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Komisch dieses Leben: - oder doch nicht -?
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Komisch dieses Leben: - oder doch nicht -?
eBook321 Seiten5 Stunden

Komisch dieses Leben: - oder doch nicht -?

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Über dieses E-Book

Das Grab war mit Eibengewächsen und Eriken bepflanzt. Rechts auf dem Grab stand eine große Schale mit Vergissmeinnicht.
Ich schaute bedächtig auf den Grabstein.

Michael Eiting,
27. März 1974 – 13. Oktober 1994,
war dort zu lesen. Und dann noch:
Ein viel zu junges
Leben fand durch einen tragischen Unfall ein jähes Ende.

Ich schluckte. Wie gefesselt blickte ich auf den Grabstein und erschrak.
27. März 1974 – 13. Oktober 1994!
Das war doch bis auf das Geburtsjahr exakt das gleiche Geburtstagsdatum wie das von Tanja. Nein, dachte ich, das hat mit Zufall nichts mehr zu tun
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum23. Sept. 2015
ISBN9783737567176
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    Buchvorschau

    Komisch dieses Leben - Sarah Bitte

    Sarah Bitte

    Komisch dieses Leben

    - oder doch nicht -?

    Dieses eBook wurde erstellt bei

    epubli.de

    Inhaltsverzeichnis:

    Titel:

    Komisches dieses Leben – oder doch nicht -?

    Nachwort

    Impressum

    Komisch dieses Leben – oder doch nicht -?

    Da saßen wir nun. Es war Herbst, die Bäume entledigten sich allmählich ihres Laubs, alles um uns herum war grau. Es regnete in Strömen und die Sonne schien seit einigen Tagen keine Lust zu haben, warmes und freundliches Licht zu spenden.

    Tanja hatte zum Geburtstagskaffee eingeladen. So ein Nachmittag unter Freundinnen kam gerade Recht, um diesem dunklen und depressiv stimmenden Tag ein paar schöne Stunden zu entlocken.

    Der Tisch war festlich gedeckt. Die zartgelbe Tischdecke und die dazu passenden gelb-orangenen Servietten fügten sich harmonisch in das Esszimmer ein, ebenso der Herbststrauß aus Astern, Nelken und viel sattem Grün.

    Fast zwanghaft hatten wir unsere Plätze eingenommen, so wie wir fast immer die gleiche Sitzordnung hatten. Bei Tanja saß man so, bei Helma so, bei Grit so – usw. Nie machten wir da eine Ausnahme. Warum, weil man sich einmal so hingesetzt und diese Ordnung dann eben Bestand hatte.

    Neben einem selbstgebackenen Kuchen, der herrlich duftete, luden verschiedene Brötchensorten, Käse und Aufschnitt dazu ein, hemmungslos zuzuschlagen. Da wir alle von eher schlanker bis sehr schlanker Gestalt waren, taten wir das auch. Wir, das sind

    Grit 44 Jahre

    Hannah 47 Jahre

    Helma 40 Jahre

    Tanja 45 Jahre

    Uli 49 Jahre

    ich, Sarah 46 Jahre.

    Wir hatten uns – das bescheinigten uns jedenfalls immer wieder Männer, die wir auf unseren Touren so kennen lernten – alle gut gehalten. Wenngleich wir typmäßig sehr unterschiedlich waren, so war doch jede für sich attraktiv.

    Grit mit ihren langen blonden Locken und ihrem betont jugendlichen Kleidungsstil, der gut zu ihrer zarten Figur passte. Grit wurde von uns allen liebevoll Küken genannt.

    Hanna, die längste von uns (1,78 m), kinnlange blonde, leicht grau durchzogene Haare, die ihrer großen Füße wegen irgendwie immer einen Komplex hatte, obschon die Füße (Größe 42) – wie wir alle fanden - absolut passend waren.

    Helma, schulterlange satt-dunkelbraune Haare, die ihre Beine für zu dünn befand, obwohl sie es gar nicht waren, und ab und an einen leicht belehrenden Touch hatte, was wahrscheinlich aus eine langjährige Beziehung mit einem Lehrer herrührte.

    Tanja, gerade einmal 1,57 m lang, blond, kiebige Frisur, die zum ebenfalls kiebigen Gesicht und auch Charakter passte. Tanja nahm immer zu und ab und war doch immer schlank.

    Uli, die Älteste, was man nicht sah. Uli hatte mittelblondes, leicht grau meliertes dickes Pferdehaar, das seit geraumer Zeit mal mit helleren, mal mit dunkleren Strähnen versehen wurde, weil sie ihre Frisur immer irgendwie langweilig fand, obschon ihr Haar immer beneidenswert gut lag.

    Und ich, Sarah, dunkles, brustlanges – zumeist zu einer Art Zopf gestecktes –Haar, altersmäßig mittendrin, immer strengstens darauf bedacht, meine 50 kg bei 1,70 m Größe zu halten, was die anderen für leicht spleenig befanden. War’s wahrscheinlich auch.

    Wie auch immer, wir passten zusammen und wir wussten, dass wir uns vertrauen konnten. Dass Anvertrautes nicht in das Ohr eines Dritten gelangte und dass wir uns in Notsituationen oder schlechten Lebensphasen der gegenseitigen Hilfestellung sicher sein konnten. Alle für eine und eine für alle – wo findet man das schon, vor allem bei Frauen.

    Wir hatten wirkliche miese Zeiten hinter uns.

    Ulla war die Einzige, die in den letzten 10 Jahren privat von Schicksalsschlägen verschont geblieben war. O.k., ihr Mann war mit seiner Firma Pleite gegangen, weil die Bank – wie das bei Mittelständlern so oft der Fall ist – den Geldhahn zugedreht hatte. Und das, obwohl genug Aufträge vorhanden waren. Auch die Zahlungsmoral der Kunden hatte daran einen nicht unerheblichen Beitrag. Nachdem der erste Schock vorüber war und die Firma einen satten Konkurs hingelegt hatte, berappelte man sich wieder und gründete eine neue, dieses Mal unter ihrem Namen. Und jetzt lief es, wenn auch manchmal etwas zögerlich, aber es brachte Geld ein und sicherte ihnen und auch dem im elterlichen Unternehmen tätigen Sohn – die Tochter hatte es in einen anderen Bereich verschlagen – den Lebensunterhalt.

    Alle anderen hatten so ihr Päckchen zu tragen. Und die Last des Er- und Durchlebten wog zum Teil immer noch sehr schwer.

    Grit hatte von ein paar Jahren ihre Mutter nach zweijährigem Leidensmartyrium verloren. Es begann mit einem Nierentumor und endete nach endlosen Krankenhausaufenthalten und zahlreichen Operationen mit einem bösartigen Hirntumor, der dann – wahrscheinlich zu Studienzwecken für Assistenzärzte – trotz ihres mehr als angeschlagenen Gesundheitszustandes ebenfalls noch entfernt wurde. Als die Mutter dann starb, war es mehr eine Erlösung. Dennoch war die ganze Familie nur noch ein Schatten ihrer selbst, sich in Selbstzweifeln auflösend, ob man die letzten OPs nicht doch besser hätte untersagen sollen. Ich habe damals jeden Tag stundenlang mit Grit telefoniert und versucht, ihr beizustehen. Die bis ins feinste Detail gehenden Berichterstattungen über den Gesundheitszustand ihrer Mutter hatten auch bei mir ihre Spuren hinterlassen. Wir haben viel zusammen geweint.

    Hannah war 20 Jahre verheiratet. Ihr immer schon dem Alkohol sehr zugetaner Mann trank von Jahr zu Jahr mehr und konnte letztlich auch am Arbeitsplatz die Finger nicht mehr davon lassen. Er flog raus und war mit 50 arbeitsloser Alkoholiker. Charakterlich ohnehin eher der Typ Schwein, der in seiner Frau keine Partnerin, sondern eher eine Untertane sah, fand er sich einer immer mehr erstarkenden Frau gegenüber, die sich schließlich und endlich von ihm scheiden ließ. Heute ist sie froh, hat eine gute Portion Selbstbewusstsein und leider auch Schulden, musste sie den Ex doch auch noch ausbezahlen. Und das, weil sie während der Ehe das Elternhaus ausgebaut hatte. Hannah ist handwerklich begabt, sie tapeziert, baut, baut um. Er hatte zwei linke Hände. Dennoch musste der Wertzuwachs aufgeteilt werden. Hannah wird wohl noch etliche Jahre bezahlen müssen.

    Helma, unsere Vernünftige. Auch Helma musste vieles einstecken in den vergangenen 3 Jahren. Ihr Vater, der Mensch, dem sie wohl am meisten zugetan war, starb. Es begann mit einer Entzündung am Bein, die nicht heilen wollte und zu einem Hautkrebs entartete. Der alte Herr wurde dann bettlägerig, stand Monate lang nicht mehr auf und schlief schließlich einfach ein, für immer. Helma hatte 1 ½ Jahre damit schwerstens zu kämpfen. Es verging keine Zusammenkunft, in der die Sprache nicht darauf kam. Und es war immer dasselbe. Sie bekam das Verarbeiten einfach nicht in den Griff. Dann begann sich ihre Mutter mehr und mehr zu verändern. Und dem Schock des Todes folgte der Schock der Wahrheit: Ihre Mutter litt an Demenz oder auch Alzheimer. Die Grenzen sind da ja fließend. Die Mutter lebt noch, ihr Zustand verschlechtert sich stetig. Wahrscheinlich hängt die Krankheit eng mit dem Ableben ihres Mannes zusammen. Nach über 50jähriger gemeinsam verbrachter Wegstrecke hat sie das wohl nicht verpackt und sich in eine Art Scheinwelt geflüchtet. Helmas Erzählungen über die Auswirkungen dieser Krankheit schockieren, auch uns.

    Tanja, die ‚Kleene’. Auch Tanja hat eine Scheidung hinter sich, letztes Jahr, nachdem sie bereits seit 2 Jahren nicht mehr mit ihm zusammenlebte. Eigentlich war die Scheidung auf die Arbeitslosigkeit von ihm zurückzuführen. Selbst verschuldet. Er, bis zur Geburt des gemeinsamen Sohnes von Tanja und ein paar zuweilen nicht ganz legalen Machenschaften lebend, hatte dann so Mitte 30 endlich mal den Dreh gekriegt, sich einen Job zu suchen. Nachdem er Anfang 50 wegen Spesenbetrugs aus der Firma geflogen war, fing sein ihm eigenes Lotterleben wieder an. Pokern, nächtelang um die Häuser ziehen, nicht nach Hause kommen… Irgendwann hatte sie dann genug. Auch hatte sie zwischenzeitlich in Erfahrung gebracht, dass er seit Jahren in einer anderen Stadt eine Freundin sein Eigen nannte, bei der er im Übrigen jetzt auch wohnt – auf deren Kosten. Manche Männer finden halt immer wieder eine Doofe. Der gemeinsame Sohn ist ein Sorgenkind. Konzentrationsschwierigkeiten, kein Schulabschluss, keine Lehrstelle in Aussicht… Tanja ist oft mit den Nerven runter, glücklicherweise hat sie vor 3 Jahren nach eigentlich nur geringfügigen Beschäftigungen und kurz nach der Trennung von ihrem Mann einen Vollzeitjob gefunden, der ihr wenigstens den Lebensunterhalt sichert.

    Und ich, seit 15 Monaten getrennt lebend. Mit meinem Mann war ich insgesamt 22 Jahre zusammen, davon 15 verheiratet. Ein sehr schwieriger Charakter mein Mann, das habe ich schon in unseren Anfängen erleben müssen. Und doch bin ich geblieben. Ich habe ihn halt geliebt. Meine Ehe war geprägt von Unstimmigkeiten. Mein Mann war ein Machtmensch. Ich habe leider den Fehler begangen, meinen sehr gut bezahlten, interessanten Assistentinnenjob aufzugeben, und bei ihm ins Unternehmen einzusteigen. Er – 10 Jahre älter als ich – wusste alles besser, konnte alles besser und hatte grundsätzlich Recht, meinte er jedenfalls. Viele, die das Vergnügen hatten, ihn von seiner ‚besten Seite’ kennen zu lernen, haben mich ob seiner rigorosen Verhaltensweisen und Unnachgiebigkeit in meiner Ehe oftmals bedauert. Irgendwann einmal hat er dann meinen Toleranzpunkt überschritten. Den vielen Auseinandersetzungen folgte die Trennung. Ich habe schreckliche, einsame Monate hinter mir. Nach vielen Gesprächen, insbesondere mit Grit und Helma, (denen ich an dieser Stelle für ihre Geduld aufrichtig danke) und der Lektüre themenbezogener Literatur, geht es langsam wieder aufwärts mit mir.

    Wir freuten uns, wieder einmal einen gemeinsamen Nachmittag verbringen zu können. Der Kaffee duftete herrlich. Wir griffen zu. Es schmeckte. Dem anfänglich belanglosen Geplauder folgten wie so oft die neuesten Gerüchte über uns bekannte Personen.

    Hannah warf einen Witz ein. Sie war eine sehr gute Witzeerzählerin. Ihre eigene Art der Betonung reichte schon aus, um die Lacher auf ihrer Seite zu haben. Wir kamen dann zu den Krankheiten.

    Ich erzählte von einem 48jährigen aus meiner Nachbarschaft, bei dem man einen bösartigen Tumor im hinteren Mundbereich entdeckt hatte. Dieser wurde zunächst 2x wöchentlich bestrahlt, damit er schrumpft. Die begleitende Chemotherapie bekam ihm nicht. Auch die anschließende OP von ca. 18 Stunden hatte nicht erhofften Erfolg. Man musste ihm ein großes Stück von der Zunge entfernen, die in zahlreichen Folge-Operationen durch körpereigenes Muskelgewebe ersetzt werden soll. Er wird nicht nur in seinem Sprachvermögen stark eingeschränkt sein, sondern auch bei der Nahrungsaufnahme.

    „Oh, bemerkte Tanja, „das ist ja furchtbar. Keine Zunge, keine Zungenküsse, keine….

    Strafend schauten wir sie an.

    „Du denkst auch immer nur an das eine", warf ich ein.

    „Ja aber das gehört doch dazu. Das ist doch ein Stück Leben. Also ich könnte mir einen Mann ohne Zunge nun überhaupt nicht vorstellen. Auf die Gespräche mit ihm, könnte ich zur Not ja noch verzichten, aber auf so bestimmte andere Sachen – nee."

    „Na toll, bemerkte Uli, „aber sonst ist alles in Ordnung?

    Wir schüttelten – Unverständnis ausdrückend – die Köpfe. Tanja schien das zu amüsieren.

    „Wisst Ihr eigentlich schon, mit wem ich Freitagnacht mein Bett geteilt habe?"

    „Nein, woher?"

    „Also, sagte Tanja grinsend, ich war doch mit meiner Abteilung unterwegs. Zuerst waren wir bei Gerd Wein trinken. Dann sind wir weiter gezogen zum ‚Bijou’. Tja und dort, dort stand er, Hühnchen. Ich kenne den ja eigentlich schon eine ganze Weile, aber außer „hallo, wie geht’s? oder „auch wieder unterwegs? war da nie was. Und Freitag sind wir dann ins Gespräch gekommen. Ich hab ihm dann vorgeschlagen, noch mit zum ‚Number 1’ zu gehen, wozu er auch Lust hatte. Unterwegs haben wir dann geknutscht und statt im ‚Number 1’ sind wir schließlich bei mir gelandet."

    „Hühnchen? wer soll denn das sein? Und Dein Sohn?" fragte ich.

    „Och, der hat schon geschlafen. Nicht schlecht, sag ich Euch, der Mann. Der könnte mir gefallen als Bett-Partner. Und Hühnchen ist sein Spitzname. Ganz ehrlich, wie der richtig heißt, weiß ich gar nicht."

    „Wieso könnte? fragte Helma. „Und Du hast nicht einmal nach seinem Namen gefragt? Du verbringst mit einem ein paar heiße Stunden und willst nicht wissen, wie er heißt?

    „Na, der ist verheiratet und hat 2 Kinder. Kannste doch sowieso abhaken. Da muss ich auch nicht unbedingt wissen, wie der heißt. Hühnchen reicht doch."

    Stumm blickten wir uns an.

    „Also ganz ehrlich, Du hast wohl überhaupt keine Skrupel, was? ermahnte Grit Tanja. „Du könntest ja auch mal an einen geraten, der Dir was antut.

    „Warum sollte ich Skrupel haben, der Typ ist doch verheiratet. Er hätte ja nicht mitkommen müssen. Und ich hatte mal wieder meinen Spaß. Ihr wisst doch, ohne Sex kann ich nicht leben. Und wenn ich keinen festen Partner habe, muss ich mir hierfür eben immer wieder mal einen krallen.

    Also im Bett war er klasse, ob er mir als Dauerpartner gefallen würde, keine Ahnung. Ist schon gut so wie es ist. Ach übrigens, mit Mike habe ich letzte Woche auch mal wieder eine Session gehabt. Hoffentlich überbewertet er das jetzt nicht."

    Mike ist in Tanja stark verliebt. Er buhlt seit Jahren, aber leider hat das Glück der beiden nur ca. 3 Monate angehalten. Tanja wollte ihn einfach nicht. Als Freund ja, aber auf keinen Fall als Partner. Sie sei halt nicht verliebt, die Schmetterlinge fehlen. Mike ist ein Netter. Witzig, charmant, gebildet und er steht sich auch finanziell nicht schlecht. Fürs Bett war er gut, weil er eben gut war im Bett, aber halt nicht fürs Leben. Da fehlt es ihm an Charisma und Größe, Körpergröße. Er ist vielleicht so um die 1.70 m lang und hat eigentlich für die kleene Tanja die ideale Länge. Tanja aber steht auf 1.80 m und größer. Da kann man halt nichts machen…

    „Und, habt Ihr schon wieder telefoniert?" wollte ich wissen.

    „Ja klar, erwiderte Tanja, „ich hab ihm auch ohne Umschweife gesagt, dass es nur was für eine Nacht war und er das ja wohl hoffentlich genauso sieht.

    „Sieht er es genauso?" fragte Uli nach.

    „Logo, der ist ja nicht auf den Kopf gefallen."

    „Also, irgendwie solltest Du vielleicht doch mal ein bisschen auf die Gefühle dieses armen Geschöpfes Rücksicht nehmen, ermahnte ich Tanja. „Jeder von uns weiß, dass Du nur mit dem Finger zu schnippen brauchst. Er ist total in Dich verliebt. Das solltest Du nicht ausnutzen.

    „Tue ich doch gar nicht, er hat schließlich auch was davon gehabt."

    „Aber Du schürst das Feuer, Du hältst die Flamme am lodern, sagte ich. „Du nimmst ihn Dir, wenn Du ihn brauchst, und dann kann er wieder gehen. Das ist unfair. Weil Du ihm die Hoffnung lässt. Womöglich hofft er noch in 10 Jahren und verpasst darüber eine andere Frau, eine die ihn liebt und ihm gut tut, die er auch zu lieben lernen könnte.

    „Das ist dann sein Problem, entgegnete Tanja. „Ich weiß ja, dass es nicht ganz fair ist. Aber ich kann es nicht ändern. Ich verspreche Euch, dass ich mich bessern werde. Tanja grinste frech.

    „Hast Du eigentlich keine Bedenken, was Deinen Ruf anbelangt? frage Helma. „Oder willst Du künftig nach dem Motto leben „ Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert?

    „Ich – so Tanja – „mach mir keine Gedanken um meinen guten Ruf. Warum sollte ich mir als Frau nicht das gleiche gönnen, was sich Männer schon seit jeher herausnehmen. Außerdem – von meinen Chat-Bekanntschaften, die ja alle außerhalb wohnen, weiß hier doch keiner was. Und die paar, die ich mir abgreife, können ruhig reden. Ob ein Verheirateter unbedingt über ein sexuelles Abenteuer redet, wage ich zu bezweifeln.

    „Natürlich reden die, sagte Grit. „Männer reden immer, um sich zu brüsten. Sie sagen es einem Freund – im Vertrauen -, und der erzählt es wieder einem anderen usw. usw.

    „Egal, erwiderte Tanja, „ich habe eben Bedürfnisse und die leb ich aus. Ohne Punkt und Komma.

    Helma schaute Tanja leicht vorwurfsvoll an. Aber auch Helma war nicht ohne. Stille Wasser gründen ja bekanntlich tief. Nur bei Helma verlief alles etwas anders. Sie stieg nicht mit den Männern ins Bett, sie hielt sie sich für einsame Abende, Kaffeenachmittage, Feiertage etc. warm. Sie bekam es wirklich hin, sich die Kerle vom Pelz zu halten. Wie, war uns allen ein Rätsel.

    Helma war so der Typ Frau, der gut zuhören könnte und ebenso gerne redete. Sie konnte stundenlang selbst mit völlig Fremden über irgendwas reden. Es war ihr letztendlich egal, wer da vor ihr stand und was derjenige auf dem Herzen hatte. Helma redete und hörte zu und hörte zu und redete. Auch in Diskotheken. Ich habe das immer sehr an ihr bewundert, zumal ich bei lauter Musik nur noch einen Bruchteil dessen verstehe, was man mir sagt. Und weil ich Gespräche dann für viel zu anstrengend erachte, halte ich mich grundsätzlich von Männern fern, die meinen, mir stundenlang einen ins Ohr flüstern zu müssen. Außerdem interessieren mich die Geschichten und Probleme von Männern, die mich grundsätzlich nicht interessieren, auch nicht.  Anders – wie gesagt – Helma. Wenn sie nicht redet, tanzt sie, am liebsten die Standardtänze, also solche, die man zusammentanzt. Ringelpietz mit Anfassen, was ich wiederum hasse. Mich trifft man nämlich eher in Techno- oder House-Discos an, wo ich so richtig Gas geben und mir meinen Frust von der Seele tanzen kann. Und das am liebsten ganz für mich alleine, ohne ein Gegenüber. Gegenüber hemmen mich nämlich in meiner Möglichkeit, mich zu entfalten. Das mag vielleicht etwas komisch anmuten für eine Mittvierzigerin und manchmal kommen mir auch so meine Bedenken, aber mit etwas Alkohol im Blut sieht man ja ohnehin alles etwas lockerer…

    „Was ist denn mit Rainer? frage ich Helma. „Schon wieder was von ihm gehört?

    „Nein, entgegnete Helma, „seit fast 3 Wochen nichts mehr. Der muss erst in aller Ruhe seine Trennung verarbeiten. Ich habe auch keine Lust, ihm ständig mit guten Ratschlägen zur Seite zu stehen und selbst bei Problemen nichts zurückzubekommen. Der ist viel zu zu, viel zu sehr mit sich beschäftigt. Da ist für andere Probleme kein Platz mehr, insbesondere nicht für so schwerwiegende, wie ich sie im Moment mit meiner Mutter habe. Es ist doch immer das Gleiche, man wird ausgenutzt und wenn man dann mal was zurückhaben möchte, kommt nichts. Außerdem bin ich auf sein Balzverhalten nicht eingestiegen. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht im Traum daran denke, mit ihm eine Nacht zu verbringen.

    „Aber Ihr kennt Euch doch schon seit 3 oder 4 Monaten, bemerkte Grit. „Da ist es doch normal, dass ein Mann mal was anderes will, als Gespräche oder Händchen halten, oder sehe ich das falsch?

    Helma zog die rechte Augenbraue hoch. Die Bemerkung missfiel ihr, deutlich sichtbar. „Es interessiert mich nicht, was andere für normal halten. Außerdem denke ich gar nicht daran, einem Mann zu Willen zu sein, nur weil er es gerade will. Da bedarf es schon etwas mehr, als nur guter Worte."

    „Richtig, warf ich ein, „nämlich Taten. Wir lachten.

    Helma schien für meine Bemerkung kein Verständnis zu haben. Sie begann von ihrer Mutter zu berichten, um vom Thema wegzukommen.

    Wir hörten zu. Sie erzählte, dass ihre Mutter mehr und mehr nachließ. Dass sie sich kaum noch Namen zu merken in der Lage war, eben Erlebtes unmittelbar vergaß, den Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag machte. Ihre Mutter litt an Alzheimer-Demenz. Den wenigen lichten Momenten, die sie noch hatte, folgten schwerwiegende Bewusstseinsstörungen. Sie erkannte in ihrer Schwester ihre Mutter, in ihrer Schwägerin ihre Cousine usw. Auch glaubte sie zuweilen, ihr Mann lebe noch. Sie nässte ein, zog sich die Kleidung in Gegenwart fremder Menschen aus und verlor zusehends den Bezug zur Realität.

    Wir waren erschüttert. So wir noch Eltern oder zumindest ein Elternteil hatten, drohte uns schließlich allen, irgendwann einmal Gleiches durchleben zu müssen. Ein Elternteil sich zum Kind zurückentwickeln zu sehen, hatte schon etwas Ernüchterndes, Erschreckendes. Keiner von uns mochte es sich so richtig vorstellen. Wir lauschten Helma angespannt und waren froh, als Hannah wieder mal einen Witz einwarf. So konnten wir das Thema wechseln, ohne Helma das Gefühl zu geben, dass uns ihre Probleme womöglich nicht interessieren.

    Aber schließlich wollten wir ja etwas Spaß haben. Nicht den ganzen Nachmittag, aber doch wenigsten den halben.

    Hannah war auch seit ca. 1 ½ Jahren wieder in einer festen Beziehung. Der Mann war ihr quasi über den Weg gelaufen. Es war sicherlich nicht ihr Traummann, aber er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und er war für sie da. Er, gerade verwitwet, tat ihr gut und sie ihm.

    Hannah erzählte, dass sie mit ihm in Rom war.

    „Ach der Kurz-Urlaub war ja wirklich schön, bemerkte Hannah trocken. „Wir haben uns alles angeschaut, was Rom an Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Ich kenne sämtliche Kirchen und mit ihnen ihre Geschichten. Und auch alle Steine kenne ich jetzt.

    „Oh, hat Max ein Faible für Kirchen und alte Gemäuer?" fragte ich.

    „Nein, aber er hat keine Fantasie, wisst Ihr", entgegnete Hannah. „Wir haben unseren Urlaub nach einem Urlaubsführer ausgerichtet. Den hat wohl der Papst verfasst. Weil in ihm fast ausschließlich Kirchen und kirchliche Gemäuer ausgewiesen wurden. Und so sind wir dann – dem Heft und den darin angepriesenen Sehenswürdigkeiten treu ergeben – von Kirche zu Kirche gepilgert, um uns zu bilden. Ach ja, wenn wir mal nicht in irgendeiner Kirche waren, haben wir irgendwo etwas gegessen oder getrunken. Und da wir beide nicht über große Reichtümer verfügen, begnügten wir uns mit Snacks. Das Schärfste war dann die Rückreise. Max ist ja wirklich ein Genie. Und so umständlich. Er wurde und wurde nicht fertig mit Kofferpacken und Toilette, so dass wir viel zu spät am Flughafen eintrafen. Und nicht nur das, er meinte auch unbedingt, zu einer anderen Abflughalle gehen zu müssen. Erst als ich ihm gesagt habe, dass ich nicht bereit bin, ihm bedingungslos zu folgen, meine Utensilien nahm und schnurstracks die Richtung wechselte, hat er kehrt gemacht und ist er mir dann – wild gestikulierend und schimpfend – hinterher. Wie sich herausstellte, hatte ich mal wieder Recht. Gut, dass ich durchgegriffen haben, wir hätten um ein Haar den Flieger verpasst.

    Ich habe dann den ganzen Rückflug über kein Wort mehr gesagt, weil es nämlich sonst zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen wäre. So ist er eben, mein Max. Er ist schon ein ganz besonderer Mann."

    An Hannahs Gesichtsausdruck war erkennbar, wie sie das mit dem besonderen Mann meinte. Gewöhnungsbedürftig wäre der passendere Ausdruck gewesen.

    Max war wirklich ein Unikat. Er hatte keinen festen Job. Vielmehr verhökerte er im Internet, was er zuvor – ebenfalls im Internet – erworben hatte. Manchmal verdiente er ganz gut, manchmal so gut wie nichts. Hannah, die als Krankenschwester ihr Geld verdiente und nur eine Teilzeitstelle ausüben konnten, weil sie ihrem Ex gegenüber sonst unterhaltspflichtig gewesen wäre, musste Max von ihren paar Kröten zuweilen noch mit unterstützen. Sie kochte öfter für ihn mit, wusch und bezahlte den größeren Teil der Urlaubskosten. Hannah hat 2 Söhne, einer ist 23 und der andere 17 Jahre alt. Der Jüngste hat gerade eine Lehrstelle angefangen und macht eigentlich keine großen Probleme. Der Ältere hingegen hat die 1. Ausbildung geschmissen, die 2. dann mit viel Glück erfolgreich zu Ende gebracht. Seine große Klappe und sein ständiges Aufbegehren gegen den Juniorpartner seines Chefs führten dann allerdings dazu, dass er nach der Ausbildung keine Festanstellung erhielt. Er steht jetzt ohne Job da. Und Hannah muss auch ihn mit durchs Leben schleppen.

    Ich habe Mitleid mit Hannah. Schließlich kenne ich das Gefühl, nicht zu wissen, wie es weiter gehen wird, auch finanziell. Nur durch glückliche Umstände habe ich nach einigen Monaten des Lotterlebens und schrecklicher Einsamkeit – davon später mehr – wieder eine mich ausfüllende Tätigkeit gefunden. Dank des Unterhaltes, den ich während dieser Zeit von meinem Ex bekommen habe, konnte ich mich jedoch einigermaßen gut über Wasser halten.

    Nur war da diese permanente Unsicherheit und gebliebene Abhängigkeit, die mich oftmals schier verzweifeln ließ. Vor allem, als nach gerade einmal 3 ½-monatiger Trennung schon eine Neue bei ihm einzog. Die beiden hatten ein paar Mal miteinander „gevögelt" und dann einen einwöchigen Urlaub gemeinsam verbracht. Die Frau hatte danach nichts Besseres zu tun, als ihrem Ehemann, dem wohl eine Veränderung an ihr aufgefallen war, auf Nachfrage umgehend zu beichten, dass sie mit meinem Ex ein Verhältnis hat. Was dann folgte, ist wohl klar. Hässliche Auseinandersetzungen, Vorwürfe, Drohungen. Angeblich konnte sie es nicht mehr beim ihm aushalten. Also machte sie auf arme, hilflose, kleine Frau, die ob der schrecklichen Situation nur noch ein Schatten ihrer selbst zu sein schien und es schließlich schaffte, das Herz meines Ex zu erweichen und Unterschlupf bei ihm zu finden. 1 ½ Wochen nachdem sie ihrem Mann ihr Verhältnis mit meinem Ex gebeichtet hatte. So schnell kann das gehen, wenn man es richtig anfängt. Männer sind ja sooo blöd.

    Gekannt haben sich beide zu diesem Zeitpunkt vielleicht 3 Monate, davon 1 ½ intim. Die beiden Söhne, ein 20jähriger aus 1. Ehe und ein 17jähriger aus der Ehe mit dem jetzigen Mann, ließ sie bei diesem.

    Mein Ex ist sehr gut situiert. Und reiche Männer üben ja auf viele Frauen eine besondere Anziehungskraft aus.

    Als ich ihn kennen lernte, war er noch ein Angestellter in leitender Position. Er verdiente nicht schlecht und hatte es dank der hohen Provisionen, die ihm seine Tätigkeit als Filialleiter zusätzlich zum Gehalt einbrachte, bereits zu einem eigenen Haus gebracht, das allerdings noch mit Krediten belastet war. 10 Jahre älter als ich besaß er genau das Charisma und die Ausstrahlung, die ich bei Gleichaltrigen immer schmerzlich vermisste. Er wirkte so überlegen, er hatte schon so vieles hinter sich, auch eine Ehe. Ich habe mich damals Hals über Kopf in ihn verliebt, in seine Stärke, seine Durchsetzungskraft, seine rhetorische Gewandtheit. Wir haben uns einander langsam angenähert, zunächst viel telefoniert, dann sind wir immer öfter zusammen ausgegangen und schließlich haben

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