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ZwischenWelten
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eBook423 Seiten5 Stunden

ZwischenWelten

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Über dieses E-Book

ZwischenWelten, der Roman, in dem Jakob Rheidt seine Erlebnisse erzählt. Aber wer ist dieser Jakob Rheidt, diese geheimnisumwitterte Gestalt? Unnahbar und vereinzelt geht er durch die Jahrhunderte, zuerst als Schreiber Wallensteins im 30-jährigen Krieg, danach als Ratgeber Friedrichs des Großen in den Kriegen gegen die Österreicher. Und schließlich wirkt er in unserer Zeit als Manager in der Pharmaindustrie. Sein Auftrag: Fördere den Hang der Menschen zur Selbstzerstörung. Doch dann verliebt er sich in eine Menschenfrau…
Der neue Roman von Friedrich von Bonin ist eine faszinierende Reise durch die Neuzeit bis in unsere Gegenwart und ein Appell an menschliche Ethik und Verantwortung.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum13. Feb. 2020
ISBN9783750282032
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    Buchvorschau

    ZwischenWelten - Friedrich von Bonin

    cover.jpg

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Vorspiel

    Erstes Buch: Der Rat der Sieben

    Zweites Buch: Wallenstein 1625

    Zwischenbericht

    Drittes Buch: Friedrich von Preußen 1738

    Zweiter Zwischenbericht

    Viertes Buch: Johanna Brückner Heute

    Dritter Zwischenbericht

    Fünftes Buch: Zorn

    Epilog

    Friedrich von Bonin

    ZwischenWelten

    Roman

    ©Friedrich von Bonin 2013

    Epubli Verlag GmbH, Berlin

    Das Buch

    Ein Roman über menschliche Geld- und Ruhmsucht, gezeigt an drei Episoden aus der deutschen Geschichte der Neuzeit und an drei Gestalten mit gleichem Namen, Jakob Rheidt.

    Im ersten Teil begegnet er uns als Vertrauter Wallensteins, mit dem zusammen er die Finanzierung des 30-jährigen Krieges perfektioniert, indem er die eroberten Länder systematisch zugunsten seiner Kriegskasse ausplündert.

    Als Graf von Rheidt und Wellhausen berät er den Preußenkönig Friedrich den Großen, der ohne Anlass das österreichische Schlesien erobert und seinem Preußen einverleibt. Der siebenjährige Krieg zwischen Österreich und Preußen mit vielen Toten ist die Folge und danach eine europäische Wirtschaftskrise.

    Der dritte Teil des Romanes schildert die verbotene Liebe Jakob Rheidts zur Journalistin Johanna Brückner. Sie verfasst für ihre Zeitung eine Artikelserie zu einer modernen Finanzkrise und begegnet Rheidt als Vorstandsmitglied einer großen Gesellschaft der Pharmaindustrie, die sich illegal mit der Entwicklung der Nanotechnik befasst. Als diese Versuche der Kontrolle entgleiten und die ersten Todesopfer fordern, wird Johanna der wahre Charakter des Jakob Rheidt offenbar.

    Der Autor

    Geboren 1946, aufgewachsen in Emlichheim, Grafschaft Bentheim, Niedersachsen. Gymnasium in Nordhorn, 1966 Abitur. Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen, 2. Juristische Staatsprüfung in Hamburg 1976. Von 1976 bis 2017 Rechtsanwalt, selbständig in Bremerhaven, wo er auch lebt. Seit 2017 freier Schriftsteller. Er ist verheiratet und hat keine Kinder.

    Bisher sind folgende Romane erschienen:

    „Rudolf Mittelbach hätte geschossen" (2012)

    „David, König der Israeliten" (2012)

    „Der Lauf der Zeit" (2014)

    „Moses, der Wanderer" (2016)

    „Die Wahrheit ist immer anders" (2018)

    „Judas Ischariot, Träumer, Täter, Täuscher" (2019)

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    Foto: Harry Zier | www.HarryFotografie.de

    Inhalt

    Vorspiel……………………………………    7

    1.Buch: Rat der Sieben………….………  18

    2. Buch: Wallenstein……….…………...   29

    Zwischenbericht………………………… 110

    3. Buch: Friedrich von Preußen……..   116

    Zweiter Zwischenbericht…...…………  221

    4. Buch: Johanna Brückner……………  226

    Dritter Zwischenbericht………….……. 275

    5. Buch: Zorn…………………………….. 446

    Epilog ……………………………………….462        

    Vorspiel

    1.

    Einmal während dieses Auftrags wollte ich teilnehmen, an ihrem Leben, an ihren Freuden, an ihren Qualen und Ängsten. Sein wie sie, obwohl das verboten war.

    2.

    Als Jakob Rheidt war ich zu ihnen geschickt worden. Nachdem ich mich eine Zeit als Kellner durchgeschlagen hatte, bewarb ich mich in Wasserburg, dieser großen Stadt am Strom mit den ausgedehnten Hafenanlagen am Nordende, bei der Sparkasse um eine Lehrstelle. Ihr Gebaren mit Geld wollte ich lernen, wie sie damit umgingen, mit denen, die ihnen ihr Vermögen anvertrauten und mit denen, denen sie Beträge in großer Höhe liehen. Drei Jahre lang arbeitete ich dort. Ich lernte, mit einem unleidlichen Ausbilder auszukommen, der mich ständig wegen der leichten Verwachsung an meinem linken Fuß aufzog, der mir jeden Tag mindestens dreimal erklärte, aus mir würde niemals ein ordentlicher Banker werden, ich würde es nie lernen. Allen seinen Unkenrufen zum Trotz konnte ich nach einem Jahr Kunden beraten in einer Weise, dass sie sich gut aufgehoben fühlten bei unserer Sparkasse und wir trotzdem an ihnen Geld verdienten. Nach der Hälfte des zweiten Lehrjahres hatte ich mindestens vier vermögende Stammkunden, die ausdrücklich nach mir verlangten, wenn sie in der Anlage von Geld beraten werden wollten.

    Auch das brachte mir aber das Lob des Ausbilders nicht ein. „Sollten Sie ja wohl auch können, nach über zwei Jahren", quetschte er aus dem Mundwinkel heraus und sah mich nicht an.

    Überhaupt sah er mich nie an. Aufträge erteilte er mir, wenn überhaupt, abgewandten Gesichtes, meistens sogar ließ er mir meine Aufgaben über Dritte mitteilen, über die anderen Mitarbeiter unserer Abteilung etwa oder sogar über meine Lehrlingskollegen. Ahnte er etwas? Ich ließ es mich nicht anfechten und erledigte meine Arbeiten so gut ich konnte.

    Ein halbes Jahr später bestand ich die Prüfung zum Bankkaufmann mit der Note „sehr gut", widerstand aber dem Werben des Vorstandssprechers der Sparkasse, ich solle doch bleiben, die tarifliche Bezahlung sei doch beispielhaft, sie würden mir die Lehrgänge finanzieren, die ich für mein weiteres Fortkommen in der Bankenwelt brauchte. Ich wollte nicht das Geld der Bankkunden anlegen, ich wollte das Gefühl erleben, selbst ausreichend Geld zu haben.

    3.

    Ich habe wieder von ihr geträumt. Glauben Sie nicht, dass ich zu derlei Dingen nicht fähig bin, etwa, weil ich zu alt wäre, weil ich zu viel gesehen hätte, weil ich mittlerweile desillusioniert sein müsste. Natürlich trifft all das zu, aber ich habe wieder von ihr geträumt.

    Ich weiß nicht, vor wie vielen Jahren ich ihr begegnet bin, wann ich zum ersten Mal dieses Gesicht gesehen habe, diese weich aufeinander liegenden Lippen, diese Augen, die dich anstrahlen, wenn sie lächelt. Ein Madonnengesicht, würde man in meinen Kreisen lästern, zu schön, um wahr zu sein, zu vollkommen, um noch schön zu sein, und was dergleichen abfällige Bemerkungen mehr sind. Aber ich bin kein Spötter. Ja, ich sehe schon die verblüfften Gesichter meiner Umgebung, wenn sie diesen Satz von mir hören, aber in dieser Frage: nein, ich bin kein Spötter.

    Sie kam die Treppe hoch in meinem Traum, nachdem sie lange angekündigt war und ich mit einer Sehnsucht auf sie gewartet hatte, die mir selbst im Traum das Herz fast zerbrochen hätte, wenn ich denn eines in meiner Brust trüge. Und dann, nach dieser langen Wartezeit, kam sie herauf, immer noch mit diesem wiegenden Schritt, der künstlich wirken würde, wenn es nicht sie wäre. Eine Wendeltreppe war es, ich beobachtete sie schon, wie sie die erste Stufe betrat, unter mir, sie hatte mich noch nicht wahrgenommen.

    Sie kam langsam, der Drehung der Treppe folgend, hinauf, gewahrte mich, als sie die Hälfte erreicht hatte und wieder sah ich diesen zu mir gerichteten Blick. Ich sah, wie das Gesicht sich belebte, wie die Augen zu strahlen begannen, wie sie zuerst den Blick noch einmal senkte, um ihn dann umso strahlender auf mich zu richten, den vollen Mund mit den weichen Lippen zu einem liebevollen Lächeln geformt. Sie kam auf mich zu, immer weiter die Treppe hinauf, und zerschmolz dann wie im Traum, als der Traum, der sie war, und ich wachte auf.

    Lange blieb ich so, verfangen in der Erinnerung, keine Aufgabe, die ich mir für den folgenden Tag gesetzt hatte, konnte mich ablenken, sie war es, die ich in mir trug, als ich aufstand, sie war es, die mich begleitete, als ich in die Sparkasse ging und sie schützte mich auch vor allen Anfeindungen, die der Ausbilder, dem ich jetzt noch für kurze Zeit dienen musste, für mich bereit hielt. Sie war in mir, mir konnte nichts geschehen.

    Ich sah sie zum ersten Mal in dem Restaurant, in dem ich vor dem Beginn meiner Lehre bei der Sparkasse als Kellner bediente. Sie war da mit einer Frau, wohl einer Freundin, und sie aßen an einem meiner Tische fürstlich. Ich sah sie und war sofort verliebt wie ein Mensch in meinem Alter in seine erste Liebe. Sie saß da, sprach mit ihrer wohlklingenden Altstimme, lachte und plauderte mit ihrer Freundin und lächelte mich an, als ich ihr die Speisekarte reichte mit der vollendeten Freundlichkeit, die ich bevorzugten Gästen zuteil werden ließ. Immer wieder suchte sie den Blickkontakt, als ich die Bestellung aufnahm, als ich ihr die Vorspeise servierte, den Wein dazu einschenkte, den Hauptgang servierte und danach das Dessert. Ich bediente nur sie, ihre Freundin und die Gäste an meinen anderen Tischen liefen nebenher, sie wurden zuvorkommend behandelt, keine Frage, aber bedient habe ich an diesem Abend nur sie, und sie hat es mir mit ihrem immer wiederkehrenden Lächeln gedankt.

    War ich es, dessentwegen sie von diesem Abend an Stammkundin in dem Restaurant wurde? War es Zufall, dass sie immer, wenn sie bei uns Gast war, an einem meiner Tische saß? 

    Ich jedenfalls ging von diesem Abend an mit einer erwartungsvollen Freude zur Arbeit. Würde sie heute wieder da sein? Durfte ich sie heute bedienen? Und oft genug durfte ich.

    Heute Nacht habe ich von ihr geträumt.

    4.

    „Gut, also dann können wir morgen zum Notar gehen und das alles beurkunden lassen?"

    Fragend sah ich zwei Jahre nach meinem Ausscheiden bei der Sparkasse meinen Besucher an. Herr Gaibrich war mir von einem der bundesweit tätigen Makler in mein Büro geschickt worden, die ich angerufen und um ihre Vermittlungsdienste gebeten hatte. Das Geschäft mit Immobilien in Wasserburg war in vollem Gange und auch Herr Gaibrich wollte teilnehmen. Er war ein großer, dicker Mann, gemütlich wirkte er mit seinem gutmütigen Gesicht, seinem breiten schwäbischen Akzent und seinem immer freundlichen Lachen. Mein Haus in der Hoffmannstraße wolle er erwerben, hatte er mir telefonisch als Anlass für seinen Besuch genannt, und ob ich ihm am Telefon schon einen Preis nennen könne. Das war ein schwieriger Moment gewesen, ich hatte das Objekt vor drei Monaten für hundertzwanzigtausend Mark erworben.

    „Ja, hatte ich gedehnt, während ich fieberhaft überlegte. Verlangte ich zu viel, sprang er ab, forderte ich zu wenig, hatte ich eine Chance vertan. „Sechshunderttausend Mark müsste ich schon haben, sagte ich dann entschlossen.

    Daraufhin war er angereist, wir hatten uns in meinem Büro getroffen.

    „Sechshunderttausend Mark sind eine Menge Geld", sagte er nach der Begrüßung.

    „Natürlich, antwortete ich, „aber das Objekt ist das auch wert, Sie müssten es sich ja sowieso ansehen. Wir sollten das vielleicht als erstes tun.

    Ich wusste, war er erst einmal dort, würde er den Preis immer noch herunterhandeln, aber das Haus war repräsentativ, mit einer klassischen Fassade, einem stabilen Windfang und die Wohnung, die ich ihm zeigen konnte, war solide hergerichtet. Er würde sich dann schon auf meine Größenordnung einlassen. Dass die Hoffmannstraße nicht in der besten Wohngegend Wasserburgs lag, konnte er als Fremder nicht sehen. Nun hatte er das Haus besichtigt, der lichte Frühlingstag hatte es im besten Licht erscheinen lassen. Es hatte ihm sehr gut gefallen und jetzt saßen wir wieder in meinem Büro.

    „Ja, ich will den Vertrag abschließen, antwortete Gaibrich auf meine Frage, „aber können wir nicht noch heute beim Notar beurkunden? Dann spare ich eine Übernachtung und kann heute noch nach Hause fahren, das wäre dann weniger lästig.

    Das war einer der Grundsätze in diesem Geschäft: Hast du den Kunden erst mal an der Angel, schlepp ihn sofort zum Notar, ehe er sich das anders überlegt. Aber auch: Lass ihn drängen, drängele nicht von dir aus. Und da hatte ich ihn nun.

    „Ich weiß nicht, sagte ich mit bedenklichem Gesicht, „dazu müsste ich einen Notar finden, der den Vertrag heute noch vorbereitet und dann auch beurkundet.

    „Kennen Sie denn hier nicht einen Notar, der das für uns machen würde?" Breit lächelte Gaibrich mich bittend an. Ich griff zum Telefonhörer.

    „Rheidt hier, Frau Gerber, ist der Notar da?" Ich wartete.

    „Guten Tag, Herr Dr. Manscher, ich habe einen Kunden, der möchte ein Haus von mir kaufen, er ist aus Stuttgart und möchte nach Möglichkeit heute noch zurück. Können wir den Vertrag im Laufe des Tages bei Ihnen beurkunden?"

    „Ich weiß nicht, Herr Rheidt, dazu müssen wir doch den Vertrag erst noch entwerfen."

    „Deshalb rufe ich ja an, aber Herr Gaibrich, das ist der Käufer, würde gerne heute abschließen. Der Kaufpreis ist fünfhundertfünfzigtausend Mark."

    Ich wusste, das würde ihn reizen, seine Gebühren würden für Wasserburger Verhältnisse überdurchschnittlich sein.

    „Ja, gut, geben Sie mir die Daten durch, dann können wir uns um sechs Uhr in meinem Büro sehen."

    Ich nannte ihm Käufer, Objekt und Kaufpreis.

    „Das haben Sie ja toll hingekriegt, strahlte Gaibrich, „dann gehe ich jetzt Kaffee trinken und um sechs treffen wir uns beim Notar.

    Herr Gaibrich war nicht der einzige. Ich hatte mich nach der Lehre und nachdem ich meinen Vertrag bei der Sparkasse gekündigt hatte, darauf spezialisiert, alte Mehrfamilienhäuser zu kaufen, so billig wie möglich, und sie dann mit einem kräftigen Aufschlag zu verkaufen, ohne daran etwas zu verändern.

    Seit einiger Zeit dachte ich darüber nach, in die Häuser geringfügig zu investieren, um meine Gewinnspanne noch zu erhöhen, aber dieser Vertrag brachte mir erst einmal über vierhunderttausend Mark Gewinn, davon die Steuern ab, und ich konnte endgültig das Auto, das mir seit längerer Zeit ins Auge stach, kaufen und noch genug zurücklegen, um in ein neues Projekt zu investieren.

    5.

    Weitere zwei Jahre später hatte ich elf solcher Immobilien fertig gestellt. Mein Bankkonto wies ein Guthaben von etwas über eine Million Mark aus, das wären, die Währungsumstellung stand bevor, rund fünfhunderttausend Euro. Ich musste mich schon jetzt an den neuen Namen des Geldes gewöhnen. Der Euro sollte zwar erst in zwei Jahren eingeführt werden, aber Aktien wurden ab sofort in dieser Währung gehandelt und mit Aktien wollte ich mich in Zukunft beschäftigen. Seit einem Jahr verfolgte ich intensiv die Kurse, ständig lief in meinem Büro der Aktienticker von „ntv und informierte mich über Kursverläufe und die Nachrichten dazu. Die ersten Erfahrungen mit Aktien lagen hinter mir, sie stiegen und fielen sehr schnell. Verluste hatte ich hinnehmen müssen, hier zehntausend Euro, dort fünftausend. Einmal waren dreißigtausend Euro verloren. Aber die Börse versprach dafür horrende Gewinne, wenn man keine Fehler machte und etwas Glück hatte. Per Saldo war ich nach einem halben Jahr rund sechzigtausend Euro reicher, und zwar vorwiegend am sogenannten Neuen Markt. An der Börse wurden Firmen gehandelt, Aktiengesellschaften, die keinerlei Vermögen hatten, keinen Grund und Boden, keine Maschinen, nichts. Die Gesellschaften in diesem Bereich zeichneten sich dadurch aus, dass sie eine gute Idee aufzuweisen hatten, nicht nur eine, eine Fülle neuer Ideen wurden da an den Markt gebracht, alle beschäftigten sich mit den neuen Informationstechniken, manche mit Hardware, die meisten mit Software, aber alle im Zusammenhang mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Sie holten sich Geld an der Börse, gaben Aktien aus, um ihre Ideen zu finanzieren und mit diesen Aktien spekulierte ich. Vollkommen neue Begriffe entstanden, die „IT Branche wurde zu einem neuen Modewort, man investierte in „start up" Unternehmen dieses Zweiges und hielt das für eine gute Idee und ich schloss mich an. Ich bat die Sparkasse Wasserburg um Kredite, um in diese Aktien zu investieren und die Sparkasse gab sie gern, nicht nur, weil sie mich ausgebildet hatten und mir daher trauten, sondern weil sie ein gutes Geschäft witterte. Auch sie waren angesteckt von dem Run auf die neuen Aktien, sie spekulierten selbst und finanzierten ihren guten Kunden jeden Betrag. Im April 2001 hielt ich ein Aktienpaket von rund sieben Millionen Euro, sicher hinterlegt auf einem Depot bei der Sparkasse Wasserburg. Der Kredit von etwa drei Millionen, den mir die Bank zur Finanzierung der Aktien gegeben hatte, beunruhigte weder mich noch den Vorstand der Sparkasse, bei dem Aktiendepot?

    Im Juni 2001 begannen die Werte zu fallen, bis August summierten sich die Verluste auf neun Zehntel meines Vermögens.

    Am 19. August 2001 hatte ich einen Termin bei dem Vorstand der Sparkasse, Herrn Hartmann.

    „Herr Rheidt, Ihr Depot ist zusammengeschmolzen auf hundertfünfzigtausend Euro. Wir haben Ihre Kredite neu bewertet, die Sicherheiten reichen bei weitem nicht mehr aus für die ausgegebenen Summen."

    „Aber Herr Hartmann, warten Sie doch einfach noch einen kleinen Augenblick, die Aktien werden ihre früheren Werte mit Sicherheit wieder erreichen. Ich finde, wir sollten uns noch einen Monat geben. Sie wissen ja, ich bin insolvent, wenn ich die Aktien jetzt verkaufe."

    „Das mag sein, aber wir werden nicht weiter warten. Sie müssen jetzt die Aktien verkaufen, sonst werden wir die Kredite kündigen."

    Zum ersten Mal konnte ich die Angst nachvollziehen, die Menschen immer beschrieben, wenn sie pleitegingen. Die Angst, wie sie ihre Familien ernähren sollten, wie sie ihren Freunden und vor allem ihren Freundinnen beibringen sollten, dass sie kein Geld mehr hatten, wie sie den Abstieg verkraften sollten. Nun, ich hatte keine Familie, meine gesellschaftliche Stellung war mir egal, und so sagte ich:

    „Gut, wenn Sie wollen, verkaufe ich, aber Ihr Geld werden Sie dann wohl auf keinen Fall wiederbekommen."

    Und so verkaufte ich und ging pleite nach allen Regeln der Kunst, wie sie sagen. So endete mein Ausflug in die Sphäre der Berufstätigkeit.

    Aber es ist besser, ich beginne am Anfang.

    Erstes Buch:

    Der Rat der Sieben

    1.

    Fanfaren gleich strahlte der Ruf durch den schwarzen Raum, klingend, ein Ruf, fordernd, hell, triumphierend, Kommandos gebend selbst dem Unendlichen, in dessen Weiten ich mich fast verloren geglaubt hatte. Fanfaren auf der Erde bedeuteten Freude, begeisterter Aufruhr, Helligkeit. Für mich, hier im grenzenlos scheinenden Universum, bedeuteten sie nur eins:

    Den Ruf nach Rückkehr, ohne Verzug, sofort, in die Zentrale.

    Ich befand mich gerade im sechsten Bezirk, als er erklang, befehlend, jeden Widerspruch sofort ausschließend, die Töne durchdrangen mühelos die dichte Schwärze des Universums, versuchten, es aufzuhellen, ohne Erfolg indes. Mein Auftrag im sechsten Bezirk war nichts Aufregendes, eine Routineangelegenheit, und so ließ ich alles stehen und liegen, froh, der undurchdringlichen Schwärze entfliehen zu können, sei es auch nur, um im grellen Licht der Zentrale von ihm neue Befehle zu empfangen, zum Guten oder zum Schlechten, ich wusste es nicht.

    Gedankenschnell war ich zurück, in dem großen Versammlungssaal, wo wir uns trafen, alle waren wir dem Ruf gefolgt, es gab keine andere Möglichkeit als die des absoluten Gehorsams. Und kaum war eine kleine Zeit vergangen in dem hellen, alles durchdringenden Licht der Zentrale, als ich mich schon wieder nach dem Dunkel sehnte, nach den unendlichen Sphären des Universums, in denen kein Raum und keine Zeit war, nur Schwärze, ich und mein Auftrag.

    Aber jetzt war ich hier und gerade drei Wimpernschläge später waren wir vollzählig und warteten, aber nicht zu lange.

    Er erschien, wie immer in den langen schwarzen Radmantel gehüllt, dem Mantel, der innen mit Seide gefüttert war, in Rot, einem Rot wie Menschenblut, und der in starkem Kontrast zu dem schneeweißen Gesicht stand. Glühende, kohlschwarze Augen starrten aus dunklen, tiefliegenden Höhlen, fixierten jeden Einzelnen von uns, lange, intensiv und angsteinflößend, wenn es uns denn gegeben wäre, Angst zu empfinden.

    „Verehrte Kollegen!" Wie lange hatte ich diese Stimme nicht mehr gehört, diese vollkommen farblose Stimme wie aus vergangenen und zukünftigen Zeitaltern, hohl wie aus einem tiefen Brunnen und ohne jede Emotion, selbst mich durchlief jedes Mal ein Schauer, fast wie menschliche Angst, wenn ich sie hörte. Und von wegen Kollegen. Er war der Fürst, er wusste es und wir wussten es, aber er nannte uns Kollegen.

    „Verehrte Kollegen, es hat sich alles geändert. Wie Sie wissen, ist es uns verboten, den Menschen anzutasten, uns auch nur in seine Belange einzumischen. Wir sollen ihn gewähren lassen, so ist die Vorgabe der Schöpfenden Kraft. Diese Vorgabe hat sich geändert.

    ‚Tastet mir nicht das Menschengeschlecht an‘, so lautet nach wie vor die Maxime. ‚Tut ihnen nichts, aber jetzt: Geht zu ihnen, führt sie auf ihren eigenen Weg, beseitigt sie nicht, aber sie werden nicht mehr gehindert sein, ihren eigenen und Ihren Versuchungen zu folgen.‘ Also versucht sie."

    Er schwieg und fixierte uns mit den brennenden Augen.

    „Probieren wir unsere Kräfte an ihnen aus. Sieben von Ihnen werden zu ihnen gehen und diesen Auftrag erfüllen. Gehen Sie zu den Menschen, führen Sie sie in Versuchung und stellen Sie sie auf die Probe, ob sie sich nicht selbst zerstören."

    Unruhe machte sich unter uns breit. Niemals hatten wir den Menschen ernsthaft auf unseren Weg der Zerstörung führen dürfen, dieses eigenartige Produkt der Mischung zwischen Tier und Engel, das der Schönheit der Schöpfung Hohn sprach, indem es sündigte, was das Zeug hielt, seit es das Böse erkannt hatte, das Böse, das notwendig zur Schöpfung gehörte.

    Unser Fürst selbst hatte dessen Einführung vorgeschlagen, dort, wo alles entsteht. Die Welt sei unvollkommen, hatte er vorgebracht, wenn nicht das schlechthin Böse darin sei, da könne keine noch so allmächtige Weisheit etwas anderes ersinnen. Wenn keine Wahl bestehe, das Gute oder das Böse zu tun, könne es gar kein Gut geben, eben weil ja die Wahl nicht sei. Und bei allem Respekt für die allwissende Schöpfungsgewalt: Immer, wenn diese eine Welt denke und schöpfe, die nur aus dem Guten bestehe, lasse sich eine andere, vollkommenere, bessere denken, nämlich eine, die seinen Geschöpfen die Freiheit lasse, dem Willen des Allschaffenden eben nicht zu folgen, eine Welt, in der auch das Böse seinen Platz finde.

    Lange hatte man sich besonnen, wohl bedenkend, dass unser Meister und seinesgleichen die andere Seite der Welt, die dunkle, die mordende, brennende, sengende, sofort für sich reklamieren und sie nach Kräften befördern würden, um dann, wenn dieser Teil überhandnahm, Zerstörung zu fordern, Vernichtung. Nicht mehr Schöpfung, sondern das Gegenteil, sondern Einsicht in Fehlentwicklungen. Um es rundheraus zu sagen: Irrtümer wollten wir zeigen, begangen von der Allwissenheit. Wie wollten wir triumphieren, welch schreiendes, allumfassendes Gelächter, wenn wir der allmächtigen Schöpfungskraft, die alles wusste, Fehler in der Schöpfung nachweisen konnten.

    Welch seltener Widerspruch, welche Genugtuung bei uns!

    Die schaffende Kraft musste das Böse in der Welt zulassen, klar erkennend, dass sie damit ihre eigene Schöpfung hässlich machte und gemein, aber eben auch einsehend, dass alles andere den Anspruch auf Vollkommenheit schlechterdings nicht mehr würde erheben können. 

    Und so setzten wir durch, dass mit dem Bösen in den schwächsten Teil der Schöpfung, den Menschen, erst die Todesangst gepflanzt wurde und dann alle die Eigenschaften, mit denen er sie bekämpfte, als da sind Gier, Allmachtsphantasien und Raub- und Mordlust. Ausgerechnet in den Menschen, den die Kraft schon gegen unseren Widerstand geschaffen hatte, ein Wesen, anders als die unfruchtbaren Engel fruchtbar und anders als die bewusstseinslosen Tiere mit Bewusstsein. Und zu unserer großen Freude und Befriedigung kam die allmächtige Weisheit auf die Idee, gerade dieser Mensch müsse das Bewusstsein nicht nur von sich selbst, sondern auch von seinem Wahlrecht bekommen, die Wahl kennen zwischen Gut und Böse und zu allem Überfluss in ihn den Wahn zu pflanzen, das Gute zu wollen.

    Was für eine verquere Idee, die in uns Zweifel an der Allwissenheit nährte.

    2.

    Ich erinnere mich noch gut, wie unser Fürst dort, bei der Schöpfungsgewalt, den Anspruch auf Zerstörung geltend machte, forderte, dieses merkwürdige Wesen habe aus der Schöpfung zu verschwinden. Und dann plötzlich waren es nicht mehr wir, die Vernichtung forderten, sondern die schaffenden Kräfte selbst, die der Welt in ihrem Zorn über die unsäglichen Untaten der Menschen eine gewaltige Flut schickten, die über die bewohnten Teile der Erde floss. Erst im letzten Augenblick scheint man sich besonnen und einige wenige Exemplare der eigentlich zum Untergang verurteilten Geschöpfe gerettet zu haben. Und damit nahm die Geschichte ihren Lauf.

    Zum letzten Mal hatten wir die Zerstörung gefordert, nachdem ein besonders entsetzliches Muster der Gattung Mensch im römischen Reich nicht nur eine ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt, sondern auch Tausende Seinesgleichen mit verbrannt hatte.

    Nero, der römische Kaiser, war ein selten verdorbenes Exemplar Mensch, selbst unter diesem grauenhaften Geschlecht. Ich war damals an seinen Hof geschickt worden und hatte mich zu seinem Berater hochgedient. Jakobus Rhitus war ich, hochdekorierter Senator und im Capitol so wie am Kaiserhof wohl gelitten.

    Der Imperator Roms, wie der Kaiser sich nannte, fürchtete alles und jeden. Seine Frau Poppäa, eine bekannt schöne Frau, war ihm untreu, mit Senatoren, mit Sklaven, mit allem, was einen Schwanz trug und nur annähernd ansehnlich war. Sie betrog Nero, der nichts mehr fürchtete, als dass sie ihn betrog. Aber er wusste nichts davon. Alle seine Spione, alle seine Freunde, die er immer wieder aufforderte, seine Frau zu bewachen und ihm das geringste Augenzwinkern zu melden, das sie einem anderen Mann zuwarf, hinterging entweder Poppäa bei ihren Affären oder sie bestach sie. Ich zum Beispiel, Jakobus Rhitus, wusste von ihren Affären und sie wusste, dass ich ihre Liebhaber kannte. Sie war sehr klug und verstand es, mich zu bestechen, auf die einzige Art, in der ich zu bestechen bin. Erst versuchte sie, mich zu verführen, das verfing bei mir nie. Also lockte sie mich mit Geld, das ich gerne nahm, allerdings ohne ihr Treue zu versprechen. Und schließlich verfiel sie auf die Idee, mich bei ihrem Mann, dem Kaiser, hoch zu loben, bis er mich zu seinem ersten Berater ernannte und behielt. Dafür gelobte ich ihr Schweigen.

    In kurzer Zeit als Berater bekam ich heraus, dass Nero nicht nur fürchtete, von seiner Frau betrogen zu werden. Hinter jedem Vorhang witterte er Verrat, vermutete er einen Mörder, er duldete daher keine Vorhänge in seinem Palast.

    Und dann machten die Christen ihm zu schaffen. Das war eine neue Sekte, die seine Vorgänger energisch verfolgt hatten, weil sie der Meinung waren, eine neue Religion verderbe die Menschen, es gebe außer Jupiter, dem Staatsgott, nur noch den Imperator, den Kaiser, selbst gottgleich. Die Christen verstießen daher gegen die Staatsräson, sie wurden verfolgt und, wenn gefasst, hingerichtet.

    Nero intensivierte die Verfolgung vor allem deshalb, weil er ihrer neuen Religion gegenüber unsicher war. Was denn, wenn sie Recht hätten, wenn es einen Gott gäbe, der die Taten der Menschen nach deren Tod beurteilte und strafte? Dann könnte Gott auch ihn nach seinem Tode richten. Ich nährte nach Kräften seine Zweifel an der Richtigkeit der christlichen Thesen und riet ihm, sie so grausam wie nie zuvor zu jagen.

    Die Unnachsichtigkeit, mit der er meinem Rat folgte, entsprach nicht nur meinen Ratschlägen, sondern war auch Ausdruck der Rache an denen, die ihn verunsichert hatten. Er ließ sie in Massen hinrichten, in Felle wickeln und den wilden Tieren zum Fraß vorwerfen, ließ sie kreuzigen und so ihren Gott verhöhnen, der angeblich ebenfalls gekreuzigt worden war. Er trieb sie in Arenen zusammen, wo er sie wehrlos abschlachten ließ. Selbst das römische Volk, sonst eher nicht zimperlich im Ansehen von blutigen Hinrichtungen, opponierte mehr und mehr gegen diese Art der Verfolgung.

    Deshalb verfiel Nero auf die Idee, sie für ein großes Unglück verantwortlich zu machen. Er verzog auf sein Landhaus, ungefähr fünfzig Kilometer von Rom entfernt und gab Sklaven den Auftrag, die Stadt in Brand zu setzen. Rom brannte, vier Tage und vier Nächte lang.

    Die Stadt war in großen Teilen aus Holz gebaut, sie fiel in einem lodernden Feuer zusammen und in ihm verbrannten Tausende von Menschen, eingeschlossen in ihren Häusern.

    Nach dem Brand in die Stadt zurückgekehrt, beschuldigte Nero die Christen dieses Verbrechens und intensivierte, jetzt mit Zustimmung des Volkes, die Verfolgung noch einmal.

    3.

    Nero sei nur ein Exemplar, allerdings ein besonders ekelhaftes, dieser Spezies, so brachten wir vor, einer Spezies, die von der Welt verschwinden müsse. Sie raube und morde und sündige, dass es nur so eine Art habe, nichts sei vor ihnen sicher, kein Mensch, kein Tier, nicht die Welt und nicht die Himmel. Sie müsse verschwinden, forderten wir von der schöpfenden Allmacht.

    Man zögerte.

    Allerdings sei dieser Kaiser und seien die Menschen eine besonders verurteilenswerte Erscheinung innerhalb der Schöpfung, aber eben immer noch Teil der Schöpfung und als solcher erhaltenswert. Und man könne nicht umhin, meiner Rolle bei den Taten des römischen Kaisers zu gedenken. Sei nicht ich es gewesen, der ihn beraten und zu den Taten getrieben habe, die jetzt beklagt würden. Sei nicht ich eigentlich der Urheber des ganzen Unglücks? Und dann, habe der Kaiser nicht begonnen, umfangreiche Aquädukte im römischen Reich zu bauen, eine dankenswerte Tat? 

    Immer wieder hatten wir Vernichtung gefordert, und immer wieder waren wir auf die Unantastbarkeit des Menschen hingewiesen worden.

    Und nun plötzlich eine, wenn auch nur kleine, Sinnesänderung?

    4.

    „Wir werden die Änderung nutzen, und sei sie noch so klein, und nicht danach fragen, was sie verursacht hat. Dergleichen fragt man nicht, wieder drang die kalte, scharfe Stimme des Fürsten durch den Saal. „Ich werde sieben Vertreter ernennen, die auf die Erde gehen und sie begleiten, sie beraten, die die eigenen Eigenschaften der Menschen fördern und stützen, so lange, bis sie sich selbst dem Untergang weihen.

    Er begann, die Sieben aufzurufen, die bei ihnen wirken sollten. Ich war unaufmerksam, kam ich selbst doch für solche Aufgaben nicht in Frage, seit ich als Berater bei Nero aufgefallen war.

    „Jakob Rheidt. Da fiel mein Name doch noch, als siebter in der Reihe. „Womit sind Sie gerade beschäftigt, Herr Rheidt?

    Wenn der Fürst das fragt, weiß man besser eine Antwort.

    „Ich bin im sechsten Bezirk. Dort gibt es auf dem dritten Planeten kristalline Existenzen, von denen man vermutet, dass sie zu Leben erwachen könnten."

    „Unwichtig. Sie werden dem Rat der Sieben angehören. Sie werden im siebzehnten Jahrhundert als Sekretär Wallensteins wirken."

    Das war ja prächtig. Kein langweiliger Dienst mehr bei Kristallen, die, was mich anbetraf, niemals Leben entwickeln würden, stattdessen mitten auf der Erde. Ich dankte überschwänglich.

    „Keine Zeit verlieren, meine Herren, bilden Sie den Rat und beginnen Sie ihre Tätigkeit."

    Mit diesem kalt und drohend ausgesprochenen Satz, der wie ein Fluch hängen blieb, war er verschwunden. Die Versammlung verstreute sich, nur wir sieben blieben noch einen kurzen Moment zusammen.

    „Sie haben mir alle drei Monate Bericht zu erstatten, Herr Bürstenfeld, ein entsetzlicher Pedant, war zum Vorsitzenden der Sieben ernannt worden und gab uns seine kurzen Anweisungen, „einmal jährlich werden wir uns hier unaufgefordert versammeln und die Erfolge erörtern.

    Auch er war kurz und überließ uns unseren Aufgaben.

    Zweites Buch:

    Wallenstein

    1625

    1.

    Langsam und gemessenen Schrittes ging ich über die große alte Stadtbrücke, die die Moldau überspannte, ich sah nicht die Figuren aus dem Zauberreich, die sie zierten, ich sah nicht das Wasser des Flusses, das unter mir mit stetem Gurgeln dahin strömte und ich achtete nicht auf die Menschen, die mir entgegenkamen. Fest hielt ich das Gesicht auf die andere Seite des Flusses gerichtet, auf die Kleinseite dieser großen Stadt Prag, wo gleich hinter dem Fluss der Palast des Generals Wallenstein lag, des großen Feldherrn Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland. Zum Generalissimus war er vom Kaiser Ferdinand dem Zweiten in Wien ernannt worden, ein Titel, der allein ihm vorbehalten war.

    Der Sommer dieses Jahres 1625 hatte viel Regen gebracht, Überflutungen sogar, aber jetzt strahlte die Sonne seit einer Woche mit großer Kraft, obwohl der September sich seinem Ende näherte. Die Bäume hatten wegen der vielen Niederschläge noch nicht einmal angefangen, ihre Blätter zu färben, dick belaubt und dunkelgrün spendeten sie Schatten, als ich jetzt die Brücke verließ und auf die Allee einbog, die zum Palast des Generalissimus führte. Beeindruckend lang und breit war sie, gerade auf den Haupteingang zulaufend, von riesenhaften Eichen gesäumt, unterbrochen allenfalls von ein paar Buchen und Tannen. Mit meinen dünnen Festtagsschuhen hatte ich Mühe, über das

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