Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach: Bootsnann Kurt Krüger erinnert
Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach: Bootsnann Kurt Krüger erinnert
Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach: Bootsnann Kurt Krüger erinnert
eBook320 Seiten3 Stunden

Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach: Bootsnann Kurt Krüger erinnert

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Jahrzehntelang waren die traumatischen Kriegserlebnisse verdrängt, bis ihm die Begegnung mit dem Dampfeisbrecher "STETTIN" alles wieder in Erinnerung ruft. Die Sinnlosigkeit des totalen Krieges wird in den Lebenserinnerungen des späteren Bootsmanns Kurt Krüger deutlich. Der aus Ostpreußen stammende Kurt lernt auf Dampfern der DDG Hansa als Schiffsjunge bei teilweise sehr riskanten Fahrten auf der Ostsee und nach Norwegen die Seefahrt unter Kriegsbedingungen kennen. Später wird er von Bordeaux aus in der Biscaya bei Fahrten nach Spanien eingesetzt. Das Kriegsende erlebt er als Marineinfanterist und gerät an der Westfront in Gefangenschaft. Nach dem Kriege fährt Kurt Krüger ab 1951 wieder bei der DDG Hansa – Bremen als Matrose, zunächst nach Rotsee und in den Persischen Golf, später als Bootsmann bei der Deutschen Levante Linie ins Mittelmeer und in der Kleinen Fahrt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Apr. 2014
ISBN9783847683087
Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach: Bootsnann Kurt Krüger erinnert

Ähnlich wie Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach

Ähnliche E-Books

Geschichte für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Seemannsschicksal im 2. Weltkrieg – und danach - Kurt Krüger - Herausgeber Jürgen Ruszkowski

    Vorwort des Herausgebers

    Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuße der Hamburger Michaeliskirche, ein Hotel für Fahrensleute mit zeitweilig 140 Betten. In dieser Arbeit lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.

    Im Februar 1992 kam mir der Gedanke, meine Erlebnisse bei der Begegnung mit den Seeleuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzutragen, dem ersten Band meiner gelben Reihe „Zeitzeugen des Alltags":

    Seemannsschicksale.

    Insgesamt brachte ich bisher über 3.500 Exemplare davon an maritim interessierte Leser und erhielt etliche Zuschriften als Reaktionen zu meinem Buch.

    Ein Schifffahrtsjournalist urteilt über Band 1: „...heute kam Ihr Buch per Post an - und ich habe es gleich in einem Rutsch komplett durchgelesen. Einfach toll! In der Sprache des Seemannes, abenteuerlich und engagiert. Storys von der Backschaftskiste und voll von Lebenslust, Leid und Tragik. Dieses Buch sollte man den Politikern und Reedern um die Ohren klatschen. Menschenschicksale voll von Hochs und Tiefs. Ich hoffe, dass das Buch eine große Verbreitung findet und mit Vorurteilen aufräumt. Da ich in der Schifffahrtsjournalistikbranche ganz gut engagiert bin, ...werde ich gerne dazu beitragen, dass Ihr Buch eine große Verbreitung findet... Ich bestelle hiermit noch fünf weitere Exemplare... Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem Buch, - das wirklich Seinesgleichen sucht..."

    Diese Rezension erfreute mich: Ich bin immer wieder begeistert von der „Gelben Buchreihe". Die Bände reißen einen einfach mit und vermitteln einem das Gefühl, mitten in den Besatzungen der Schiffe zu sein. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. Danke Herr Ruszkowski.

    Die Reaktionen auf den ersten Band und die Nachfrage ermutigen mich, in weiteren Bänden noch mehr Menschen vorzustellen, die einige Wochen, Jahre oder ihr ganzes Leben der Seefahrt verschrieben haben.

    In diesem Band 20 können Sie wieder ein Seemannsschicksal kennen lernen. Der Bootsmann Kurt Krüger schildert detailliert und interessant seinen beruflichen Werdegang vom Moses zum Matrosen im 2. Weltkrieg mit lebensgefährlichen Einsätzen auf Fahrten auf der Ostsee, nach Norwegen und in der Biskaya, von seinem Militärdienst am Ende des Krieges in der Eifel, der Zeit seiner Gefangenschaft und den Neubeginn in der Nachkriegsseefahrt bei der „DDG Hansa" in Bremen in der großen und später an Bord verschiedener Schiffe als Schlüsselmatrose und Bootsmann in der mittleren und kleinen Fahrt.

    Hamburg, im Dezember 2004 / 2014 Jürgen Ruszkowski

    Prolog

    Im Jahre 1989 ging ich in den Ruhestand. Während meiner ganzen Berufsjahre hatte ich nicht einmal eine Erinnerung an die schrecklichen Kriegserlebnisse, auch kein Traum brachte die Bilder wieder hoch. Meine Seele hatte alles total verdrängt!

    Dann sehe ich 1991 in Travemünde den Eisbrecher „STETTIN" als Museumsschiff. Sofort werden alte Erinnerungen wach: Wir hängen 1941 havariert im Eis fest, da kommt die Rettung durch diesen Eisbrecher! Er holt uns aus dem Eis heraus und bringt uns auch sicher in den Stettiner Hafen.

    Ich bin gleich in den Förderverein: „Dampfeisbrecher Stettin e. V. eingetreten. Der Dampfer bietet im Sommer Fahrten an: „Kieler Woche, Flensburg, Rostock usw. So habe ich mich an Bord zunächst als Bootsmann engagiert, jetzt aber nur noch als Matrose, da ich die Verantwortung für Besatzung, Fahrgäste und letztendlich auch für das Schiff in meinem Alter nicht mehr übernehmen kann.

    Es ist fast unglaublich: Gott sei Dank war es mir möglich, diese ganzen Ereignisse der Kriegszeit über zig Jahre zu verdrängen. Es hat mich auch nicht belastet oder bedrückt. Mit der inneren Ruhe war es aber seit der Begegnung mit dem Eisbrecher STETTIN vorbei – ich hatte Horrorträume: Wie ein Film liefen oft die Bilder der Kriegstage und Gefangenschaft vor meinem inneren Auge ab. Ich war völlig aufgewühlt! Nachdem ich mal mit Kollegen meines Alters über diese Sache geredete hatte, sagten diese, dass es ihnen genauso gehe. Jemand meinte dann zu mir: „Schreibe doch mal alles auf! Dann kann das alles aus dem Kopf heraus, und Du findest womöglich wieder Frieden!" Genauso habe ich es auch gemacht – und es ist, obwohl ich immer alle Daten notiert habe, auch als es verboten war, eine schwere, aber wie ich glaube, gelungene Arbeit geworden, diese Ereignisse und Daten wieder zusammen zu bringen.

    Dadurch, dass ich jetzt alles aufschrieb, ist es abgehakt und kann aus meinem Gedächtnis verschwinden. Es ist jetzt eine abgeschlossene Sache! Ja, die Daten? Ich bin ein Mensch, der alles notiert, auch als es verboten war. Ich habe einen Kalender von 1945 und ein kleines Notizbuch, darin sind auch die ersten Englisch-Lernstunden, sowie einen Bleistiftstummel von 5 cm Länge in die Gefangenschaft retten können. Das war in meiner rechten Tasche, die linke hatten sie mir ja abgerissen. Diese Sachen besitze ich heute noch. So war es ein Leichtes, alle richtigen Daten anzugeben. Ja so einfach ist es, man muss nur früh damit anfangen.

    Das war also der Anlass, meine traumatischen Erlebnisse der Jugend aufzuschreiben. Die Zeitzeugen sterben langsam aus. Daher möchte ich die Nachfolgegenerationen darüber informieren, was damals möglich war und heute kaum noch vorstellbar ist.

    Es wird ja in der von Herrn Reemstma organisierten Wehrmachts-Ausstellung behauptet, wir wären als deutsche Soldaten nur plündernd, mordend, vergewaltigend durch die Gegend gezogen. Die Tatsachen meines Lebens: Vom 25. April 1941 bis zum 22. November 1946 stand ich unter militärischen Gesetzen: Anordnungen, Befehle, Gehorsam. Wir hatten uns immer ordentlich zu benehmen. Das hieß, höflich, aber korrekt alle Anweisungen aus zuführen. Im Ausland hatten wir freie Fahrten und kostenlosen Kinobesuch. Für Diebstahl gab es harte Strafen bis hin zum Straflager. Für Plünderungen drohten Todesstrafe oder Straflager. Solche Ausschreitungen sind bei uns nie vorgekommen. Auf Feigheit vor dem Feind stand die Todesstrafe. Für Fahnenflucht gab es Todesstrafe oder Straflager. Fahnenflucht ist bei uns zweimal geschehen: Bei der Seefahrt kehrte im April 1942 in Bergen ein Heizer vom Landgang nicht zurück. Er hatte einen riesigen Dödel und fand daher keine Frau, die bei ihm blieb. Da hatte er in Bergen die richtige gefunden, was er uns Tage vorher erzählt hatte. Dann ist er mit ihr nach Schweden desertiert und wurde nicht gefasst! - Fall Nr. 2: Ein Kamerad ist während eines Spähtrupps zu den Amerikanern übergelaufen, was einem anderen Kameraden das Leben kostete. Auf der einen Seite konnte ich ihn verstehen. Er war Elsässer, und am 12. Februar 1945 waren wir auf dem Rückzug. Es war immer meine größte Angst, wenn wir sie erwischt hätte, müssten wir sie selber erschießen. Das ist mir zum Glück erspart geblieben.

    Wir übten immer Fairness gegenüber Gefangenen, sie wurden korrekt nach Waffen untersuchen, privates Eigentum durfte nicht abgenommen werden. Ich erlebte circa 250 Gefangennahmen indirekt, 12 direkt von Angesicht zu Angesicht. Bei meiner eigenen Gefangennahme dachte ich: Bist du jetzt auf einem anderen Stern? Bespucken, Arschtritte, Uhr weg, Abzeichen abreißen, Scheinhinrichtung, drei Tage ohne Verpflegung und ohne Trinken, alles in den Dreck treten. So etwas hatte es bei uns nie gegeben.

    Bei Durchsuchungen von Wohnungen durften wir keine Unordnung machen. Wenn wir verlassene Wohnungen fanden, haben wir mal in den Betten geschlafen, diese aber dann ordentlich verlassen. Ich war in einer Sturm-Kompanie das heißt, immer als einer der Ersten am Gegner. So weiß ich was ich schreibe, was woanders geschah, kann ich nicht wissen. Von Vergewaltigungen habe ich nie etwas gehört. In meiner Dienstzeit war ich in folgenden Ländern: Finnland, Schweden, Norwegen, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Spanien. Überall war es möglich, in Freundschaft Frauen kennen zu lernen.

    Unser Hauptmann Zirkel war streng aber gerecht. Ich hätte noch 3 Tage Bau abzusitzen. Meine Tat: Ich hatte mich wegen Übermüdung auf einen Munitions-Karren gelegt.

    Warum ich das noch alles aufschreibe? Es geschieht auch aus ganz großer Dankbarkeit und im Gedenken an alle lieben, hilfsbereiten Menschen. Wenn man diese furchtbaren Zeiten nur mit „Gottes Hilfe" überstanden hat, ist man froh und glücklich!

    Alle Schilderungen sind hautnah und selbst erlebt, keine „Zweite-Hand-Geschichten oder vom „Hörensagen! Ich hoffe, dass meine Geschichte etwas gegen das „Vergessen bewirkt und der jüngeren Generation eine Einsicht in die Situation der Kriegs- und Nachkriegsgeneration gibt. Es gab während meiner Arbeit an diesem Bericht viele Versprechungen, mir zu helfen und diese Erinnerungen weiter zu vermitteln, aber leider dachten die meisten dabei nur an ihren Verdienst und so sagte ich: „Nein, Danke! Mein großer und herzlicher Dank gilt aber all den aufrichtigen Helfern! Vor allem danke ich meiner lieben Betty, denn sie hat mich in den schwierigen Jahren nach dem Kriege moralisch und körperlich immer wieder total aufgerichtet. Sie hat immer eisern zu mir gehalten.

    Kurt Krüger

    Die Wurzeln – Kindheit

    Eine kleine Stadt in Polen, Isabelav, war die Geburtsstadt meines Vaters. Die Hälfte der Einwohner waren Deutsche, ein Viertel Juden und der Rest Polen. Das Gebiet gehörte damals zu Russland. Fast alle Bewohner waren Weber, Heimweber, in jedem Haushalt gab es zwei bis drei Webstühle, jedes Kind musste von klein an mitarbeiten, Schulpflicht gab es nicht.

    Mein Großvater, Gustav Krüger, geboren am 15. Januar 1863 war der Patriarch. Er besaß eine höhere Schulbildung. So wurden die Kinder nach der Arbeit unterrichtet. Mein Vater, geboren am 8. März 1895, hatte dadurch ein gutes Allgemeinwissen erlangt. Als Hauptlesestoff galt die Bibel, so waren alle sehr religiös eingestellt.

    Großmutter

    Muter und Schwester

    1915 wurde das Gebiet von Deutschland besetzt, mein Vater siedelte nach Schlesien um, um dort bessere Arbeit zu finden. Er landete auf einem Gut, war dort auch zufrieden und konnte sogar für den Unterhalt der Familie beitragen. Dann kam das Allerheiligen-Fest, die Gegend war rein katholisch und meine Leute waren Baptisten. Mein Vater sollte jetzt an dem Feiertag arbeiten und fragte warum? „Na Ihr habt doch keine Heiligen", war die Antwort. Das war für meinen Vater schon Grund genug, weiter zu ziehen. So landete er in Königsberg in Ostpreußen, da war eine Verteilungsstelle für Einwanderer, er wurde eingebürgert und kam nach Langheim auf ein großes Gut.

    Meine Mutter, Antonie Sameit, war am 2. Mai 1896 in Königsberg geboren. Dort hatte mein Vater sie kennen gelernt, am 8. November 1924 hatten sie in Königsberg geheiratet.

    In Langheim erhielten sie eine Wohnung und mein Vater eine Arbeit als Gespannführer, was auf dem Lande schon eine gehobene Stellung bedeutete. So waren sie gut versorgt: Die ganze Familie hatte sich in Langheim eingefunden, alle wurden auf dem Hof beschäftigt. Im Laufe der Zeit, entwickelte sich eine neue Technik: Der Dampfpflug wurde entwickelt. Auf jeder Seite vom Acker stand eine Dampfmaschine. Mit großen Seiltrommeln wurde ein gesteuerter Pflug mit sechs bis acht Scharren an Seilen gezogen. Einmal zog die eine Maschine, dann die andere, so wurde der Pflug über den Acker bewegt. Mein Vater war der Pfluglenker. Durch die gewaltige Kraft kam es vor, dass die Seile rissen.

    Vater mit Schwester

    Dann musste mein Vater diese spleißen, eine harte Arbeit bei Regen und schlechtem Wetter. Egal, das Pflügen musste weiter gehen. So blieb es nicht aus, dass im Laufe der Zeit die Knochen nicht mehr mitspielten. Am 26. Oktober 1925 wurde ich geboren. Die Knie meines Vaters wurden immer steifer, Gliedwasser in beiden Knien, er konnte sie nicht mehr biegen. So war er 1927 arbeitsunfähig und galt als Invalide. Wir mussten dann das Gut verlassen, Langheim hatte viele Außenstellen, die so genannten Vorwerke, denn die Felder waren riesig.

    Wir wurden nach Kätzels versetzt, fünf Kilometer von Langheim entfernt. Da gab es hauptsächlich Viehwirtschaft. Mein Vater wurde als Schäfer eingesetzt.

    So hatte auch ich später das Vergnügen, nach der Schule als Schäfer tätig zu sein. Es waren auch schöne Stunden, mit dem Hund über die Felder zu toben oder in der Sonne zu liegen, aber woanders zu spielen war nicht drin. Am 27. August 1930 wurde meine Schwester Erika geboren. Dann ging es am 27. Juni 1934 mit meinem Bruder Herbert weiter. Am 24. September 1938 kam meine Schwester Elfriede zur Welt; damit war unsere Familie komplett!

    Auf dem Hof waren wir zwölf Mädchen und drei Jungen, das war eine lustige Gesellschaft, da war immer was los! Ich wurde oft verhauen, wenn ich mal ein Bisschen neugierig war.

    Im Sommer 1938 machten wir einen Schulausflug nach Pillau; das war eine Aufregung! Da lag sie, die „GORCH FOCK (die spätere russische „TOWARISCHTSCH, die jetzt wieder als GORCH FOCK in Stralsund liegt). Wir durften zur Besichtigung an Bord. Das war ein schönes Erlebnis, und alles hat mich angesprochen.

    1939 erkrankte unsere Mutter an Unterleibskrebs. Im Krankenhaus in Königsberg hatte man sie wieder ganz gut hergestellt. Bei einer Nachtherapie hatte man ihr die Blase verbrannt. Sie hatte jetzt eine künstliche Blase erhalten, es ging ihr damit auch ganz gut, nur schwere Arbeit durfte sie nicht machen, aber den Haushalt hat sie voll erledigen können.

    Nach der Schulentlassung durfte ich zu Hause bleiben, um mein Pflichtjahr zu machen. Zu damaliger Zeit hatte jeder Junge oder jedes Mädchen ein Pflichtjahr abzuleisten. Wir hatten etliches Viehzeug: Kuh, Gänse, Hühner und Schweine, so konnte unsere Mutter eine Hilfe beanspruchen. Es war im Jahr 1940 meine Aufgabe, das Vieh zu versorgen und noch auf dem Gut helfen.

    Nach diesem Pflichtjahr wollte ich eine Lehre beginnen, wollte Schmied werden. Nach der Schule habe ich oft bei unserem Dorfschmied zugesehen und geholfen. Dann hat der aber doch einen anderen als Lehrling eingestellt.

    Bei uns im Dorf war eine Windmühle. Der junge Müller hatte in den ersten Kriegstagen einen Arm verloren. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte Müller zu lernen. Ich wollte es mir mal ansehen. So bin ich am Abend in die Mühle gegangen und habe da halbe Nächte gemahlen, denn wenn Wind war, arbeitete man bei Tag und Nacht. Es machte mir Spaß, aber es war auch etwas unheimlich: Alles ratterte und bewegte sich. Ich wollte es probieren.

    Vor dem Ausbildungsvertrag musste ich zur Berufsberatung nach Bischofstein. Ich bin jedoch nicht hineingegangen. Habe gewartet, bis man zu mir kam. Ja, Müller könne ich lernen, aber warum ich denn nicht zur Seefahrt wolle? Na, das war doch das, was ich schon immer wollte! Ich habe mir gleich die Anschrift geben lassen: Zentralstelle für Vorausbildung und Berufslehre in der Seeschifffahrt, Hamburg-Altona, Palmaille 45. Das war für mich einen Luftsprung wert!

    Ich habe die Unterlagen angefordert und prompt erhalten. Die Einwilligung der Eltern war bei Minderjährigen erforderlich. Das war jedoch für meinen Vater mehr als ein rotes Tuch. Da half kein Bitten und Betteln, auch die Fürsprache meiner Mutter ging an taube Ohren.

    Ich habe aber nicht locker gelassen. Jetzt hatte ich ihn soweit, dass er sagte: „Solange wir niemanden haben, der die Kuh melken kann, ist es kein Thema. Ich jetzt mit aller List meine Schwester, zehn Jahre alt, scharf gemacht: „Ätsch, kannst keine Kuh melken, traust dich ja nicht mal ran. – „Was?, sagt sie, „ich kann das! So ging es heimlich tagelang. Sie hat zu melken angefangen, ich sie mit Argusaugen beobachtet und nachgemolken. Tatsächlich, nach etlicher Zeit bekam sie die Kuh trocken. Ich hatte in der Zwischenzeit alle ärztlichen Untersuchungen machen lassen. Dann bin ich vor meinen Vater getreten: „So, hier ist die Melkerin! Da war er platt, hat sich überzeugt, ob es auch wahr ist. Sie schaffte es aber nicht, den vollen Eimer Milch zu tragen. Da sagte meine Mutter zum Vater: „Du kannst doch den Eimer heim tragen, auch wenn es langsam geht. Ihm platzte der Kragen. Zu meiner Mutter: „Du bist Schuld, wenn was passiert! Spät in der Nacht hat er dann unterschrieben.

    Seefahrt in Kriegszeiten

    Schiffsjungenschule Ziegenort

    Überraschend kam dann der Bescheid: „Am 21.02.1941 haben Sie sich in der Schiffsjungenschule Stettin in Ziegenort einzufinden! Bett-, Schuhputzzeug und Kleiderbürste sind mitzubringen."

    Schiffsjungenschule Stettin in Ziegenort am Oderhaff

    Ich war so pünktlich, dass ich schon am Sonnabend, dem 19.02.1941, da war. Das war ein großer Fehler. Sonntagmorgen um 6:00 Uhr ging’s schon raus. Wir waren zu zweit. Bootsmann Hespe, unser Ausbilder, nahm uns im Sinne des Wortes „an den Ohren" in den Ausbildungskeller: Knoten lernen.

    Ich hatte davon bislang keine Ahnung. Aber nach sehr handlicher Unterweisung waren wir abends um 18:00 Uhr perfekt. Im Laufe des Montags kamen die anderen zwanzig Jungs (die Schlauen). Aber unser Hespe hat sie gleich rangenommen: „Hier sind zwei Hilfsausbilder, die zeigen euch alles." Basta! Jetzt saßen wir da. Wehe, wir machten Fehler! Er spielte nur den Oberaufseher. Es war sehr hart. Pullen,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1