WARUM TUST DU DIR DAS AN?: Tagebuch eines Schulleiters
Von Harald Togal
()
Über dieses E-Book
"Wenn wir nicht das Feindbild Schulleiter hätten, würden wir übereinander herfallen."
Ein Bericht von der Schulfront.
Und dennoch war Harald Togal gerne Lehrer und Schulleiter.
Ähnlich wie WARUM TUST DU DIR DAS AN?
Ähnliche E-Books
Der letzte Kristall: Der Beginn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Gespenstersonate Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBiografie eines adoptierten Lebens: Martinas Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKlassenfoto mit Massenmörder: Das Doppelleben des Artur Wilke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMordsgier: Der dritte Renner-Kersting-Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Sehnsucht tict anders Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenALTERAS: Die Spur des Torwächters Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVergessen!: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDreisbach-Lesebuch 3 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Ende der Unendlichkeit: oder Die Lügengeschichten des Friedolin Riemenspanner Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie erfundene Eismaschine: Theaterdrehbuch für Kinder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTod im Gymnasium: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGestrandet in Weimar Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBeim wilden Rosenbusch: Schottische Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Puppendoktor: Logbuch eines Suchenden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFlugmodus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJo und die Unbezähmbaren: Ein jeder ist einzigartig Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Kind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTra-ra!: Der Lochfisch und andere Abenteuer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Trau Dich, die Tür zu öffnen!": 43 junge Autorinnen und Autoren schreiben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVor mir wird es Morgen: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchulzeit – eine Zeit schöner Erlebnisse?!: Erinnerungen einer betagten Lehrerin und ihrer Schüler Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNoch 27 Stunden bis zu den Zeugnissen: Schulroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArchiv zwischen den Welten: Eine Horroranthologie von C.E.Wild Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHalbschatten: Drei Partien surrealer Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Stern für die 3a Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Freund Goethe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEllingham Academy (Band 1) - Was geschah mit Alice? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnd was kommt jetzt? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMrs. Sunshine, die Klasse 6a und die Sache mit dem Respekt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Lernhilfen & Testvorbereitung für Sie
Mein Deutschbuch A1: Deutsch als Fremdsprache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Spieltheorie: Nash und das Gefangenendilemma Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜbungsbuch - 150 Lückentexte: von A2 bis C1 Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Harry Potter und der Stein der Weisen von J K. Rowling (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜbungen zum deutschen Wortschatz Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Alchimist von Paulo Coelho (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Mein Deutschbuch A1 - Wir lernen Deutsch: Deutsch als Fremdsprache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnendlicher Spaß von David Foster Wallace (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜbungsbuch Deutsche Grammatik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöne neue Welt von Aldous Huxley (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKrieg und Frieden von Leo Tolstoi (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOdyssee von Homer (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPer Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychiatrie & Psychotherapie für Heilpraktiker: Lehrbuch zur Prüfungsvorbereitung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAntigone von Sophokles (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 1 von 5 Sternen1/51984 von George Orwell (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Parfum von Patrick Süskind (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenQuisquilien zu Thomas Mann: Glossen und Gedankenkrümel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Straße von Cormac McCarthy (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKafka am Strand von Haruki Murakami (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Bedürfnispyramide: Menschliche Bedürfnisse verstehen und einordnen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Fremdsprachen lernen in 100 Stunden: Die effizientesten und effektivsten Methoden, um Fremdsprachen in kürzester Zeit zu lernen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Glasglocke von Sylvia Plath (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Six-Sigma-Methode: Streben nach Perfektion Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer kleine Hobbit von J. R. R. Tolkien (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Fremde von Albert Camus (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Junge im gestreiften Pyjama von John Boyne (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für WARUM TUST DU DIR DAS AN?
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
WARUM TUST DU DIR DAS AN? - Harald Togal
Impressum
WARUM TUST DU DIR DAS AN?
Tagebuch eines Schulleiters
Harald Togal
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2012 Harald Togal
ISBN 978-3-8442-3144-1
„Wenn wir nicht das Feindbild Schulleiter hätten,
würden wir übereinander herfallen."
Stimme aus dem Lehrerzimmer
Vorbemerkung
Hier steht das, was mich oft fassungslos gemacht hat. Als
„einfacher" Lehrer kriegt man wenig von dem mit, was sich auf der
Leitungsebene einer Schule abspielt. Die Wahrnehmung ändert sich,
wenn man als Schulleiter den täglichen Wahnsinn der Schule in seiner
ganzen Fülle erleben muss. Wenn ich das eine oder andere davon
unter Freunden bekannt gab, hörte ich: „Das gibt es doch nicht, das
darf nicht wahr sein." Also habe ich es aufgeschrieben.
Die Situation an „meiner" Schule weist einige Besonderheiten auf.
Um die geht es hier auch. Es ist schwer, Außenstehenden Einblick in
Schule zu vermitteln. Einblick in diese Schule zu geben, scheint fast
unmöglich zu sein.
Mein Tagebuch ist wahr, nichts ist übertrieben, nichts erfunden. Aber
es enthält nicht die ganze Wahrheit. Es gab auch Positives: Das
Engagement von Lehrerinnen und Lehrern bei den Sportturnieren,
den Projektwochen, dem Schüleraustausch, den Tagen der
offenen Tür oder bei der Beratung der Schülerzeitung.
Ich erhielt viel Unterstützung, von den Schulsekretärinnen, dem
Hausmeister, dem technischen Assistenten, von einigen Kolleginnen
und, nicht zuletzt, vom Schulelternbeirat. Ich habe Freunde, die mir
immer die Daumen drückten. Vor allem danke ich meiner Frau, ohne
deren Geduld und Liebe ich diese Zeit nicht durchgestanden hätte.
Harald Togal
Im Sommer 2004
„Für viele Steinböcke wird es das Jahr ihres Lebens!"
Aus dem Jahreshoroskop 2001 der Zeitschrift „Fernsehwoche"
15. Januar – 15. April 1999
Lasciate ogni speranza, voi, qu’entrate…
(Ihr, die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.)
Dante, Göttliche Komödie
Die Schule liegt in einer Sackgasse. Ein Verkehrsschild am Beginn
weist sie als Fußgängerzone aus. Zuerst kommt das Feuerwehrgerätehaus,
dann das Bürgerhaus mit einer jugoslawischen Gaststätte, danach
eine Turnhalle und ein etwas verwahrloster Parkplatz. An der
Zufahrt zum Parkplatz steht ein Altkleidersammelbehälter, daneben
ein Altschuhsammelbehälter. Rechts steht eine Grundschule und
schließlich ganz hinten die Gesamtschule. Der Parkplatz ist schlecht
beleuchtet. Morgens liegen oft Bierdosen herum. Das Gelände ist
auch ein gern genutzter Hundekotplatz.
Einem Feng-Shui-Anhänger fiele das Betreten der Schule schwer: Im
Windfang des Eingangsbereichs befinden sich die Schülertoiletten.
Jeder, der die Schule betritt, muss daran vorbei, durch den ewig müffelnden
Windfang hindurch. Bautechnisch hingegen ist das eine geniale
Lösung: Für innen und außen gibt es eine einzige, von beiden
Seiten gut erreichbare Toilette.
Wen dies weniger stört, der muss sich mit der Frage auseinander setzen,
ob er eine Schule oder einen Recyclinghof betritt. Eine gelbe Tonne
neben dem Briefkasten am Eingang ist noch zu verkraften. Im
Toilettenwindfang stehen links und rechts, neben der Jungen- und der
Mädchen-Toilette, jeweils zwei weitere Mülltonnen; macht zusammen fünf.
Wer diese Schwelle überwunden hat, betritt die Eingangshalle, in der
sich sieben Abfallbehälter unterschiedlichster Bauart befinden. Trotz
oder vielleicht gerade wegen der großen Auswahl an Abfallbehältern
werden zusammengeknüllte Bäckereitüten, Schokoriegelverpackungen
und Getränkedosen aber mit Vorliebe auf dem Fußboden abgelegt.
Ein Pflanzenfriedhof lockert dieses Ambiente auf. Zwei Dutzend
dürre Fici Benjamini, abgesägte Yucca-Stämme oder beschädigte Philodendren
zieren den Bereich. Diese Anhäufung unterschiedlichster
Pflanzen vor dem Eingang zum Lehrerzimmer wird als „Dschungel"
bezeichnet; eine Kränkung für die Regionen der Erde, wo es ihn
(noch) gibt.
Die Wände der Eingangshalle sind von Schülerinnen und Schülern bemalt
worden: Fantasy-Gemälde, ein überdimensionales impressionistisches
Bild auf der Tür zum Lehrerzimmer, die Betonsäulen altdeutsch
rustikal mit Fachwerk übermalt. Jedes Werk für sich betrachtet beeindruckend.
Ein Vorgeschmack auf fehlende pädagogische Koordination?
Der Neue ist davon überzeugt, dass Räume erzieherische Wirkung
haben. Verwahrloste, ungepflegte Schulkasernen sind lernhemmend
und aggressionsfördernd.
Der Eingangsbereich hat durchaus Charme. In der Mitte befindet sich eine
nicht allzu große Aula, die sich vorzüglich für Veranstaltungen eignet,
auf der linken Seite, hinter einer Glaswand, eine kleine Bücherei,
daneben eine mit Teppichboden ausgelegte Sitzlandschaft. Überhaupt
befinden sich im Erd- und Obergeschoss in mehreren Nischen
liebevoll gestaltete Sitzecken, Produkte des Werkunterrichts. An der
zentralen Wand im Eingangsbereich, ebenfalls im Fachwerkstil bemalt,
hängen große Fotos aller Klassen. Davor blanke Holzbänke und
-würfel, eine bei den Schülerinnen und Schülern beliebte Sitzgelegenheit.
Kaum eine andere dem Neuen bekannte Schule hat solche
schönen Sitzecken in den Fluren. In den Pausen sind sie leider nicht
zu benutzen, da die Schüler das Gebäude verlassen müssen. So hat es
die Gesamtkonferenz beschlossen.
Eine letzte Mülltonne steht vor dem Eingang zum Verwaltungsflur.
Vorherrschende Farbe dort, wie überall in der Schule, ein aggressives
grünliches Gelb der Blechwände. Es wird aber von einer Unzahl A0-
Fotopostern vergangener Sport- und pädagogischer Tage, von Auslandsfahrten,
Kunstprojekten und Kollegiumsausflügen gemildert.
Über den Postfächern der Lehrerinnen und Lehrer hängen Girlanden
aus Endlos-Lochpapier. Darauf stehen – in Fraktur – pädagogische
Leitsätze und Zielvorstellungen.
Vor der Tür zum Schulleiterzimmer hängen modische Kreuze, wohl
im Religionsunterricht gefertigt, im Nikki-de-Saint-Phalle-Stil, Pop-
Kreuze, naiv bemalte Holzlatten. Darunter stehen eine große blaue
Holzbank, deren Farbe sich mit dem unentschiedenen Gelb der
Wände beißt, und hölzerne Sitzwürfel, gruppiert um einen zu hohen
Tisch, einem Kastenmodell des Schülercafés unter einer Glasplatte.
Auf der blauen Bank ist eine hölzerne Gliederpuppe festgeschraubt.
Sie jagt dem Neuen, der in den ersten Wochen sein Büro erst spät
abends bei Notbeleuchtung verlässt, jedes Mal einen gehörigen
Schrecken ein. Er lässt sie vom Hausmeister wegschaffen. Damit handelt
er sich eine erste Rüge des Personalrats ein.
Seit wann diese Ausstellungsstücke im Verwaltungsflur präsentiert
werden, ist nicht zu klären. Die Antworten variieren zwischen ewig
und bestimmt länger als drei Jahre.
Die beiden freien Wände im Schulleiterzimmer werden von Fototapeten
geschmückt, Naturlandschaften. Davor stehen Verwandte der
Pflanzen aus dem Eingangsbereich. Auf der Tür zum Sekretariat klebt
die Fototapete einer rosafarbenen Bauernhaustür.
Der raumhohe Kaktus, den der neue Nutzer des Schulleiterbüros als
einzigen Zimmerschmuck vorerst überleben lässt, zeigt sich undankbar.
Er kippt eines Tages über den Schreibtisch und jagt seine haarscharfen
Nadeln in die Hände und Unterarme des Neuen.
In den Verwaltungsräumen setzt sich die Recyclinghofidee fort. Alle
Zimmer haben einen oder mehrere mit blauen Abfallsäcken ausgestopfte
50-Liter-Papierkörbe.
Nachtrag: Der Neue ersetzt die 50-Liter-Papierkörbe durch normale
Büropapierkörbe. Die Zahl der Mülltonnen wird erheblich reduziert.
Dennoch wird die Schule bald als eine der saubersten im
Kreisgebiet gelobt werden.
Der Schreibtisch
Über Tage hinweg ist der Neue damit beschäftigt, die Hinterlassenschaft
des Vorgängers aus dem Schreibtisch zu räumen: Hustenbonbons,
Tempotaschentücher, vertrocknete Folienstifte, hunderte Kulis
und Bleistifte. In den Schränken ruhen vergilbte Publikationsverzeichnisse
und Broschüren. Der Neue wünscht sich einen Erlass, der
Ruheständlern auferlegt, ihren Schreibtisch aufzuräumen. Herr
Dahlheimer, der Vorgänger, wird in seiner Abschiedsrede behaupten,
er hätte einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen.
Der Vorgänger
Herr Dahlheimer war überraschend vorzeitig pensioniert worden. Es
hatte Auseinandersetzungen gegeben, so war zu hören, u. a. mit der
Stellvertreterin, dem Personalratsvorsitzenden und dem Schulelternbeiratsvorsitzenden.
Die Steuergruppe für das Schulprogramm war
von der Gesamtkonferenz aufgelöst worden. Dalheimer war Befürworter
der Förderstufe gewesen. Das Kollegium war dagegen. Es hatte eine,
auch öffentlich geführte, erregte Auseinandersetzung darüber gegeben.
Er hatte sein altes Klavier an die Schule verkauft. Auf Schulrechnung
soll ein Klavierstimmer dann das alte und das neue private gestimmt
haben. Als der Neue das Beschriftungsgerät sucht, bekommt er den
Tipp, er solle den Vorgänger anrufen. Der Hausmeister erzählt, dass er
eines Tages Gartenmüll in mehreren Abfallbehältern der Schule gefunden
habe und die Nachbarn verdächtigte. Kleinlaut habe der Vorgänger
zugegeben, dass er von ihm stamme. Auch private Wäsche
habe er in der schuleigenen Waschmaschine gewaschen. Der damalige
Hausmeister habe seine Wohnung renoviert.
Die Abschiedsfeier
Zur Abschiedsfeier hatte er das gesamte Kollegium geladen. Gekommen
war ein knappes Drittel. Der Schulrat schützte einen anderen
Termin vor, so dass der Neue dem alten Direktor die Entlassungsurkunde
überreichen musste. Der Vorgänger hielt sich selbst eine
Laudatio. Darin kam von Plato bis Pestalozzi vor, was bei solchen
Gelegenheiten vorzukommen pflegt. Ein schon früher pensioniertes
Mitglied der Schulleitung redete von seinen Schwierigkeiten, eine
Rede zu halten. Der Neue las ein Gedicht von Eugen Roth.
Zu dem Zeitpunkt, für den das Büffet angekündigt war, erschienen
Freunde aus dem örtlichen Karnevalsverein und sangen ein nicht
enden wollendes Bänkellied auf ihren Vereinskollegen. Der Neue
nahm beim Büffet schon für die Vorspeise einen großen Teller.
Die Schulleitung
Aus der Schule waren Hilferufe gekommen. Der Neue war vom Schulamt
zum Halbjahr an die Schule geschickt worden. Nicht nur der
Schulleiter war pensioniert worden, der pädagogische Leiter ebenso,
ein Jahr zuvor der Leiter des Haupt- und Realschulzweiges.
Der Förderstufenleiter, Herr Nagel, hatte eine schwere Operation hinter
sich und zur Wiederherstellung der Gesundheit seine Arbeitszeit
reduziert. Da sein Lebenswerk, die Förderstufe, aufgelöst wird, ist ihm
nicht zu verdenken, dass er resigniert. Er taucht im Laufe des Vormittags
auf, kopiert ein paar Unterrichtsmaterialien, lässt die Fehldrucke
rund um den Kopierer liegen und verschwindet grußlos
gegen Mittag. In den Leitungsteamsitzungen diskutiert er gerne
grundsätzlich. Er ist gegen Computer in der Schule, gegen die Schaffung
einer Vertretungsreserve, für gewerkschaftliche Positionen, gegen
nachmittägliche Sitzungen des Leitungsteams. In den Gesamtkonferenzen
provoziert er den Neuen gerne.
Die Leiterin des Gymnasialzweiges, Frau Willnow, hat ebenfalls aus
Gesundheitsgründen reduziert und unterrichtet zudem mit der
Hälfte ihrer Stunden an der Oberstufenschule in der Stadtmitte. Sie
hat einige anstrengende Monate lang die Schule geführt. Den Neuen
unterstützt sie sehr.
Die Stelle des pädagogischen Leiters wird nicht wieder besetzt. Die
Landesregierung hält nichts von Gesamtschulen. Sie setzt ihnen administrativ
zu, z. B. mit der Nichtbesetzung freier pädagogischer Leiterstellen.
Die Stelle des Leiters des Haupt und Realschulzweiges wird
auf absehbare Zeit auch nicht besetzt werden, da die Schülerzahl
unterhalb der Grenze liegt, ab der die Stelle ausgeschrieben werden
muss. Somit haben nur der vier Klassen umfassende Gymnasialzweig
und die sechs Klassen umfassende Förderstufe eine hauptamtliche
Leitung, die 11 Haupt- und Realschulklassen aber nicht.
Für die Funktion der Stellvertreterin war fünf Jahre zuvor eine Lehrerin
aus dem Kollegium ausgewählt worden, Frau
Zastrow. Da sie eine Besoldungsstufe überspringen musste, ließ ihre
endgültige Ernennung auf sich warten. Die Zusammenarbeit zwischen
Dahlheimer und der Stellvertreterin muss schwierig gewesen sein.
Frau Zastrow regierte in Zeiten der Abwesenheit des Schulleiters
selbstherrlich. Sie hob seine Anweisungen auf und angeblich durchsuchte
sie seinen Schreibtisch. Dahlheimer war häufig abwesend. Er
hatte einen Schüleraustausch mit Marokko ins Leben gerufen.
Sie war vom damaligen Leiter des Schulamtes ausgesucht worden. Es
gibt den Verdacht, diese Auswahl sei geschehen, weil Dahlheimer von
einem Dezernenten ausgewählt worden war, den der Schulamtsleiter
wiederum nicht sehr mochte. Ein Mitspracherecht bei der Besetzung
der Stellvertreterstelle hat ein Schulleiter nicht.
Über Frau Zastrows Amtsführung gibt es widersprüchliche Meinungen.
Dass die Chemie in der Schulleitung nicht gestimmt habe, wie
Herr Schwegler, der Koordinator, sagt, sei eine wohl wollende Umschreibung.
Jetzt endlich, seit der Ankunft des Neuen, werde in den
Leitungsteamsitzungen nicht mehr gebrüllt.
Über Frau Zastrow ist nachzulesen, dass sie sich beim Schulamt über
die Sekretärin beschwerte, weil die aus ihrer Ananasdose genascht
hätte. Die Zusammenarbeit war für die Sekretärin so belastend, dass
sie kreisrunden Haarausfall, eine Stresskrankheit, bekam. Frau Zastrow
soll einmal im Sekretariat auf dem Boden gelegen und geschrieen
haben, so dass man den Notarzt rufen musste. Sie habe gerne Stellen
gezeigt, wo sie Abhörwanzen vermutete.
Zwei Jahre nach ihrer Zwischenbeförderung stand die Ernennung
bevor. Dahlheimer äußerte sich nicht eindeutig zur Frage der
Bewährung. Seine laue Beurteilung löste im Schulamt Erstaunen aus.
Jahrelang hatte er Klage über sie geführt. Jetzt konnte er sich Frau
Zastrow als Stellvertreterin vorstellen. Es gibt Vermutungen, dass sie
inzwischen zu viel von ihm wusste, als dass er ihre Nichtbewährung
hätte vorschlagen können. Schließlich schob er eine negative Aktennotiz
nach.
Nachtrag: Mit Hilfe der Rechtsstelle der Lehrergewerkschaft wird
Frau Zastrow drei Jahre mit dem Schulamt in Fehde wegen der
ausgebliebenen Beförderung liegen.
Einmal wollte Dahlheimer ihr eine Falle stellen. Er, ein „guter zweiter
Mann", wie Herr Schwegler sagt, hatte den Stundenplan immer selbst
gemacht. Einen Stundenplan, was meist Aufgabe der Stellvertreterin
ist, hatte Frau Zastrow nie erstellen müssen.
Vor zwei Jahren beauftragte er sie in den Sommerferien damit. Sie
packte einen Schulcomputer in ihren Wagen, kam aber ohne Plan aus
den Ferien zurück. Der Vorgänger musste in einem dreitägigen Marathon
den Plan selbst machen.
Anschließend war sie fast ein Schuljahr krank. Sie reichte wöchentlich
Atteste ein, bis Dahlheimer sie nach Monaten entnervt bat, sich
doch eine langfristige Erkrankung bescheinigen zu lassen. Im Folgenden
Jahr kam sie zurück an die Schule, aus Gesundheitsgründen mit
reduzierter Arbeitszeit, erhielt einen unterrichtsfreien Tag für Therapiestunden
und späten täglichen Unterrichtsbeginn wegen morgendlicher
gymnastischer Übungen. Außerdem hatte das Schulamt
zur Beschleunigung ihrer Gesundung verfügt, dass sie nicht mit
Schulleitungsaufgaben belastet werden dürfe. Inzwischen als behindert
eingestuft, beantragte sie eine spezielle, ihrem Rückenleiden angepasste
Arbeitsplatzausstattung. Sie erhielt sogar einen Sonderparkplatz
auf dem Schulhof, der mit einem Gitter abgetrennt wurde.
In dieser Situation, zu Beginn des 2. Schulhalbjahres, trifft der Neue
ein. Er braucht Klarheit, ob die Stellvertreterin den Stundenplan fürs
kommende Schuljahr macht. Er fragt im Februar, wie es um sie stehe.
Sie legt sich nicht fest, ist aber zu allem bereit. Es gehe ihr schon viel
besser. Aber ganz stabil sei ihre Gesundheit noch nicht. Sie könne
nicht verhindern, dass sie gelegentlich ausfalle. Aber wenn sie wieder
in der Schulleitung mitarbeite, sei klar, dass der Neue die Schule nach
außen zu vertreten habe. Da werde sie ihm nicht reinreden. Der Neue
ist überrascht, woran sie schon denkt. Er bittet sie, ihn möglichst frühzeitig
zu informieren, wie es mit ihr weitergehe.
Als der Neue Frau Zastrow einmal darauf anspricht, dass sie mit
Elternfragen rechnen müsse, weil sie äußerst rigide „blaue Briefe" verschicke,
gleichzeitig aber häufig gefehlt habe, bittet sie ihn, ihr das
schriftlich zu geben. Der Neue betont, dass er dieses Gespräch kollegial
führe, weil er besorgte Elternanrufe gehabt habe und ihr dies
nicht verheimlichen wolle. Sie zieht daraufhin eine Statistik aus der
Tasche und liest dem Neuen vor, aus welchen Gründen sie ihren
Unterricht nicht habe halten können: Wandertag, Projekttag, und
dann sei da noch die Jugendbüchervorstellung gewesen, die er, der
Neue, angeordnet habe.
Eine weitere Kollegin trifft der Neue in der Schulleitung an: Frau Melles.
Sie erstellt aushilfsweise die Aufsichts-, Vertretungs- und Stundenpläne.
Es gibt Stimmen im Kollegium, die sagen, dass die Schule
noch nie so gute Pläne gehabt habe. Die Zusammenarbeit mit ihr ist
vom ersten Moment an hervorragend. So geht der Neue durch die
Schule, wundert sich, dass das Lehrerzimmer und die Flure voll sind,
die Klassenräume leer, obwohl seit Minuten die fünfte Stunde angefangen
hat. Da fordert Frau Melles bereits durch die Lautsprecher die
Schülerinnen und Schüler auf, in die Klassen zu gehen.
Der Status des Neuen ist brisant. Er nimmt Schulleitungsaufgaben
wahr, ohne Schulleiter zu sein, ohne eine ministerielle Beauftragung
zu haben. In ähnlichen Fällen wird der Leiter einer benachbarten Schule
dienstverpflichtet. Ihm wird nahe gelegt, unauffällig zu agieren, niemanden
im Kollegium zu verprellen, keine unpopulären Entscheidungen
zu treffen, nichts zu verändern. Er versucht, dies Frau Melles
zu erklären, die ihn des Öfteren auffordert, Missstände abzustellen.
Sie ist auch für die Organisation des Haupt- und Realschulzweiges
verantwortlich. Das ist auf Dauer nicht mit ihren Aufgaben beim
Stunden- und Vertretungsplan zu vereinbaren, daher sucht der Neue
nach weiteren Kolleginnen oder Kollegen, die in der Schulleitung
mitarbeiten könnten. Frau Melles aber möchte die Zweigleitung
behalten. Sie will sich als Stellvertreterin bewerben. Und diese Tätigkeit
ist nützlich für eine Bewerbung.
Der Neue beauftragt sie in Absprache mit dem Schulamt wesentliche
Aufgaben einer Stellvertreterin wahrzunehmen. Das führt zu Irritationen
im Kollegium, insbesondere bei den Anhängern der „teilkranken",
von allen Schulleitungsaufgaben entbundenen Frau Zastrow.
Frau Melles gibt zu verstehen, dass sie unter keinen Umständen
gewillt sei, an der Schule zu bleiben, wenn Frau Zastrow wieder als
Stellvertreterin arbeiten werde. Die jetzige Situation sei schon belastend
genug. Das kann der Neue nur bestätigen. Ihm fällt auf, dass
Frau Zastrow die Stimme senkt, wenn er das Lehrerzimmer betritt,
dass sie ständig Notizen macht, bei Konferenzen von Anfang bis Ende
mitschreibt. Obwohl schon im Mantel, bleibt sie eine Dreiviertelstunde
im Lehrerzimmer, als der Neue mit dem Personalratsvorsitzenden
über Gott und die Welt redet. In den Pausen schielt sie ständig ins
Raucherzimmer, wo der Neue sich oft aufhält. Sein Tabakkonsum ist
gestiegen, seit er an dieser Schule ist.
Zur Schulleitung gehört auch Herr Schwegler, der Koordinator. Er hatte
eine andere Schule wegen Fehlverhaltens verlassen müssen. Der
Elternbeiratsvorsitzende nennt ihn Generalfeldmarschall. Er habe beim Schulfest
die Eltern ganz schön herumkommandiert. Schwegler erzählt gelegentlich
vom Militär, sein Ton bei Durchsagen ist schneidig. Die Schülerzeitungsredaktion
befiehlt er in den Pausen häufig in sein Zimmer. Die Tür hat
außen einen Knopf, keine Klinke. Man muss anklopfen oder, sofern
man einen passenden Schlüssel