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"Und dann kam der Richtige": Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens
"Und dann kam der Richtige": Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens
"Und dann kam der Richtige": Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens
eBook220 Seiten3 Stunden

"Und dann kam der Richtige": Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens

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Über dieses E-Book

Frauen denken viel über die Liebe nach, unser gesamtes Liebesleben haben wir jedoch selten im Blick. Welche Erfahrungen haben wir gemacht, seit wir als Zwölfjährige den Jungen aus der Parallelklasse beäugten? Wer hat uns in der Liebe wie geprägt und was haben wir aus unseren Beziehungen mitgenommen? Frauen zwischen 19 und 76 Jahren erzählen ihre bezaubernden, erschütternden, lustigen und erotischen Geschichten - und liefern intime Einblicke in heutige Liebesbiografien.
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Herder
Erscheinungsdatum27. Nov. 2014
ISBN9783451803833
"Und dann kam der Richtige": Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens

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    Buchvorschau

    "Und dann kam der Richtige" - Jeannette Villachica

    Jeannette Villachica

    »Und dann kam

    der Richtige«

    Frauen erzählen die

    Liebesgeschichten ihres Lebens

    Logo_herder.jpg

    Impressum

    Titel der Originalausgabe: »Und dann kam der Richtige«

    Frauen erzählen die Liebesgeschichten ihres Lebens

    © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2013

    © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014

    Alle Rechte vorbehalten

    www.herder.de

    E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

    ISBN (E-Book): 978-3-451-80383-3

    ISBN (Buch): 978-3-451-30350-0

    Inhalt

    Wir und die Liebe

    »Uns verbindet das Dorf, aus dem wir kommen«

    Julia, 29, führt seit fünf Jahren eine Fernbeziehung

    »Ich wünschte, ich müsste nicht lügen«

    Christine, 48, ist seit siebzehn Jahren mit Andreas verheiratet, zwei Söhne, ein Liebhaber

    »Er war ein ganz toller Mann, aber er war verheiratet«

    Karin, 62, geschieden, lebt alleine, ein Sohn

    »Ich habe bewiesen, dass ich nicht von ihm abhängig bin«

    Rana, 19, ist seit Kurzem zum zweiten Mal mit Ahmed zusammen

    »Zum ersten Mal fühle ich mich komplett akzeptiert«

    Mona, 42, seit anderthalb Jahren mit Pablo liiert

    »Manchmal frage ich mich, ob das mit uns eine Zukunft hat«

    Andrea, 30, seit drei Jahren mit Markus verheiratet

    »Er ist mein Fels in der Brandung«

    Ursula, 63, seit vierzig Jahren mit Bernd verheiratet, vier Töchter

    »Ich hatte schon früh ein Auge für Jungs«

    Simone, 33, lebt seit einem Jahr mit Ben zusammen, erwartet ihr erstes Kind

    »Flucht ist für mich zum Verhaltensmuster geworden«

    Ilona, 44, Single

    »Nach den Fernbeziehungen wollte ich jemanden, der greifbar war«

    Anne, 41, seit fünf Jahren mit Jan verheiratet, zwei Söhne

    »Ich habe mich in Beziehungen immer wieder verloren«

    Susanne, 53, Single, zwei erwachsene Kinder

    »Ich bin erst im Alter richtig glücklich geworden«

    Katharina, 76, seit 22 Jahren in zweiter Ehe mit Rainer verheiratet, ein Sohn

    Zum Schluss

    Wir und die Liebe

    Es war einer dieser Abende, an denen ich gemütlich mit Freundinnen zusammensaß. Wir hatten über dies und das gesprochen, über unsere Arbeit, die Kollegen, unsere Kinder oder unseren Kinderwunsch – und irgendwann waren wir beim Thema Männer. Überraschend war das nicht. Wir waren zwischen Mitte dreißig und Ende vierzig, gestandene Frauen mit vielfältigen Erfahrungen, aber die Liebe und vor allem, wie man eine gute Beziehung führt, war selbst denjenigen, die schon lange glücklich liiert waren, immer noch ein Rätsel.

    Als Teenager hatten wir stundenlang eine Geste unseres Schwarms analysiert. In unseren Zwanzigern diskutierten wir nächtelang und fragten einander, warum »der Richtige« auf sich warten ließ. Und warum das ganze Reden? Um uns klar zu werden, was wir wollen, wen wir lieben können und wer uns guttut. Um aus unseren eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen der anderen zu lernen.

    Und heute? Auch wenn wir vielleicht ruhiger geworden sind, hat sich nicht viel geändert. In Beziehungsdingen geht Frauen nie der Gesprächsstoff aus, egal wie alt sie sind. Eine hat immer etwas auf dem Herzen.

    An diesem Abend machte Katja den Anfang. Ich kannte Katja erst seit zwei Jahren und war zwar einigermaßen über ihr unfreiwilliges Single-Dasein informiert, von ihrem früheren Liebesleben wusste ich jedoch so gut wie nichts. Sie war geschieden und hatte zwei Töchter, es musste also Männer in ihrem Leben gegeben haben. Katja erzählte nun von einem Mann, den sie zwei Wochen zuvor kennengelernt hatte. Er sei gleich schwer verliebt gewesen, sagte sie. Ihr sei es eigentlich genauso gegangen, aber sie werde versuchen, sich nicht in ihre Verliebtheit hineinzusteigern. Zu oft hätten die Männer sie verlassen, weil sie zu sehr klammerte.

    Ich konnte mir das in diesem Moment gar nicht vorstellen. Katja erzog ihre Kinder seit acht Jahren alleine, war voll berufstätig und schien alles ganz gut hinzubekommen. Sicher, sie war oft erschöpft und wünschte sich einen Partner, aber warum sollte sie sich deswegen wie ein Klammeräffchen an einen Mann hängen? Ich fragte, warum sie das getan hätte und welche Männer das waren, merkte aber, dass Katja jetzt nicht ausführlich darüber sprechen wollte. Schon gar nicht in dieser großen Runde.

    Frauen denken viel über die Liebe nach, und insbesondere, wenn wir am Scheideweg stehen, fragen wir uns: Was ist in meinen Beziehungen wie verlaufen und warum? Wann war ich glücklich und was kann und will ich ändern? An diesem Abend mit meinen Freundinnen fiel mir auf, dass wir im Gespräch untereinander meist nur den einen Aspekt, den einen Mann, diese eine Beziehung, die uns aktuell beschäftigt, betrachten. Wann werfen wir je einen Blick auf unser ganzes bisheriges Liebesleben zurück? Wäre es nicht sinnvoll, sich einmal anzusehen, wie wir uns entwickelt haben, seit wir als Zwölfjährige den Jungen aus der Parallelklasse beäugten? Wie haben uns die Beziehung unserer Eltern und unser Umfeld geprägt? Welche Erfahrungen haben wir mit Männern und vielleicht auch mit Frauen gemacht, und was haben wir in spätere Beziehungen mitgenommen? Mit wem hatten wir warum zum ersten Mal Sex? Was waren unsere wildesten, längsten, problematischsten und beglückendsten Beziehungen? Wo stehen wir im Moment und was wünschen wir uns für die Zukunft?

    Natürlich ist eine große Runde nicht der richtige Rahmen für so ein Gespräch. Viel zu intim und ausführlich. Davon abgesehen: Auch unter vier Augen vertrauen wir selbst der besten Freundin nicht alles an, was in unserem Kopf und Bett und an unserem Küchentisch vor sich geht. Aber die Frage ließ mich nicht los: Was wissen wir wirklich von den Liebesbiografien anderer Frauen? Nicht nur von Frauen, die uns nahestehen, sondern von Frauen jeden Alters in Deutschland. Frauen, deren sozialer Hintergrund, deren (Liebes-)Leben und (Beziehungs-)Profile ganz anders sind als unsere. Mein Empfinden war: nicht viel. Daraus ist dieses Buch entstanden.

    Auf den folgenden Seiten erzählen zwölf Frauen die Liebesgeschichten ihres Lebens, von der ersten Schwärmerei als Teenager oder sogar als Kindergartenkind bis zur Gegenwart. Es sind bezaubernde, erschütternde, lustige, erotische Geschichten von Frauen zwischen neunzehn und 76 Jahren. Julia, Karin, Rana, Christine und die anderen kommen aus ganz Deutschland und stellen hinsichtlich ihrer sozialen Herkunft einen Querschnitt durch die weibliche Bevölkerung unseres Landes dar. Ihr Rückblick ist natürlich subjektiv und eine Momentaufnahme. Dennoch vermitteln ihre Geschichten, so hoffe ich, eine Ahnung von den vielfältigen Wegen, die Frauen in unserem Kulturkreis heute in Liebesdingen beschreiten. Wir erfahren von ihren Wünschen und Hoffnungen in unterschiedlichen Lebensphasen, von Glücksmomenten, die sie nie vergessen werden, und von Momenten, die sie gerne ungeschehen machen würden. Und sie erzählen, wie ihre Lebensumstände ihr Liebesleben beeinflusst haben.

    Die Frauen sprachen mit mir, der Journalistin, die nicht zu ihrem Leben gehörte und die sie womöglich nie wiedersehen, so offen und ehrlich wie oft nicht einmal mit ihrer besten Freundin. Die Voraussetzung dafür war, dass ich ihnen absolute Anonymität zusicherte. Deswegen wurden die Namen aller hier genannten Personen geändert.

    Dieses Buch ist in jeder Hinsicht ein Herzensprojekt. Nicht nur für mich, auch für die Frauen, die für dieses Buch ihr Innerstes nach außen gekehrt haben. Viele sagten, das Erzählen ihres gesamten Liebeslebens am Stück und ohne dass sie ein Blatt vor den Mund nehmen mussten, hätte ihnen einige Entwicklungen in ihrem Liebesleben klarer vor Augen geführt. Einige weinten während unseres Gesprächs, aber wir lachten auch viel – mit zeitlichem Abstand wirkt eben manches sehr komisch. Und ich kam aus dem Staunen nicht heraus: über den Mut und die Energie, die zum Beispiel Susanne trotz all der Rückschläge in ihrem Leben immer wieder für eine neue Liebe aufbringt. Über Christine, die eine Paartherapie mit ihrem Mann macht, während sie über ihren Liebhaber sagt: »Er ist die große Liebe meines Lebens.« Über simple, aber lebensverändernde Fragen, die einem manchmal von Menschen gestellt werden, von denen man es am wenigsten erwartet. Über die Entschlossenheit, mit der Ursula um ihren Mann kämpfte, nachdem er sie mit einer jüngeren Kollegin betrogen hatte. Über die Klarsichtigkeit der neunzehnjährigen Rana. Und über Katharinas spätes, vom Berliner Mauerfall begünstigtes Liebesglück.

    Dieses Buch ist kein Hohelied der Liebe. Wir alle wissen, dass die Liebe erhebend, aber auch niederschmetternd sein kann. Und doch: Als ich dieses Vorwort schrieb, hatte ich gerade erfahren, dass eine meiner Freundinnen schwanger war. Sie kannte ihren Freund erst seit ein paar Monaten, war mit ihm aber so glücklich und fühlte sich so sicher wie nie zuvor. Nun war sie mit vierzig Jahren ungeplant schwanger und das, wo sie ein halbes Jahr zuvor nicht mehr damit gerechnet hatte, »den Richtigen« zu treffen. Darum finden wir Liebesgeschichten wohl so spannend: Die Liebe kommt und geht im Grunde, wie sie will. Manchmal stülpt sie unser Leben komplett um und führt uns in eine andere Richtung.

    Letztlich habe ich dieses Buch auch für mich und meine Freundinnen geschrieben. Für Frauen, die glücklich liiert sind und sich trotzdem ab und zu fragen: Kann dieser Zustand von Dauer sein? Wie schaffen wir es, die Leidenschaft zu erhalten? Die sich wie Anne in einem Kapitel wundern, dass sie, seit sie verheiratet sind, nicht mehr gefragt werden, ob in ihrer Beziehung alles in Ordnung sei. Für Frauen wie Andrea und Mona, die ihren Mann »abgöttisch« lieben, auch wenn er »einen Knall hat«, oder die sich erstmals in einer Partnerschaft »komplett akzeptiert« fühlen.

    Und natürlich ist dieses Buch für alle, die »den Richtigen« für sich noch nicht gefunden haben. Man kann auch ohne den passenden Lebenspartner ein erfülltes (Sexual-)Leben haben, wie die Beispiele von Simone und Karin zeigen. Und doch, die Sehnsucht nach Zweisamkeit bleibt. Dauer-Single Ilona ist es trotz ihres Freiheitsdrangs mit Mitte vierzig leid, immer stark und unabhängig sein zu müssen. Immer öfter denkt sie: »Es wäre schön, jemanden eine gewisse Zeit des Lebens an der Seite zu haben.«

    Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

    Jeannette Villachica

    »Uns verbindet das Dorf, aus dem wir kommen«

    Julia, 29,

    führt seit fünf Jahren eine Fernbeziehung

    Es hat gedauert, bis Julia und Alexander ein richtiges Paar wurden. Und das, obwohl sie sich seit ihrer Kindheit kennen und sich bereits als Teenager ineinander verliebt hatten. Julia war es wichtiger, erst einmal die Welt zu sehen und herauszufinden, was sie aus sich machen kann. Sie ging nach England, studierte in Italien, hatte Beziehungen zu Italienern und genoss das italienische Familienleben. Jahrelang dachte sie kaum an Alex, obwohl sie sich regelmäßig in ihrem Heimatort sahen. Bis Julia nach dem Ende einer leidenschaftlichen Beziehung seelisch am Boden lag und ihr ein Bekannter, der sich in sie verliebt hatte, die Frage stellte: Wer ist der Mensch, den du nie verlieren möchtest?

    Bis ich vierzehn war und anfing, in den Jugendclub zu gehen, haben Alex und ich einander nie besonders beachtet. Wir sind im selben 600-Einwohner-Dorf aufgewachsen und aufs selbe Gymnasium gegangen, er ist aber vier Jahre älter als ich. Im Jugendclub sah ich ihn dann öfter. Dort trafen sich alle Jugendlichen unseres Dorfes, die einigermaßen aktiv waren. Das waren nicht viele, vielleicht zwanzig. Das erste Mal haben wir voneinander Notiz genommen, als wir das Osterfeuer vorbereiteten. Das klingt jetzt sehr kitschig, aber ich stand auf einem Stapel Holz, und er hat mir Zweige hochgereicht – das war unser erster Blickkontakt. Ich dachte: Ah ja, du bist auch da. Und: Ist ja ganz niedlich. Trotzdem war er für mich sehr weit weg. Ich fühlte mich sehr jung, noch gar nicht bereit für eine Beziehung. Damals hätte ich nie etwas unternommen, damit wir zusammenkommen, und er auch nicht.

    Ungefähr zwei Jahre später fand im Jugendclub eine Party statt – zwischendurch hatte ich andere Freunde gehabt, nichts Ernstes. Auf dieser Party lief ein Lied, das macht mir heute noch Bauchflimmern: »The Time of My Life« aus »Dirty Dancing«. Da hat Alex mich zum Tanzen aufgefordert, ohne dass wir uns je vorher groß unterhalten hätten. Ich war im siebten Himmel … An dem Abend haben wir uns auch geküsst. Weil ich aber total betrunken war, und er wahrscheinlich auch, war danach alles wieder wie vorher. Wir fanden einander wohl beide gut, uns fehlte aber der Mut. Vielleicht lag es auch daran, dass er immer extrem hübsche Freundinnen hatte, mit langen Haaren. Ich dachte, an die reiche ich nie ran, so werde ich nie sein. Außerdem hatte ich zu dem Zeitpunkt eine ziemlich coole Liebesgeschichte mit einem aus meiner Klasse, der Musik machte. Den fand ich wahrscheinlich noch ein bisschen besser, trotz des Erlebnisses mit dem Kuss und Dirty Dancing. Mit dem anderen hatte ich einfach mehr zu tun: Wir waren gleich alt, waren zusammen auf Klassenfahrten, hatten Kurse zusammen.

    Dann habe ich mein Abitur gemacht und bin für ein Jahr nach England gegangen. Als ich aus England zurückkam, hatte Alex angefangen, auf Partys Musik zu machen. Auf so einer Party saß ich bei ihm, und wir haben uns sehr genial unterhalten. Ich glaube, da hat es bei uns beiden so richtig gefunkt. Auf einer anderen Party hat er sich dann offenbart. Das war wieder ganz wild, denn wie gesagt, es ist ein kleines Dorf, und zu der Zeit ist er gerne mit Katrin, einer guten Freundin von mir, ins Bett gegangen. Das hat mich schon gestört. Und ich hatte extreme Schuldgefühle, weil sie mehr von ihm wollte als er von ihr. Auf der anderen Seite hatte ich extrem starke Gefühle für Alex, das konnte ich auch nicht leugnen. Es war ein holpriger Start, aber ab dem Zeitpunkt sahen wir uns dauernd. Wir lagen stundenlang zu Hause im Bett und erzählten. Es war sehr schön, wir waren beide total verknallt, haben das aber größtenteils heimlich gelebt, weil im Jugendclub meine Freundin war und wir nicht vor ihren Augen turteln wollten.

    Ich war neunzehn und hatte bis dahin noch keinen Sex gehabt, nur Petting oder mal probiert, und es hatte nicht geklappt. Eigentlich wäre Alex der ideale Typ fürs erste Mal gewesen. Er ist sehr sensibel und kann sich total zurücknehmen. Ich wäre bei keinem besser aufgehoben gewesen, aber er hat mir sehr viel bedeutet. Mir schwirrten Horrorgeschichten im Kopf herum, was die Schmerzen angeht und was alles schieflaufen kann. Mein erstes Mal wollte ich lieber mit jemandem haben, bei dem es mir nicht so viel ausmachte, mich zu blamieren.

    Obwohl ich so verliebt war, bekam ich nach zwei, drei Monaten zu Hause Panik. Aus England hatte ich so viele Ideen mitgebracht, was ich jetzt machen könnte, hatte so viel Energie … Ich wollte mich erst einmal selbst finden, herausfinden, was man alles aus sich machen kann, auch, wie sexuell die grundlegenden Dinge funktionieren. Deshalb habe ich versucht, wieder einen Auslandsaufenthalt anzukurbeln, auch weil ich mehrmals diesen Traum hatte: Mein Zimmer wird immer kleiner und ich komme nicht mehr raus. Wahrscheinlich lag das auch der Mentalität im Dorf, wo keiner über den Tellerrand guckte. Die Gespräche drehten sich um den Jugendclub – ich war interessiert an der Welt, an neuen Dingen. Das war mir in dem Moment wichtiger, als meine Beziehung mit Alex zu leben. Obwohl ich so starke Gefühle für ihn hatte und schon so lange, wenn auch irgendwie diffus, davon geträumt hatte, mit diesem Menschen zusammen zu sein, dachte ich: Irgendwie passt mir das jetzt gar nicht. Ich musste meine Energie erst loswerden, wollte etwas tun, etwas bewegen.

    Deswegen habe ich bei einem Projekt in Italien angefangen. Das erste Jahr in Florenz bildete ich mir ein, Alex und ich wären weiterhin zusammen. Eigentlich hatten wir nie darüber gesprochen, ob wir überhaupt »zusammen« sind. In dem Jahr ist Alex kein einziges Mal nach Italien gekommen. Das nahm ich ihm damals ein bisschen übel. An Weihnachten haben wir uns wiedergesehen, aber wie das war, daran kann ich mich gar nicht erinnern.

    Im neuen Jahr lernten eine Freundin von mir in Florenz und ich ein paar Typen kennen. In der Gruppe war auch Luca, der mir gut gefiel. Das habe ich meiner Freundin zu Hause am Telefon erzählt, und dann ging es los: Durch sie erfuhr ich, dass Alex wieder mit Katrin ins Bett stieg und Katrin völlig fertig war, weil er auf Dauer immer noch nicht mehr von ihr wollte. Als ich das hörte, war es für mich vorbei. Ich schrieb ihm eine SMS: »Jetzt können wir aber Schluss machen.« Und er schrieb zurück: »Lass uns doch Ostern darüber reden.« Aber das war mir zu viel. Dieses ganze Hin und Her und jetzt das noch mit Katrin … Ich dachte: Ihr könnt mich mal! Ich bleibe jetzt in Italien und studiere hier. Dann habe ich mit Luca angebändelt und an Ostern, drei Wochen später, war er bei mir zu Hause. Luca hatte ein Riesenauto, das stand dann bei meinen Eltern vor der Tür. Alex kam und wollte reden, und ich habe gesagt: »Äh, ich habe jetzt hier Luca.« Er wusste nicht, dass ich über ihn und Katrin Bescheid wusste. Vielleicht hat er es geahnt, aber er hat es Jahre später noch geleugnet. Na ja, das waren die wilden Zeiten.

    Als Alex merkte, dass es wirklich aus war, ist er die Straße runtergegangen und hat geheult. Klingt wie eine Seifenoper, wenn ich das so erzähle. Ich war dann mit Luca drei Jahre lang zusammen. Es hat sich aus der Clique heraus so ergeben. Ich habe sicher auch Trost gesucht. Jedenfalls bin ich dann ziemlich schnell bei Luca und seiner Mutter eingezogen. Mit seiner Mutter verstand ich mich super. Das Problem war mit der Zeit, dass ich mehr mit ihr sprach als mit ihm, was daran lag, dass er lieber auf den Fernseher starrte und absolut nicht an Politik interessiert war – für eine Politikstudentin nicht ideal. Luca war zwar wie Alex der Typ bester Kumpel, witzig und fröhlich, ihn interessierte aber kaum, was in der Welt vorging. Das habe ich nach und nach gemerkt. Fußball war eher seine Welt. Alex interessiert sich auch für Fußball, aber eben noch für sehr viel mehr.

    Ich war anfangs sicher mehr in Alex verliebt als in Luca. Luca habe ich aber mit der Zeit lieben gelernt. Er war zwar kein idealer Gesprächspartner für mich, dafür hatte er sozial viel drauf, hat ein Picknick hier organisiert, Volleyballspielen da, wollte mit mir ans Meer fahren oder raus zu seiner Schwester.

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