Erinnerungen: - wenn alles zerfällt, was Täuschung ist -
Von Sarah Preisler
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Über dieses E-Book
Alles beginnt mit einem Zettel, der nur Fragezeichen in Chris Kopf hinterlässt.
Ein Treffen steht bevor. Warum? Der junge Mann hat keine Ahnung. Selbst nicht, als er den Grund für das Zusammenfinden in den Händen hält. Erst, als sein Lebensretter und schnell Vertrauter Alex die Frage über Chris Identität ins Rollen bringt, beginnt die Suche nach der scheinbar verschwundenen Vergangenheit. Doch, kann Chris seinem Freund überhaupt trauen? Vielleicht lauert in ihm eines der Monster. Eben die, die der junge Mann verzweifelt versucht zu verscheuchen.
Kann er herausfinden, wer er ist und was das alles mit dem Namen Merlia Jäger zu tun hat?
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Buchvorschau
Erinnerungen - Sarah Preisler
Vorwort
Der Kampf um Verständnis erfolgt jeden Tag auf dieser Welt. So, wie der Kampf ums Überleben, ums Glücklich sein.
Doch den größten Kampf führt man mit sich selbst. Der innere Krieg zwischen Gut und Böse. Und das Beängstigende dabei: In jedem von uns steckt unser größter Albtraum.
Doch sollte es nicht Sinn sein, diese Angst vor sich selbst zu überwinden? Könnte man nicht friedlich leben, wenn man mit sich selbst im Reinen ist?
Ich würde sagen, es ist kompliziert.
Den eigentlich Sinn von allem, was wir glauben zu kennen, kennen wir genauso wenig, wie uns selbst. Es ist eine Tatsache, über die man nachdenken sollte.
Unser ganzes Wissen basiert auf Schätzungen und Überzeugungen. Und trotzdem wird von uns verlangt, dass Richtige zu machen. Wenn man sich diesen Aspekt durch den Kopf gehen lässt, dann ist das absurd.
Warum wird einem überhaupt vorgeschrieben, wer man sein soll? Damit man in diese Welt passt und keine Probleme bereitet? Oder, weil einige der Ansicht sind, dass wir nicht in der Lage dazu sind, über uns selbst zu entscheiden?
Man könnte sich stundenlang darüber den Kopf zerbrechen, wer man sein will und vor allem ist. Doch wird man das jemals zu 100% wissen können? Vielleicht ist das Leben eine Prüfung, ja. Aber vielleicht auch nicht. Eventuell ist es einmalig und wenn wir sterben, dann kommen wir nie wieder zurück. Zumindest nicht so, wie wir waren.
Doch ein Teil von jedem von uns wird immer da bleiben. Denn einfach weg, dass gibt es nicht.
Ich meine, wir leben auf einer schwebenden Kugel in einem Raum, der keine Grenzen hat. Vielleicht. Leben wir überhaupt, oder sind wir einfach nur billige Kopien, gar Experimente?
Wer weiß das schon.
Aber darum soll es hier nicht gehen. Hier geht es um einen Menschen, den ich glaube zu kennen, obwohl dies eigentlich gar nicht so ist. Ich habe bemerkt, dass es vielen schwer fällt Menschen zu verstehen, denen es nicht gut geht. Insbesondere die, die nie einen Verlust erfahren und eigentlich gar keinen Grund zum traurig und krank sein haben, werden oft in eine Ecke der staubigsten Schublade in ihren Kopf gedrängt.
Krankheiten sind in den meisten Augen schlecht, wenn nicht sogar ekelerregend oder abstoßend.
Es ist unfair zu sagen, dass geistige Krankheiten schlimmer sein sollen, als körperliche. Denn im Endeffekt stimmt das überhaupt nicht. Warum sollte nicht etwas komplett Unterschiedliches gleich schlecht sein? Warum wird in dieser Welt alles miteinander verglichen, was verglichen werden kann?
Es ist schade, dass es so sein muss. Das eine Person nie gut genug für andere sein kann. Aber für sich selbst schon. Doch was ist, wenn das nicht der Fall ist?
Ich nehme an, jeder von Ihnen weiß, dass es genau solche Menschen gibt. Menschen, die so hoffnungslos, traurig und leer sind, dass alles schlecht und negativ ist.
Ich werde hier ein wenig von diesen Menschen schreiben, denn ich möchte, dass jemand versucht, diese Menschen zu verstehen. Menschen, die den Glanz der Welt nicht sehen können oder wollen.
Ich widme dieses Buch einer ganz bestimmten und für mich sehr wichtigen Person, die mir in einer Zeit zugehört hat, in der ich dachte, alle wären taub.
Man sollte jedes Wort eines anderen mit Gefühl behandeln. Nur so kann man erfahren, wer diese Person eigentlich ist.
Prolog
Wer bist du?
Die Gedanken der hübschen Frau rasten, als sie aus dem Fenster in die Dunkelheit starrte.
Hätte sie nicht gewusst, dass da draußen jemand war, sie sogar beobachtete, dann hätte sie jetzt keine Angst.
Aber die Frau hatte Angst. Wer hätte die nicht, wenn man verfolgt wird?, dachte sie sarkastisch und hätte sie ihre Gedanken ausgesprochen, dann wäre man vor ihrer Hysterie zurückgeschreckt.
Als sie wieder konzentriert nach draußen in den Schatten des Waldes starrte, fing ihr Herz an noch mehr zu rasen.
Draußen vor ihrem Fenster stand eine Person, versteckt hinter den Bäumen, die im Schatten der Nacht wie bedrohliche Dämonen wirkten. Wenn sie die Augen verengte, konnte sie die Hand der Person sehen, die die scheinbar störenden Äste zur Seite drückte, um klare Sicht auf das Wohnzimmer der Frau zu garantieren.
Die Frau schluckte, als sie zum vierten Mal ihre Augen schloss und wieder öffnete. Es war keine Einbildung. Da stand jemand und dieser Jemand wusste, dass sie ihn sah.
Okay, gut. Alles gut. Beruhige dich, Merlia!, versuchte sie ihren Puls wieder auf Normalpegel zu bringen. Doch, wie sollte sie die Ruhe auch schon bewahren? Es war kurz nach Mitternacht und sie hatte sich nichts dabei gedacht an ihr Fenster zu treten, mit dem Ziel die Vorhänge zuzuziehen und dann nach einem anstrengenden Tag in ihr Bett zu schlüpfen. Wer würde damit rechnen eine Person zu entdecken, die sich keinen Hehl daraus machte gesehen zu werden und wahrscheinlich mit einem dreckigen Grinsen hinter dem nächsten Baum hockte und einen beobachtete, wie man in Panik ausbrach? Moment, ich breche nicht in Panik aus, stellte Merlia klar und straffte die Schultern.
Sie starrte der Silhouette in die für sie mordlustig aussehenden Augen, sammelte ihren ganzen Mut zusammen und reckte ihren Mittelfinger in die Höhe.
Danach zog sie die Vorhänge zusammen, wirbelte auf ihren hohen Schuhen herum und setzte sich auf die schicke, weiße Ledercouch, die sie sich nach monatelangem Sparen gekauft hatte.
Kopfschüttelnd seufzte sie und sah auf die halbleere Flasche Rotwein, die im Schein der Kerzen auf dem Tisch fast schwarz schimmerte.
„Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ich habe Halluzinationen, was bedeutet, dass ich meinen Alkoholkonsum unbedingt nach unten schrauben muss, oder da steht wirklich jemand. Jugendstreich halt.", versuchte sie sich selbst zu erklären, was da draußen geschehen war und tat das Thema mit einem wiederholten Kopfschütteln ab.
Merlia ließ ihren Kopf kreisen, lief zu ihrer Haustür und starrte durch den Spion nach draußen. Nichts. Sie atmete erleichtert aus und bemerkte erst jetzt, dass sie vor Anspannung die Luft angehalten hatte. Vielleicht war sie ja doch noch nicht ganz fertig mit den jüngsten Ereignissen.
Die Frau legte sich beruhigt in ihr Bett und schloss die Augen.
Hätte sie sich zur Seite gedreht, dann hätte sie bemerkt, dass sie ganz und gar nicht hätte beruhigt sein dürfen. Denn neben ihr stand die Person, die vorher noch vom Fenster aus zu sehen gewesen war.
Hätte sie noch einmal nach ihrem Hund im Garten gesehen, dann wäre ihr vor Entsetzen die Kinnlade nach unten gefallen. Shelton lag vor seiner Hundehütte. Gehäutet, bei lebendigem Leibe.
Doch all das wusste sie nicht.
Kapitel 1
Die Straßen waren wie jeden Tag komplett überfüllt, als sich Chris durch die Menschenmassen quetschte.
Sein schwarzer Anzug raubte ihm den Atem und ein Blick auf die Uhr ließ diesen für einen Moment ganz aussetzen. Schon zehn Minuten zu spät und das auch noch heute!
Noch drängelnder schob er sich durch die Menschen, überquerte die Straßen mit hastigen Blicken zur Seite und scheuchte die Bettler, die heute nur so um ihn herum wuselten, mit unbarmherzigen Worten aus seinem Weg. Verwirrt ließen diese ihre Becher sinken und starrten ihm ratlos hinterher.
Chris schluckte, peinlich berührt über sein Auftreten. Er war ein Mensch voll Güte, eigentlich. Doch heute hatte er keine Zeit Touristen den Weg zu erklären, etwas Geld zu spenden oder Kleinkindern ein Vorbild zu sein und erst bei Grün über die Straße zu gehen.
Der Mann tastete suchend in seinen Hosentaschen nach dem Zettel, der gestern Morgen in seinem Briefkasten gelegen hatte.
Er überflog die Zeilen, prägte sich die geschwungene, enge Handschrift genau ein, versuchte sich an den Besitzer zu erinnern, doch vergebens. Er wusste nicht, wer ihm diesen Zettel geschrieben hatte.
Doch das schien nicht wichtig zu sein. Es war der Inhalt, der Fragen aufkommen ließ:
Lieber Christian,
ich habe eine kleine Bitte an dich. Wenn du morgen ins Rathaus gehst, wird etwas auf dich warten. Nimm es mit, ohne es zu öffnen. Nimm es, ohne dein Gesicht zu verziehen. Egal was passiert, niemand darf es wissen.
Egal was passiert, niemand darf es sehen.
Egal was passiert, niemand ist dein Freund.
Wenn die Zeit gekommen ist, dann werden wir uns sehen. Scout.
Auch dieses mal konnte er sich keinen Reim daraus machen und stopfte den Zettel zurück in seine Tasche.
Als er vollkommen abgehetzt vor dem Rathaus stand, sank seine Hoffnung. Die Lichter waren gelöscht, die Türen verschlossen.
„Warum haben die sonntags auch nur bis 10:00 Uhr auf?", fluchte er und hämmerte gegen die massiven Türen. Irgendjemand muss doch da sein! Doch niemand öffnete. „Scheiße!", zischte er wütend. Der Ärger über sich selbst pochte in seinen Adern. Warum hatte er sich auch nicht mehr beeilt? Jetzt würde er nie erfahren, was es mit diesem verdammten Zettel auf sich hatte!
Enttäuscht fuhr er sich durch die braunen Haare und spuckte auf den Boden.
„Nun Scout, deine Bitte war wohl umsonst.", meinte Chris mit bebender Stimme, so sehr ärgerte ihn sein Versagen.
Doch die Türen schwangen auf und ein alter, gebrechlich wirkender Mann trat aus den Schatten. Die eine Hand hatte einen Gehstock fest umklammert, die andere trug ein Päckchen bei sich. Chris sah dem Alten in die hellen Augen und es sah so aus, als würde ein Feuer in ihnen lodern. Instinktiv trat der junge Mann einen Schritt zurück und schwieg, wartete darauf, dass der Alte sein merkwürdiges Erscheinen erklären würde. Doch der Alte sagte nichts. Er musterte nur unentwegt das Gesicht seines Gegenübers und zuckte ein paar mal mit seinem rechten Mundwinkel. Chris zögerte, doch dann gab er sich einen Ruck und fragte:„Warum haben Sie nicht eher geöffnet? Ich habe geklopft." Der alte Mann legte den Kopf schräg und sah damit aus wie ein Jäger, der seine Beute fixierte. Doch dann schien sich sein kompletter Körper zu entspannen und er lächelte schief vor sich hin. Das Feuer in den Augen wurde zu einem beruhigenden Funkeln und er ging ein paar Schritte nach vorne.
„Gehämmert trifft es wohl eher, nicht?, feixte er belustigt und seine raue, rasselnde Stimme jagte Chris einen Schauer über den Rücken. Warum wich er seiner Frage aus? Der junge Mann wollte zu einer Antwort ansetzen, als er von dem Alten unterbrochen wurde. „Du stellst die falschen Fragen, Jungspund.
, meinte dieser und ein mahnender Ton war in die sonst so warme Stimme getreten.
Chris sah ihn nur verdutzt an und suchte krampfhaft nach Worten. Doch er fand keine und gab sich deshalb ganz dem Alten hin, der immer näher an