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Der kritische Punkt: Mein Weg zum Erfolg
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eBook386 Seiten4 Stunden

Der kritische Punkt: Mein Weg zum Erfolg

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Über dieses E-Book

"Der Kritische Punkt" ist ein österreichischer Sportbuchklassiker. Die Autobiographie Toni Innauers - ursprünglich erschienen 1992 - wurde zum Bestseller und Kultbuch.
Skisprunglegende Toni Innauer erzählt in diesem Buch von seinem Weg zum Erfolg. Die großen Siege, die bitteren Niederlagen, der Aufstieg des Bregenzerwälder Lausbuben zum strahlenden Star des österreichischen Skispringens. Leicht und witzig erzählt, stringent gedacht, elegant geschrieben.

Die Neuauflage von Toni Innauers Kultbuch wurde erweitert um Navigationshilfen für eine bessere Bewältigung des Alltags: Ein umfangreiches Kompendium des gereiften Trainers und Sportmanagers für viele Lebenslagen. Wie lerne ich, mutig zu sein? Wie bewege ich mich richtig? Wie lerne ich mich besser kennen? So kommen zu der unterhaltsamen Lektüre der Autobiographie noch handfeste, für jeden Leser anwendbare Information und Lebenshilfe des großen Trainers und Denkers Toni Innauer.
SpracheDeutsch
HerausgeberCSV
Erscheinungsdatum15. Aug. 2022
ISBN9783951982991
Der kritische Punkt: Mein Weg zum Erfolg
Autor

Toni Innauer

Toni Innauer ist Skisprungolympiasieger, auch als Trainer führte er seine Athleten zu olympischem Gold. Als Sportdirektor im ÖSV war er – mit Trainer Alex Pointner – für die unvergleichliche Erfolgsserie der „österreichischen Superadler“ verantwortlich. Innauer ist studierter Sportwissenschaftler und Sportphilosoph. Seine Bücher "Ein neues Leben", "Die 12 Tiroler", "Der kritische" Punkt und "Am Puls des Erfolgs" (alle bei CSV erschienen) sind Bestseller.

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    Buchvorschau

    Der kritische Punkt - Toni Innauer

    Über das Buch

    „Der kritische Punkt" ist ein österreichischer Sportbuchklassiker. Die Autobiografie Toni Innauers – ursprünglich 1992 erschienen – wurde zum Bestseller und Kultbuch. Skisprunglegende Toni Innauer erzählt in diesem Buch von seinem Weg zum Erfolg. Den großen Siegen, den bitteren Niederlagen, dem Aufstieg des Bregenzerwälder Lausbuben zum strahlenden Star des österreichischen Skispringens. Leicht und witzig erzählt, geradlinig gedacht, elegant geschrieben.

    Diese überarbeitete Neuauflage des Klassikers enthält wurde um Toni Innauers Navigationshilfen für eine bessere Bewältigung des Alltags erweitert – erprobte Methoden und Tricks des gereiften Trainers und Sportmanagers für viele Lebenslagen: Wie lerne ich, mutig zu sein? Wie bewege ich mich richtig? Wie lerne ich mich besser kennen? So kommen zu der unterhaltsamen Lektüre der Autobiographie noch handfeste, für jede Leserin und jeden Leser anwendbare Informationen und Lebenshilfe des großen Trainers und Denkers Toni Innauer.

    Über den Autor

    Toni Innauer war der dominierende Skispringer seiner Zeit. Er gewann Silber und Gold bei Olympischen Spielen, trat bereits als 22-Jähriger vom aktiven Sport zurück und absolvierte ein Studium der Psychologie, Philosophie und Sportwissenschaften. Als Cheftrainer der österreichischen Skispringer erzielte er epochale Erfolge. Als Sportdirektor des ÖSV war er – mit Trainer Alex Pointner – für die unvergleichliche Erfolgsserie der österreichischen „Superadler" verantwortlich. Neben Der kritische Punkt sind auch Am Puls des Erfolgs und sein Trainingsprogramm Die 12 Tiroler (alle Titel bei CSV erschienen) Bestseller.

    Toni Innauer

    Der kritische Punkt

    Für meinen Vater, für Liss, Klaus, Franz und Erwin

    Bei Erscheinen des „Kritischen Punktes" 1992 bereicherte noch jeder von ihnen auf seine außergewöhnliche Art mein Leben.

    CSV

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort zur Neuauflage, Vorwort

    Inhaltsverzeichnis

    1. Rotznase und zweimal Tränen

    Silber und Gold bei Olympia

    2. 30 Meter beim ersten Versuch

    Der Weg zum Kinderstar

    3. Aus welchem Holz bin ich geschnitzt

    Das Aufwachsen im Bregenzerwald

    4. Als ich allmächtig war

    Die Saisonen 1975 und 1976

    5. MINI COOPER mit PORSCHE-Motor

    Die Geschichte meines Körpers

    6. Glaube versetzt Autos

    Die Lausbubengeschichten

    7. Das Prinzip Leistung

    Wie Erfolg, Leistung und Zufall zusammenhängen

    8. Als alles ganz anders wurde

    Ende der Karriere, Studium, Neubeginn (1977–1984)

    9. Begegnungen und Bilanzen

    Menschenbilder und Meinungen

    10. Schön ist die Jugend

    Der Einstieg in die Trainerarbeit (1985–1987)

    11. Magie und Mystik

    Die Grenzerfahrungen im Spitzensport

    12. Der Tag nach dem 8. Februar

    Olympia 1992 in Albertville

    13. Kopf-Sprünge

    Die Psychologie des Erfolgs

    14. Das zweite Springerwunder

    Drei Jahre als Weltklasse-Coach (1989–1992)

    15. Gebrauchsanweisungen und Navigationshilfen

    Gebrauchsanweisungen

    Navigationshilfen

    Vorwort zur Neuauflage

    Als mein Buch „Der kritische Punkt" 1992 erschien, war ich 33 Jahre alt. Ich hatte eine Karriere als aktiver Sportler hinter mir, Silber und Gold bei den Olympischen Spielen gewonnen, hatte studiert, war Cheftrainer der österreichischen Nationalmannschaft geworden und hatte mit dieser bei den Olympischen Spielen in Albertville fünf von sieben möglichen Medaillen geholt. Ich konnte am Ende der Saison 1991/92 erschöpft, aber getrost zurücktreten im Bewusstsein, meine Mission erfüllt zu haben.

    In dieser Lebensphase schrieb ich mein erstes Buch. Es war die Erzählung meines abenteuerlichen Lebens. Eines Lebens, das in der Abgeschiedenheit des Bregenzerwaldes begonnen hatte, das mich mein Talent, besser Ski zu springen als die anderen, rechtzeitig erkennen ließ und mich zu einem bekannten Menschen machte. „Der kritische Punkt" war das staunende Buch eines jungen Mannes, der sich selbst betrachtet und eine erste Zwischenbilanz zieht. Der die Schnelligkeit des eigenen Aufstiegs mit träumerischer Skepsis betrachtet und lächelnd vor der Fülle der eigenen Erlebnisse steht: Das alles ist mir wirklich passiert?

    „Der kritische Punkt wurde ein Riesenerfolg. Nicht nur die Verkaufszahlen waren besser, als ich mir je hätte träumen lassen. Vor allem die Reaktionen des Publikums überraschten mich und taten mir gut. Wo immer ich auftauchte – sei es auf Lesereisen, bei Vorträgen oder bei anderen öffentlichen Auftritten –, kamen Menschen auf mich zu und wollten mit mir über den „Kritischen Punkt reden, oder sie hatten das Buch dabei und wollten eine Widmung oder auch nur eine Unterschrift. Viele Menschen schrieben mir Briefe oder Karten und teilten mir mit, dass das Buch sie bewegt habe, dass es Erinnerungen heraufbeschworen oder ihnen geholfen habe, die eigene Lebensgeschichte in einem neuen Licht zu sehen.

    Im Frühjahr 2010 erschien mein zweites Buch „Am Puls des Erfolgs. Zwischen den beiden Büchern lagen nicht nur 18 Jahre, sondern auch viele Stationen eines Lebens im Dienste des Österreichischen Skiverbands.Ein aufregender Lebensabschnitt im Management eines der besten Sportverbände der Welt, der vom Wunsch getragen war, wertvolle Sportkultur mitzugestalten. Wieder markierte das Buch das Ende einer erfüllten Epoche meines Lebens. Gleichzeitig mit dem Erscheinen von „Am Puls des Erfolgs gab ich meinen Rücktritt als Sportdirektor des ösv bekannt.

    Als ich im Frühjahr auf Lesereise ging, traf ich in ganz Österreich Menschen, die sich für meine Erfahrungen und meine Gedanken zum Spitzensport interessierten. Oft saß ich lange an meinem Lesetischchen, während die Zuhörer des Abends geduldig in der Schlange standen und darauf warteten, eine Signatur für ihr Buch zu bekommen. Es war schön und oft auch berührend, mit meinen Leserinnen und Lesern zu sprechen, Begebenheiten aus ihrem Leben zu hören und an Situationen und Erlebnisse erinnert zu werden, wo sich die Biographien kurz berührt hatten, um schließlich wieder in die eigene Richtung weiterzudriften.

    Immer wieder aber wurde ich auch auf den „Kritischen Punkt angesprochen. Das Buch war inzwischen längst nicht mehr auf dem Markt. Der Verlag, der es 1992 herausgebracht hatte, existierte schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr, und nur auf EBAY schwirrten noch einzelne Angebote herum, oft genug zu obszön hohen Preisen. „Eigentlich schade, dachte ich mir, denn ich sah – und sehe – die beiden Bücher als kommunizierende Gefäße: erzählerisch und draufgängerisch das eine, analytisch und erwachsen das andere. Beide sind ohne einander nicht denkbar.

    So keimte der Entschluss, den „Kritischen Punkt noch einmal aufzulegen. Er bekam einen kritischen Korrekturdurchgang verpasst, und im abschließenden Kapitel der „Gebrauchsanweisungen konnte ich nicht widerstehen, eine Reihe von Tipps, die ich mir selbst in den Jahren als Betreuer und Manager angeeignet hatte, zu den im Buch bereits versammelten hinzuzufügen.

    So schließt sich für mich ein Kreis. „Der kritische Punkt" kehrt in die Buchhandlungen zurück, unverhohlen ein Buch seiner Zeit – und meiner Zeit. Ich freue mich, dass mit der Neuauflage ein Stück Sportgeschichte wieder komplett ist.

    Toni Innauer, Thaur, 4. Oktober 2010

    PS: Als dieses Buch 1992 erschien, spielten Mädchen und Damen im Skispringen noch überhaupt keine Rolle. Fünf Jahre später stellte Eva Ganster in Bad Mitterndorf mit 167 Metern den ersten Weltrekord im Skifliegen auf. 2003 landete Daniela Iraschko am Kulm bei 200 Metern. Der Internationale Ski-Verband führte 2009 in Liberec die ersten offiziellen Weltmeisterschaften im Damenskispringen durch und beschloss kürzlich den Weltcupstatus für Damenbewerbe ab der Saison 2011/12. Hoffentlich werden bei den Olympischen Spielen 2014 auch Skispringerinnen am Start sein.

    PPS: 1992 war die sprachliche Gleichstellung weder im Sport noch sonst üblich. Im Skispringen war sie auch praktisch noch nicht sinnvoll. Das hat sich geändert. An jenen Stellen dieses Buches, wo ohne persönlichen Bezug von Sportlern, Skispringern und Synonymen die Rede ist, sind aktuell und künftig mit dem gebotenen Respekt auch Sportlerinnen und Skispringerinnen gemeint.

    Vorwort. Von Baldur Preiml

    I. — Es war 1972, bei der österreichischen Schüler- und Jugendmeisterschaft der Nordischen in Velden. Ich hielt Ausschau nach hoffnungsvollen Talenten für die Zukunft, um sie ins Skigymnasium von Stams zu holen. Ich erwartete mir viel, weil ich einige junge Springer schon kannte. Doch ausgerechnet ein kleiner, schmächtiger Vorarlberger, der zudem als Einziger mit Alpinskiern die Sprungkonkurrenz bestritt, erregte meine besondere Aufmerksamkeit. Ich fühlte mich durch ihn in die Zeit meiner ersten eigenen Sprungbewerbe zurückversetzt.

    Der Junge beeindruckte mich durch seine eleganten, weiten Sprünge, die er mit einem auffallenden Hüftknick hinuntersetzte. Trotz Alpinskiern verfehlte er als Zweiter nur knapp den Titel eines österreichischen Schülermeisters. Im zweiten Durchgang stand ich im Auslauf der Schanze. Mir fiel auf, wie sorgfältig der Bursch seine Skier zusammenlegte – und wie er im Stillen stolz auf sich und seine Leistung war. In diesem Moment war mir klar: Der wird einmal zu den ganz Großen zählen. Er muss schon bald die kleine Stamser Springergruppe mit Karl Schnabl, Willi Pürstl, Rupert Gürtler, Alfred Pungg und Alois Lipburger bereichern. Und ich konnte den Burschen tatsächlich für das Skigymnasium gewinnen. Sein Name war Toni Innauer.

    II. — Professor Stefan Kruckenhauser, der Skipapst vom Arlberg, prägte einst das weise Wort vom „Segen der kleinen Schar. Und wir waren eine kleine Schar, die zu Beginn der siebziger Jahre aufbrach, um an die fast hundertjährige Tradition des Skispringens in Österreich anzuschließen, die von einer Reihe hervorragender Einzelkönner geprägt worden war. Genannt seien Buwi Bradl, Otto Leodolter, Willi Egger, Walter Habersatter, Albin Plank, Sepp Lichtenegger, Max Golser, Baldur Preiml, Reinhold Bachler. Der legendäre Buwi Bradl legte mit seinen Mitarbeitern, u.a. Ing. Hugo Kassl und den Landestrainern, den Grundstein für die Arbeit, die 1970 im Skigymnasium Stams anlief und zur einzigartigen Absprungbasis für den Höhenflug unserer „Adler in den nächsten Jahrzehnten werden sollte. Mit dem Skigymnasium Stams war plötzlich für eine „kleine Schar" die Chance gegeben, sich zu entfalten, und ich durfte ihr begeisterter Trainer sein.

    III. — Meine Trainingsphilosophie beruhte auf der Erfolgsformel „Richtigmachen bedeutet Erfolg; Falschmachen führt zum Misserfolg".

    Nur: Was ist richtig? Und wie können wir das Richtige in die Praxis umsetzen? Wir warfen damals neidige Blicke auf die Springer-Weltmacht DDR, die diese Frage mit ungeheurem wissenschaftlichem und materiellem Aufwand zu beantworten suchte und fast unschlagbar schien. Aber in mir wuchs die Überzeugung: Es muss auch ein anderer Weg zum Erfolg führen. Gemeinsam suchten wir nach diesem Weg und fanden ihn. Er führte über unsere grenzenlose Begeisterung zu ständig neuen Ideen, die wir in freudvollem, täglichem Training auch verwirklichten.

    Wir verbesserten uns auch laufend konditionell, sprungtechnisch und im Selbstvertrauen – und das „im stillen Kämmerlein Stams" –, bis eines Tages ein unvorstellbarer Gedanke in uns keimte:

    „Wir Stamser können auch Olympiasieger und Weltmeister werden!"

    Und Toni Innauer half wesentlich dabei, diesen „geistigen Rahmen für spätere Erfolge zu schaffen. Er war ein Ausnahmetalent im Sternzeichen des Widders und lebte nach den Grundsätzen „Ich will! und „Was dich nicht umbringt, macht dich nur stärker!. Er hielt sich selbstverständlich für wert, bei weiterem gutem Training nicht nur an die österreichische, sondern auch an die Weltspitze vorzustoßen, und trug diese wertvolle Haltung auch in die Nationalmannschaft hinein, die ich 1974 übernahm und in der wir „Stamser den Kern bildeten.

    Der „kleinen Schar wurden großartige Funktionäre und Betreuer geschenkt, wie Hans Stattmann, der nordische Sportwart, Otto Horngacher, unser Sprunglaufreferent, und „die Seele der Mannschaft, Max Golser, der Co-Trainer, Dr. Peter Baumgartl, der Teamarzt, und Willi Dungl, unser Masseur und Tausendsassa. In diesem Team waren Pioniergeist, Mut zu Neuem und Freude auch an härtester Arbeit vereint, was Trainingsmethoden und Material revolutionierte. Und wie Phönix aus der Asche stiegen im Winter 1974/75 österreichische Skispringer plötzlich zur Weltspitze auf. Es mutete wie ein Wunder an: Karl Schnabl, wie Innauer ein Ausnahmekönner, gewann drei Tourneekonkurrenzen, Willi Pürstl siegte zum Auftakt und holte sich als zweiter Österreicher, 20 Jahre nach Buwi Bradl, die Gesamtwertung der INTERSPORT-Springertournee. Toni Innauer, der sich bei der ersten Tournee-Konkurrenz in Oberstdorf verletzt hatte, gewann zu Saisonschluss als erster Österreicher überlegen im Mekka des Nordischen Skisports, auf dem Holmenkollen bei Oslo.

    Wir mussten uns daran gewöhnen, plötzlich auch als Favoriten für die Olympischen Winterspiele in Innsbruck 1976 angesehen zu werden. Ich verstärkte das Training im Bereich der Persönlichkeits- und Charakterschulung, brachte die Mannschaft in Kontakt mit der Lehre Oscar Schellbachs und seinen Grundsätzen einer bewussten Lebensführung. Wir erkannten, dass nur eine starke Sportlerpersönlichkeit mit menschlichen Qualitäten alle äußeren Erfolgsbausteine zu einer Einheit zusammenfassen kann und zu Höchstleistungen befähigt.

    IV. — Der junge, ehrgeizige und stark auf sich selbst bezogene Innauer stellte sich anfangs gegen diese Art des mentalen Trainings, obwohl er unbewusst ohnehin viel davon praktizierte. In dieser Phase spürte ich eher Distanz zu Toni. Trotzdem hatte ich auf gewisse Art Respekt vor ihm, denn er konnte so viel, er faszinierte mich. Wenn ich zum Beispiel sah, wie selbstverständlich er Bewegungsabläufe lernte, empfand ich fast so etwas wie Ehrfurcht. Seine Einstellung änderte sich, als er nach der Saison 1975/76 immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Jetzt konnte Toni keine Stärke und Größe mehr ausspielen. Er fühlte sich als der vom Schicksal bestrafte, arme Bub, der mit feuchten Augen zusehen musste, wie seine Kollegen mit Freude trainierten und Siege feierten. Damals merkte ich, dass er Hilfe brauchte, und so kamen wir uns Schritt für Schritt näher. Toni lernte, an ein Sprichwort zu glauben:

    „Durch Leiden bildet Gott seine Experten aus."

    Der lange Leidensweg von Toni Innauer läuterte auch die Mannschaft und den Trainer. Wir holten uns wesentliche Erkenntnisse aus Tonis Schicksal: Vieles ist machbar, das Wesentliche aber geschieht durch höhere Fügung.

    Auch ich als Trainer veränderte mich. Ich begriff, dass die Hauptaufgabe des Trainers nicht darin bestand, Sportler zur Spitze zu führen, um auf diesem Umweg selbst Olympiasieger zu werden, sondern (im wörtlichen Sinne) „Therapeut" zu sein: Begleiter des Sportlers auf dem Weg zu sich selbst.

    V. — Toni war bei den Olympischen Spielen in Innsbruck noch nicht reif für die Goldmedaille. Sie passte noch nicht in seine Entwicklung. Erst vier Jahre später, 1980 in Lake Placid, war er so weit. Tonis Einstellung hatte sich grundlegend geändert. Er hatte begriffen, dass der Geist die Materie bewegt und höchste sportliche Erfolge auch durch eine positive Persönlichkeitsentwicklung mitbegründet werden. Der Olympiabewerb wurde für mich zu einem Schlüsselerlebnis meines Lebens, das mich tief bewegte. Alle Konkurrenten vor Innauer hatten Rückenwind. Toni aber bekam Aufwind und legte einen vollendeten Sprung hin, mehr als zehn Meter weiter als seine Konkurrenz. Genau wie vier Jahre zuvor griff er nach der Goldmedaille, und diesmal konnte oder durfte er im zweiten Durchgang souverän die größte Chance seiner Sportlerkarriere nützen. Diesen Olympiasieg verstand ich als Geschenk des Himmels und gleichsam als Belohnung für die Jahre sportlicher Niederlagen und menschlicher Enttäuschungen. Er zeigte uns allen, wie wellenförmig das Leben verläuft: Je mehr Hochs der Mensch erlebt, desto mehr Tiefs muss er erleben und aushalten lernen. Und umgekehrt.

    VI. — Innauer musste seine Karriere wegen einer Verletzung früher beenden, als ihm lieb war. Sein Weg führte ihn weg von seiner aktiven Laufbahn zum Studium und weiter zum Trainerjob. Er konnte warten, bis seine Zeit als Trainer reif war. Denn wer als Betreuer etwas geben will, muss zuerst fachlich – und vor allem als Mensch – etwas haben. Als Spitzensportler sind wir egoistische „Nehmer". Als Trainer und Betreuer müssen wir geben lernen, und das erfordert oft einen jahrelangen inneren Entwicklungsprozess.

    Wie ich einst in Stams machte auch Toni wichtige Erfahrungen in der Nachwuchsbetreuung. 1989 war für ihn der Weg an die Spitze der Nationalmannschaft frei. Vom ersten Moment an beherrschte er die Kunst, neue Wege zu gehen. Er war eben geeignet: Neue Ideen fliegen uns zu, wenn wir uns mit Freude und Begeisterung einer Aufgabe widmen können. Wie einst als genialer Springer entwickelte sich Innauer auch zu einem außergewöhnlichen Trainer, der es verstand, mit seinen menschlichen Qualitäten den Wesenskern im Inneren der Sportler anzusprechen, um so gemeinsam die Puzzlesteine des Erfolgs zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. Nach dem Motto „Angriffspunkt ist der Körper, aber Ziel der ganze Mensch!".

    Der Spitzensport ist vordergründig nicht gesund. Umso mehr müssen alle Betreuer dafür sorgen, dass die ihnen anvertrauten Sportler nicht krank werden. Skispringen und der Spitzensport im Allgemeinen können bei verantwortungsbewussten Trainern und Betreuern zu einem exzellenten Medium der Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung werden. So gesehen können Spitzensport und Leistungskultur auch gesund sein, selbst wenn so manche Schrammen am Ende einer aktiven Laufbahn zurückbleiben sollten. Voraussetzung allerdings ist, dass ein Betreuer seine Athleten früh zu einem verantwortungsvollen Leben und Sporttreiben erzieht und selbst begreift:

    „Die menschliche Reife ist das oberste Ziel. Die Spitzenleistung ist die reife Frucht davon!"

    VII. — Dieses eindrucksvolle Buch von Toni Innauer soll viele junge Menschen anspornen, ihren besonderen Weg im Leben, im Sport, auch im Spitzensport zu finden und konsequent zu gehen, so wie mir in meiner Jugend das Buch von Buwi Bradl „Mein Weg zum Weltmeister", das ich gut zwanzigmal gelesen habe, viel Kraft gegeben hat. Es möge viele motivieren, den höchsten Einsatz von sich zu fordern, um große Ziele zu erreichen. Auch vielen Führungskräften soll dieses Buch Beispiele geben, wie sportliche und berufliche Leistungen/Erfolge davon abhängen, wieweit es gelingt, selbst ein Erfolg zu werden.

    Toni Innauer ist als Sportler, Trainer und Mensch ein Vorbild, das weit über Österreichs Grenzen hinaus bekannt geworden ist. Wir alle brauchen solche Vorbilder, um am eigenen Leib zu erfahren, dass es möglich ist, ja sinnerfüllend wird, wenn wir beginnen, uns den täglich neuen Aufgaben und Herausforderungen des Lebens offen, mutig und begeistert zu stellen.

    Baldur Preiml, Jahrgang 1939, gewann 1968 bei den Olympischen Spielen in Grenoble die Bronzemedaille auf der Normalschanze. Als Trainer der österreichischen Skisprungnationalmannschaft revolutionierte er Trainingsmethoden und Material und sorgte mit seinem Team für das österreichische „Springerwunder". Er war lange Toni Innauers Trainer. Die beiden sind noch heute freundschaftlich verbunden.

    1. Kapitel

    Rotznase und zweimal Tränen

    Silber und Gold bei Olympia. Heimspiele in Innsbruck 1976 – Große Erwartungen des Publikums – Duell mit Karl Schnabl – Kleinholz im Stadel – Zweite Chance in Lake Placid – Das Glück mit den Schuhen – Gold zur Versöhnung – Baldurs Tränen

    „Though there’s one motorgone, we can still carry on.

    Comin’in on a wing and a prayer"

    Ry Cooder, „Boomer’s Story"

    Ich kam gut vom Schanzentisch weg. Es machte einen Ruck, und ich flog. Das alte Gefühl stellte sich ein. Mein Körper-Ski-System funktionierte perfekt. Stabil und leicht schwebte ich über den Vorbau, sah aus dem Augenwinkel die Weitenrichter, die für die kurzen Sprünge zuständig waren. Der rote Strich, der den kritischen Punkt der Bergisel-Schanze anzeigte, kam näher, und ich merkte, dass ich ihn überspringen würde.

    Aaaah!

    Noch bevor ich bei 102,5 Metern aufsetzte, wusste ich: Niemand springt in diesem Durchgang so weit wie ich. Ich landete mit einem perfekten Telemark. Das Klatschen meiner Ski wurde vom Aufschrei der 60 000 Besucher geschluckt, die am Schlusstag der Olympischen Spiele 1976 auf den Bergisel gekommen waren, um die österreichischen Adler im zweiten Anlauf siegen zu sehen.

    Gut, dachte ich mir, als ich den Gegenhang hinauffuhr, das erledigen wir.

    Ich kriegte wie gewohnt gute Noten. Zufrieden betrachtete ich das olympische Feuer, das aus einer Schale über dem Schanzenauslauf loderte. Dann packte ich meine Ski zusammen und stapfte zu unserem Mannschaftscontainer. Eingepackt in eine warme Decke, beobachtete ich, wie ein Springer nach dem anderen an der Weite scheiterte, die ich vorgelegt hatte.

    Nummer 41 Steiner. Nummer 44 Danneberg. Nummer 49 Schnabl. Keiner der Co-Favoriten kam auch nur annähernd an meine 102,5 Meter heran. Nach dem ersten Durchgang des Olympiaspringens von Innsbruck führte ich mit 7,7 Punkten Vorsprung auf den DDRler Jochen Danneberg. Das war mehr als ein Vorsprung. Im Match Innauer gegen den Rest der Welt stand es zur Halbzeit mindestens 3:0.

    Man hat nicht viel Platz auf dem Bergisel. Hinter der Schanze geht es steil in einen Graben hinunter, vorne stehen die Zuschauer, die Autogramme wollen oder dir – toi, toi, toi! – über die Schulter spucken. Ich machte ein paar Schritte in den Wald, der die Schanze umgibt, um allein zu sein.

    Auch wenn meine Temperatur normal war, hatte ich Fieber. In meinen Augen wanderten kleine Schlieren, und eine Spannung, die ich nicht kannte, machte mich frösteln. Ich platzte vor Ungeduld. Ich wollte nicht mehr warten. Die Goldmedaille sollte schon jetzt mir gehören. Wozu ein zweiter Durchgang? Ich hatte der Welt doch längst gezeigt, dass es niemand anderem zustand, auf dieser Schanze Olympiasieger zu werden.

    Ich wollte mich ablenken, aber mir hockten zu viele Gedanken auf der Schulter. Wie viel Geld würde ich verdienen? Wie viele Mädels würden mich besuchen? Was würden die Zeitungen schreiben? Ich machte die Augen zu und sah die Schlagzeilen: „Danke, Gold-Toni!" Ich buchstabierte: Toni Innauer. Siebzehn. Olympiasieger. Ich hörte den Applaus des Publikums bei der Siegerehrung. Ich schmeckte Champagner auf der Zunge. Er prickelte verführerisch. Mir fiel eine Szene von 1972 ein: Mein Freund Alois Lipburger saß auf einer Bank am Bahnhof von Bischofshofen und träumte laut.

    „Weltrekord möchte ich einmal fliegen, sagte er, der dunkelhäutige, muskelbepackte Knirps, der genau wie ich gerade in den österreichischen C-Kader aufgerückt war. Aber ich, noch keine 15 Jahre alt, schüttelte altklug den Kopf: „Schon recht, Liss, aber wirklich zählen tut nur, wenn du Olympiasieger wirst.

    Ich musste lachen. Unser Gespräch von damals war die Unterhaltung von zwei Rotzlöffeln gewesen, die sich einbildeten, ohne Sauerstoffmaske auf den Mond fliegen zu können. Österreichs Skisprungsport war so tief im Keller, dass ein 20. Platz bei einem größeren Springen schon als Riesenerfolg galt.

    Tja, so schmeckt eben die Erfüllung, Liss. Ich betrachtete meine Autogrammkarte und musterte ehrfürchtig mein Gesicht. Also Olympiasieger. Sollte ich auf das i von Toni statt eines i-Punkts die olympischen Ringe drucken lassen?

    Im Mannschaftsquartier sah ich nur vorfreudig gespannte Gesichter. Endlich hatten die Adler gezeigt, dass sie tatsächlich die Lüfte beherrschten. Ich führte im Olympiaspringen auf der Großschanze, Charly Schnabl war Dritter, Reinhold Bachler Vierter. Wenn ich auf die Uhr schaute, wünschte ich mir, es wäre schon eine Stunde später. Als mir Rudi Wanner auf die Schulter klopfte und „Mach’s gut" wünschte, war ich fast verwirrt.

    „Mach’s gut"?

    Ach ja, der zweite Durchgang.

    Ich war nicht bei mir, als ich meine leuchtroten Ski packte und die Treppen im Anlaufturm hinauf zum Start stieg. Ich sah einen jungen, schlaksigen Mann mit langen, strähnigen Haaren, der mechanisch einen Fuß vor den anderen setzte und sich nur eines wünschte: „Hoffentlich ist bald alles vorbei."

    Ich verfolgte von außen, wie irgendetwas in mir den zweiten Sprung machte, geistig erschöpft, ohne Energie. Ich war weder konzentriert noch dynamisch. Es spielte keine Rolle mehr, dass auch der Wind nicht perfekt war. Es war meine geistige Verfassung, die keine Leistung mehr zuließ, mit der man Olympiasieger werden konnte.

    Ich sprang 91 Meter weit, und im Auslauf kehrten meine Lebensgeister sofort zurück. Ich hatte einen derartigen Zorn, dass ich meine Ski am liebsten zu Streichhölzern verarbeitet hätte. Mit diesem Scheißsprung hatte ich nicht einmal mehr eine Chance auf eine Medaille! Oben standen noch mehr als 20 Springer, jeder einzelne motiviert bis unter die Schädeldecke.

    Ich verkroch mich in dem Holzstadel, auf dessen Dach die Haltungsnoten der Sprungrichter gezeigt wurden. Drinnen war es dunkel und muffig, Pickel, Schaufeln und Steigeisen lagen herum, alte Weitenanzeigetafeln und Werkzeuge für die Schanzenpräparierung. Ich schlug die Tür hinter mir zu und verriegelte sie. Ich wollte allein sein, den falschen Trost der Menschen nicht hören, die mir draußen mitleidig auf die Schulter klopften und erklären wollten, es sei eh alles nicht so schlimm.

    Jochen Danneberg sprang. Kürzer als ich. Sepp Schwinghammer, Jouko Törmänen, Walter Steiner blieben hinter mir. Plötzlich war das Springen fast zu Ende, und ich war im Zwischenklassement noch immer Erster.

    War mein Sprung doch gut genug gewesen?

    Bang kehrten meine Hoffnungen zurück, dann sprang Karl Schnabl 97 Meter weit, übernahm die Führung, und während sich eine Flutwelle nationaler Euphorie ins Bergisel-Stadion ergoss, zertrümmerte ich in meinem Stadel nach allen Regeln von Bruce Lee ein acht Zentimeter dickes Holzbrett.

    Ich saß auf den Schultern fremder Menschen und schaute ins Narrenkastl.

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