Akquisition von Dienstleistungen: Angewandte Psychologie für die berufliche Praxis
Von Claus Hunert, Miriam Landes und Eberhard Steiner
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Über dieses E-Book
Erfolgreiche Verkäufer fühlen sich meist als "die Könige" des Unternehmens und dies meist mit gutem Recht, denn sie sind es, die an vorderster Front für den Erfolg des Unternehmens sorgen. Schwierig genug ist diese Aufgabe schon, wenn man ein konkretes Produkt verkaufen soll, aber das bietet wenigstens den Vorteil, dass es der Kunde im wahrsten Sinne des Wortes begreifen, es testen und auf seine Erwartungen hin überprüfen kann, bevor er seine Kaufentscheidung trifft. Die besondere Herausforderung im Verkauf von Dienstleistungen liegt darin, dass man auf der "Klaviatur" der verschiedenen psychologischen Befindlichkeiten, Erwartungen, aber auch Ängste und situativer Besonderheiten auf Seiten seines Kunden zu spielen vermag. Aufgrund angewandter psychologischen Erkenntnisse bietet dieses Werk die nötigen Einblicke für die Praxis. Auch stellt es diese Klaviatur erstmals in umfassender Weise vor und bietet darüber hinaus konkrete Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Verkaufssituationen. Somit ist es wertvolle und zugleich ansprechend interessante Lektüre für alle, die aus beruflichen oder privaten Gründen mehr über die psychologischen Hintergründe von Akquise, Verkauf und Kaufentscheidungen erfahren möchten.
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Akquisition von Dienstleistungen - Claus Hunert
Claus Hunert, Miriam Landes und Eberhard SteinerAkquisition von DienstleistungenAngewandte Psychologie für die berufliche Praxis10.1007/978-3-8274-2736-6_1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
1. Vorüberlegungen zur Akquisition und dem Verkauf von Dienstleistungen
Claus Hunert¹, Miriam Landes² und Eberhard Steiner²
(1)
Hohenschäftlarn
(2)
München
Zusammenfassung
In der Dienstleistungslandschaft der IT-, Personal- und Unternehmensberater, aber auch der Auftragsforscher und -entwickler gehört der Begriff der Akquisition mittlerweile zum Tagesgeschäft. Deren Bedeutung als „überlebenssichernde" Maßnahme hat in den letzten Jahren in demselben Maße zugenommen, wie die Investitionsfähigkeit und -willigkeit vieler Unternehmen in ebendiese Dienstleistungen abgenommen hat. Das hat dazu geführt, dass sich in den Führungsetagen der entsprechenden Dienstleistungsunternehmen ein neues Bild des Generierens von Aufträgen etablieren musste; eines, das sich von der Ansicht löst, dass die Kunden mit einem wohl definierten Problemfeld zum Berater oder Forscher kommen und um Unterstützung bei der Lösung dieses Problems bitten.
In der Dienstleistungslandschaft der IT-, Personal- und Unternehmensberater, aber auch der Auftragsforscher und -entwickler gehört der Begriff der Akquisition mittlerweile zum Tagesgeschäft. Deren Bedeutung als „überlebenssichernde Maßnahme hat in den letzten Jahren in demselben Maße zugenommen, wie die Investitionsfähigkeit und -willigkeit vieler Unternehmen in ebendiese Dienstleistungen abgenommen hat. Das hat dazu geführt, dass sich in den Führungsetagen der entsprechenden Dienstleistungsunternehmen ein neues Bild des Generierens von Aufträgen etablieren musste; eines, das sich von der Ansicht löst, dass die Kunden mit einem wohl definierten Problemfeld zum Berater oder Forscher kommen und um Unterstützung bei der Lösung dieses Problems bitten. Vielmehr heißt es heute, Lösungen bereitzustellen, die – und das ist der Unterschied zu damals – potenzielle Probleme beseitigen, ohne genau zu wissen, ob der Kunde auch tatsächlich diese oder ähnliche Probleme hat oder sich dieser bewusst ist. Das Spannungsfeld, in dem diese mögliche Problembeseitigung stattfindet, besteht aus einer erwarteten Qualität (wie auch immer diese gemessen und/oder beurteilt wird), einem Zeitfaktor, der in der Regel vorgegeben wird, und einem zur Verfügung gestellten Budget in Form von Geld und anderen Ressourcen. Damit bewegt man sich unweigerlich in dem Feld der Projektarbeit, wenngleich mit einer riesigen Spannbreite, was Umfang, Abwicklung und Ergebnisse betrifft. Das für Projekte vielfach als definitorisches Element herangezogene Kriterium der „Erstmaligkeit
spielt bei der Akquisition von Dienstleistungen zunächst einmal eine untergeordnete Rolle ebenso wie die vielfach geforderte Interdisziplinarität. Freilich könnte man versuchen, diese Aspekte auch noch zu integrieren, was aber letztendlich weniger zur Erhellung als vielmehr zur Verwirrung und Überdetaillierung beitragen würde.
Die Akquisition dieser Projekte als Aufgabenstellung hat damit einen Anteil aktiven Verkaufens hinzubekommen, der in früheren Jahren nicht erforderlich war, weil die Kunden quasi „von alleine kamen. Mit aktivem Verkaufen ist hierbei gemeint, dass man sich als Dienstleister heute aktiv um die Ansprache potenzieller Kunden kümmern, also Kontaktanbahnung und -pflege betreiben und auf Basis allgemeiner und meist unspezifischer Brancheninformationen Ideen entwickeln muss, wie man diesen potenziellen Kunden einen Mehrwert bieten kann. Genau darin liegt für viele der oben genannten Unternehmen und Organisationen nun die Schwierigkeit: Man hat es nämlich nur in seltenen Fällen gelernt, „professionell
zu akquirieren und sich mit den Fragestellungen zu beschäftigen, die einen Kunden dazu bewegen,
inhaltlich überhaupt einmal über ein Projekt nachzudenken,
einen Projektpartner (Dienstleister) in die engere Wahl zu nehmen,
sich für einen Partner zu entscheiden.
Genau das soll Inhalt dieses Buches sein: dem Leser Einblicke zu gewähren in das zuweilen sehr komplexe „Innenleben" eines potenziellen Kunden oder Klienten. Dabei sollen Türen geöffnet werden in vielleicht bislang verschlossene oder als uninteressant erachtete Fragewelten, die den Zugang zum Kunden entweder erst möglich machen oder in der Folge den gegenseitigen Umgang erleichtern. Das soll letztlich dazu führen, dass der Akquisiteur bessere Erfolgsaussichten hat und der Kunde im Akquisitionsprozess professionell und damit für ihn zufriedenstellend behandelt und betreut wird.
Gerade beim Verkauf von Dienstleistungen stellt sich das Problem, dass kein sichtbares Gut vorliegt. Der Kunde muss sich auf den Dienstleister verlassen können. Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich in der sogenannten Agency-Theorie unter anderem mit der Frage nach dem Vertrauen.
Menschen empfinden Knappheit, wenn sie ihre Mittel mit ihren Bedürfnissen messen (Picot et al. 2008, S. 1 f.). Damit entsteht der Anreiz, Maßnahmen zur Knappheitsbewältigung zu ergreifen. Die erfolgreichste Maßnahme hierzu ist das Wirtschaften im Sinne von Arbeitsteilung und Spezialisierung. Eine arbeitsteilige Produktion ist durch eine Zunahme an Geschicklichkeit und die Verringerung von Rüstzeiten gekennzeichnet. Während dies von Adam Smith noch am Beispiel der Stecknadelproduktion, also einer Manufaktur, gezeigt wurde, ist in unserer Gesellschaft die Erbringung von Dienstleistungen ein ebenso wichtiger Zweig der Spezialisierung und Arbeitsteilung geworden. Spezialisierung fördert das Herausbilden von Sachkenntnis, Spezialwissen und Erfahrung und resultiert dadurch in Produktivitätsgewinnen. Auch hier entfallen „Rüstzeiten", da sich der Dienstleiter als Spezialist auf seinem Gebiet nicht erst in eine neue Materie einarbeiten muss. Auf der anderen Seite entsteht durch die Arbeitsteilung ein Abstimmungs- und Tauschproblem. Da jeder nur einen sehr geringen Anteil der Wirtschaftsleistung selbst erbringt, müssen die anderen benötigten Produkte oder eben Dienste beschafft und bezahlt werden. Solche Koordinationsaktivitäten verzehren einen Teil der Produktivitätsgewinne. Transaktionsaufwendungen machten 1970 etwa die Hälfte des Sozialprodukts der USA aus, wobei seit dem Aufkommen des Internets eine deutliche Reduktion dieser Aufwendungen zu erwarten ist (Wallis/North 1986).
Neben Problemen bei der Arbeitsteilung an sich (zum Beispiel durch falsche Aufgabenkombinationen) kann es zu Problemen bei Koordination und Tausch kommen. Hierbei sind insbesondere Agency-Gefahren zu berücksichtigen, also das Risiko, einen Dienstleister mit falscher oder unzureichender Qualifikation zu beauftragen.
In der Agency-Theorie herrscht ein opportunistisches Bild vom Menschen und seinem Verhalten. Menschen verfolgen Ziele, und die Erreichung dieser Ziele sehen sie als Erfolg an. Die individuelle Nutzenmaximierung ist zentraler Bestandteil der Agency-Theorie. Jeder Akteur ist bestrebt, seine Ziele zu verfolgen und den eigenen Vorteil aus einer Vertragsbeziehung zu maximieren. Dabei ist es möglich, dass einzelne Dienstleister (Agenten) zur Maximierung des Eigennutzens Regelverstöße begehen, also Vertragsbestimmungen brechen. Man spricht in diesem Fall von Opportunismus. Die Akteure in der Agency-theoretischen Welt leben im Zustand begrenzter Rationalität: Informationen sind beschränkt, asymmetrisch verteilt und unsicher. Der Zufall nimmt Einfluss auf das Ergebnis einer Aktion, und die Fähigkeit der Akteure, Informationen zu gewinnen und zu verarbeiten, ist begrenzt. In einer Welt des beschränkten Wissens handeln die Akteure begrenzt rational, das heißt, sie verfolgen die Ziele, die ihnen aus ihrem Kenntnisstand und ihren Erwartungen heraus rational erscheinen. Aus den Informationsungleichgewichten drohen bestimmte Gefahren auf jeder Stufe der Vertragserfüllung:
Hidden Characteristics
Vor der Vertragsunterzeichnung liegt die Informationsasymmetrie in den unbekannten Eigenschaften des Dienstleisters oder der von ihm angebotenen Dienste. Das Agency-Problem rührt aus den im Vorfeld verborgenen Eigenschaften her, die sich erst nach Vertragsabschluss offenbaren. Es droht die Gefahr der Adverse Selection, also der Fehlauswahl des Dienstleisters. Da der Auftraggeber die Eigenschaften oft nicht prüfen kann, wählt er möglicherweise einen ungeeigneten Bewerber aus.
Hidden Information
Die Hidden Information-Situation entsteht nach Vertragsabschluss. Der Dienstleister hat oder erlangt Informationen über das Projekt, die ihm eine bessere Beurteilung erlauben als dem Auftraggeber. Dieser muss sich nun darauf verlassen, dass der Dienstleister ihm zutreffende Darstellungen gibt, da es ihm selbst oftmals nicht mehr möglich ist, diese Informationen zu erlangen. Für den Dienstleister entsteht der Anreiz, die Informationsvorteile auszunutzen. Typisches Beispiel ist eine Kfz-Inspektion, bei der bestimmte Mängel festgestellt und Reparaturempfehlungen gemacht werden. Der Auftraggeber kann als Laie oftmals nicht nachprüfen, ob diese Reparaturen wirklich nötig sind und muss sich auf die Aussage des Dienstleisters verlassen.
Hidden Action
In dieser Situation ist die Entscheidung gefallen, und der Dienstleister hat eine Leistung für den Auftraggeber erbracht. Der Auftraggeber kann mangels Sachkenntnis oftmals nicht prüfen, wie gut die Ausführung gelungen ist beziehungsweise ob ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis dem Dienstleister anzulasten oder ob dies einem externen Effekt geschuldet ist. Eine schlechte Vermögensentwicklung kann beispielsweise aus einer mangelhaften Anlageberatung herrühren, aber auch dem Marktumfeld geschuldet sein.
Hidden Intention
Der Auftraggeber kann im Vorfeld nicht beurteilen, wie sich der Dienstleister in oder nach der Kooperationsbeziehung verhalten wird und welche Ziele er verfolgt. Tätigt der Auftraggeber wegen des Kooperationsverhältnisses hohe (spezifische) Investitionen und gehen diese verloren, wenn der Dienstleister sich unkooperativ verhält, so entsteht ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Der Dienstleister kann diese Abhängigkeit dann zu seiner Nutzenmaximierung ausnutzen. So erlangt ein Steuerberater oder ein Wirtschaftsprüfer unweigerlich spezifische Informationen über den Klienten, die einen Wechsel des Dienstleisters erschweren, selbst wenn man mit dessen Leistung unzufrieden ist. Besonders problematisch ist dies, wenn der Dienstleister proprietäre Standards verwendet, bei denen der Kunde sich auf lange Zeit auf ein System festlegt.
Für den Dienstleister ist es daher entscheidend, diese Gefahren zu kennen und dem Auftraggeber durch Zeugnisse, Zertifikate, Garantien, offene Standards und Wissensmanagement die Angst vor einem Agency-Verhältnis frühzeitig zu nehmen.
Claus Hunert, Miriam Landes und Eberhard SteinerAkquisition von DienstleistungenAngewandte Psychologie für die berufliche Praxis10.1007/978-3-8274-2736-6_2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
2. Der Verkauf von Dienstleistungen: Unterschied zum Produktverkauf und daraus resultierende notwendige Vorbereitung
Claus Hunert¹, Miriam Landes² und Eberhard Steiner²
(1)
Hohenschäftlarn
(2)
München
Zusammenfassung
Rein betriebswirtschaftlich gesehen ist der Prozess des Verkaufens auch nur ein Teil der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens wie die Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen oder die Produktion. Erstaunlich ist jedoch, dass dem Themenfeld des Verkaufs nicht annähernd so viel Beachtung geschenkt wurde wie zum Beispiel dem der Produktion, wofür sogar mathematische Modelle, Gleichungen und Funktionen aufgestellt wurden. Der Verkauf als konkrete Aktivität von Mitgliedern eines Unternehmens ist dagegen überwiegend in populärwissenschaftlicher Literatur aufgegriffen worden.
Rein betriebswirtschaftlich gesehen ist der Prozess des Verkaufens auch nur ein Teil der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens wie die Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen oder die Produktion. Erstaunlich ist jedoch, dass dem Themenfeld des Verkaufs nicht annähernd so viel Beachtung geschenkt wurde wie zum Beispiel dem der Produktion, wofür