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Perlentauchen: Liebe, Lachen und richtig guter Sex
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Perlentauchen: Liebe, Lachen und richtig guter Sex
eBook336 Seiten4 Stunden

Perlentauchen: Liebe, Lachen und richtig guter Sex

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Über dieses E-Book

Lass uns über Sex reden! Nein, nicht über Christian-Grey-Sex, sondern über genussvollen, Körper und Seele nährenden Sex. Sex, der wirklich intim ist. Den können wir haben, sobald wir Ehrlichkeit im Bett zulassen. Isabel Losada erzählt auf offene, humorvolle und gleichzeitig respektvolle Art von ihren Erfahrungen bei der ersten internationalen Konferenz des Klitoris Streichelns, von elf verschiedenen Orgasmusarten (von denen sie zehn bisher selbst noch nicht erlebt hat) und mystischen Erfahrungen mit Tantrameistern. Die Autorin nimmt uns mit auf diese oft verrückte, wunderbare und sehr persönliche Reise, die zu einem erfüllteren, entspannteren Sexleben führt.
SpracheDeutsch
HerausgeberL.E.O. Verlag
Erscheinungsdatum30. Apr. 2019
ISBN9783957361400
Perlentauchen: Liebe, Lachen und richtig guter Sex

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    Buchvorschau

    Perlentauchen - Isabel Losada

    Jahrhundert.

    Ein überraschend kurzer Frühling

    Ich bin mit hemmungsloser Neugierde gesegnet. Mein Lieblingsthema ist das Glück. Ich bin leidenschaftlich interessiert daran. Es fasziniert mich herauszufinden, wie es Menschen gelingt, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen – wie es kommt, dass sie einen Beruf haben, den sie lieben, einer guten Sache dienen oder sogar (ja, doch) eine gelungene Paarbeziehung haben. Wie viele Menschen kennst du, die eine wirklich tolle Beziehung führen? Zähle sie zusammen. Du musst sie gut kennen, um sie mitzählen zu dürfen. Ich hoffe sehr, dass du die Finger beider Hände brauchen wirst. Die meisten Menschen kommen auf maximal zweieinhalb. Und warum? Nun, einer der Gründe scheint zu sein, dass im Zentrum einer jeden Beziehung ein Schlafzimmer steht, in dem Hoffnungen und Libido häufig nicht zusammenpassen.

    Reden wir über Sex

    Ich schreibe schon seit zehn Jahren über das Glück, hatte aber nie den Mut, über Sexualität zu schreiben. Das ist doch wohl ein ziemlich eklatantes Versäumnis, findest du nicht? Bei vielen Singles beschränkt sich die Beziehung, die sie zu ihrem eigenen Körper haben, im Wesentlichen auf gutes Essen und Fitness. Viele Paare sind einander in sexueller Hinsicht vollkommen entfremdet. Wenn man sich dagegen vor Augen hält, wie viel Freude und Lust uns potenziell zur Verfügung stehen und bis zu welchem Maß Glück, einfache menschliche Wärme und Verbundenheit möglich sind, dann ist das eine Tragödie epischen Ausmaßes. Manchmal schaffen wir es nicht einmal, den Genuss einer Berührung als Ausdruck von Zuneigung auch nur in Betracht zu ziehen.

    Für dieses Jahr habe ich mir deshalb vorgenommen, jedes kleinste Detail über Sexualität und darüber, was man tun kann, damit sie besser funktioniert, in Erfahrung zu bringen, und du kannst dich einfach zurücklehnen, dieses Buch lesen und hoffentlich viele glorreiche Ideen mitnehmen. Und bevor du jetzt meinst, dass ich den besten Job der Welt habe … ich bin mir nicht sicher, dass es leicht sein wird. Jedenfalls nicht für mich.

    Ich war einer jener Singles, die vergessen hatten, dass der Körper eine Quelle von Lust und Freude ist. Fünf Jahre lang habe ich enthaltsam gelebt, mal abgesehen von ein paar gelegentlichen Dummheiten, die ich absolut nicht bedauert habe. Ein Mann hatte mir das Herz gebrochen und es war mir einfach nicht möglich, einen anderen zu finden, mit dem ich mich in die Horizontale begeben wollte. Es gibt da diesen Spruch – »Wer mit einem Buch ins Bett geht, schläft nie allein« –, und das ist wahr. Ich bin mit Haruki Murakami, Kazuo Ishiguro und Italo Calvino in schräge Welten gereist, habe mit Bill Bryson gelacht, mich von Oliver Sacks erziehen lassen und mich in Rumi und Hafiz verliebt. Der Sex hat mir gefehlt, aber irgendwie haben diese Männer meinen Geist und meine Seele so bereichert, dass es mir egal war, ob ich meinen Körper vernachlässige. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung wurde aus mir trotzdem keine runzlige Dörrpflaume. Mein Schlaf war tief und meine Tage waren erfüllt von anderen Freuden.

    Doch dann trat ein neuer Mann in mein Leben. Er half mir, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen, und brachte sogar meine Sätze in die Gegenwart. Das ist ein echter Schock. Er ist freundlich und geduldig, wartet den richtigen Augenblick ab, bringt mich zum Lachen und hat einen Penis. Plötzlich steht wieder Sex auf dem Plan. Wieder einen Mann mit einem gesunden Geschlechtstrieb in meinem Bett zu haben ist durchaus eine Herausforderung, denn natürlich möchte ich – wie jeder Mensch, den ich kenne –, dass mein Sexualleben wunderbar ist, und habe ehrlich gesagt das Gefühl, dass ich auf diesem Gebiet noch viel zu lernen habe. Ich frage meine Freunde und meine Leser nach ihren Erfahrungen und stelle fest, dass es anscheinend jedem so geht. Und darum geht es in diesem Buch nicht um Beziehungen, sondern – schamloser- und erfreulicherweise – um Sex.

    Ich werde mich nicht groß mit den »alternativen« sexuellen Präferenzen beschäftigen, von denen ich weiß, dass sie da draußen praktiziert werden. Ich habe kein Interesse daran, Sex mit Tieren, Plastikobjekten oder Gruppen von Menschen zu haben. Oder mich mittels einer Reihe komplizierter japanischer Knoten fesseln zu lassen, stundenlang kopfüber von der Decke zu hängen oder Männer auszupeitschen, die »Bitte bestrafe mich!« schreien. Ich weiß, dass es Frauen gibt, die es anmacht, wenn sie Schnüre an Piercings befestigen, die sich an eindrucksvollen Stellen befinden. Ich wünsche allen Erwachsenen, die dies im gegenseitigen Einvernehmen tun, viel Freude dabei, aber ich werde nichts von alledem tun. Du darfst mich ruhig altmodisch nennen.

    Ich bin begeistert von der Idee, viele verschiedene Möglichkeiten zu finden, um Sexualität zu etwas Wunderbarem zu machen. Ich hoffe, dass das meiste von dem, was ich lerne, auch nützlich für dich sein wird, egal in welcher Situation du dich gerade befindest. Ich schreibe über die Sexualität zwischen einem Mann und einer Frau, weil das die Konstellation ist, in der ich selbst lebe. Diese Art von »altmodischem« Sex ist in der Welt der Sexualität als Blümchensex bekannt. Nach all der »spirituellen Arbeit«, die ich getan habe, kann ich mich unmöglich mit einem schlechten Sexualleben abfinden. Der neue Mann an meiner Seite bietet mir die Möglichkeit für ein gutes Liebesleben, aber ich stelle fest, dass fünf Jahre ohne Partner und viel schlechter Sex in früheren Jahren dazu geführt haben, dass ich mich genauso verloren und verwirrt fühle wie die meisten Frauen, mit denen ich über dieses Thema rede.

    In meinem spirituellen Leben und in Beziehung zu anderen weiß ich, wie ich mich verhalten sollte – Freundlichkeit und Mitgefühl als Philosophie leisten mir gute Dienste. Jetzt muss sich die Spiritualität auf eine ganz neue Weise mit der Sexualität verbinden. Sie dürfen nicht in unterschiedlichen Teilen meines Körpers und meiner Seele zu Hause sein. Jeder, der ein Sexualleben hat, will auch, dass es gut ist, also … Ich werde der Lust den Vorrang geben und dich ermutigen, es mir gleichzutun. Es wird auf den folgenden Seiten Ideen geben, über die du – voller Freude, hoffe ich – in deinem eigenen Schlafzimmer nachsinnen, sie bebrüten und beackern kannst.

    Und natürlich werden wir Spaß haben. Sexualität ist kein Thema, das man allzu ernst nehmen sollte. Wir haben eine sehr große Fähigkeit, Lust zu empfinden, zu lieben und geliebt zu werden und Babys zu machen. Lies dieses Buch also bitte mit einem Bleistift in der Hand: Unterstreiche, was für dich wichtig ist, und streiche Unwichtiges durch. Du kannst mir auch auf Facebook folgen – und mir schreiben, denn ich bin sicher, dass ich auch weiterhin viel über unser Thema lernen werde.

    Wir werden meinen Freund »T.« nennen. Nicht, weil es nicht vollkommen in Ordnung für ihn gewesen wäre, seinen richtigen Namen zu benutzen, sondern weil wir nicht möchten, dass sich irgendjemand aufregt. Es gibt praktisch nichts Schockierenderes – so scheint es –, als Sex mit einem verantwortungsbewussten Erwachsenen zu haben, mit dem du eine Beziehung hast. Lass uns einfach die Schlafzimmertür öffnen und einen Blick hineinwerfen.

    Der Stand der Dinge

    Margot Anand berichtet in ihrem 1989 veröffentlichten Werk Tantra oder Die Kunst der sexuellen Ekstase von einer Umfrage, bei der 90 000 Frauen zu ihrem Sexualleben befragt wurden. Unter anderem sollten sie angeben, ob sie lieber »liebkost und zärtlich gehalten« würden oder lieber Geschlechtsverkehr hätten. 64 000 Frauen sagten damals, ihnen wäre es lieber, »liebkost und zärtlich gehalten« zu werden und keinen Geschlechtsverkehr zu haben. Glaubst du, diese Zahl wäre heute höher oder niedriger?

    Nach wie vor wird aus irgendwelchen Gründen kaum über das Thema »weibliche Lust« gesprochen. Die Klitoris zum Beispiel … Als ich den Begriff auf Wikipedia nachsah, erfuhr ich, dass die Klitoris »die vorrangige anatomische Quelle weiblicher Lust« sei (das werden wir später noch erforschen), und bekam verschiedene wissenschaftliche Artikel angeboten, die diese Aussage untermauern. Als ich auf den Link zu dem neuesten Artikel ging, wurde mir mitgeteilt, dass »die Eichel der Klitoris (lat. glans clitoridis) sehr schwer zu finden« sei. Der Artikel informierte mich außerdem darüber, dass »mehr Aufklärung über die Klitoris« unbedingt notwendig sei und dass dies das »soziale Stigma« abmildern würde, welches das Thema »weibliche Lust« immer noch umgibt. Weibliche Lust wird also noch immer stigmatisiert? Nun, dann werden wir uns eben darauf konzentrieren, dass sich das ändert.

    Die rasanten Entwicklungen in der Welt der Kommunikation und der Medien haben viele Dinge eher verschlechtert als verbessert, da sich Falschinformationen heutzutage blitzschnell verbreiten, besonders wenn jemand ein Produkt verkaufen will. Männer sind aufgrund des Unsinns, der ihnen im Internet aufgetischt wird, inzwischen davon überzeugt, dass ihr Penis nie lang, breit oder hart genug ist. Und den Briefen, die ich bekomme, entnehme ich, dass Frauen sich anscheinend IMMER NOCH Sorgen machen, dass sie irgendwie versagen, wenn sie keine multiplen Orgasmen bekommen oder vor Lust schreien. Gnade Gott den jungen Mädchen im Teenageralter oder den Frauen um die zwanzig, wenn sich ihr neuer Freund Pornofilme im Internet ansieht und erwartet, dass Frauen so reagieren, wie es die Pornodarstellerinnen tun. Und uns sollten all die Jungen schrecklich leidtun, die das Gefühl haben, eine tolle Darbietung hinlegen zu müssen – ohne dass ihnen jemals bewusst wird, dass das, was sie im Internet sehen, völlig überzogen ist.

    Dreizehn Staaten in den USA fordern jetzt explizit, dass die Sexualerziehung in der Schule medizinisch korrekt zu sein hat. (Was um alles in der Welt wird denn dann bislang dort unterrichtet?) Peggy Orensteins Buch Girls & Sex (2016) zufolge hat eine aktuelle US-amerikanische Studie herausgefunden, dass nach einem »sexuellen Abenteuer« (das als One-Night-Stand definiert wird, zu dem genitaler und/oder oraler bzw. analer Sex gehören kann, was aber normalerweise nur bedeutet, dass die Frau dem Mann einen bläst und nicht umgekehrt) 82 Prozent der Männer froh sind, sich darauf eingelassen zu haben, während dies nur für 57 Prozent der Frauen gilt. Wenn Mütter mit ihren Kindern über Sexualität sprechen, dann scheint es, dass sie sich ganz auf die Risiken und Gefahren konzentrieren, während viele Väter bloß Witze darüber reißen oder das Thema komplett meiden. Tatsache ist: Mädchen und jungen Frauen mangelt es im Bereich Sexualität an den einfachsten Selbstbehauptungsfähigkeiten.

    Selbst ältere und erfahrenere Frauen fühlen sich unzulänglich, wenn sie während der Penetration keinen Orgasmus bekommen, und so spielen viele Mädchen und Frauen dem Mann immer noch etwas vor. Irgendwie scheint die Info, dass nur sehr wenige Frauen allein durch Penetration leicht einen Orgasmus bekommen, im Kleingedruckten versteckt zu sein. So tönt der Ausruf »Mit mir stimmt irgendwas nicht« immer noch durch die Kummerspalten der Zeitungen – einem der wenigen Orte, wohin sich Frauen auf der Suche nach sexuellen Ratschlägen wenden, und das, obwohl der »Kummerkastentante« möglicherweise nicht einmal 400 Zeichen für eine befriedigende Antwort zur Verfügung stehen. Ich habe selbst schon einmal eine Sexratgeberkolumne geschrieben und kann dir sagen, dass es da nicht viel Raum für Feinheiten gibt. Der Erfolg von Fifty Shades of Grey macht deutlich, wie groß das Bedürfnis nach Sexualität und das Interesse daran wirklich ist, auch wenn diese Buchreihe die Situation eher verschlimmbessert hat. Es soll also alles nur vom Mann abhängen? Auch die Lust der Frau? Das glaube ich nicht.

    Bei Männern hat der absurde Leistungsdruck, den die Pornoindustrie herbeigeführt hat, mehr Impotenz zur Folge. Penisse bleiben unten, während die Scheidungskurven weiter nach oben gehen. Und während die Männer Viagra verschrieben bekommen (was auch nicht alles besser macht), wird das mangelnde sexuelle Interesse einer Frau oftmals als normal angesehen. Für einige Paare mag das Schlafzimmer der glücklichste Ort in ihrem Leben sein, aber ich glaube, man sollte fairerweise sagen, dass sie wahrscheinlich nicht die Mehrheit der Bevölkerung darstellen. Man könnte meinen, dass wir einfach nur mehr Hippies bräuchten, doch in Alternativkulturen sieht die Situation kaum besser aus. Die berühmte Trennung von Spiritualität und Sexualität durchdringt jeden Aspekt unserer Gesellschaft, und Sexualität wird häufig entweder als Obsession betrachtet oder als Feind wahrgenommen und gefürchtet.

    Man könnte den Standpunkt vertreten, dass es im Christentum keine Trennung zwischen Spiritualität und Sexualität gab, bis der heilige Augustinus daherkam und alles ruinierte. Der monotheistische Gott der jüdisch-christlichen Tradition hatte im Grunde die Sexualität erschaffen, und wie alles in Seiner/Ihrer Schöpfung erschuf Er/Sie die Lust vermutlich um der – nun – der Lust willen. Genauso wie wir das Essen und Trinken genießen können, können wir auch Sex genießen. Doch die beiden verkrachten sich und flüsterten uns fortan ein, dass wir, um die Spiritualität zu erforschen, auf Sexualität ganz verzichten oder sie nur zum Kindermachen benutzen dürfen. Die Stellung der Sexualität in der islamischen Welt ist ebenfalls … wie soll ich es sagen? … häufig keine glückliche.

    In Indien ist die Situation etwas besser. Aber nicht viel. Dort gibt es drei große Traditionen. Die erste ist der Vedanta, der uns lehrt, dass das sichtbare Universum eine Illusion und die einzige Realität die absolute, nicht verursachte Ursache/Quelle/das nicht verursachte Bewusstsein (such dir deinen eigenen Begriff aus, aber verwende das Wort »Gott« mit Sorgfalt) ist. Der Geist ist der Schöpfer der Realität, und der Körper ist Teil der großen Illusion. Aus diesem Grunde missachteten die großen Meister dieser Tradition, wie beispielsweise Ramakrishna oder Ramana Maharshi, ihren eigenen Körper in so eklatanter Weise, dass sie schließlich in viel zu jungen Jahren völlig unnötig von einer Krebserkrankung dahingerafft wurden. Diese Tradition ist heute noch in der Form von Advaita lebendig, einem der Zweige des Vedanta, der durch Lehrer wie Mooji und Eckhart Tolle verkörpert wird. Eckhart Tolles Bücher, die im Wesentlichen eine verständliche Interpretation uralter Vedanta-Vorstellungen sind, waren in Amerika so unglaublich erfolgreich, dass Tolle seinen eigenen Fernsehsender bekam – wie ich hörte, ein Geschenk von Oprah Winfrey. Doch in den Advaita-Lehren wird, zumindest was ihren Kern angeht, kein Freudenfest für die Sexualität abgehalten. Der Körper wird im schlimmsten Fall mit Schmerz assoziiert und im besten als irrelevant angesehen, da er altern wird und wir uns irgendwann von diesem vergänglichen Fleischpaket, in dem wir herumlaufen, werden verabschieden müssen.

    Und dann gibt es da noch den Buddhismus. So wie die meisten buddhistischen Traditionen heute verstanden und gelehrt werden, wird die Sexualität dort am häufigsten mit Begierde assoziiert, die eines der Hindernisse auf dem Weg zur Erleuchtung ist. Jeder, der achtsam ist, sollte zumindest jede Form sexuellen Fehlverhaltens und das Verlangen nach Sex meiden. Vollzeitschüler des Buddha sollten streng zölibatär leben, wie es unsere bekanntesten buddhistischen Lehrer, Seine Heiligkeit der Dalai Lama und Thich Nhat Hanh, auch tun. Jeder ernsthafte Schüler des Buddhismus sollte weder seinen Begierden noch der sexuellen Lust nachgeben. Seine Heiligkeit der Dalai Lama hat gesagt, dass die äußerst mystischen Praktiken des sexuellen Yoga in der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus nur in Form von Visualisierungen praktiziert werden sollten. Thich Nhat Hanh wurde berühmt durch seine Lehre, dass wir, wenn wir Tee trinken, uns bewusst sein sollten, dass wir Tee trinken. Doch auch wenn mir klar ist, dass er sagen würde, dass dasselbe Prinzip für alles gilt, was du tust, hat er als zölibatär lebender Mönch verständlicherweise nie über Sexualität gesprochen.

    All die zutiefst spirituellen Nonnen, Mönche und Lehrer aus allen Traditionen, die ich getroffen habe, leben enthaltsam. Einige, die ich nicht getroffen habe – spirituelle Lehrer, die nicht enthaltsam leben –, sprechen wenn überhaupt nur selten über Sexualität. Sie sind sehr schweigsam in Bezug auf dieses Thema.

    Kurz gesagt, in den meisten spirituellen Praktiken von heute wird nicht viel nackt getanzt, Freudentriller ausgestoßen oder im Mondschein Liebe gemacht. Du kannst dir vorstellen, warum. Vielleicht fragst du dich, ob ich wirklich darüber schreiben will? Weil: Ist das Ganze nicht irgendwie … privat? Die einfachen Antworten lauten: »Ich weiß nicht« und »Ja«. Es wäre so viel einfacher, all das im Geheimen zu lernen und stattdessen ein Buch über Rotfeuerfische zu schreiben. Doch dieses Thema ist schon lange überfällig. Früher hatte ich keinen Partner, der so viel Mut hat wie T. Er ist ein aufrichtiger Mann, der bereit ist zuzugeben, dass er – genau wie ich – nicht alles weiß. Wir waren beide verheiratet und haben Kinder, hatten gute und weniger gute sexuelle Beziehungen – und wir wissen beide nur sehr wenig.

    »Warte mal kurz …« T. unterbricht mich, als ich ihm das noch einmal vorlese. »Wer sagt, dass ich nur sehr wenig weiß?«

    »Na, ich meine das relativ gesehen. Du wirst doch wohl zugeben, dass du nur sehr wenig weißt?«

    »Im Vergleich wozu?«

    »Im Vergleich zu allem, was es zu wissen gibt.«

    »Wenn man die Gesamtsumme des Wissens über die menschliche Sexualität zugrunde legt, ja, dann weiß ich nur sehr wenig.«

    »Okay, also.«

    Ich mache weiter …

    Der größere Teil von mir würde liebend gerne das, was ich lerne, in der schönen Privatsphäre meiner samtigen Beziehung bewahren – abgeschirmt hinter Vorhängen und verriegelten Türen – oder mich zumindest auf die trockenen Fakten beschränken, während ich mich selbst im Verborgenen halte. Aber das ist nicht mein Ding, wie diejenigen von euch wissen, die meine früheren Bücher gelesen haben. Wenn man mich nun beschuldigt – Gott weiß, wessen man mich beschuldigen wird, wenn ich dieses Thema zur Sprache bringe –, werde ich, so gut ich kann, jeder der diversen Ansichten ausweichen, mit denen ich konfrontiert werde. Wenn, wie die spirituellen Lehrer behaupten, die Identität selbst eine Illusion ist, dann muss ich mir keine Sorgen machen, egal ob man mich lobt oder angreift, stimmt’s? Ich werde zu einer Ente werden, die an der Oberfläche ruhig und gelassen erscheint, alles wie Wasser von ihrem Rücken abgleiten lässt und unter der Oberfläche wie verrückt paddelt. Es gibt so vieles, was ich selbst brauche und lernen möchte – und aus den Briefen, die ich bekomme, weiß ich, dass es in den Schlafzimmern da draußen sehr viel Unglück und Beziehungsdefizite gibt. Da ich in der glücklichen und privilegierten Lage bin, lernfähig zu sein, was wäre da uneigennütziger: zu lernen und meine eigene Schlafzimmertür abzuschließen oder zu lernen und das Gelernte mit euch zu teilen? Also mache ich mir das eine Weile zur Aufgabe.

    »Aber was ist mit T.?«, höre ich dich fragen. »Wie fühlt er sich dabei?«

    Nun, das Ganze war sein Vorschlag. Ganz ehrlich. Ich war selbst erstaunt. Er sagte das, weil wir diesen Bereich gerade erforschten. Warum nicht über das schreiben, was ich lerne? Ich habe also nicht nur seine Zustimmung, sondern darüber hinaus sein Interesse und seine aktive Begeisterung. Gut für ihn. Ich kenne nicht viele Männer, die so viel Mut haben würden. Aber trotzdem werde ich ihn so weit wie möglich aus alldem heraushalten.

    Ich habe Fragen zum Thema Sex in den sozialen Medien gestellt und Leser und Freunde eingeladen, sich privat zu äußern.

    Heute Morgen las ich Folgendes:

    »Ich bin sicher, dass etwas mit mir nicht stimmt. Vielleicht sollte ich zu einem Therapeuten gehen.«

    »Sex ist gut für mich ohne Orgasmus … schätze ich.«

    »Ich habe wunderbaren Sex mit meiner Geliebten – nur mit meiner Frau ist er lausig.«

    »Der Sex ist viel besser mit meinem Liebhaber als mit meinem Mann.«

    Nur einen Tag nachdem ich mich auf dieses Projekt festgelegt hatte, beschließe ich, dieses Buch doch nicht zu schreiben. Wie wäre es stattdessen mit einem Wälzer über die Situation der Weltwirtschaft oder mit einem neuen mystischen Tarot-Kartenspiel (vorzugsweise von einem höheren Wesen gechannelt, damit ich nicht für die schlechte Grammatik verantwortlich bin). Oder einer Reihe von handgenähten Arbeiten aus Stoff über die Freuden der Blumen, wie man sie in den Werken von Marcel Proust findet? Wie wäre es mit einem Buch über ein beliebiges Scheißthema – mit Ausnahme von diesem? Derweil trudeln die Antworten auf Fragen wie »Wie ist dein Sexualleben?« weiterhin ein, darunter Hiobsbotschaften wie diese:

    »Die Qualität meines Sexuallebens mit meinem Partner ist den Bach runtergegangen, seit wir geheiratet haben.«

    »Mein Mann hat mich verlassen, weil er gesagt hat, er könnte seiner Freundin mehr Lust bereiten.«

    »Der Orgasmus findet ausschließlich im Kopf statt, oder etwa nicht?«

    »Ich glaube, körperlich stimmt etwas nicht mit mir. Ich muss zugeben, dass ich seit der Geburt meines Sohnes vor vier Jahren nur zweimal Sex mit meinem Mann hatte.«

    »Ich bin all dieses Drängeln und Schieben leid. Ich täusche es einfach nur vor, damit er das Gefühl hat, zum Abschluss kommen zu können.«

    Auf der anderen Seite hört man aus manchen Kommentaren auch eine ziemliche Selbstgefälligkeit heraus, als sei die Fähigkeit, guten Sex zu haben, eine Art persönlicher Erfolg.

    »Ich habe schon mein ganzes Leben lang vaginale G-Punkt-Orgasmen.«

    »Ich komme schon, wenn ein Mann bloß mit meinen Brüsten spielt.«

    »Ich habe einen Mann in einem Tantra-Workshop getroffen und bin gekommen, als ich ihn angeschaut habe. Wir hatten beide noch alle Klamotten an.«

    »Ich kann schon einen Orgasmus kriegen, wenn ein Mann bloß an meinem Ohr zieht und meinen Hals küsst.«

    »Keine Frau hat mir je etwas vorgespielt.«

    Seltsamerweise kommt nie so etwas wie: »Viele der Frauen, mit denen ich Sex habe, übertreiben ihre Lust und täuschen ihren Orgasmus nur vor.« Der Unterschied zwischen den beiden obigen Aufzählungen und das Maß an Schmerz verglichen mit dem Maß an Lust erfüllen mich mit rasender Wut. Wie kommt es, dass bei der ganzen Flut an Informationen, die es gibt, viele Menschen so wenig wissen und so viel leiden? Wie kann es sein, dass so viele Männer, die nichts mehr wollen, als die Frauen zu befriedigen, die sie lieben, nicht wissen, wie sie das anstellen sollen? Warum scheinen so viele Frauen zu leiden und sich gleichzeitig zu hilflos zu fühlen, um etwas dagegen zu unternehmen? Wieso werden nicht alle ein bisschen schlauer? Weshalb schauen sich so viele Menschen Katzenvideos an und haben dann schlechten Sex?

    Wie du siehst, werde ich bei dem Thema ziemlich leidenschaftlich.

    Auf meiner Facebook-Seite frage ich Menschen beiderlei Geschlechts: »Welche Bücher über Sex hast du gelesen?«

    Ein Mann schreibt: »Als Teammanager habe ich ein Buch mit dem Titel Sex and Boys gelesen.«

    Aber höchstwahrscheinlich hat er seither nichts mehr gelesen. Der Mythos, dass wir alle »instinktiv« die perfekten Liebhaber sein sollten, hält sich beharrlich. Das ist doch nicht zu fassen! Damit muss Schluss sein. Der menschliche Körper, oder zumindest die Erregung und der Orgasmus der Frau, sind kompliziert und – so mein radikaler Vorschlag – die Faktoren, die diese stigmatisierten Vergnügungen hervorbringen, sind eine kleine Studie wert. Zu lernen, wie du deinen Partner wirklich befriedigen kannst und dich selbst auch, ist außerdem ein tolles Forschungsthema.

    Hallo – das Thema, das wir hier erforschen, ist LUST!

    Vielleicht ist einer der Gründe, warum nicht mehr Menschen etwas über dieses Thema lernen, der, dass so viele Industrien darauf basieren, uns zu befummeln. Ich habe gerade »Sexratschläge« bei Google eingegeben und 317 000 000 Treffer bekommen. Darunter nichts auch nur vage Nützliches. Der Top-Vorschlag lautete: »Zehn Sexratschläge inspiriert von Game of Thrones«. Daraufhin begann ich mir die Kleider vom Leib zu reißen und nackt im Garten herumzutanzen. Nein, nicht wirklich. Aber ich habe mich danach gefühlt.

    Okay. Ich will mich nicht darüber lustig machen. Ich möchte wirklich etwas über Sexualität lernen, und zwar auf ernsthafte und engagierte Weise. Ich weiß, dass es eine Quelle traditionellen Wissens gibt. Es gibt einen Bereich außerhalb der Sexindustrie, außerhalb der Pornografie, außerhalb des meisten von dem, was wir wissen, wenn wir über Sexualität nachdenken, und außerhalb der religiösen Traditionen, welche die Seele, den Körper und meine lokale Bogenschießklasse voneinander trennen. Es ist eine spirituelle Tradition, die zwar nicht allgemein bekannt ist, sich aber durch einen großen Teil des tibetischen Buddhismus und des hinduistischen Denkens zieht.

    Du kennst sie, oder? Es ist die tantrische Tradition – die absolut einzige Tradition, in der Sexualität und Spiritualität eins sind. Ich werde diese Reise also damit beginnen, dass ich etwas darüber lerne, was als »tantrische Sexualität« beworben wird.

    Tantra nur für Frauen?

    Ich habe mir gedacht, ich fange mal mit einem reinen Frauen-Tantra-Seminar an, auch wenn mir jede Art von Frauenarbeit Angst macht. Dabei spuken mir schreckliche Bilder

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