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Mich gelüstet's nach Idylle: Ein literarischer Ausflug an den Ammersee
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Mich gelüstet's nach Idylle: Ein literarischer Ausflug an den Ammersee
eBook279 Seiten3 Stunden

Mich gelüstet's nach Idylle: Ein literarischer Ausflug an den Ammersee

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Über dieses E-Book

Als Bauernsee geschmäht führte der Ammersee lange Zeit ein Schattendasein neben seinem größeren Bruder, dem Starnberger See. Hier wurden schon im 17. Jahrhundert prunkvolle höfische Seefeste gefeiert. Anders der Ammersee: Still und abgeschieden lag Bayerns drittgrößter See bis ins frühe 19. Jahrhundert da, beherrscht von den Klöstern Andechs und Dießen. Die Bevölkerung stand im Dienste der Geistlichkeit, lebte mehr recht als schlecht von Fischfang, Ackerbau und Transport der Wallfahrer. 1878 wird die Ammersee-Schifffahrt motorisiert. Zwanzig Jahre später kommt die Eisenbahn an den See.Nach und nach ziehen auch die Künstler an den Ammersee. Er gilt als romantisch und idyllisch. Hier kann man das einfache Leben leben. Immer zahlreicher werden die, die am See ein Refugium suchen und finden. Der Ammersee zieht viele in seinen Bann. Sogar Revolutionen werden hier gemacht. Die vorliegende Anthologie vereinigt rund 50 Autorinnen und Autoren: Schriftsteller – viele von ihnen längst vergessen –, Maler, Politiker, Wissenschaftler, Komponisten, Heimatforscher oder Geistliche. Sie alle zeichnen ein unterhaltsames und informatives Bild vom Leben und der Kultur dieses Landstriches über die Jahrhunderte hinweg.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. Nov. 2012
ISBN9783847622444
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    Buchvorschau

    Mich gelüstet's nach Idylle - Karen Eva Noetzel

    Vorwort

    Als „Bauernsee" geschmäht führte der Ammersee lange Zeit ein Schattendasein neben seinem größeren Bruder, dem Starnberger See. Hier wurden schon im 17. Jahrhundert prunkvolle höfische Seefeste gefeiert. Als der Märchenkönig Ludwig II. dann den See für die Sommerfrische entdeckte, folgte ihm der ganze Hofstaat. Der Starnberger See, ohnehin viel näher an München gelegen, wurde berühmt.

    Anders der Ammersee: Still und abgeschieden lag Bayerns drittgrößter See bis ins frühe 19. Jahrhundert da, beherrscht von den Klöstern Andechs und Dießen. Die Bevölkerung stand im Dienste der Geistlichkeit, lebte mehr recht als schlecht von Fischfang, Ackerbau und Transport der Wallfahrer. Einer von ihnen wusste immerhin schon 1813/14 das gastronomische Angebote zu schätzen. „Selten wird man in Bayern ein aehnliches auf dem Land treffen. Der Reisende findet das, was er wünscht: Gut zubereitete Speisen, echten Wein, reichliche und prompte Bedienung, Bereitwilligkeit von seiten des Wirtes und der Bedienenden und echt billige Zeche."

    1878 wird die Ammersee-Schifffahrt motorisiert. Der Dampfer „Marie quert das Gewässer der Länge nach. Zwanzig Jahre später kommt die Eisenbahn an den See. Der Badezug von Augsburg erschließt das Westufer. Die Münchner müssen noch bis 1903 warten, ehe sie das östliche Ufer und Herrsching erreichen. Nach und nach ziehen auch die Künstler an den Ammersee. Er gilt als romantisch und idyllisch. Hier kann man das einfache Leben leben. Immer zahlreicher werden die, die am See ein Refugium suchen und finden. Maler gründen in Holzhausen die Künstlerkolonie „Die Scholle. Zu ihnen gehören etwa Fritz Erler und Leo Putz. Wilhelm Leibl findet hier neue Motive und seine große Liebe – sie endet allerdings tragisch.

    Am 5. August 1904 schreibt Thomas Mann an einen Freund: „Ich bade, dichte und lobe Gott den Herren. Gemeinsam mit seiner Mutter und dem Bruder Viktor verlebt der künftige Nobelpreisträger rund drei Sommerwochen in der Villa Siebein in Utting. Er schreibt reihenweise Liebesbriefe an seine angebetete Katia Pringsheim, bangt und hofft, dass sie seine Frau werde. Er schreibt die letzte Szene seines Renaissance-Dramas „Fiorenza. Darin wirbt Piero de' Medici heftig aber erfolglos um eine Frau. Im wahren Leben ging die Sache besser aus.

    Während also Thomas Mann einen „schicksalhaften Brautsommer" durchleidet, wie es der Literaturwissenschaftler Dirk Heißerer treffend formulierte, vergnügt sich derweil der junge Bert Brecht mit Eltern und Bruder am See. Mit dem Badezug sind sie angereist, wie viele Augsburger, für die der Ammersee ein beliebtes Ausflugsziel ist. Der See gefällt Brecht so sehr, dass er später dort ein Haus erwirbt, wenn auch nur für kurze Zeit. Bald muss er vor den Nazis fliehen.

    So hat der Ammersee viele in seinen Bann gezogen. Sogar Revolution wurde hier gemacht! Der dänische Arbeiterschriftsteller Martin Andersen Nexö (1869 bis 1954) hat in dem Roman „Die verlorene Generation" (1948; dt. 1950) diese turbulente Zeit literarisch verarbeitet. Er selbst hielt sich von Herbst 1919 bis April 1920 am See auf.

    Mit dem Zug ist sein Alter ego Morten von München nach Herrsching gefahren, eine „schöne Gegend mit guter, reiner Luft. „Herrsching war ein Ort mit neunundsiebzig selbständigen Bauern, von denen nur wenige Pferde besaßen; die große Mehrzahl benutzte ihre Milchkühe als Zugtiere. Dicht am See hatten wohlhabende Münchner Bürger ihre Sommerhäuser, deren Fensterläden jetzt fest verschlossen waren. Man behauptete, daß sich gegenüber, auf der anderen Seite des Sees, noch ein Trupp Spartakisten aufhielt, und deshalb gingen die Bauern stets bewaffnet.

    Jede geschilderte Einzelheit seiner Begegnungen und Erfahrungen entsprichen der Wahrheit. So ist überliefert, dass der Schriftsteller im März 1920 Zenzl Mühsam begegnet ist, der Ehefrau des inhaftierten Anarchisten Erich Mühsam. Sie berichtet ihm in einem Brief von dieser Begegnung. Im Roman liest es sich so: „Drüben in der Saaltür stand im roten Pullover Bayerns meistgehaßte Frau, Erich Mühsams Frau Zenzl, und winkte ihm sorglos mit beiden Armen zu!"

    Die vorliegende Anthologie vereinigt rund 50 Autorinnen und Autoren: Schriftsteller – viele von ihnen längst vergessen –, Maler, Politiker, Wissenschaftler, Komponisten, Heimatforscher oder Geistliche. Sie alle zeichnen ein unterhaltsames und informatives Bild vom Leben und der Kultur dieses Landstriches über die Jahrhunderte hinweg.

    ANONYM Der Ammersee und seine gesammte Umgebung

    Zwischen den letzten Ausläufern unseres Alpenlandes finden wir ein Silberbecken eingeschaltet, entrückt dem ungesunden aufreibenden Treiben der modernen Welt, und wer erholungsbedürftig ist und am unentweihten Busen der Natur wirkliche Erquickung sucht, der komme an die Ufer dieses ländlichen und stillen Gewässers. Nadel- und Laubholzwaldungen umsäumen die Ufer, zwischen denen bescheiden die Hütten der Gestadebewohner hervorlugen und der Landschaft so recht den Charakter des Idillischen verleihen. Wahrlich, man fühlt die schwermütige, träumerische Ruhe des See’s auch in sich einziehen, wenn man in dem Nachen nachlässig, befangen von den nahezu philosophischen Reizen, hinausrudert und das unendliche Blau und die alten Burgen auf bewaldeten Höhen und sonniglachenden Hängen und Gefilden in dem Spiegel so zitternd und duftig wiedergegeben sind.

    Geschichtlich interessante Erinnerungen erwecken in uns die Thürme der ehemaligen Dynastenburgen und späteren Klöster Diessen und Andechs, die Schlösser der Gebieter von Seefeld und Greifenberg, die zertrümmerte Römerveste Pähl, die Ausgrabungen bei Fischen und die Grabstätten unbekannter Generationen, wahrscheinlich die letzten Ueberbleibsel römischer Herrschaft. Unvergleichlich ist das Panorama von der Höhe von Diessen über den Ammersee weg auf den Pilsensee und das Schloß Seefeld mit seinen Zinnen und Erkern oder das liebliche Bild der Aussicht von Schloß Ried.

    Das Klima ist durchgehends sehr gesund und an den gegen Wind geschützten Hängen besonders mild. Greifenberg und Diessen werden deshalb sehr zum Aufenthalte für Brustleidende empfohlen, um in den stärkenden weichen Wellen ihre Genesung zu finden.

    Von der Kreuzspitze, im Rücken des Berges Kosel bei Ettal, herab fallen die Quellbäche der Ammer, wie sie bis zum Einfluße in den See heißt. Der Ammersee, dessen Fluthen außer ihr 45 größere und kleinere Bäche schwellen und den sie als „Amper" bei Stegen verläßt, hat einen Umfang von 40 Km, eine Länge von 16,50 km, eine größte Breite (zwischen Rieden und Herrsching) von 5,8 km und mißt in der größten Tiefe im sogenannten Herrschingerwinkel 90 m.

    Unter den Schwimmvögeln, welche die Wasser des See’s beleben, sind am zahlreichsten die verschiedenen Arten von Tauchern und Enten. Häufig sind gleichfalls die Lachmöven, doch brüten sie nicht hier, sondern am Pilsen- und Wörthsee. Sie sind allen Münchnern wohlbekannt; denn im Frühlinge fliegen sie in großen Schaaren an den Schwabinger Bach im englischen Garten und verweilen dort den Tag über, um Abends wieder an ihre heimatlichen See’n zurückzukehren. Säger und Schneegänse erscheinen im Spätherbst und Winter, selbst Singschwäne stellen sich hie und da ein.

    Von den Fischen sei zuerst der Amaul genannt, weil die Feinschmecker ihm am meisten schätzen, außerdem enthält der See noch Bürschling, Karpfen, Schleihen, Brachsen, Seerießling, Schied, Schwarznörfling, Perlfisch, Forellen, Huchen, Renken, Hecht, Rutten und Waller. Sehr beliebt sind die „Kilche" d.i. Bodenrenken in geräuchertem Zustande. Hiebei wollen wir der Thatsache nicht vergessen, daß eine sehr große Zahl von Fischen aller Art aus dem Ammer- an den Würmsee gebracht wird, um von den Ausflüglern als leckerer, den dortigen Fluthen entstammender Bissen verspeist und gepriesen zu werden.

    Das Recht des Vogelfangs, der Fischerei und der Lohnschiffahrt steht den Fischern nach dem Gesetze vom Jahre 1841 zu. Alter Brauch und Sitte hat sich vielfach bis auf unsere Tage erhalten und wenn wir auch nicht mehr unsere heidnischen Ahnen in den Wäldern vor ihren Götzenfeuern finden, so treffen wir doch noch die feierlichen Bittgänge der Landleute und die Festgebräuche des Allerseelen- und Leonharditages. –

    Prachtvolle Wälder zierten und bekränzten vor Zeiten den See ringsum. Die Eiche war früher der verbreitetste Baum; die Fischer zimmerten aus ihren Stämmen ihre Kähne, „Einbäume", von denen nur einer noch im Schlamme des See’s seiner bald kommenden Feuerbestattung harrt.

    Wir besteigen also in Diessen den flinken Dampfer „Marie oder den größeren „Maximilian. Beide sind, wie auch der auf der Amper verkehrende, Halbsalons und allem Comfort der Neuzeit entsprechend eingerichtet. Von Diessen aus fahren wir in 25 Minuten quer durch den See der Station Mühlfeld oder Hersching zu. Auf der Fahrt betrachten wir uns noch einmal das obere Westufer: Majestätisch liegt der Markt Diessen vor unseren Augen, stufenmäßig ansteigend und gekrönt von der alles überragenden Pfarrkirche. Im Süden erblicken wir noch einmal das Hochschloß Pähl, das wie ein herrschender Fürst vom Throne auf seine Umgebung herabschaut. Vom linken Ufer des Sees winken uns noch die Orte St. Alban, Rieden und Holzhausen ein „Behüt dich Gott!" zu. Und fort geht es, rastlos arbeitet die Dampfmaschine in ihrem dumpfen Raume weiter und Woge auf Woge schwindet an uns vorüber. Wir passiren die Stationen Ried und Breitbrunn am Ost- und Utting und Schondorf am Westufer, bis wir nach einer schönen 1 ½ stündigen Fahrt an unsere Schlußstation Stegen anlangen. Noch einmal nehmen wir Platz unter den schattenspendenden Bäumen der Brauerei, woselbst wir schon bei unserer Rundtour Rast hielten, und betrachten das vor uns im Scheine der Morgensonne lieblich ausgebreitete Wasserbecken.

    Nachdem wir uns hier an dem guten Stoffe des Herrn Schreiegg gelabt, nehmen wir Platz in dem schönen Flußdampfer „Maria Theresia" und in interessanter Fahrt geht es duch zahlreiche Krümmungen der Amper entlang nach Grafrath. Wir sind dem Ziele unserer Heimreise näher gerückt und an dem Orte angelangt, von wo uns das eiserne Dampfroß der Hauptstadt wieder zuführt.

    ANONYM Das Silberbecken des Ammersees

    Der Reisende, welcher von München aus mit dem Lindauer Zuge der lockenden Schweizer Alpenwelt zueilt, erblickt zwischen den Stationen Grafrath und Türkenfeld vom hohen Bahndamm herab tief unten das Silberbecken des Ammersee’s, im Hintergrunde überragt von der blauen Kette des Hochgebirges. Ueberraschung fesselt das Auge ob des lieblichen Reizes der Landschaft.

    In geringer Zahl nur schaukeln sich auf ihm Einbäume und Fischernachen, nur einzelne Landhäuser blinken an den lachenden Ufern. Aber gerade die tiefe, nahezu schwermütige Ruhe des weiten Gewässers, blos unterbrochen durch den vom fernen Lechfeld dumpf herüberhallenden Donner der Geschütze trägt einen eigenthümlichen, ich möchte fast sagen philosophischen, Reiz in sich, und von den Höhen herab ragen als Wahrzeichen uralter geschichtlicher Erinnerungen die Thürme der ehemaligen Dynastenburgen und späteren Klöster Diessen und Andechs, die Schlösser der Gebieter von Seefeld und Greifenberg, die zertrümmerte Römerfeste Pähl;

    Während das strahlende Geschmeide zahlloser Villen und ganzer Parks dessen Gelände umsäumt und lustig bewimpelte Kähne und qualmende Boote seine Wogen durchfurchen, liegt der weite Spiegel des Ammersees nahezu einsam, in geringer Zahl nur schaukeln sich auf ihm Einbäume und Fischernachen, nur einzelne Landhäuser blühen an lachenden Ufern. Comfort und Luxus wie dort drüben [gemeint ist der Starnberger See], ist hier allerdings nicht zu finden, dafür aber entschädigt eine größere Ursprünglichkeit und Keuschheit der Natur, und keine befrackten Kellner präsentieren geschraubte Rechnungen.

    ANONYM Ausflug nach dem Ammersee

    Einer der schönsten Seen – mit herrlicher Fernsicht auf die Alpen – ist 16 Kilometer lang, 5,6 Kilometer breit, bedeckt eine Fläche von 4700 Hectaren bei 39 Kilometer Umfang und wird von München in 1 ½ Stunden Fahrtzeit erreicht. Befahren wird derselbe von mehreren Dampfbooten, von welchen das größte, neugebaute bis 500 Personen aufnehmen kann. Die nächstgelegene Eisenbahnstation: Grafrath der Linie München-Lindau wird von München in einer Stunde erreicht. Die Verbindung zwischen Grafrath und den Dampfschiffen des Ammersees vermitteln Flußdampfer in ca. halbstündiger Fahrt auf der Amper. – Zwischen der Bahn- und Flußstation Grafrath verkehrt ein Omnibus (à Person 25 Pf). Retourbillete haben 10 Tage Gültigkeit, wenn die Endstationen über 9 Kilometer entfernt sind. Eisenbahnretourbillete München-Grafrath gelten auch über Possenhofen zurück und umgekehrt. Ebenso berechtigen Retourbillete München-Feldafing und München-Wilzhofen zur Rückfahrt über Grafrath. – Weiters können Retourbillete München-Starnberg – wenn auf Station Grafrath der nötige Vermerk eingeholt wird – ab Bruck zur Rückfahrt benützt werden. Markt Diessen; Pähl mit Hochschloß; von Mühlfeld aus: Heiliger Berg Andechs; von Hersching aus: durchs romantische Kienthal zum heil. Berg Andechs und nach Seefeld am Pilsensee; von Utting aus: Landesgestüt Achselschwang; von Breitbrunn aus: nach Seefeld am Pilsensee und nach Schlagenhofen am Wörthsee; von Schondorf aus: Schloß und Bad Greifenberg; von Stegen aus: Walchstadt am Wörthsee. Gesellschaften von mindestens 50 Personen wird, wenn 3 Tage früher bei der Verwaltung angemeldet, freie Rückfahrt gewährt. – Billete sind außer auf den Schiffen auch in München am Centralbahnhofe (Route Lindau) zu haben. – Billette II. Classe haben, wenn die Benutzung der Schleppkähne auf der Amper erforderlich, nur auf diesen Gültigkeit und ist für die Fahrten auf den Amperdampfbooten der Preis für I. Classe zu bezahlen. – Kinder unter 60 Centimeter Höhe, Handgepäck bis 10 Kilogramm und Schooßhunde sind frei, sofern für dieselben ein besonderer Platz nicht beansprucht wird. Kinder bis 130 Zentimeter Höhe bezahlen die Hälfte des betreffenden Platzes. Für Hunde ist halbe Personentaxe zu zahlen. Die Dampfschiffahrt übernimmt keine Haftung für das von den Passagieren mitgeführte Gepäck. Für Gepäckstücke von 10 – 15 Kilogramm sind fü die erste Station 20 Pf und für jede weitere 10 Pf. zu zahlen. Gepäckbeförderung ohne Begleitung kann nicht übernommen werden.

    LUDWIG AURBACHER Aurbachers Jugenderinnerungen

    Unser Musiklehrer war ein grämlicher Mann, der nicht Geduld genug besaß, in den allerdings langweiligen Anfängen dieser Kunst Unterricht zu erteilen. Indessen bin ich dem Manne Dank schuldig; denn er dressierte mich doch in kurzer Zeit so weit, daß er mich nach Jahr und Tag als Singknabe nach Kloster Dießen empfehlen und dort unterbringen konnte (1793).

    Nun hielten mich meine guten Eltern für versorgt, oder doch auf rechtem Wege, dereinst versorgt zu werden. Denn die Klöster waren allerdings liebvolle Mütter und Ammen der Jugend; und der Knabe, der einmal das Glück hatte, unter ihre Pflege und Obsorge genommen zu werden, bedurfte von Haus aus keiner Unterstützung mehr; und selbst seine Zukunft war bei der großen Verbrüderung der Stifter in sichere Aussicht gestellt.

    Es bedurfte jedoch all der ärmlichen, genügsamen Erziehung, die ich genossen, um es in diesem neuen Zustande auszuhalten. Wir Dutzend Knaben bewohnten ein einziges Zimmer, zu ebener Erde, gegen Norden gelegen, stark vergittert wie ein Gefängnis, wo wir zugleich essen, schlafen und studieren mußten. Da saßen wir denn eingepfercht die ganze lange Zeit, ohne andere Beschäftigung als die wenigen Aufgaben, die zu machen waren. Denn der alte Herr, dessen Lehre und Aufsicht wir anvertraut waren, ließ sich selten sehen, als um uns Singknaben die Messe einzugeigen, die eben an der Tagesordnung war. Die schriftlichen Pensa(1) sah er flüchtig durch und bemerkte die Fehler, worauf sodann die seltsame Exekution eintrat, daß wir einander selbst der Reihe nach so viel Streiche ad posteriora(2) versetzten als der Folgende an Fehlern mehr hatte. Daß diese gegenseitige Züchtigung nun eine ungeheure Animosität unter uns verursachte, war natürlich, und der Stärkere holte denn auch meistens am Schwächeren proprio motu(3) die Streiche nach, die jener ihm ex officio(4) mehr zugeteilt hatte.

    In der bessern Jahreszeit war es uns öfter vergönnt, unsern düstern Vogelbauer zu verlassen und teils in dem geräumigen Hofe zu spielen oder in der Umgegend umherzuschweifen. Noch erinnere ich mich mit Freuden dieser Spaziergänge, auf denen uns, wenn’s die Zeit zuließ, der verehrte Lehrer begleitete. Er erzählte uns mitunter von den ungeheuren Begebenheiten in dem fernen Frankreich und von dem schauderhaften Königsmorde(5), den die wütende Horde verübt, und ermangelte nicht, das Land zu preisen, wo noch Gottesfurcht galt und die Liebe herrschte zum Landesvater. Auch für die körperliche Erquickung ward gesorgt in dem nahen Meierhofe(6), wo Milch und Butter zu speisen waren oder in den Dörfern, da manche gutmütige Bäuerin uns einen Kirsch- oder Zwetschgenbaum preisgab und wir wie Spatzen zwischen den Aesten saßen, um nach Herzenslust zu naschen.

    Die wahre Erntezeit für uns war aber der Christmonat(7). Außer dem St.Nikolaustag, der uns aus der Propstei Schuhe, Strümpfe nebst anderen Wohltaten zukommen ließ, wurden wir zu einer kleinen Musikantenbande abgerichtet, die in den Klöpflesnächten(8) zuerst das ganze Konvent, dann die Pfarre zu St. Georgen und zuletzt den Marktflecken selbst von Haus zu Haus abstappelte(9) und so das freiwillige Deputat(10) für unsere Dienste in den Kirchen bei den Gläubigen einholten. Obgleich dann die Beiträge spärlich flossen bei der Dürftigkeit der meisten Bewohner, so wartete unser doch mancher gute Bissen in den vermöglichern Häusern und auch die Kasse füllte sich dermaßen, daß wir nicht nur am letzten Tage eine köstliche Letze in einem Wirtshause bestreiten, sondern auch ein für unsere Bedürfnisse hinreichendes Taschengeld hinterlegen konnten.

    Die Klostergemeinde [überhaupt] stellte das Bild einer exemplarischen Familie dar, in welcher, Zucht, Ordnung und Frömmigkeit herrschten. Der prächtige Tempel, der tägliche feierliche Gottesdienst, besonders auch der Chorgesang der Männer machten großen Eindruck auf mich und drängten das ärmliche Bild des Kapuzinerklösterchens zurück, das nun schon außer dem Bereiche meiner Wünsche und Pläne lag. Der Knabe betrachtete sich gern als einen künftigen Chorherrn und es ward ihm auch nicht undeutlich zu erkennen gegeben, daß im Falle meines Wohlverhaltens Aussicht zu dereinstiger Aufnahme vorhanden sei.

    Nach Verlauf von drei Jahren wurde ich als Singknabe entlassen und nach München ins Seminarium empfohlen.

    LUDWIG AURBACHER Mein Ausflug nach dem Ammer-See und seinen Umgebungen

    Anfang des ersten Briefes

    Fahren kann jeder, (dachte ich mir, als ich zur Stadt hinaus eilte,) aber nicht jeder kann gehen. Zu jenem bedarf es höchstens einer Equipage, und diese kann sich nöthigen Falls auch der Bauer – aus seinem Holzwagen machen; aber zum Gehen braucht man gute Füße, und diese wunschet sich oft ein König vergebens. Daher glaube ich, daß das Sprichwort „bettelmännisch gefahren sey besser als edelmännisch gegangen" von einem

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