Freienbibel: Das Handbuch für freie Journalisten
Von Marike Frick
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Buchvorschau
Freienbibel - Marike Frick
Herausgeber: Benno Stieber
Chefredaktion: Marike Frick, freienbibel@freischreiber.de Redaktion: Ruth Hoffmann, Katharina Jakob, Frank Keil,
Freienbibel - Das Handbuch für freie Journalisten
Inka Schmeling, Bertram Weiß, Jakob Vicari, Pia Volk
Lektorat: Jannis Ludwig
Copyright: © 2013 Freischreiber e. V., www.freischreiber.de
Die Rechte der Beiträge liegen bei den Autoren
published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de
Umschlaggestaltung: Malte Knaack, www.malteknaack.com
Gestaltung: Maike Dunkhase, www.dunkhase.eu
eBook Konvertierung: Marte Kiessling, www.martemarte.de
Illustration (Kapiteltrenner): Birgit Schössow, http://birgit-schoessow.de
Finanziert über Krautreporter, www.krautreporter.de
ISBN 978-3-8442-8356-3
Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.
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Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.
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Vorwort
UND WIR SAHEN, DASS ES GUT WAR
Sie haben es eilig und wollen schnell weiter? Okay, lesen Sie sich nicht fest! Wir rufen Ihnen schnell in die Küche: Diese Freienbibel ist ein Ratgeber von mehr als 60 freien Journalisten für freie Journalisten, finanziert durch Freunde des freien Journalismus.
Ah, Sie haben doch ein bisschen mehr Zeit? Dann kommen wir hinein in die Küche und werden etwas ausführlicher: Denn die besten Ideen entstehen ja am Küchentisch, heißt es. An der Idee für dieses Buch etwa war ein unauffälliger, heller Holztisch in einer Hamburger Wohnung beteiligt. Darauf: Gummibärchen, Erdnüsse, Saft, Bier und Schokolade. Eine, nun ja, interessante Mischung. Aber sie brachte diesen einen Geistesblitz: Man müsste mal ein Buch machen, in dem alles steht, was freie Journalisten beschäftigt – und was sie wissen sollten. In dem das geballte Wissen der Mitglieder von Freischreiber weitergegeben wird. Ein Ratgeber, ein Handbuch, eine Fibel? Nein: eine Bibel!
Zwölf Apostel haben sich nicht gefunden – aber immerhin acht freie Journalisten, die die Organisation in die Hand nehmen wollten. Die fiel in stürmische Zeiten: Während wir überlegten, welche Facetten des freien Journalismus uns wichtiger erscheinen als andere, während wir Autoren beauftragten und Texte redigierten, machte erst die „Financial Times Deutschland dicht, dann wurde die Redaktion der „Frankfurter Rundschau
radikal verkleinert. Der Springer-Verlag verkaufte diverse Zeitungen und Magazine, Gruner + Jahr zog seine Münchner Redaktionen nach Hamburg ab. Überall bröckelte und kriselte es. Und wir? Schrieben munter weiter, wie schön freier Journalismus sein kann.
Denn wir alle vom Redaktionsteam sind Überzeugungstäter, sowohl was das Schreiben angeht als auch das Freisein. Wir glauben daran, dass man etwas tun sollte, das einem Spaß macht. Deshalb sind wir noch immer Journalisten – und noch immer frei. Und offenbar sind wir nicht allein: Mehr als 60 Autoren geben in diesem Buch ihre Erfahrungen weiter – und wir danken ihnen dafür ganz herzlich! Ebenso den vielen, die uns Tipps gaben, Kontakte anbahnten oder dafür sorgten, dass die Texte nicht nur schön zu lesen sind, sondern auch schön anzusehen.
Bei der Arbeit an diesem Buch haben wir Lust auf mehr bekommen: auf neue Geschäftsmodelle etwa, die zeigen, dass man auch außerhalb der kriselnden Verlagsbranche sein Geld verdienen kann.
Die Freienbibel gibt es überhaupt nur, weil wir eines dieser neuen Geschäftsfelder selbst ausprobiert haben: Wir haben – alle zum ersten Mal – über Crowdfunding die Finanzierung gestemmt. Als gleich in den ersten Tagen nach dem Start der Kampagne unsere Wunschsumme zusammenkam, waren wir ein bisschen fassungslos. Es funktionierte nicht nur – unsere Idee schien geradezu einzuschlagen! Nach Ablauf der Frist war die angestrebte Summe verdoppelt, sodass die Bibel nun sogar noch mehr Seiten, Grafiken und Ideen bietet als ursprünglich geplant.
Liebe Unterstützer der Freienbibel, hier halten Sie Ihr Exemplar in den Händen. Ein Buch, das es ohne Sie nicht geben würde.
Danke.
Ihre Freienbibel-Redaktion
Die Illustrationen, die jedes Kapitel einleiten, hat die freiberufliche
Grafikerin Birgit Schössow erstellt.
Sie illustriert Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbücher für deutsche und
internationale Verlage, aber auch journalistische Magazine.
1.jpgKapitel eins: Loslegen
Hereinspaziert und herzlich willkommen im freien Journalismus! Ach so, Sie denken gerade erst darüber nach, sich selbstständig zu machen? Das Netz und den doppelten Boden wegzulassen, das feste Gehalt gegen gelegentliche Honorare einzutauschen? Sie fragen sich, ob man so ein Leben in Unsicherheit wirklich wollen kann? Ob die Steuerprüfung da nicht quasi hinter dem nächsten Gartenzaun lauert? Und ob man wirklich so richtig krankenversichert ist, genau wie in der guten alten Festanstellung?
Wir können Sie beruhigen: Auf all diese Fragen gibt es grundsolide Antworten. Auf den folgenden Seiten finden Sie die wichtigsten – und alles, was sich sonst noch zu wissen lohnt für den großen Schritt in die unsichere, aber wunderbare Selbstständigkeit. Also: erst lesen, dann loslegen. Herzlich willkommen im freien Journalismus!
Im Pyjama am Schreibtisch: Einstieg in den freien Journalismus
Sie wollte endlich wieder die Reporterin geben, auf Jagd nach Geschichten gehen. Doch dann das: Antragsformulare, Geldnot, Albträume. Maria Wiesner über ihre ersten Wochen als freie Journalistin – voll Aufregung, Chaos und Freude über das erste Honorar.
Von Maria Wiesner
Ist die Angst schon da? Das fragt mich ein guter Freund seit Wochen zu Beginn jedes Telefonats. Ich bin gerade dabei, mich selbstständig zu machen. Natürlich verneine ich die Frage tapfer. Angst, pah! Angst hatte ich vor drei Monaten, als meine Zukunft als großes schwarzes Loch vor mir gähnte. Mir war mitgeteilt worden, dass mein befristeter Vertrag als politische Redakteurin auslaufen würde. Daraufhin beschloss ich, als freie Journalistin weiterzuarbeiten. Nachts lag ich in Fötusstellung im Bett und fragte mich: Was, wenn dein Erspartes in zwei, drei Monaten aufgebraucht ist? Du müsstest zurück zu deinen Eltern ziehen! Für gewöhnlich ging ich an dem Punkt zu hyperventilierender Schnappatmung über.
Gespräche mit meinen Kollegen verliefen in zwei Varianten. Da gab es die zufriedenen Festangestellten, mit ihnen endete die Unterhaltung für gewöhnlich so: „Hast du eigentlich schon die Anzeige von XY gesehen? Die suchen gerade einen Pauschalisten/Pressesprecher/Redakteur auf Honorarbasis!" Das war nett gemeint, schürte allerdings meine nächtlichen Zweifel, ob das Freien-Dasein die beste Entscheidung sein würde.
Warten auf Honorare, geplatzte Geschichten
Dann gab es die Gespräche mit den unzufriedenen Festangestellten. Die endeten für gewöhnlich mit den Sätzen: „Ich denk da ja auch schon eine Weile drüber nach. Endlich mal alles hinschmeißen und wieder raus unter Menschen, dorthin, wo die Geschichten sind. Die herumreisende freie Journalistin auf der Jagd nach der Geschichte – das war auch mein Lieblingsklischee. Jede Nacht, wenn die Zweifel kamen, malte ich mir meine Zukunft als eine krude Mischung zwischen Reisefantasie frei nach Ryszard Kapuscinski und rasender Reporterin à la Hildy Johnson aus dem Film „His Girl Friday
aus.
Um wieder in der Realität zu landen, telefonierte ich alle freien Freunde und Kollegen ab. Sie erzählten mir vom wochenlangen Warten auf Honorare, von geplatzten Geschichten und von Steuerprüfungen durch das Finanzamt. Trotzdem hatte keiner den Schritt in die Selbstständigkeit je bereut (zumindest gab es niemand in dem Moment zu). Einige ließen sich sogar hinreißen, es als die beste Entscheidung ihres Lebens zu bezeichnen. Das machte Mut.
Auf die Bürokratie der ersten Wochen war ich trotzdem nicht vorbereitet.
Durch die vorherige Festanstellung hatte ich Anspruch auf Arbeitslosengeld; ich konnte also einen Antrag auf Gründungszuschuss stellen. Für diesen braucht es einen Business- und Finanzplan. Und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie so etwas aussieht. Vom Beratungsunternehmen für Existenzgründung wurde mir ein Orientierungsseminar nahegelegt. Gemeinsam mit angehenden Unternehmern aus der Event-, Design- und Wirtschaftsbranche saß ich in abgedunkelten Räumen und ließ mir erklären, wie Gründung in Deutschland vor sich geht. Ich unterzog mich einem mehrstündigen Einzelgespräch über den Inhalt meiner Selbstständigkeit mit einer sehr hilfsbereiten, wenn auch etwas esoterisch angehauchten Beraterin, die mir versicherte, dass sie ihre Teilnehmer normalerweise nach Sternzeichen und Branche aussuche. Schließlich durchforstete ich das Internet nach Vorlagen und Anregungen und schrieb den Businessplan selbstständig. Nebenher korrespondierte ich mit dem Finanzamt, der Agentur für Arbeit, meiner Krankenkasse, der Künstlersozialkasse und meinen Versicherungen. Manchmal musste ich erst auf die Antwort des einen Amtes warten, um die nächsten zwei Anträge ausfüllen zu können, und manchmal musste ich ein bisschen hellsehen. So wollte die Krankenkasse wissen, wie viel Geld ich als Selbstständige pro Monat verdiene und wie hoch dabei mein Gründungszuschuss sein wird. Auch die Künstlersozialkasse fragte nach meinem voraussichtlichen Einkommen. Ich schlug beiden eine grob geschätzte Summe vor, über die sie sich nicht beschwerten.
Von Cafés halte ich mich fern
Am schlimmsten aber war der „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung des Finanzamts, in dem mir Phrasen wie „Durchschnittssatzbesteuerung
und „Soll-/Istversteuerung der Entgelte entgegentraten und ich Sätze wie „Ich bin Organträger folgender Organgesellschaft
zu ergründen suchte. Mit der Antwort auf diesen Antrag ließ sich das Finanzamt ordentlich Zeit. Dabei brauchte ich das Schreiben doch, um den Gründungszuschuss pünktlich zu beantragen! Es war eine Prüfung in Geduld. Und manchmal, wenn ich vom Beamtendeutsch überfordert meinen Kopf auf den Schreibtisch legte, dachte ich: Kapuscinski hatte sich gewiss nicht erst wochenlang durch schnöde Anträge quälen müssen, bevor er seine Recherchereisen antrat.
Doch irgendwann, nach schier endlosen vier Wochen, war der letzte Antrag abgeschickt, und ich konnte mit der Arbeit als freie Journalistin beginnen.
Als das erste Honorar bezahlt wurde, führte ich einen kleinen Freudentanz auf. Leider deckt das Schreiben noch lange nicht den Lebensunterhalt. Der Blick auf den Kontoauszug verursacht mir derzeit körperliche Schmerzen. Von der Innenstadt mit der Einkaufsmeile und den Cafés halte ich mich fern; alles Ersparte ist für die ersten Recherchereisen, Miete und Essen reserviert. Das könnte jetzt wieder ein Moment sein, um in hyperventilierende Schnappatmung zu verfallen. Doch der Horror bleibt aus. Es macht zu viel Spaß, Termine und Geschichten wieder selbst in der Hand zu haben. Außerdem gestatte ich mir die Freiheit, meine Lieblingsklischees zu zelebrieren: Teile dieses Textes habe ich frühmorgens im Pyjama geschrieben. Die rasende Reporterin Hildy Johnson hätte das bestimmt ähnlich gehalten.
Drei Dinge, die ich gern früher gewusst hätte
1. Als Erstes die Umsatzsteuernummer beantragen! Sonst sind die ersten Rechnungen zu schreiben, aber der Brief vom Finanzamt ist noch immer nicht da.
2. Geld sparen und Finanzplan machen! Man sollte wissen, wie viel man tatsächlich monatlich für den Lebensunterhalt inklusive aller Versicherungen ausgeben wird. Mindestens drei Monate muss das Ersparte abdecken, denn die Auszahlung von Zuschüssen und Honoraren dauert oft länger, als man anfangs hofft.
3. Wie funktioniert das mit den Steuern? Zum Glück gibt es gute Tipps in der Fachliteratur (siehe Empfehlungen) und das anwenderfreundliche Buchhaltungsprogramm „MonKey Bilanz".
Über die Autorin:
Maria Wiesner hat Romanistik, Germanistik und Journalistik studiert. Sie schrieb für Magazine und Tageszeitungen über Politik- und Gesellschaftsthemen und arbeitete ab Herbst 2011 in der politischen Redaktion der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Seit Juni 2013 ist sie als freie Journalistin in Frankfurt tätig.
Links & Literatur
Wolfgang Kiesel: Start frei Freiberuflichkeit. Kindle eBook. (Eine unerschöpfliche Schatzkiste zu Anträgen und Formularen und der beste Ratgeber zur Künstlersozialkasse)
Goetz Buchholz: Ratgeber Freie – Kunst und Medien. IG Medien, 1998. (Leider nur noch antiquarisch erhältlich, unter allen Ratgebern jedoch noch immer der praktischste, mit umfassenden Kapiteln zu Versicherungen und Steuern. Buchholz ist Autor des Buches Ratgeber Selbstständige. verdi, 2011. www.mediafon.de)
Svenja Hofert: Erfolgreich als freier Journalist. UVK, 2012. (Ein hervorragender Ratgeber zu Selbstmarketing und Netzwerken)
Ulli Schauen: Das WDR-Dschungelbuch. Selbstverlag, 2012. (Tipps und Tricks für alle, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Fuß fassen wollen)
Die Webseite der Freischreiber bietet umfangreiche Materialien und Kontakte für den Start in die Selbstständigkeit. www.freischreiber.de
Der DJV hat auf seiner Homepage einen Menüpunkt „Freie". Dort finden sich Übersichten zu Tarifen und Honorarsätzen sowie Musterverträge: www.djv.de/startseite/info/beruf-betrieb/freie.html
Vorlagen zum Verfassen von Business- und Finanzplänen bieten die meisten Beratungsunternehmen für Existenzgründung auf ihrer Homepage zum kostenlosen Download an. (http://www.jumpp.de oder http://www.kompassfrankfurt.de)
www.walte-deines-textes.de: Von Freischreiber-Mitglied Marion Trutter entwickeltes (kostenpflichtiges) Programm für die Alltagsbewältigung freier Journalisten: Man sieht u. a. sofort, welchen Status welcher Auftrag hat, wann die nächste Deadline ist und welche Honorare noch nicht gezahlt wurden.
Kleine Entscheidungshilfe, Teil I: Welches ist der richtige Arbeitsplatz für mich?
Flussdiagramm.jpgWie machst du das : Was ist dein Tipp für den Start in die Selbstständigkeit?
Es antwortet: Nadine Runge, freie Journalistin aus Hamburg, war früher stellvertretende Chefredakteurin eines Reisemagazins
nadine.jpg49894.png Ich habe mich 2006 unfreiwillig selbstständig gemacht, weil mein Arbeitgeber Insolvenz anmelden musste. Weil ich ziemlich ratlos war, habe ich an einer Frauenberatung der Uni Hamburg teilgenommen. Ich kann jedem Einsteiger nur empfehlen, solche Beratungsangebote und Mentoringprogramme zu nutzen: Es ist wahnsinnig hilfreich, um die eigenen Gedanken zu sortieren und herauszufinden, was man will. Dann bin ich in einen Kiosk gegangen und habe mich mit allen Zeitschriften eingedeckt, die ich mir als Auftraggeber vorstellen konnte. Mit dem Stapel von 25, 30 Magazinen im Gepäck bin ich für ein Wochenende in ein kleines Hotel in der Holsteinischen Schweiz gefahren. Zwei Tage lang habe ich nur diese Zeitschriften durchgelesen und mir Ideen für Geschichten notiert.
Hinterher habe ich zwar nur einen Bruchteil dieser Themen wirklich realisiert – aber ich weiß: Irgendwo habe ich noch die Notizen, auf die ich immer zurückgreifen kann. 49892.png
Überblick statt Schuhkarton: So klappt’s auch mit der Steuer
Schon klar: Extrem lästig, dieses ganze Steuer-Gedöns. Aber auch extrem notwendig, sich damit auszukennen. Steuerberater Rüdiger Schaar erzählt, was die Basics sind – und welche Fallen Sie vermeiden sollten.
?Herr Schaar, was ist der größte Albtraum für einen Steuerberater, der einen freien Journalisten vertritt?
Diese Kiste, in der alle Unterlagen kreuz und quer liegen und die man immer wieder bekommt. Für die Steuererklärung braucht es eine gewisse Grundordnung: Man sollte Einnahmen von Ausgaben trennen, Bewirtungsquittungen ausfüllen, notieren, für wen Geschenke sind. Rechnungsnummern sollte man