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Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit: Hilfestellungen für Eltern und alle erziehenden Personen
Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit: Hilfestellungen für Eltern und alle erziehenden Personen
Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit: Hilfestellungen für Eltern und alle erziehenden Personen
eBook306 Seiten3 Stunden

Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit: Hilfestellungen für Eltern und alle erziehenden Personen

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Über dieses E-Book

Schule heute bedeutet häufig Stress, Prüfungsangst, Antriebslosigkeit, Schwierigkeiten mit Stoff und Mitschülern, und zuhause Konflikte und Frust. Wie können Eltern helfen?

Dieses Buch bietet erziehenden Personen, die einerseits solche schulische Probleme abfedern und andererseits nicht unabsichtlich durch eigenes Verhalten mitverursachen oder verstärken wollen, eine fundierte und lebenspraktische Hilfestellung. 

Eltern und erziehende Personen erfahren in diesem Buch anhand vieler praktischer Beispiele, wie sie selbst ganz konkret besser mit Verhaltensproblemen umgehen können und wie man im Alltag eine Kombination von Lenkung und Beziehung umsetzen kann. Das Buch gibt hilfreiche Hinweise und zeigt auf, was man bei motivationalen und emotionalen Problemen beachten und tun kann. Ferner gibt es Tipps für neue Strategien, die das Lernen erleichtern und  zum erfolgreichen Umgang bei sozialen Schwierigkeiten mit Mitschülern und Mitschülerinnen und Lehrkräften. 

Ergänzend werden Übungen und Techniken aus der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Am Beispiel typischer Fälle werden die Überlegungen des Buches nochmal rekapituliert und illustriert. Die Bandbreite reicht von sozial ängstlichen bis zu ADHS-Schülern. 

… damit die Schulzeit wieder zur „schönsten Zeit des Lebens“ werden kann!

 

 

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum26. Nov. 2018
ISBN9783662573112
Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit: Hilfestellungen für Eltern und alle erziehenden Personen

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    Buchvorschau

    Mit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeit - Beate Schuster

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Beate Schuster und Anette FahleMit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeithttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57311-2_1

    1. Probleme in der Schule und Probleme zu Hause – den eigenen Hebel finden!

    Beate Schuster¹  

    (1)

    Department Psychologie, Professur für Pädagogische Psychologie, LMU München, München, Deutschland

    Beate Schuster

    Email: schuster@lmu.de

    ../images/440934_1_De_1_Chapter/440934_1_De_1_Figa_HTML.gif

    Schule nimmt im Leben von Kindern und ihren Familien einen zentralen Stellenwert ein. Während manche weitgehend positive Erfahrungen machen, stellt Schule für andere einen großen Stressor dar. Wie nicht zuletzt die intensive Diskussion der vergangenen Jahre um die richtige Schulpolitik deutlich gemacht hat, hat für viele das selbstverständlich positive Bild von Schule Risse bekommen.

    Tatsächlich zeigen viele pädagogisch-psychologische und sozialpsychologische Studien ebenso wie ein nicht abreißender Strom von Medienberichten, dass statt gestalteter Gemeinschaft und Miteinander Ausgrenzung, Mobbing und Gegeneinander an der Tagesordnung sind. Viele Eltern nehmen ferner wahr, dass noch nicht einmal das Kerngeschäft – der Unterricht – so funktioniert, wie man sich das wünscht: Lernen findet nach dem Eindruck vieler woanders statt, im Zweifel zu Hause unter elterlicher Betreuung oder unter massivem Einsatz von Nachhilfe. Statt eines Ortes des Vermittelns von Wissen sei die Schule ein Ort des Testens von Wissen geworden. Zu diesem Eindruck passt, dass insgesamt trotz aller von den Kindern mittlerweile in die Schule investierten Anstrengungen und des hohen Stresses deutlich zu wenig gelernt zu werden scheint, wie unter anderem die Pisa-Studien nahelegen.

    Wie nun als Eltern mit dieser Situation umgehen? Gibt es Möglichkeiten, das eigene Kind effektiver vorzubereiten, zu begleiten und zu unterstützen? Lassen sich die Faktoren benennen, die (mit-) bestimmen, ob ein Kind gut mit der Schule und deren Anforderungen zurechtkommen wird oder die Schulzeit als belastend erlebt? Ist es Zufall oder sind es vielleicht Merkmale des Kindes oder Aspekte der Umwelt, die eine zentrale Rolle spielen?

    Was den schulischen Erfolg anbelangt, würden die meisten Menschen wahrscheinlich als einen der wichtigsten Faktoren Intelligenz nennen. In den vergangenen Jahren hat allerdings die pädagogisch-psychologische Forschung gezeigt, dass Intelligenz zwar in der Tat auch in gewissem Umfang eine Rolle spielt, aber die Erkenntnis hat sich durchgesetzt, dass andere Faktoren mindestens genauso wichtig sind, wenn nicht gar letztlich entscheidender. Dazu zählen zum Beispiel Vorwissen, und damit frühzeitiges Lernen, emotionale Unterstützung und die Entwicklung einer angemessenen Arbeitshaltung, also die Motivation. Immer deutlicher wurde auch, dass dies alles Merkmale sind, die zunächst nicht das Kind selbst zu verantworten hat, sondern die es eher erwirbt, wenn es auf eine günstige Umwelt trifft.

    In der Pädagogischen Psychologie hat entsprechend ein gewisser Perspektivwechsel eingesetzt: Gefragt wird, welche Merkmale einer Lehrkraft zu Motivation und Leistung der Kinder beitragen statt welche Merkmale der Schüler und Schülerinnen – man könnte auch sagen, die Noten bekommen nun die Lehrer und Lehrerinnen, nicht mehr diejenigen, die unterrichtet werden. Besonders markant kommt diese Perspektive in der Arbeit des neuseeländischen Forschers John Hattie zum Ausdruck. Er hat mithilfe von sogenannten Metaanalysen aus vorliegenden empirischen Studien die wichtigsten Faktoren für Lernen herausgearbeitet – und diese hängen weitgehend direkt oder indirekt von der Lehrkraft beziehungsweise erziehenden Personen ab.

    Ganz ähnlich sieht die Situation aus, wenn wir uns fragen, was bestimmt, ob ein Kind sozialen Erfolg haben oder Zurückweisung erleben wird. Sicher gibt es Merkmale eines Kindes, die es wahrscheinlicher machen, dass es beliebt statt abgelehnt sein wird. Aber auch hier legen Arbeiten der Pädagogischen Psychologie und der Sozialpsychologie nahe, dass Faktoren in der Situation mindestens genau so bedeutsam sein mögen wie Merkmale des betroffenen Kindes, wenn nicht gar wichtiger. Lehrkräfte können auch hier entscheidend beeinflussen, welcher Schüler, welche Schülerin, einen hohen Status erwerben wird und welcher nicht.

    Diese wichtige Rolle der Lehrkraft hat eine von uns beiden (BS) bewogen, zwei sehr praxisorientierte Bücher für Lehrer und Lehrerinnen zu schreiben. Das Buch „Führung im Klassenzimmer: Disziplinschwierigkeiten und sozialen Störungen vorbeugen und effektiv begegnen – ein Leitfaden für Miteinander im Unterricht (Schuster 2013) vermittelt, mit welchen ganz kleinen, kaum wahrnehmbaren und leicht umsetzbaren Maßnahmen Lehrkräfte im Klassenzimmer die Voraussetzungen für Lernen – Disziplin und ein gutes Miteinander statt kräftezehrendem Gegeneinander – schaffen können. Ergänzend erläutert das Buch „Pädagogische Psychologie: Lernen, Motivation und Umgang mit Störungen (Schuster 2017) wichtige psychologische Erkenntnisse für Auffälligkeiten wie beispielsweise ADHS oder Ängste.

    Viele der Gedanken und Ideen aus diesen beiden Büchern sind nicht nur für Lehrkräfte wichtig, sondern auch für Eltern. Viele wollen ihren Kindern beistehen und sie unterstützen, zukünftig positivere Resultate erzielen zu können. Und Eltern sind bereit, die zahlreichen schulisch bedingten und sozialen Frustrationen abzufedern. Nur: Allzu häufig ist nicht ganz klar, wie man das am besten anstellen sollte. Zudem besteht auch oft das Risiko, dass der nach Hause getragene Stress auch in familiäre Konflikte mündet. Ähnlich wie Lehrkräfte nun nicht alles anders machen müssen als bisher, sondern mithilfe relativ kleiner Maßnahmen große Wirkungen erzielen können, können in der Tat auch Eltern mithilfe von relativ kleinen Veränderungen für ihre Kinder große Effekte bewirken. Der Springer-Verlag hatte deshalb die Idee, einen Erziehungsratgeber zu veröffentlichen, der die Überlegungen der zwei erwähnten Bücher auch für Eltern erschließen soll. Denn in der Tat ist es ja auch wahr, dass Kinder und Jugendliche auch zu Hause Disziplinprobleme und oppositionelles Verhalten sowie Motivationsprobleme und Lernschwierigkeiten zeigen. Lehrkräfte sehen dort häufig das primäre Problem. Eltern dagegen finden meist, dass diese Probleme vielmehr umgekehrt von der Schule nach Hause getragen werden. Den Kindern und Jugendlichen hilft es allerdings wenig, wenn man sich damit aufhält, nach Henne und Ei zu fragen. Hilfreicher ist, pragmatisch den Hebel zu suchen, an dem man selbst wirklich ansetzen kann. Manche Eltern beschleicht dann schon hier und da der Eindruck, möglicherweise selbst, in der eigenen Erziehung, vielleicht etwas anders, womöglich besser machen zu können. Und manche Therapeuten oder Therapeutinnen sagen, sie würden am liebsten gar nicht mit den Kindern selbst arbeiten, sondern mit den Erwachsenen: den Lehrkräften, aber auch den Eltern. So sehr mich diese Anfrage als Psychologin interessiert hat, so sehr hat sie mich als Mutter zunächst irritiert. Ich¹ habe durchaus nicht den Eindruck, dass es mir als (verwitwete und damit alleinerziehende, berufstätige) Mutter außergewöhnlich gut geglückt sei, meinen Kindern eine unbeschwerte Schulzeit zu ermöglichen. Andererseits sehe ich aber auch viele Aspekte, die ich „richtig" gemacht habe – was ich nur konnte, weil ich das große Glück hatte, durch meinen Beruf die Überlegungen zu kennen, die sich dann auch tatsächlich als nützlich und relevant bestätigt haben.

    Viele dieser Überlegungen sind selbstverständlicher und wirkungsvoller Bestandteil psychotherapeutischer Arbeit mit Kindern. Ich habe hierüber immer wieder gerne mit einer Kollegin gesprochen, die sich als niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin sowie ebenfalls als Mutter von schulpflichtigen Kindern alltäglich mit diesem Thema befasst. So entstand die Idee, das Buch um einige konkrete Übungen und Techniken aus der psychotherapeutischen Praxis zu ergänzen, die auch im häuslichen Kontext sehr gut herangezogen werden können. Diese Übungen finden sich in Abschn. 7.​2 im Teil von Anette Fahle.

    Eltern wiederum mögen nun fragen: Ist Erziehung nicht einfach sowieso Bauchsache, haben nicht noch alle ihre Kinder großgezogen bekommen, ohne allzu viel nachdenken und gegebenenfalls ändern zu müssen? Sollte man nicht „die Kirche im Dorf lassen" und einfach mehr Selbstvertrauen haben?

    In der Psychologie gibt es ein Teilgebiet, das sich Bindungsforschung nennt. Diese widmet sich unter anderem der Beziehung zwischen den ersten Bezugspersonen und dem Säugling, Kleinkind und späteren Jugendlichen. Die Ergebnisse zeigen, dass sehr grob gerundet etwa die Hälfte aller Menschen eine „sicher genannte Bindung entwickelt. Sie erleben, dass sie Vertrauen in ihre wichtigsten Bezugspersonen haben können, dass diese effektiv für sie da sind und auf sie Verlass ist. Menschen, die solche Erfahrungen gemacht haben und ein solches Bindungsmuster entwickelt haben, können in der Tat „aus dem Bauch heraus an die Erziehung ihrer eigenen beziehungsweise fremden Kinder gehen, da sie dann wahrscheinlich einfach wiederholen, was sie selbst erlebt haben und was bei ihnen selbst ja auch zu emotionaler Sicherheit und guter motivationaler Haltung geführt hat.

    Anders sieht das bei denjenigen aus, die den Eindruck haben, „zur anderen Hälfte" zu gehören, also zu den unsicher Gebundenen. Ihnen könnte es helfen, eine Zeit lang auf ihren Kopf zu hören. Sie müssen nicht resignieren und sagen, sie kennen es halt nicht anders. Die gute Nachricht ist: Was zu der sicheren Bindung führt, sind Verhaltensweisen, die man lernen kann, sowie eine bestimmte Haltung oder ein bestimmtes Denken, welche(s) man nachvollziehen und verstehen lernen kann. Wenn dieses neue Verhalten und Denken gut eingeübt wird, dann wird dies zur eigenen „Intuition", und man kann ab dann tatsächlich dem eigenen Bauchgefühl folgen. Das Schöne ist – mehr ist hier mehr! Und demzufolge ist ein bisschen was mehr als gar nichts. Auch wenn man nur einen ersten Schritt macht, ist das schon ein merkbarer Fortschritt im Gegensatz zu keinem Schritt. Und das macht dann Mut für den nächsten Baustein.

    Auch diejenigen Eltern, die den Eindruck haben, zur glücklichen Hälfte der sicher Gebundenen zu gehören, mögen in dem vorliegenden Buch Hilfestellungen für ihre Kinder finden – sie mögen ihrem Kind zwar eine gute emotionale Basis bieten, aber vielleicht unabsichtlich Verhalten zeigen, das paradoxerweise ungünstig für Motivation ist, oder nicht hinreichend für schulisches Lernen geeignete Strategien vermitteln.

    Beginnen wir deshalb hier mit demjenigen Hebel, der insofern der einfachste ist, als dass man bei sich selbst anfangen kann und nicht auf andere einwirken muss, dass diese etwas ändern: Was kann man selbst bei der eigenen Erziehung beachten? Wie kann man selbst unmittelbar am Problem-Verhalten ansetzen – etwa bei Schwierigkeiten in der Hausaufgabensituation, wie bei Disziplinproblemen oder oppositionellem Verhalten? Im Kap. 2 wird gezeigt, dass Kinder und Jugendliche gleichzeitig Lenkung wie auch Beziehungsangebote benötigen. Außerdem wird anhand konkreter Beispiele – insbesondere bezogen auf die Hausaufgabensituation – ausgeführt, wie man dies ganz praktisch im täglichen Alltag umsetzen kann.

    Neben dem Einwirken auf unmittelbar gegebenes Problemverhalten ist es selbstverständlich erforderlich zu verstehen und darauf einzugehen, welche tiefer liegenden Probleme hinter unerwünschtem, nicht hilfreichem Verhalten stehen. Wie kann man Kindern und Jugendlichen speziell dabei beistehen, mehr Motivation zu entwickeln und effektiver zu lernen? In Kap. 3 wird aus motivationspsychologischer Perspektive beleuchtet, warum im Alltag völlig selbstverständliche Versuche, Einfluss zu nehmen, eher das Gegenteil des Beabsichtigten erreichen, und werden Vorschläge gemacht, worauf man achten soll. Es wird gezeigt, dass man sich manchmal mit seinem eigenen Denken selbst im Wege steht, und an Beispielen erläutert, welche Haltungen hilfreicher sein könnten.

    Tatsächlich sehen sich viele Kinder im Schulalltag mit großen Herausforderungen konfrontiert. In Anbetracht solcher Widrigkeiten stellt sich ihnen vermutlich die Frage: Soll ich versuchen, an den Umständen etwas zu ändern, oder kann ich meinen eigenen Umgang mit den Schwierigkeiten hilfreicher gestalten? Das Kap. 4 führt aus, wie man effektiver mit unter anderem Prüfungsangst oder depressiven Episoden umgehen kann. Eine Strategie hierzu besteht zum Beispiel darin, den Stoff so gut zu beherrschen, dass man hieraus Sicherheit beziehen kann. Kap. 5 gibt deshalb Tipps, wie Lernen effizienter und einfacher gelingen kann.

    Schulische Frustrationen entstehen nicht nur durch Leistungsdruck, der als Fordern ohne Fördern, oder bezogen auf den schulischen Kontext umformuliert als ansprüchliches Testen ohne anspruchsvolles Unterrichten, wahrgenommen wird. Auch anarchisch geführte Klassengemeinschaften tragen dazu bei: Statt als Lehrkraft die Führungsaufgabe wahrzunehmen, die gemeinschaftliche Situation zu gestalten, wird dies oft den Kindern selbst überlassen. Dies hat wiederum nur zu häufig den Effekt, dass das „Recht des Stärkeren gilt, wobei „Stärke schlicht Empathielosigkeit, Skrupellosigkeit und Arroganz widerzuspiegeln scheint. Wie kann man Kindern helfen, die angesichts solcher Strukturen soziale Ängste entwickeln, krank werden, in den Rückzug gehen und/oder vereinsamen? Im Kap. 6 wird darauf eingegangen, dass man als Alltagspsychologe beziehungsweise Alltagspsychologin häufig vorschnell die Personen als Ursache solcher Probleme sieht, und nicht die Situation beziehungsweise die Konstellationen, in denen sie stecken, sowie darauf, wie man selbst in durch und durch misslichen Situationen reagieren könnte.

    Im Kap. 7 werden noch einmal kurz die drei großen psychotherapeutischen Verfahren (VT, KT, GT) skizziert und am Beispiel dreier konkreter Fälle (ADHS, Depression, Angststörung/soziale Angst) illustriert, wie die in Kap. 2 bis Kap. 6 behandelten Überlegungen und Prinzipien konkret in der alltäglichen, erzieherischen Praxis umgesetzt werden können. Ergänzend werden in Abschn. 7.​2 durch Anette Fahle ausgewählte Übungen und Techniken und ein weiteres therapeutisches Verfahren, die Hypnotherapie, kurz vorgestellt. Abschließend werden in Kap. 8 zusammenfassend sämtliche vorgestellten Prinzipien rekapituliert und „Hinweise auf verwendete beziehungsweise weiterführende Literatur" gegeben.

    Sowohl die allgemeinen Überlegungen der drei großen Therapietheorien sowie der hier vorgestellten allgemeinen Prinzipien als auch die spezielleren Überlegungen zu einzelnen Auffälligkeiten können dazu beitragen, dass die Kinder gut vorbereitet ihre Schulzeit beginnen können und es weniger wahrscheinlich zu Störungen kommt. Sollte es schon zu Schwierigkeiten gekommen sein, können sie aber auch umgekehrt auch einen Weg heraus weisen. So lange die Lehrkräfte an der Schule Ihrer Kinder solche Überlegungen noch nicht zur Kenntnis nehmen oder umzusetzen versuchen und/oder solange man den Eindruck hat, dass ehrlicherweise in der eigenen Erziehung noch nicht „alles rund läuft", scheint es uns hilfreich, das in diesem Buch ausgeführte Wissen wenigstens einmal zu bedenken. Wir hoffen sehr, dass es auch Ihnen dabei hilft, Ihren Kindern zu ermöglichen, den bleiernen Fängen entkommen zu können, die Schule und damit einhergehende häusliche Konflikte für viele darstellen, und endlich wieder das Fliegen zu lernen – federleicht!

    Fußnoten

    1

    Autorin in Abschn. 7.​2 ist Anette Fahle; Autorin der anderen Kapitel/Abschnitte ist Beate Schuster.

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Beate Schuster und Anette FahleMit mehr Leichtigkeit und Freude durch die Schulzeithttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57311-2_2

    2. Verhaltensprobleme – erziehen durch Führung und Beziehung

    Beate Schuster¹  

    (1)

    Department Psychologie, Professur für Pädagogische Psychologie, LMU München, München, Deutschland

    Beate Schuster

    Email: schuster@lmu.de

    ../images/440934_1_De_2_Chapter/440934_1_De_2_Figa_HTML.gif

    Manchmal scheinen Erwachsene von Kindern und Jugendlichen den Eindruck zu haben, deren wahre Natur sei es, zumindest zeitweise mürrisch, aufmüpfig oder faul zu sein, oder spätestens mit der Pubertät zu werden. Dieses Bild wird auch noch von wissenschaftlichen Studien beziehungsweise populärwissenschaftlichen Berichten befördert, die von der „Baustelle" Pubertät sprechen, im Rahmen derer das Gehirn eine Zeit lang quasi nicht mehr zurechnungsfähig sei. Ich möchte diese Befunde beziehungsweise die aus diesen Befunden gezogenen, teils sehr weitreichenden Schlussfolgerungen nicht kommentieren. Es sei hier allerdings darauf hingewiesen, dass die Psychologie umgekehrt auch viele Studien vorgelegt hat, die zeigen, unter welchen – von Erwachsenen gestaltbaren – Bedingungen Kinder stattdessen fröhlich und frei werden, unter welchen Bedingungen sie wahrscheinlicher lernen, hilfsbereit und höflich zu sein, oder wann sie eher eine Haltung entwickeln, verlässlich und verantwortlich an ihre Aufgaben heranzugehen. Ich möchte Sie einladen, nicht fatalistisch an die Ausweglosigkeit pubertätsbedingter Schwierigkeiten zu glauben, sondern Wege zu sehen, wie durch eigenes verändertes Verhalten auch bei den Kindern und Jugendlichen verändertes Verhalten die Folge sein kann. Und zwar solches Verhalten, mit dem sie besser gerüstet sind, in der herausfordernden Schulumwelt zu bestehen.

    Ganz allgemein sind für all diese verschiedenen Ziele im Wesentlichen (nur) die gleichen zwei Voraussetzungen wichtig: Kinder benötigen 1) Führung oder Lenkung und Kinder benötigen 2) Wärme und Orientierung an ihren Bedürfnissen. Wird beides umgesetzt, spricht man von „autoritativer" oder auch partnerschaftlicher Erziehung.

    Nun ist es gar nicht so leicht, ganz konkret beides – Führung und Wärme – gleichzeitig zu beherzigen. Deshalb findet man in der Praxis häufig einen Erziehungsstil, der die eine Seite auf Kosten der anderen stärker betont: In der „autoritären beziehungsweise strengen Erziehung wird viel Wert auf die Lenkung gelegt, dafür weniger auf Orientierung am Kind. Bei der „permissiven oder freizügigen, erlaubenden Erziehung sind umgekehrt zwar viel Wärme und Kindzentrierung vorhanden, aber die Lenkungskomponente kommt zu kurz.

    Beides hat Konsequenzen: Autoritär erzogene Kinder zeigen oberflächlich zwar angepasstes und erwünschtes Verhalten, neigen aber eher zu emotionalen Schwierigkeiten wie Angststörungen oder Depression. Permissiv erzogenen Kindern geht es dagegen emotional zunächst eher besser. Aber auch sie bezahlen einen Preis – sie bleiben deutlich unter ihren Leistungsmöglichkeiten und erlernen nicht in dem für sie selbst hilfreichen Ausmaß die notwendigen Standards von sozialem Verhalten. So wird unter anderem mittelfristig Ablehnung durch andere wahrscheinlicher, sodass es ihnen langfristig ebenfalls emotional nicht gut geht. Autoritativ erzogene Kinder, also mit einer Kombination aus Lenkung und Wärme, sind dagegen sowohl emotional stabil und sozial gut eingebettet als auch motivational in der Lage, mit schwierigen Anforderungen umgehen zu können.

    Im Folgenden werde ich deshalb mehrere Prinzipien ausführen, die sich entweder der Lenkung oder der Kindzentrierung widmen, sowie einige, die diese Ideen bündeln und gleichzeitig beide Aspekte im Blick behalten und ausbalancieren. Diese Prinzipien sind aufzählend nummeriert; manchmal gehören mehrere Prinzipien zu der Darstellung eines grundlegenden Prinzips.

    Prinzip 1: Mehr Augenmerk auf das Belohnen des richtigen Verhaltens richten als auf Bestrafen des falschen

    Wichtig für die Lenkungskomponente ist zunächst ein ganz allgemeiner Gedanke der Lerntheorie beziehungsweise der Verhaltenstherapie: In der Regel wird niemand mit Fehlverhalten geboren, sondern solche Verhaltensweisen sind letztlich meist erlernt¹. Und gelernt wird wiederum aufgrund der Konsequenzen, den Belohnungen oder Bestrafungen, die normalerweise auf Verhalten folgen. Bereits hieraus lassen sich verschiedene Prinzipien ableiten, die man bei der Erziehung berücksichtigen kann, damit das Fehlverhalten wieder verlernt und das gewünschte gelernt wird.

    An erster Stelle steht dabei das Prinzip, dass das richtige Verhalten mehr belohnt werden sollte als das unangemessene bestraft. Oder anders gesagt: Besser mehr loben als tadeln. Aber warum eigentlich? Warum sind Lob und Belohnungen tatsächlich in vielerlei Hinsicht effektiver als Tadel und Bestrafungen?

    Erste Antwort: Bei Bestrafungen erleben die meisten Menschen negative Gefühle – egal ob Kinder oder Jugendliche oder, was dies anbelangt, auch Erwachsene wie etwa die eigenen Partner und Partnerinnen oder Mitarbeitende der eigenen Arbeitsgruppe. Man wird zum Beispiel traurig oder fühlt sich beschämt oder verletzt. Keines dieser Gefühle stellt eine gute Voraussetzung zum Lernen dar. Man meidet zukünftig eher solche Situationen, als dass man für das nächste Mal eine Einsicht mitnimmt.

    Zweite Antwort: Bestrafungen sind nicht besonders zielgerichtet – der Person wird nur gezeigt, was sie nicht mehr machen soll. Was aber genau erwünscht ist, wird viel weniger deutlich. Das macht Lernen ebenfalls schwerer. Viel leichter ist Lernen, wenn man etwas Wünschenswertes, Angemessenes getan hat, und dies sofort quittiert wird – etwa mit einem anerkennenden Blick, der zeigt: Ich habe gesehen, was du gemacht hast, ich finde das gut. Oder mit einem einfachen Dank oder auch ausführlicheren Lob. Dann weiß man,

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