für Roboter. Und wozu degradierte man ihn? Zum Frachterkapitän, der eine Ladung Roboter zu den Grenzplaneten des Imperiums transportieren musste, wo sie als Schutztruppen gegen die Rebellen eingesetzt werden sollten.

    Er schüttelte den Kopf und riss sich vom widerlichen Anblick der reglosen Gestalten los. Fünfzigtausend solcher uniformierter Roboter hatte er an Bord; die fünfhundert robotischen Besatzungsmitglieder nicht mitgezählt. Fünfzigtausend Abziehbilder von Kelradan! Überall lagen sie herum – auf den Gängen der Tano Keldan, in den Magazinen der Tano Keldan, in den Lagerhallen der Tano Keldan, ja, sogar in vielen Kabinen der Tano Keldan.

    Pretor Ling konnte sie nicht mehr sehen. Pretor Ling hasste sie. Pretor Ling hasste sein Kommando.

    Mit einem Blick in den optischen Messfühler am Schottrahmen öffnete er das Seitenschott und betrat wieder seine Zentrale. In der Mitte des wie eine Rundbühne erhöhten Kommandostandes saß Tolo Brik und stierte in das Haupthologramm, obwohl es dort nichts zu sehen gab. Die Tano Keldan bereitete gerade den nächsten Hypersprung vor. Brik, ein Trak und sein Stellvertreter, war schlecht gelaunt. Der Auftrag passte ihm genauso wenig wie Ling. Und jetzt noch die verlorene Partie Skarat.

    Der Tolun stieg die drei Stufen zum Kommandostand hinauf. Sein Blick glitt über die Arbeitsbuchten, die ringsum angeordnet waren. Funk, Aufklärung, Navigation, Waffenleitstelle und so weiter. Die wichtigsten Abteilungen befanden sich in Sichtweite des Kommandanten und seines Vize. Sie waren zum großen Teil mit Robotern besetzt, mit Modellen der neusten Baureihe, wie sie im Schiff zu Tausenden herumlagen. Nun ja, als Besatzungspersonal waren sie unverzichtbar. Von den 550 Besatzungsmitgliedern des Schiffes trugen nur 50 jene warme, graue und hundertfach verschlungene Masse in den Schädeln, ohne die es weder ein Raumschiff noch ein Imperium noch eine einzige Roboternase geben könnte.

    Am dreifach besetzten Pilotenstand vorbei schritt der Tolun über den Kommandostand. Natürlich hatte er Verständnis für die Entscheidungen des Santars. Sundovan hatte in den letzten zwei Jahren viel zu viele Verluste im Kampf gegen die Rebellen hinnehmen müssen. Der Führung des Imperiums blieb gar nichts anderes übrig, als verstärkt auf Roboter zu setzen – schon wegen des immer häufiger auftretenden Verrats. Wie eine Seuche grassierte dieses abscheuliche Verbrechen unter den Angehörigen der regulären Truppen und des Verwaltungsapparates.

    Pretor Ling ließ sich in seinen Sessel fallen. Roboter waren immun gegen Verrat, falls man sie nicht umprogrammierte. Und der Tolun Pretor Ling war eine bis an die Haarspitzen loyale Führungskraft. Also würde er seinen Auftrag gewissenhaft erledigen. Auch wenn er ihm nicht gefiel; auch wenn er wesentlich offensiver gegen die Rebellen vorgehen würde; und auch wenn Roboter nach seinem Geschmack nicht auszusehen hatten wie Kelradan aus Fleisch und Blut. Bevor man die nächste Baureihe entwickelte, würde er einen entsprechenden Betriebsverbesserungsvorschlag machen.

    Ja, er stand in der zweiten Reihe – noch. Aber musste nicht jeder noch so fähige Tolun erst einmal eine Zeitlang geduldig in der zweiten Reihe abwarten, bevor

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