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Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden: Anreize zur Flächenersparnis durch Förderung der Innenentwicklung in Theorie und Praxis
Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden: Anreize zur Flächenersparnis durch Förderung der Innenentwicklung in Theorie und Praxis
Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden: Anreize zur Flächenersparnis durch Förderung der Innenentwicklung in Theorie und Praxis
eBook437 Seiten3 Stunden

Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden: Anreize zur Flächenersparnis durch Förderung der Innenentwicklung in Theorie und Praxis

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Über dieses E-Book

Wie kann dem immer noch enorm hohen Flächenverbrauch Deutschlands als Nation zwischen Industrie, Handel und Verwaltung von Seiten der Planung entgegengewirkt werden? Unterstützt der zentrale § 13a des Baugesetzbuches zu den Bebauungsplänen der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren das elementare Bestreben, eine lebenswerte, ausgewogene und auch natur- und landschaftsbezogene Umwelt zu erhalten? 

Dieses Fachbuch erläutert den § 13a des BauGB, untersucht Möglichkeiten und Grenzen der mit dieser Vorschrift verbundenen formellen und inhaltlichen Elemente aus Sicht der Planungspraxis und schätzt ein, wie erfolgreich die gesetzliche Regelung seit 2007 zu dieser Art von Bebauungsplänen ist. Praktische Hinweise zur Bemessung der Flächenersparnis runden das Werk ab.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum15. Feb. 2021
ISBN9783658319229
Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden: Anreize zur Flächenersparnis durch Förderung der Innenentwicklung in Theorie und Praxis

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    Buchvorschau

    Die Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwenden - Bernd Bohnenberg

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH , ein Teil von Springer Nature 2021

    B. BohnenbergDie Regelung des § 13a BauGB verstehen und anwendenhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-31922-9_1

    1. Grundlagen und Einordnung des § 13a BauGB in der Planung

    Bernd Bohnenberg¹  

    (1)

    Fachbereich Planen und Bauen, Stadtverwaltung Brakel, Brakel, Deutschland

    In diesem Kapitel wird die Basis der Regelung des § 13a BauGB näher betrachtet und eine Einordnung in das Planungsgeschehen vorgenommen.

    Ausgehend vom Flächenverbrauch, mit seinen vielfältigen Auswirkungen als Hintergrund der Bestimmung, wird die Entwicklung des rechtlichen Rahmens dargelegt sowie Veranlassung, Zielstellung und Vorgänger des § 13a BauGB erläutert.

    1.1 Einleitung, Zielsetzung und Ausrichtung des Fachbuchs

    Im aktuellen Baugeschehen kommen neben national und international bekannten Großprojekten auch kleinstädtische Projekte hinzutretender Versiegelung vor, die allenfalls eingeschränkte Bekanntheit durch die Lokalpresse erhalten und daher im allgemeinen Bewusstsein oft weniger präsent sind. Auch auf dieser lokalen Ebene setzt sich also bei näherer Betrachtung der – zunächst subjektive – Eindruck einer um sich greifenden Versiegelung fort. Dem steht ein vergleichsweise geringer Abriss und eine Beseitigung von Versiegelung entgegen, es sind also weitaus mehr Neubauvorhaben auf vorher unversiegelten Flächen, die das Geschehen prägen.

    Letztere werden begünstigt durch ein Sich-Arrangieren der Behörden mit den unzähligen Bebauungsplänen insbesondere aus den 1970er- und 1980er-Jahren mit oftmals ausgeprägten gestalterischen Regelungen, die einen komfortableren (und teilweise verschwenderischen) „Wiederaufbau bzw. Neuaufbau durch die allseits bekannten und teilweise monotonen Einfamilienhaussiedlungen ermöglichen sollten. Eine Erneuerung oder Aufhebung alter Bebauungspläne wäre zu zeit- und personalintensiv, zudem ist der Eingriff in alte Rechte oft schwierig durchzusetzen. Schließlich haben die alten Bebauungspläne eines geschaffen: eine ausgeglichene, abgewogene „Wohnruhe für die Bewohner¹ unter planungsrechtlich ähnlichen Bedingungen. Insgesamt scheint die Tendenz zu bestehen, allen Bauwünschen unter Ausschöpfung der möglichen Ausnahme- und Befreiungstatbestände im Baugenehmigungsgeschehen der letzten Jahre und Jahrzehnte zu entsprechen. Hierdurch wird fast bedingungslos dort eine gewisse städtebauliche Stabilisierung der kleinstädtischen Bevölkerung unterstützt, wo es einer Gemeinde möglich ist. Es sollen möglichst auch die letzten Baulücken ausgeschöpft werden, jedoch bestehen mittlerweile modernere, deutlich andere bauliche Vorstellungen ihrer zukünftigen Eigentümer und Bewohner als zum Zeitpunkt der Planung. Dem Wunsch nach einer fortentwickelten Bebauung kann somit oftmals nur über Ausnahmen und Befreiungen entsprochen werden.

    Es wird also weiter gebaut, insbesondere in den zurückliegenden Jahren des „Baubooms" – doch wie lange noch? Bereits seit Jahren zeichnet sich ab, dass die Bundesrepublik Deutschland – von der kleinstädtischen Ebene auf die Großstädte übertragbar – ein massives Flächenproblem hat. Dies bedeutet, dass für die Planung als vorbereitender Teil des Bauens viel zu wenige Freiflächen verfügbar sind, sei es zum späteren Bauen selbst, für Erschließungssysteme oder für den bislang erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausgleich. Die Flächenansprüche werden dabei nicht geringer.

    Insbesondere das Dogma des flächenhaften Ausgleichs für Eingriffe in Natur und Landschaft scheint an seine Grenzen angelangt zu sein, denn woher sollen die notwendigen Freiflächen noch kommen, wenn beispielsweise die Landwirtschaft und andere flächenintensive Funktionen diese Freiflächen verständlicherweise benötigen und nicht für andere Zwecke abgeben, was zudem gesetzlich verankert ist? Weder Tauschflächen noch Ausgleichsflächen für eine Intensivierung ökologischer Wirkungen stehen in ausreichendem Maße zur Verfügung oder sind nur nach jahrelangem Tauziehen zu bekommen. Ließe man das Vermeidungs-, Minimierungs- bzw. Eingriffs-/Ausgleichsprinzip fallen, sähe es mit der Realisierung neuer baulich genutzter Räume zwar auf den ersten Blick besser aus. Doch stünde dann zu befürchten, dass unter der Prämisse eines fast ungeregelten Wachstums der versiegelten Gebiete, um alle flächenbezogenen Funktionen im erforderlichen Ausmaß unterzubringen, unser Land sich in einer Dimension verändern würde, die unakzeptabel ist, weil es seinen Einwohnern/Bewohnern kaum noch erreichbare Freiräume bieten und sie in immer größeren Agglomerationen oder zersiedelten „Landschaften" wohnen ließe.

    Bislang hat man – erfolgreich – auf das Prinzip: Bebauung, aber zumindest unter Ausgleich, beharrt. Die noch geordnete Aufteilung zwischen besiedelten und von Bebauung freigehaltenen Flächen würde wohl gänzlich umkippen, wenn man das angesprochene Flächenproblem und die Schaffung notwendiger bebauter Räume durch einen Entfall des Vermeidungs-, Minimierungs- und Eingriffs-/Ausgleichsprinzips zu lösen versuchte.

    1.2 Impuls

    Aus dieser vielschichtigen kommunalen Planungspraxis heraus ist der Impuls für diese Publikation entstanden, genauer aus der Anwendung des Planungsrechts im Rahmen der Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit.²

    Im Jahr 2007 ist die gesetzliche Regelung des § 13a BauGB geschaffen worden, zu der es mittlerweile eine umfangreiche Rechtsprechung und ein großes Schrifttum gibt.

    Mit besagter Regelung soll gemäß des planerischen Leitbildes der Innenentwicklung (vor Außenentwicklung) nach dem Baugesetzbuch ein „Flächensparen durch besondere Anreizinstrumente ermöglicht werden; die Innenentwicklung soll praktisch einen Hebel darstellen, mit dem nach „innen gegangen werden soll.

    1.3 Kenntnislücken und Vorgehensweise

    Ein umfangreicher, insbesondere rechtstheoretischer Kenntnisstand zur gesetzlichen Regelung ist zwar gegeben, allerdings fehlt eine praxisorientierte Analyse des bezogen auf die erfassten Flächen quantitativen Anwendungserfolgs der Regelung des § 13a BauGB auf einer räumlich geschlossenen (administrativen) Ebene, also zur Umsetzung der einschlägigen Regelung.

    Konkrete Erkenntnisse zur Flächenersparnis im Rahmen des angestrebten Zweckes und seiner praktischen Ausschöpfung bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren soll diese Ausarbeitung zwar nicht liefern, sie kann aber über die Analyse der Regelung in Ansätzen einschätzen, ob das Leitbild der Innenentwicklung nach dem Baugesetzbuch auf kleinräumiger Ebene umgesetzt worden ist bzw. ob dessen Umsetzung durch das jüngere beschleunigte Verfahren begünstigt worden ist. Darüber hinaus wird – anhand von Beispielen – eine geeignete Bemessungstechnik zur Flächeneinsparung über entsprechende Untersuchungskriterien erläutert, die bislang nicht existiert.

    Zunächst wird die einschlägige Regelung des § 13a BauGB als Schlüssel des Flächensparens unter Zugrundelegung des bestehenden Schrifttums genau betrachtet. Dabei wird angenommen, dass eine Flächenersparnis als unmittelbare Folge der Existenz der Regelung des § 13a BauGB und ihrer Anwendung durch die Planungshoheitsträger möglich ist. Einschränkend ist anzunehmen, dass die Pläne – bereits aufgrund ihrer städtebaulichen Notwendigkeit – ohnehin aufgestellt worden wären: im normalen Verfahren „innen oder aber im normalen Verfahren (eher) „außen. Daraus ergibt sich, dass die in den Fokus genommene Regelung des § 13a BauGB nicht allein ausschlaggebend für die Innenentwicklung ist.

    Aus der Praxiserfahrung des Verfassers werden entsprechende Untersuchungskriterien abgeleitet, um zentrale Fragestellungen zu den flächenbezogenen Vorteilen des im Mittelpunkt stehenden Paragrafen im Falle einer konkreten räumlichen Untersuchung zu beantworten. Aus diesem Ansatz ließe sich die praktische Umsetzung der Bebauungsplanung bezüglich des § 13a BauGB durch Auswertung von Plänen auf empirischer Basis überprüfen und eine – räumlich begrenzte – Erfolgskontrolle der Anwendung dieser Regelung vornehmen.

    Diese Kriterien sind zunächst qualitativer Natur: Bieten neben der reinen, stringent innenentwicklungsbezogenen Zweckgebundenheit der Planungen auch die (vermeintlichen) Vorteile möglicher Verfahrensvereinfachungen gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1 (Rückgriff auf das sog. „vereinfachte Verfahren" nach § 13 BauGB) einen Anreiz zur Anwendung der speziellen Vorschrift, und inwieweit kommen diese zeitlich-verfahrensbedingten Aspekte neben nachgeordneten formal-inhaltlichen Punkten, also eine mögliche Abkürzung des Planverfahrens, zum Tragen? Gleichfalls ist die Wirkung der inhaltlich-verfahrensbedingten Anreize durch materielle Vereinfachungen nach den Nr. 2–4 des § 13a Abs. 2 BauGB zu untersuchen.

    Quantitativ sind die Häufigkeiten der Innenentwicklungspläne gegenüber der Summe aller Bebauungspläne für einen Untersuchungszeitraum vor und nach Greifen der Regelung des § 13a BauGB als Indiz für seine Umsetzung in die Praxis zu identifizieren, um beide Zeiträume im Hinblick auf das „Flächensparen" miteinander vergleichen zu können und den grundsätzlichen Anteil innenentwicklungsbezogener Bebauungspläne zu ermitteln sowie ggf. eine planerische Tendenz erkennen zu können.

    Weiterhin sind die absoluten und relativen bauflächenbezogenen Anteile der „13a-Pläne" auf administrativer (im Kern gemeindlicher) Ebene für einen Zeitraum seit 2007 zu ermitteln, zu bewerten und zu vergleichen.

    Wesentlich ist hiernach die Aufsummierung der durch Anwendung der Regelung effektiv nicht im Außenbereich auf der „grünen Wiese" erforderlichen (geplanten, maximalen) Bauflächen, also die Ermittlung der eigentlichen (maximalen) Flächenersparnis.

    Es müssen dabei keine komplexen statistischen Methoden zum Einsatz kommen, da sich – eine überschaubare Anzahl von Bebauungsplänen vorausgesetzt – nach Ermittlung der entsprechenden Zahlen und Verhältnisse über die Planbegründungen (nebst Planzeichnungen) die strukturierten Einschätzungen und Tendenzen herleiten lassen.

    Hauptsächlich soll dieses Fachbuch aber die Hintergründe der Regelung des § 13a BauGB aufzeigen und ein praktischer Leitfaden für dessen professionelle Anwendung sein.

    1.4 Hintergrund der Regelung: Flächenverbrauch, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte, übergeordnete Planungsaussagen

    Entwicklung des Flächenverbrauchs

    „Mit der Industrialisierung bildeten sich in Deutschland neue Siedlungsstrukturen heraus."³ Die industrielle Produktion, durch Rohstoffquellen standortgebunden und sich punktuell verdichtend, konzentrierte sowohl Arbeitsplätze als auch in deren Folge Wohnplätze. Nach 1870 verursachten die aufblühenden Industriezentren mit ihrem Arbeitsplatzbedarf enorme Wanderungsströme innerhalb des Deutschen Reiches. Industrialisierung und Großstadtbildung lösten interregionale Wanderungen mit über 20 Millionen Menschen aus.⁴ Die neuen Einwohner der rasant wachsenden Städte waren in dicht bebauten Quartieren untergebracht, die sich zumeist konzentrisch um die historischen Kerne anlagerten und auch diese weiter baulich verdichteten; das sich langsamer entwickelnde Verkehrssystem ließ keine andere Möglichkeit zu.⁵

    Der Urbanisierungsprozess wurde durch die Industrialisierung und die damit einhergehende räumliche Konzentration ihrer Produktionsstätten ausgelöst.⁶ Nach dem Zweiten Weltkrieg war vor allem die verarbeitende Industrie „der Wachstumsmotor der Verdichtungsräume. Im weiteren Verlauf verliert der industrielle Sektor seine zentrumsorientierte Wirkung und wird darin vom tertiären Sektor ersetzt."⁷ Die beschriebene Wachstumsphase der Verdichtungsräume und die damit verbundenen Veränderungsprozesse lassen sich anhand des Stuttgarter Raumes in vier Phasen unterscheiden:

    Wiederaufbau 1945–1950 mit Rückkehr der Geflüchteten/Evakuierten in die notdürftig wiederaufgebauten innerstädtischen Wohnquartiere; Entstehung des Vorortringes 1950–1960 mit Weiterführung des teilweise vor dem Zweiten Weltkrieg begonnenen Neubaus von Wohnsiedlungen in den Vororten der Kernstädte und erheblichem natürlichem Wachstum der dortigen Bevölkerung sowie durch Flüchtlingsströme; Besiedlung des ersten Umlandringes 1960–1975 (1980) durch große Wohnsiedlungsprojekte im Umland der Kernstädte und damit verbundene Abwanderung der deutschen Bevölkerung dorthin, überlagert von der Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer, parallel Entstehung peripherer Großsiedlungen in den Kernstädten für die weiterhin dort Beschäftigten; Besiedlung des zweiten Umlandringes ab etwa 1975/1980, da der Schwerpunkt des Bevölkerungs- und Siedlungsflächenzuwachses durch Abwanderung die direkt benachbarten Umlandgemeinden zunehmend auslässt, unterstützt durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die teilweise Verlagerung von Arbeitsplätzen in den ersten Umlandring, Höhepunkt der negativen Wanderungssalden in den Kernstädten der Verdichtungsräume, danach deutliche Abschwächung der Bevölkerungsabwanderung, aber Fortsetzung auf niedrigerem Niveau.

    So führte die Industrialisierung mit ihren neuen Siedlungsstrukturen und dem Wachstum der Verdichtungsräume, bestehend aus den Industrieanlagen mit Produktions- und Entsorgungsflächen, zugehörigen Arbeitsplätzen und Wohnquartieren sowie allen Erschließungsflächen, zu einem bis dahin nicht gekannten – erstmaligen – Flächenverbrauch und einer – weitergehenden, aus dem Siedlungsgefüge herausgreifenden – Flächeninanspruchnahme neuerer Prägung.

    Ende der 1980er-Jahre sind zwei unterschiedliche plausible Trends zukünftiger Siedlungsentwicklung (bis 2030) aus der damaligen fachlichen Diskussion herauszustellen: erstens der der Re-Urbanisierung, der nach auslaufender Suburbanisierung (bedeutet im Gegensatz zur Urbanisierung/Verstädterung in die andere Richtung Kernstadt-Umland-Wanderung von Bevölkerung und Betrieben) und Disurbanisierung (endgültige Abwanderung aus den hochverdichteten Funktionalregionen) entsteht, weil insbesondere die Kernbereiche der hochverdichteten Regionen mittel- bis langfristig wieder prosperieren werden, trotz damals bereits absehbaren Bevölkerungsrückgangs regional und national; zweitens der Trend zunehmender Disurbanisierung, in den die weiterlaufenden Suburbanisierungsprozesse zudem übergehen, wodurch die weniger verdichteten Regionen nicht so stark, hingegen die Kernbereiche der Regionen mit großen Verdichtungsräumen enorm an Bevölkerung verlieren.

    Während im Re-Urbanisierungsszenario – flankiert von einer maß- und qualitätsvollen Verdichtung im Rahmen einer zunehmenden Innenentwicklung – eine vielschichtige Urbanisierung der städtischen Peripherie mit neuen Funktionszusammenhängen entstehen könnte, würde das Disurbanisierungsszenario¹⁰ aufgrund einer räumlichen Entkopplung von Arbeiten und Wohnen „demgegenüber auf ein Ende der Stadtkultur hinauslaufen."¹¹

    Es kann in Bezug auf die genannten Flächenansprüche jüngerer Zeit tendenziell zugestimmt werden, wenn eine mittelfristige (aus damaliger Sicht bis zur Jahrtausendwende währende) Verschärfung der Entwicklungsprobleme beider Szenarien angeführt wird, die darin besteht, dass die Kernstädte weiter Einwohner verlieren werden, während im Umland „Einwohnerzahlen und Siedlungsflächenansprüche steigen werden."¹² Zunächst sind hierzu grundlegende Aussagen in einem soweit möglich chronologischen Aufbau festzuhalten.

    So nahm bis 2010 die Gesamtbevölkerung aufgrund der demografischen Entwicklung insgesamt ab,¹³ gleichzeitig schritt die Erweiterung der Siedlungs- und Verkehrsfläche noch deutlich voran, wenngleich ab 2002 in abgeschwächter Form.¹⁴ Dies ist ein „immer noch immens¹⁵ hoher Wert, sodass von einer „immer noch viel zu hohen Neuinanspruchnahme von Freiflächen¹⁶ gesprochen werden kann.

    Insgesamt ist es so, dass in Deutschland zwar weiterhin neue Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke beansprucht werden, der Flächenverbrauch von 1997 bis 2015 aber erheblich zurückgegangen ist.¹⁷ Auch nach 2010 hat sich der Flächenverbrauch „tendenziell mit leichten Schwankungen in den Einzeljahren"¹⁸ reduziert.

    Es sind weitere ähnliche Tendenzen und Zahlen (siehe Tabelle im Anhang) zu erkennen, wobei der Rückgang insbesondere den Gebäude- und Freiflächen zuzuschreiben ist. Der demografische Wandel mit sich abzeichnenden Leerständen und zu erwartenden, infrastrukturellen Auslastungs- und Tragfähigkeitsproblemen dürfte diese rückläufige Tendenz stützen und gleichzeitig eine innenentwicklungsorientierte Flächenpolitik begünstigen.¹⁹

    Auf Nordrhein-Westfalen bezogen bedeutete der dortige Flächenverbrauch aus Sicht von 1995, dass der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche des Landes von 14,6 % im Jahre 1961 auf inzwischen über 21 % gestiegen war und bei anhaltender Entwicklung im Jahre 2000 über 24 % gelegen haben würde. Im Vergleich dazu betrug der Siedlungsflächenanteil im Bundesdurchschnitt (alte Länder) nur 12,3 %. In 71 Städten und Gemeinden des Landes umfasste der Siedlungsflächenanteil bereits mehr als ein Drittel ihrer Gesamtfläche.²⁰

    Diese Aussagen sind – trotz unterschiedlicher Bezugsebenen und der Differenziertheit vorheriger Betrachtungen – geeignet, an dieser Stelle eine insgesamt eklatante Flächen(neu)inanspruchnahme zu konstatieren. Dabei darf keinesfalls vergessen werden, dass auch eine stagnierende oder rückläufige Flächeninanspruchnahme immer eine – hinzukommende – Neubeanspruchung darstellt, d. h. die versiegelte bzw. besiedelte Fläche weitet sich aus, summiert sich also auf.

    Das Quellenstudium zeigt, wenn überhaupt erklärbar aus Gründen der rechnerischen Methodik, zumeist (leicht) unterschiedliche Größenwerte, jedoch im Kern gleiche Tendenzen. Stark vereinfacht und zusammengefasst können diese wie folgt dargestellt werden: Ab 1997 bis 2001 zeigte sich eine insgesamt stetig anwachsende Flächenneuinanspruchnahme, während sie dann bis 2005 sank und sich geringfügig verlangsamte, aber auf einem hohen Niveau. Danach schritt sie konstant voran. Ab 2008 reduzierte sich ihr Anstieg deutlich bis 2012, blieb aber immer noch auf einem hohen Niveau. Ab 2012 setzte sich die insgesamte Verlangsamung fort, d. h. die Flächenneuinanspruchnahme stieg konstant weiter an, allerdings auf einem stark reduzierten Niveau bis auf deutlich weniger als die Hälfte des Ausgangspunktes (1997). Sie schritt jedoch tendenziell noch prägnant bis 2019 voran. Insgesamt hat sich von 1997–2015 ein erheblicher Rückgang (des Anstiegs) der Flächenneuinanspruchnahme eingestellt, einzeln und aufsummierend trotzdem bedeutend, d. h. auf einem deutlich über zukünftigen Zielvorgaben liegenden Niveau, das Anlass zu Überlegungen geben muss, diesen Flächenverbrauch zu mindern.

    In der neueren Zeit kann in der Bundesrepublik Deutschland – bei insgesamt abnehmender Gesamtbevölkerung aufgrund der demografischen Entwicklung – also eine fortschreitende Erweiterung der Siedlungsfläche (incl. Verkehrsfläche) dokumentiert werden.²¹ Diese läuft im Gegensatz zu den 1990er-Jahren verlangsamt ab, d. h. die Flächenneuinanspruchnahme stieg zwar konstant weiter an, allerdings auf deutlich reduziertem Niveau. Wie und ob dabei die massive Zuwanderung in den Jahren 2014 und vor allem 2015, die seitdem die Bevölkerung in Größe und Struktur verändert hat,²² „auch die demografischen Trends beeinflussen wird, kann derzeit noch nicht zuverlässig bewertet werden.²³ Nach einschlägiger Vorausberechnung wird „die Bevölkerungszahl in den kommenden fünf Jahren steigen und anschließend auf das derzeitige Niveau von 82,2 Millionen im Jahr 2035 sinken (..). Danach wird sie kontinuierlich auf 76,5 Millionen im Jahr 2060 abnehmen.²⁴

    Dies ändert nichts daran, dass – allein schon aufgrund des in Erinnerung zu rufenden Effekts des sich Aufsummierens der „verbrauchten" Fläche – auch bei einer stark geminderten Inanspruchnahme durch eine reduzierte oder effektiver gestaltete Bautätigkeit, ggf. auch vor dem Hintergrund einer abnehmenden Bevölkerung, die Flächennutzung unter Umwandlung von freien, unversiegelten Böden so groß ist, dass eine vernünftige Gegensteuerung angezeigt ist.

    Dabei wird Siedlungs- und Verkehrsfläche „vor allem im Umland von Städten, also in Erweiterung bestehender Siedlungs-Agglomerationen, und in nicht-zentralen Orten des ländlichen Raums neu in Anspruch genommen."²⁵ In der Bundesrepublik Deutschland wird also täglich durch Zersiedlung und Versiegelung freie Landschaft größtenteils durch neue Wohn- und Gewerbegebiete zu Lasten landwirtschaftlich genutzter Fläche²⁶ verbaut, rd. ¼ wird zu neuen Straßen und Verkehrswegen; wo man früher Felder und Flure sah und vor Jahrzehnten noch Obst und Gemüse angebaut wurde, sind nunmehr Gebäude, Straßen und versiegelte Flächen zu finden. Damit treten erhebliche Probleme wie durch Strukturwandel entstandene Brachflächen und Leerstände in den Innenstädten auf. Das Problem des Flächenverbrauchs ist zwar hinreichend untersucht und auf politischer Ebene erkannt worden, allein eine hinreichende Gegensteuerung steht nach herrschender Meinung aus.

    Die Flächenneuinanspruchnahme betrifft die Umwandlung überwiegend landwirtschaftlich genutzter Flächen in Siedlungs- und Verkehrsfläche, wobei das Umland der Kernstädte Schwerpunkt der Umwidmung zu Gebäude- und Freifläche (als Teil der Siedlungs- und Verkehrsfläche) ist. Deren Zunahme war tendenziell rückläufig (von 82 ha pro Tag 1993–1996 über 59 ha 2001–2004 bis 33 ha 2005–2008), teilweise aufgrund abnehmender Bauinvestitionen.²⁷ Dabei umfasst die Flächeninanspruchnahme alle Bereiche der Siedlungsentwicklung, wobei der tiefgreifende Strukturwandel im Bereich des Einzelhandels zu erheblichen Veränderungen der Standorte der Nahversorgung, der Stadtzentren, der Stadtteilzentren und der peripheren Versorgungszentren geführt hat. In dem Zuge sind Ansiedlungen von Fachmärkten sowie Discountern an städtebaulich nicht integrierten Standorten zu Lasten der zentralen Versorgungsbereiche entstanden mit der Folge einer Schwächung der Zentren, dem relativen Bedeutungsverlust der Innenstadt sowie einer Verschlechterung der verbrauchernahen Versorgung. Diese Prozesse stellen aber nur einen kleinen Teil der Flächenumwandlung dar, sodass die Feststellung einer Neuinanspruchnahme überwiegend landwirtschaftlich genutzter Flächen mit Schwerpunkt Umland der Kernstädte als insgesamt zutreffend gelten muss.

    Bezogen auf Freiräume in schrumpfenden Städten ist festzustellen, dass Rückbau und Aufgabe von Flächennutzungen ohne weitere gewerbliche oder bauliche Nachnutzung, trotz der Bemühungen, diese Flächen als Baugrundstücke für den Einfamilienhausbau oder Gewerbe zu aktivieren, zu einem Zuwachs an freien Flächen führt.²⁸ Die räumlichen Schrumpfungsprozesse „werden in Deutschland von einer weiteren Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den Rand- und Umlandbereichen der Städte begleitet."²⁹ Bei einem Fokus auf schrumpfende Städte dürfte klar sein, dass – generell bei einer eher schwierigen Reaktivierung von innerstädtischen Brachflächen – Schrumpfungsprozesse, die fehlende Nachnutzung implizieren, zunächst zu einem Freiflächenzuwachs führen. Dies widerspricht nicht der festgestellten Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche insgesamt.

    Bezogen auf Innenentwicklungspotenziale vor dem Hintergrund einer sich ändernden Bevölkerungsstruktur in kleinen Kommunen Baden-Württembergs ist vergleichend herauszustellen, dass Flächenverbrauch überwiegend nicht in den Städten, sondern in den Dörfern und kleinen Gemeinden „mit weniger als zehntausend Einwohnern"³⁰ stattfindet, d. h. diese konsumieren „den größten Anteil zusätzlicher Siedlungsfläche,³¹ da im ländlichen Raum „Fläche ein reichlich vorhandenes Gut – und im Gegensatz zu finanziellen Mitteln, Einwohnern oder gar Arbeitsplätzen vergleichsweise leicht verfügbar zu machen³² ist. Auch in Bezug auf das reine Baugeschehen lässt sich diese flächenbezogene Tendenz bestätigen.³³

    Dies ist naheliegend, da Großstädte im Vergleich zu Kleinstädten regelmäßig einen deutlich geringeren absoluten und relativen Anteil an (naturnaher) Freifläche gegenüber der bereits bebauten/versiegelten Fläche besitzen, besonders bei einer Lage im Ballungsgebiet, während sich ein Gemeindegebiet im ländlichen Raum zumeist durch große (oft unter Landschafts- oder Naturschutz stehende) naturnahe Pufferzonen zum nächsten Gemeindegebiet auszeichnet. Diese stellen allein durch ihre zunächst nur theoretische Verfügbarkeit zumindest langfristige Potenziale für weitere Siedlungs- und Verkehrsflächen dar. „Flächenzunahme wird hier mit Wachstum in einem positiven Sinne gleichgesetzt."³⁴

    Diese Grundeinstellung lässt sich aus der Praxis heraus auch heute noch, zumindest partiell, bestätigen, jedoch ist gleichfalls – mittlerweile mehr oder minder als Teil eines fachlich-planerischen Selbstverständnisses –

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