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Schneeflöckchen Weißröckchen
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Schneeflöckchen Weißröckchen
eBook843 Seiten11 Stunden

Schneeflöckchen Weißröckchen

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Über dieses E-Book

Eine Liebesgeschichte, Freunde, die nicht wirklich welche sind...
Lisa fährt auf einer Achterbahn der Gefühle und erlebt knallhart
wie gefährlich der Umgang mit Drogen ist. Langsam aber sicher zerstört sie selber ihre heile Welt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum7. Juli 2013
ISBN9783847643654
Schneeflöckchen Weißröckchen

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    Buchvorschau

    Schneeflöckchen Weißröckchen - K. Spitschka

    Eins

    Ich liege im Bett. Durch die Jalousien dringt Tageslicht. Es ist so kalt, dass es mich schüttelt. SCHÜTTELFROST. Im Sommer? Ich möchte aufstehen und eine Decke holen. Langsam schlüpfe ich aus dem Bett. Meine Zähne klappern. Mir ist schlecht. Während ich nach dem Plaid greife, fühle ich mich beobachtet. EIN SCHATTEN? Ich sehe in meinen Spiegelschrank. Spüre einen Lufthauch an meinem Ohr! HALLELUJA! Gleich flipp ich aus! Auf Zehenspitzen mache ich mich auf in die Küche und bewaffne mich mit meinem schärfsten Messer. BERUHIGEND! Mit dem Ding in der Hand schleiche ich leise zurück ins Schlafzimmer. Schnell schalte ich das Licht ein. NIEMAND DA! Vorläufig bin ich damit zufrieden. Ich kann vor Müdigkeit kaum stehen und gehe zurück ins Bett. Das Laken fühlt sich feucht an. Nassgeschwitzt? Oder … nassgepisst? Es ist mir gleichgültig … Ich muss schlafen! Das Messer lege ich neben mich.

    Ich wälze mich hin und her. Friere noch immer. Durst quält mich. Ich sehe mich um. Die Schatten haben unbemerkt mein Zimmer verlassen. Wieder stehe ich auf und tapse auf eiskalten Sohlen in die Küche. Das Messer nehme ich mit. Es ist Nacht? Habe ich tatsächlich geschlafen? Die Uhr zeigt 3Uhr12. Ich trinke gierig von der Wasserleitung und kann nicht genug bekommen. Dann muss ich kotzen. Alles. Auch Hirnflüssigkeit. Meine Birne fängt höllisch an zu pochen …Ich kann nicht mehr stehen. Sacke auf den Fußboden. Ziehe dabei das Tuch vom Esstisch. Wickle mich und das Messer damit ein.

    Still liege ich da. Lange. Meine Augen sind offen. Schöne Küche. Sehr schön. Sehr teuer. Dann lache ich und schreie, bevor ich weine.

    Als es draußen hell wird, bin ich wieder in der Spur.

    Ich kann aufstehen, aber jeder Knochen tut weh. Explosionen in meinem Kopf. SCHMERZTABLETTEN? Küchenschublade! Ich nehme vier von den Kapseln. Ich taumle. Sehe alles verschwommen. Das Zeug wird mir doch nicht schaden?

    SCHADEN? Ha, ha, ha, ha, ha! Schaden!

    Genau! Ich schmeiß mich weg! Ich wanke zurück ins Schlafzimmer und registriere eine Bewegung. Halt! Das Messer voran, suchen wir gemeinsam jede Ecke ab. Da ist keiner … Erschöpft von all dem Horror lege ich mich wieder auf die Matratze und spüre die Feuchtigkeit bevor ich einschlafe. Benommen höre ich weit weg ein Telefon hartnäckig klingeln.

    Penetrant! Verdammte Scheiße! Mein Kopf platzt gleich! Ich kämpfe mich aus dem Bett, schleiche tastend an der Wand entlang bis in mein Wohnzimmer. Mein Herz trommelt BEN BEN BEN BEN BEN gegen meine Rippen. Ich räuspere mich und schlucke Schleim hinunter, dann drücke ich auf den Knopf und flüstere meinen Namen. „Lisa Bäumel? „Lisa! Werner hier! Ach Süße! Ich wollte mich erkundigen, wie`s ihnen geht und wann sie wieder einsatzfähig sind. Bald sind Schulferien und ich bin mitten in der Urlaubsplanung. Können sie in etwa sagen, wie lange sie noch krank sein werden? Enttäuscht, weil es nur die Alte ist, sage ich „Es geht mir noch nicht so gut. „Schade! Würden sie sich dann bitte um ein weiteres Attest bemühen? Soll heißen, sie sind ab heute sozusagen unentschuldigt! Natürlich kein Problem, wenn sie schnell was nachreichen. Wir verstehen uns? Ihre Stimme klang plötzlich eisig.

    „Okay sage ich leise. „Dann wünsche ich ihnen weiterhin gute Besserung und sie melden sich zwischendrin? keifte sie. „Selbstverständlich. Und danke" sage ich verwirrt und lege auf. Ich habe ein Attest abgegeben? Cool … wann soll das denn gewesen sein? Ich werfe nochmal zwei Kapseln nach und lege mich wieder ins Bett. Ich streiche über die Klinge meines Messers und denke an die Werner.

    Vierzig. Hübsch. Verheiratet. Die Gute strahlt vor Dauerglück, dass einem die Augen schmerzen. Wir arbeiten beide in einem Callcenter. Sie ist die hyperaktive Teamleiterin. Ich mochte sie früher. Dann gab sie mir nach einem persönlichen Gespräch den Tipp, dass ich mich nicht unter Wert verkaufen sollte. Da wusste ich, dass mich die Frau nicht verstand. Seitdem nehme ich Abstand von ihr so gut ich kann.

    Ich nehme von vielen Leuten Abstand.

    Von Freundinnen. Von Freunden. All den Klugscheißern. Verlogenen Arschgeigen …

    Ich würde jetzt gerne einschlafen … UND NIE WIEDER AUFWACHEN!

    Später wälze ich mich von Alpträumen gejagt im Bett herum. Wache auf und übergebe mich auf meinem Bettvorleger. Bravo! Ganz großes Kino! Das Wenige was ich im Magen hatte riecht echt übel!

    Ich stehe nochmal auf, bevor ich sterbe … Fühle mich so schwach, dass ich mich wie ein Käfer auf allen Vieren ins Bad bewege, zwei Handtücher von der Stange ziehe und mich zurück ins Schlafzimmer schleppe. Während ich zitternd versuche den Vorleger abzuwischen, beobachtet mich ein gelbes Augenpaar. Diese Augen kenne ich gut! Sie sind schon lange bei mir eingezogen! Vor denen habe ich keine Angst! Ich halte mich mit einer Hand an der Matratze fest, packe mit der anderen den Teppich und die Handtücher und schleudere die Fetzen hinaus in den Flur. Eine Höchstleistung! Ich bin sofort außer Atem!

    Die Augen sehen mir zu. Bohren sich in meinen Kopf, in meinen Bauch, in mein Herz. Ich ziehe mich rücklings auf mein Bett und drücke mich erschöpft in die Ecke. Mein Messer checkt für mich die Lage. Zwischen Spiegelschrank und Fenster steht eine Gestalt.

    Zwei

    „Hi, Baby! Wo kracht’s heute noch ganz gewaltig?" Jackson.

    „Nirgendwo, Schatz! Mick hat nicht frei und ich bleibe zu Hause. Vielleicht nehme ich mir die Schränke vor. Weiß nicht. Ich habe so viel Zeug, aber nicht wirklich was anzuziehen. Heute kommt einiges in die Kiste, dass kannst du mir glauben."

    „Wohl irre wa? So wie du aussiehst, kannst du überall in Lumpen aufschlagen. Jetzt sei nicht so unentspannt und geh‘ mit mir gefälligst auf die Piste!"

    „In Lumpen?"

    „Warum denn nicht?" lachte Jack.

    „Okay. Dann komm‘ um 22Uhr zu mir. Wir machen eine Überlandtour."

    „Supi! Ich liebe dich!" Jackson hatte mal wieder gewonnen.

    „Ich liebe dich auch!" sagte ich und legte auf. Sie war meine beste Freundin! Raspel kurze Haare. Im Moment blau-schwarz gefärbt. Zierlich, schlank, sehr hübsch, sehr tätowiert. Eine Vorliebe für große Ohrringe und große Titten.

    Mick. Mein Freund. Soldat. Will später Karriere bei der Polizei machen. Groß, sportlich, gutaussehend, modebewusst! Er trägt mich auf Händen! Es gibt kein Weibchen in meinem Dunstkreis, das ihn nicht haben möchte. Kaum denke ich an ihn, ruft er auch schon an.

    „Hallo Schnuffel. Was machst du gerade? „Jackson kommt um 22Uhr. Wir machen eine Überlandtour.

    Er lacht. „Oje! Du hast nichts anzuziehen? Arme Maus!"

    Ja, er kennt mich gut! „Nicht nur das! Ich habe keinen Bock auf die Stadt und Jack will unbedingt weggehen. So spät soll es auch nicht werden. Ich muss morgen schon um 6Uhr im Büro sein. „Baby, wenn du morgen von der Arbeit nach Hause kommst, legst du dich sofort ins Bett. Ich komme mittags mit meiner heißen Brezenstange zu dir, dann kannst du Frühstücken … flüsterte er heiser. Ich lachte. „Du bist so ein Ferkel! „Bis morgen Mittag Schnuffel. Grüße an Jack! Er schickte einen lauten Schmatz durch die Leitung und legte auf. Ich räumte die Schränke trotzdem aus und hatte zuletzt zwei Säcke voll Klamotten für die nächste Sammlung parat. Pünktlich um 22Uhr stand Jackson in der Tür. Eine ihrer perfekten Augenbrauen zeigte steil nach oben.

    „Und? Wie seh‘ ich aus?"

    „Heiß, Baby!"

    Ihr Makeup war DRAMA! Ihre großen Augen hatte sie mit Kajal, schwarzem Lidschatten und falschen Wimpern gepuscht. Sensationell! Dunkles Rouge unterstrich ihre hohen Wangenknochen. An den Ohrläppchen baumelten lange silberne Stäbchen. Die Lippen waren mit farblosem Gloss geschminkt. „Super! Siehs‘t Hammer aus! Ein Aufschrei wird durch die Landbevölkerung gehen!" quietschte ich. Sie trug ein hellgrünes Trägertop und einen bodenlangen orientalischen Rock. Ungewöhnlich, jedoch nicht für Jack! Schwarzer Nagellack. Zehensandalen. Fußkettchen. Etwa fünfzig silberne Armreifen klimperten an ihrem Handgelenk, während sie schwungvoll in mein Wohnzimmer rauschte.

    „Hallo erst Maaal! Ich rauch‘ jetzt eine und gönn‘ mir ein schnelles Pils aus deinem Kühlschrank. Dabei erklärst du mir, wieso du dieses alte weiße T-Shirt und die total abgefuckte Levis anhast. Willst du doch zu Hause bleiben?" Sie bohrte ihren Zeigefinger in mein Hemdchen.

    „Also echt! Wir machen eine Überlandtour! Muss ich mich da so aufbrezeln? Schon vergessen? Wir wollten in einer vermutlich langweiligen Disco was Langweiliges trinken. Ich habe heute keinen Bock Jungs anzumachen und dann durch die Hintertür zu verschwinden. (Jacks Lieblingsbeschäftigung!) Ihre Augenbrauen tanzten Hip Hop. „Dann zieh‘ wenigstens den BH aus. Komm‘ mal her. Sie schob ihre Hände unter mein Shirt und öffnete die Häkchen. Natürlich fing sie sofort an meine Brüste zu streicheln. „Oh, Baby! Genau solche hätte mir der liebe Gott schenken sollen!"

    Ich drückte sie lachend von mir weg und warf den BH auf einen Sessel. „Alberne Kuh! Dein Busen ist wunderschön! Komm‘ jetzt! Abfahrt!"

    Es hieß, in Ottersberg gäbe es eine Disco namens „Hell’s Kitchen", in der hauptsächlich Rockklassiker gespielt wurden. Das machte mich neugierig. 17km außerhalb Bremens waren wir am Ziel.

    Irre Optik! Eine Disco, auf deren Vordach eine Harley Davidson stand!

    Jackson pfiff durch die Finger. „Dem Internet sei Dank für diesen Tipp Honey! Auf dem Parkplatz standen noch mehr fette Amerikanische Motorräder und ein Pickup! Vielleicht diente der Laden sonst als Filmkulisse? „Würde mich nicht wundern, wenn hier nackte Weiber um ein paar Stangen tanzen! sagte ich.

    „Willst du Mopeds gucken oder gehen wir auch rein?" Jackson sah mich fragend an. Als Antwort stelzte ich mit hohen Hacken voraus und bezahlte 14Euro Eintritt für uns beide.

    Der Schuppen gefiel uns auf Anhieb! Keine nackten Weiber aber Billardtische, kleine Bar, große Bar, viel Tanzfläche und Alice Cooper gab den DJ! Dort oben auf der Kanzel stand tatsächlich eine Zweitausgabe! Lange schwarze Haare, scharf geschnittenes Gesicht, schwarze Lederjacke, schwarz geschminkte Augen! Herrlich!

    „Ist der echt? fragte Jack. „Doch! Siehst du! Er hat sich eben bewegt! kreischte ich.

    Wir bestellten Bier und tanzten auf Musik von Lynyrd Skynyrd, Deep Purple, Rainbow, Whitesnake, Black Sabbath, ZZ Top und viele andere. Hier konnte man absolut die Zeit vergessen! Einfach genial! Ich ging ab, bis die Klamotten auf meiner Haut klebten!

    Jack lernte das Barmädchen Mona kennen, die uns später Prosecco spendierte. Der DJ erfüllte meinen Musikwunsch und stellte sich mir als Alice vor. Ich lachte und sagte „schon klar, dass du dich Alice nennst!" Daraufhin erklärte mir der Typ todernst, dass ‚Alice‘ sein richtiger Name sei. Jack und ich hatten echt Spaß und bedauerten zutiefst, dass es plötzlich so spät war und wir nach Hause mussten. Wir versprachen Mona wiederzukommen. So was war bei einer ‚Überlandfahrt‘ noch nie passiert. Unsere Devise lautete bis hier hin: Wir gehen niemals zweimal in den gleichen Laden!

    Wir verabschiedeten uns und hielten auf den Ausgang zu. Ein Moment, der mein Leben veränderte …

    Drei

    Den Blick nicht vom Schrank gewendet, konzentriere ich mich auf meine juckenden Beine. Nicht auszuhalten! Ein Schienbein blutet stark vom ständigen kratzen. Ich kann trotzdem nicht damit aufhören. Ich habe wieder die Zeit verloren …

    Ist es Tag oder Nacht? Unabhängig davon sollte ich endlich was unternehmen, bevor der Typ neben dem Schrank versucht mich zu killen. Geräuschlos lasse ich mich seitlich aus dem Bett gleiten und schneide mich dabei fett in den Oberschenkel! Das Messer! Scheiße! Scheiße! Scheiße!

    Wütend packe ich es mit beiden Händen, stürze mich damit laut schreiend zwischen Schrank und Fenster, ramme das Messer in mein Bügelbrett und stelle in diesem Augenblick geschockt fest, dass ich total irre sein muss …

    Wo sind nur meine Eltern? Habe ich die auch verloren? So wie die Zeit? Wie meinen Verstand? Blutend an Schienbein und Oberschenkel umklammere ich das Bügelbrett und heule Rotz und Wasser …

    Ich brauche dringend was zur Beruhigung. Und ein Bad. Ein heißes Bad! Ich schleudere das Brett zur Seite und taste mich an der Wand entlang, den Flur hinaus. Da hing mal ein tolles Bild. Ein Foto von einem ‚Wahnsinnspaar‘ in einem teuren Rahmen. Jetzt erinnert nur noch ein Schmutzrand daran, der mich auf einmal tierisch stört. Ich versuche ihn mit den Fingerkuppen weg zu schrubben. Dann kratze ich mit den Fingernägeln daran herum. Naja! Fingernägel hatte ich mal. Ich sehe mir die eingerissenen, ungepflegten Dinger an. Ekelhaft! Und wie hässlich meine Hände sind! Schrumpelige, nagellose Klauen!

    RADIERGUMMI!

    Genau! Damit könnte ich den Schmutz wegkriegen. Ich schleppe mich vor in mein Büro, dass mal ein Kinderzimmer hätte werden sollen. Jetzt ist es mein ‚Chaoszimmer‘, in dem es penetrant stank! Ich möchte ein Fenster öffnen, aber ich lasse es bleiben. Zu anstrengend … Ich bekomme massive Kreislaufprobleme!

    Holla!

    Mann. Mann. MANN!

    Ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Ich greife in die Schreibtischschublade, nehme den Radiergummi heraus und falle dabei voll auf die Schnauze. Mein Herz rast. Jetzt mach‘ ich die Fliege, Leute!

    Die Türklingel weckt mich auf. Da läutet jemand Sturm! Herrgott nochmal! Mein Kopf könnte platzen! Mir ist kalt! Meine Blase hat sich entleert! Die Uhr in meinem Büro zeigt 14Uhr17. Ich liege seit Stunden in meiner Pisse! Mit einem Radiergummi in der Hand! Ich stehe schwankend auf und spüre eine Beule am Hinterkopf. Alles ist nass. Verdammt! Der Arsch da draußen hört einfach nicht auf zu klingeln! Hätte ich eine Knarre, würde ich durch die Tür schießen! Ich nehme Kleenex aus der Packung im Regal gleich neben der Tür, aber die reichen nicht. Ich ziehe mein Hemd aus und wische damit den Boden auf.

    Wollte ich nicht baden? Ich ignoriere den Geisteskranken der meine Klingel fickt und gehe ins Bad. Die Frau im Spiegel kenne ich nicht! Ich drehe den Hahn auf und lasse Wasser ein. Schön heiß! Als die Wanne halbvoll ist, versuche ich hineinzusteigen, aber es gelingt mir nicht. Mein Schienbein brennt wie die Hölle. Ich setze mich erschöpft auf den Badeteppich und tupfe mit einem schmutzigen Handtuch an meinem Bein herum. Da fällt mein Blick auf den Boden.

    VALIUM! Hinter dem Wäschekorb liegt eine Packung VALIUM!

    WIE HERRLICH IST DAS DENN?

    Drei Stück davon zusammen mit einem Gläschen Wodka – ein TRÄUMCHEN!!!!

    VALIUM im Bad, Wodka in der Küche!

    Es würgt mich beinahe vor Glückseligkeit.

    Vier

    „Baby wenn’s fade wird, geh‘ ich heim! Jackson sah mich fragend an. „Okay. Bin todmüde. Ich gähnte und brachte meine Freundin zur Tür. Wir umarmten uns wie immer. „Ich weiß genau, dass du dir gleich einen runterholst., flüsterte sie in mein Ohr. „Du Ferkel! Sieh‘ zu dass du nach Hause kommst! „Du hast seit Ottersberg ein Grinsen im Gesicht … hoffentlich wird das nicht chronisch! Irgendwie habe ich das Gefühl, da kommt was auf uns zu … Sie fuchtelte drohend mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herum. „Mach‘ dich vom Acker!, lachte ich.

    Nach einer Katzenwäsche schlüpfte ich ins Bett und machte die Augen zu. Kennen sie den Film ‚Dirty Dancing‘? Wie die 17jährige Baby diesem Jonny zum ersten Mal begegnet und blubbert „ich habe die Melonen getragen" und aussieht wie eine blonde dumme Kuh? Auf einem Gänseblümchen kauend? Ich konnte nicht glauben, dass mir heute das Gleiche passiert ist! Schönen Männern begegnet man öfter, deswegen rutscht einem noch lange nicht die Pumpe ins Höschen. Aber der Typ heute Abend war nicht von dieser Welt! Groß, muskulös, charismatisch … wunderschöne Augen, die mich ansahen als würden sie mich röntgen! Ich, sonst stolz und selbstbewusst, verlor augenblicklich meine Muttersprache!

    Als Jack und ich die Disco verließen, kam der Mann zur Tür herein. Er blieb abrupt vor mir stehen, warf sein langes braunes Haar nach hinten und musterte mich. Seine Mundwinkel zuckten zynisch! Er sah mir direkt in die Augen! Was für ein Gesicht! Das erotischte Lächeln das ich je gesehen habe! Leute! Lagerfeld und co. könnten mit dem Kerl viel Kohle machen! Dann sagte er „Hallo und ich sagte „blubb. Er lachte, ging in die Disco und ich trampelte Jackson hinterher.

    „Wow! War das eine Schnitte! Jackson pfiff anerkennend Richtung Eingang. „Aber du hast ja bereits was Nettes zu Hause nicht wahr? Hallo? Lisa? Ach herrje, du hast einen Platten!!

    „WAS?"

    „Scherz! Fahren wir? Ich könnte auch fahren, wenn du weiter auf deinem Gänseblümchen kauen möchtest? Möchtest du? Gnädigste? SOLL ICH FAHREN?", schrie Jack.

    „Was?"

    „Willst du nochmal reingehen?, lachte meine Freundin. „Neiiiin! Auf keinen Fall! Komm‘ jetzt, wir fahren! Steig‘ ein! sagte ich hektisch. „Gut! Der Mini ist deiner!, gackerte Jack. „Was hast du denn? Ich werde ja wohl wissen wo mein Auto steht. Bin doch nicht besoffen! Allmählich ging mir die Alte auf den Sack!

    Bis nach Hause hatte ich kein Wort gesprochen. Jackson schon. Sie wollte noch mit rauf in meine Wohnung auf einen Absacker. Ich war wohl nicht gastfreundlich genug … Deshalb lag ich jetzt in meinem großen Bett und hatte Robert Plant im Ohr.

    You need coolin, baby, I’m not foolin,

    I’m gonna send you back to schoolin.

    Way down inside honey, you need it, I’m gonna give you my love.

    I’m gonna give you my love.

    Um 5Uhr15 prügelte mich mein Wecker aus dem Bett. Der gemeine Kerl stand weit weg von mir auf einer Kommode. Micks Idee, weil ich früher oft verpennt hatte. Ich schlürfte mit geschlossenen Augen ins Bad und stellte mich unter die Dusche.

    „You’ve been coolin‘, baby, I’ve been droolin‘, all the good times I’ve been missusin’, way, way down inside, I’m gonna give you my love, …"

    Ich musste dringend nochmal ins Hell’s Kitchen. Und ich sollte mir in der Frühstückspause die CD von Led Zeppelin besorgen!

    Ich stöckelte im Kostümchen aus dem Haus zu meinem Auto, .. dass nicht zum ersten Mal auf dem falschen Parkplatz stand. Mann, Mann, Mann! Schon lief mir unser Nachbar vor die Gucci Sonnenbrille. „Fräulein Bäumel, das geht so nicht! Ich musste gestern meinen Wagen raus auf die Straße stellen, weil sie meinen Parkplatz in Beschlag genommen haben. Wir müssen uns alle an die Regeln halten, sonst geht’s hier drunter und drüber! Jeder hat seinen festen Stellplatz! Ich will hier kein Chaos! Der Typ hatte eine ungesunde Gesichtsfarbe. „Guten Morgen Herr Horn! Entschuldigen sie, dass ich mich versehentlich auf ihren Platz gestellt habe. Sie hätten sich gerne auf meinen stellen dürfen. Was macht der Rentner um diese Zeit hier draußen? „Versehentlich? Hatten sie getrunken? Wie kann man denn einen zugewiesenen Parkplatz mit einem anderen verwechseln? Hier ist doch alles wunderbar ausgeleuchtet!, schnaubte der alte Mann. Ich warf meine Tasche in den Mini. „Es tut mir Leid. Kommt nicht wieder vor. Ich muss zur Arbeit! „Ihre halbnackte Freundin hätte ihnen sagen können, dass sie gerade dabei sind falsch zu parken! Die war doch heute Nacht dabei! Naja! Was soll man von so einer schon halten, die von oben bis unten tätowiert ist und blaue Haare hat!" Ich ließ den Arsch stehen, stieg in mein Auto und machte das Radio an. Ozzy Osbourne begrüßte mich mit ‚Facing Hell‘! Na dann! Ich nickte dem Horn zu und verpasste ihm eine Ladung Straßenstaub.

    In der Tiefgarage meines Arbeitgebers kam mir Kollegin Irmingard Windisch entgegen. „Hallo Knackarsch!, flötete sie. „Ich wünsche dir auch einen guten Morgen. Gehst du in der Pause mit mir raus?, fragte ich. „Wo soll‘s denn hingehen? „Ich möchte rüber in den Musikmarkt, mir eine CD besorgen. Irmi drückte im Aufzug aufs Knöpfchen. „Eine CD? Von wem denn?, zwitscherte sie neugierig, als wir im zweiten Stock ausstiegen. „Led Zeppelin. „Hä? Kenn‘ ich nicht! Aber da drüben kann man himmlischen Kaffee trinken. Neulich hatte ich einen Kaffee mit Nussgeschmack. Lecker! Wie bekommen die nur den Geschmack da rein? „Monin!, sagte ich und sperrte mein Büro auf. „Hä? „Irmi vergiss‘ es, okay? Bis später. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. Mein Büro hatte etwa die Größe einer Umkleidekabine. Ich presste mich hinter den Schreibtisch und warf den Computer an. Dann stellte ich den Blumentopf, den ich von Mick bekommen hatte zur Seite und öffnete das Fenster, mein einziges Plus in diesem Raum. Kaum hatte ich meine Jacke ausgezogen, kam die Werner herein. Sie hatte eine dicke Backe. „Guten Morgen Lisa, jammerte die Frau. „Sie müssen heute meinen Job übernehmen! Sehen sie mich an! Ich habe um 7Uhr30 einen Termin beim Zahnarzt! Sie klatschte mir einen Stapel Unterlagen auf den Tisch. „Morgen um 10Uhr haben wir eine Besprechung. Heute komme ich garantiert nicht mehr! Ich will nicht daran denken, was die in der Praxis gleich mit mir anstellen". Als sie ging, hatte ich plötzlich viel zu tun.

    Ob Jack nochmal mit mir nach Ottersberg fährt?

    … way, way down inside, I’m gonna give you my love, …

    Ich werde Irmi fragen ob sie mich aufs Land begleiten möchte.

    Fünf

    „Aber du bist ja angezogen! „Yes! „Wollten wir nicht im Bett frühstücken? Mick stand vor mir und zog ein Gesicht wie ein Rotzlöffel, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte. „Weißt du, manchmal führst du dich auf wie ein Kleinkind! Wenn du Hunger hast, frühstücken wir, aber danach will ich raus. Das Wetter ist super! Ich sitze die ganze Woche im Büro! Heute möchte ich die Sonne genießen! Wir könnten in die Stadt gehen, uns vors ‚Alex‘ setzten, Prosecco schlabbern, and so on! Vielleicht treffen wir unsere Freunde? Soll ich gleich mal einen Rundruf starten? Ich hielt mein Handy in die Höhe.

    „Hör‘ mal Baby! Ich platze gleich! Wir haben vor neun Tagen das letzte Mal miteinander geschlafen!" Er nahm mich in den Arm und fummelte an mir herum. Um Ärger zu vermeiden schlief ich mit Mick. Danach suchte ich im Ankleidezimmer nach Klamotten. Eine Jeans und ein Batikhemdchen. Irgendwie war ich in Hippie-Laune …

    Als ich mit dem Hemd in der Hand ins Schlafzimmer kam, lag Mick nackt auf dem Bett. „Leg‘ dich nochmal zu mir Süße. Stößchen … Dazu bewegte er geil seine Hüften. „Geht’s dir eigentlich nur um Sex? Wieso machen wir nicht was andere Pärchen tun? Wir liegen ständig im Bett! Schon mal aufgefallen? Wir essen im Bett. Wir ficken im Bett. Wir sehen fern im Bett. Er grinste mich an. „Willst du mal woanders ficken?" Ich zeigte ihm den Fuckfinger und verließ das Schlafzimmer.

    Mit beleidigtem Gesichtsausdruck kam er in die Küche. Wenigstens hatte er sich angezogen. „Schnuffel! Andere Pärchen sehen sich viel öfter als wir. Manchmal bin ich zwei oder drei Wochen weg. Ist doch logisch, dass ich dann am liebsten mit dir alleine sein will. Ich brauche das! Ich denke von morgens bis abends an dich. An manchen Tagen bekomme ich schon eine Latte, wenn mich nur der Wind anbläst. Ich möchte am liebsten ständig mit dir zusammen sein. Jeden Tag. Jede Nacht. Ich liebe dich eben! Ich gehe gerne mal mit dir weg. Bummeln, shoppen oder ins Kino. Aber unsere gemeinsame Zeit ist äußerst begrenzt und wenn ich in die Polizeischule gehe, wird’s erst mal nicht besser. „Sollten wir nicht einfach wieder zusammenziehen?"

    „Ganz bestimmt nicht!, antwortete ich zu laut. „Wie jetzt? Du meinst niemals mehr? Schon wieder dieses trotzige Gesicht! „Mick! Kannst du mal aufhören? Wir hatten Sex und jetzt möchte ich mir mit dir ein sonniges Plätzchen suchen, eventuell einen Happen essen, Prosecco trinken, Leute treffen, all so was, klar? Du musst hier kein Drama veranstalten! Außerdem war ich die Putze, die Wäscherin und die Nutte, als wir uns diese Wohnung teilten. Du hast dich bedienen lassen und obendrein nichts zum Haushalt dazugezahlt!"

    „Oh, jetzt kommt DIE alte Leier! Ich habe dich oft zu Essen eingeladen! Wir standen uns inzwischen wie zwei Kampfhähne gegenüber. „Ich will nicht mehr darüber reden, klar? Gehen wir?, sagte ich leise, drehte ihm den Rücken zu, nahm meine Tasche und die Sonnenbrille und verließ das Haus. Mick lief wie ein Hündchen hinterher.

    Als wir zusammenlebten hatten wir Streit ohne Ende. Ich tat die ganze Arbeit. Mick machte keinen Finger krumm. Aber das schien niemanden wirklich zu erschüttern! Bei einem Fläschchen Rotwein hatte ich mal ziemlich angeschickert meinen Freundinnen geklagt, dass Mick Freitag seine schmutzige Wäsche brachte und sie selbstverständlich Sonntags sauber und gebügelt wieder in seinen Rucksack packen wollte. Außerdem kritisiere er meine Kochkünste, zahlte nichts zum Haushalt dazu, warf überall sein Zeug hin und war beleidigt, wenn ich am Wochenende meine Tage hatte. Die lieben Mädels nannten mich ZICKE! „Wenn es möglich wäre, dir dieses Rassepferd auszuspannen, würde ich auf der Stelle einen Kochkurs belegen und meinen Zyklus auf die Wochentage verschieben!, meinte Tina ernst. „Genauso sehe ich das auch! Prösterchen!, lachte Marion und hob das Glas.

    Ich hatte Mick gebeten, wieder bei seinen Eltern einzuziehen. Seitdem war alles prima! In der Familie und im Freundeskreis konnte man das Aufatmen förmlich hören. Micks Mutter kaufte leidenschaftlich gerne Zeug für unsere Aussteuer. Unsere Väter waren Freunde, gingen zum Fußball, trafen sich auf ein Bierchen. Mick hatte klare Pläne. Wenn die Ausbildung bei der Polizei abgeschlossen war und er in irgendeinem Präsidium seinen Dienst tun würde, sollte ich seine Frau werden. Sogar der Bauplan für unser gemeinsames Nest war bereits von der Stadt Bremen genehmigt!

    Wir fuhren ohne Worte mit dem Mini in die Stadt und schlenderten durch die fabelhafte, lukullische Einkaufsmeile. Ich kaufte Antipasti, Weißbrot und Argentinischen Rotwein. Nach einem ausgiebigen zweiten Frühstück auf der Sonnenterrasse des ‚Alex‘, rief Mick einen Freund aus seinem Sportclub an, der sich spontan mit seiner Freundin zu uns gesellte. Der Nachmittag verlief noch richtig nett. Abends wollten wir auf meiner Dachterrasse essen. Mick deckte mit großem Getöse den Tisch um seine neuen guten Vorsätze zu präsentieren. Dann schaltete er den CD Player ein ohne vorher zu checken, welche Scheibe in dem Kasten lag. „Gefällt dir neuerdings alte Leute Mucke?, spöttelte er. „Du hörst dir doch auch gerne Neil Young an, oder nicht?, blitzte ich zurück. „Das ist politisch!, sagte er und sah mich dabei an als würde er das ernst meinen. „Okay! Keinen Stress mehr heute!, sagte ich. Ich stellte die Antipasti Platte auf den Tisch und schnitt Brot auf. Mick schenkte den Wein ein und warf seine Stirn in Falten. „Aber wieso hast du Depeche Mode verlassen? Er konnte nicht aufhören! „Ich habe die CD von Led Zeppelin seit ich mit Jackson in Ottersberg war. Led Zeppelin haben mir schon immer gefallen! In Ottersberg gibt’s so eine Art Retro Disco. Total der Hammer! Wie in dem Film ‚From dusk till down‘. Der Laden heißt Hell’s Kitchen. Ein Alice Cooper Verschnitt legt die Scheiben auf; sehr alte Scheiben! Irre! Einfach irre!

    Sehnsucht begann in mir hochzukriechen …

    Mick fing an mit gebeugtem Rücken und verdrehten Augen über die Terrasse zu tanzen. „Huh, huh. Grusel! Gruuuuusel! Ich war genervt! „Weißt du, vielleicht kann ich mich nicht richtig ausdrücken. Lassen wir’s einfach!

    „Und was ist jetzt mit Depeche Moden?", äffte er.

    „Wann geht morgen dein Zug?"

    Endlich gab er sich geschlagen. „Okay! Okay! Wieder lieb!" Nach dem Essen, Rotwein und Bier, gingen wir ins Bett und schliefen in Löffelchenstellung ein.

    Sechs

    Die Wohnung ist verwüstet. Es riecht nach Kotze. Und Pisse. Das Bett ist nass. Ich bin 25 Jahre alt und total kaputt! Ich bedauere mich zutiefst!

    HEUL DOCH!

    Ich weiß nicht welcher Tag heute ist.

    ZUR HÖLLE! Zur Hölle? Ha, ha, ha! Zur Hölle! Lachkrampf … Hustenanfall…

    Ich ziehe mein Minigewicht von etwa 45 Kilo hinaus über den Flur in mein Büro. Ein Blick auf meine Füße sagt mir, dass ein Pflegeprogramm dringend nötig wäre. Ein Pflaster auf der Schnittwunde am Oberschenkel wäre auch nicht schlecht! Hier sollte eigentlich ein Kalender liegen? Ich finde ihn neben einem Berg feuchter Kleenex Tücher. 25. Woche! So, so! Aber haben wir die noch? Es muss längst Winter sein, so kalt wie mir ist! Ich könnte einen Blick in meinen Briefkasten werfen! Nachsehen, wo meine Eltern geblieben sind! ….Okay! Mein Gehirn entwickelt einen Plan …

    Im Bad finde ich eine schmutzige Jeans. Angezogen ist sie viel zu weit … Aus der Toilette wabert penetranter Gestank von Kot und Kotze. Ich spüle mehrmals und gebe Reiniger hinein. Ein nach Schweiß riechendes T-Shirt krönt mich zum Freak.

    Draußen ist es angenehm warm! Ich wanke zum Briefkasten und kämpfe mit plötzlich auftretendem Herzrasen und mit Übelkeit. Mein Kopf ist ein Kreisel! Ich muss ernsthaft krank sein?!

    Im Blickwinkel sehe ich, dass mich Frau Horn neugierig beobachtet. „Kommt nichts im Fernsehen?" krächze ich zu ihr hinüber. Achtung Gehirn: Steuernetzwerk aktivieren, Fuckfinger ausfahren! Zack! Schon ist die Töle in ihrem Haus verschwunden!

    Bei meinen Eltern ist alles verriegelt und verrammelt! Scheiße! Wo sind die denn? Der Briefkasten quillt beinahe über! Ich trage den Krempel hinauf in meine Wohnung und komme erneut komisch drauf. Ist das der Blutdruck? In der Küche sieht’s aus, als hätten viele Leute mehrere Tage gefeiert. Ich staune wie viel Geschirr ich besitze! Und alles ist schmutzig! Auf dem Tisch steht eine halbleere Flasche Campari. Ich spüle eine Kaffeetasse aus und gieße mir was davon ein. Das schmeckt beschissen; verdünnt mit Leitungswasser geht aber klar!

    Ich checke die Post und finde Werbung ohne Ende. Eine Ansichtskarte kommt zum Vorschein. Wie nett! Die glückliche Familie aus Lilienthal macht Ferien am Gardasee. „Hallo Lisa! Wir sind wieder einmal in unserem Paradies! Und wo bist du? Wir lieben dich! Tina, Peter und die Kids!" Scheiß Text! Abgeschickt am 9. Juni.

    Kontoauszüge. Ein handgeschriebener Zettel: ‚Erbitte dringend Anruf! Gerne auch privat! Werner‘ Magenschmerzen.

    Kolik!

    Ich kotzte in meine Spüle.

    Danach setze ich mich in einen meiner schicken Leopardensessel im Wohnzimmer und stinke vor mich hin. Meine Haare riechen säuerlich. Ich muss mich beruhigen. Versuche langsam zu atmen.

    Ein und aus. Ein … und …aus.

    Das mache ich so lange, bis ich mich traue das Telefon in die Hand zu nehmen und die Werner anzurufen. Ich wähle die Nummer und warte. Sie meldet sich atemlos und zwitschert laut ihren Namen. Ich bekomme aus dem Stand Migräne. „Hallo, hier ist Lisa. Lisa Bäumel, flüstere ich in den Hörer. „Lisa! Gott sei Dank melden sie sich. Wie geht es ihnen?, schreit sie mich an. „Es geht mir besser, log ich. „Prima! Morgen ist Montag. Sie fangen mit Spätschicht an. 14Uhr bis 21Uhr. Ist das okay für sie? Oder wäre ihnen ein Tagesdienst lieber? Mir wäre allerdings mit einem Spätdienst mehr geholfen! AHA! MORGEN IST MONTAG!

    „Also, ehrlich gesagt, wollte ich noch zu Hause bleiben. Ich war ziemlich mies drauf. Eine schwere Grippe. Hier sieht‘s furchtbar aus! Ich müsste dringend putzen, Wäsche waschen, einkaufen gehen, ich …" Was ist denn jetzt? Rege ich mich so auf, dass ich … Mein Kreislauf! Ich rutsche hilflos aus dem Sessel auf den Boden. Schweiß dringt aus all meinen Poren. Meine Haare sind sofort klitschnass. Ich kriege keine Luft.

    „Lisa! Jetzt passen sie mal auf. Sie hatten ein Attest für drei Tage. Zwei Tage fehlen sie bereits unentschuldigt! Heute ist Sonntag. Ich kann das für sie rückwirkend geradebiegen. Nur frage ich mich inzwischen, wie es mit ihnen weitergehen soll? Letztes Jahr hatten sie 72 Krankheitstage! Zweiundsiebzig!!! Dieses Jahr sind es bereits 29! Das geht nicht auf Dauer! Ist ihnen das eigentlich klar? Wollen sie ihre Arbeit verlieren? Hören sie, morgen ist der 23. Juni. Übermorgen möchten ihre Kolleginnen und Kollegen wissen, ob ich ihnen ihre gewünschten Urlaubstage genehmigen kann oder nicht. Sie waren mir in der Ferienzeit immer eine verlässliche Stütze! Sind sie das dieses Jahr auch? Irgendwas stimmt mit ihnen nicht! Sie waren doch früher nicht so. Lisa! Was ist passiert? Hallo?

    Wissen sie was? Mein Mann spielt heute Golf und ist sicher nicht vor 18Uhr zurück. Sie bringen Kuchen mit, ich mache uns Kaffee und dann reden wir mal wie zwei Freundinnen. Wir kennen uns inzwischen ein paar Jahre und ich schätze sie sehr. Ich vertraue ihnen und sie können mir vertrauen. Lisa? Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir mal vernünftig miteinander reden würden. Sie kommen doch?"

    Mein Kopf … gleich platzen meine Augen aus ihren Höhlen! Ich drücke auf die ‚Ende‘ Taste. Freundinnen! Ha, ha, ha, ha! Ich lach‘ mich tot!

    Wie bin ich nur zu diesem ominösen Attest gekommen? Ich kann schlecht bei meinem Arzt anrufen und fragen ob ich vor kurzem da war. ‚Hallo, hier ist Lisa Bäumel. War ich von ein paar Tagen in ihrer Praxis?‘ Ich bin tatsächlich reif für die Klapse!

    Ich knalle meinen Kopf an die Wand. Einmal… Zweimal… Dreimal. Ich hasse mich. ICH HASSE MICH!

    Ich spüle drei Valium mit Campari hinunter und lege ein Bettlaken auf die feuchte Matratze. Das Messer lege ich neben mich.

    Das Telefon läutet. Der AB ist abgeschaltet. Klingeling. Klingeling. Draußen stimmen die Kirchenglocken mit ein. Hört sich schön an. Bim, bam, bim, bam. Heute ist Sonntag der 22. Juni!

    Sieben

    „Die Besprechung war sehr aufschlussreich, nicht wahr? Irmi sah mich grinsend an und spielte mit einer pinkfarbenen Perlenkette, die sie mindestens dreimal um den Hals gewickelt hatte. „Wenn du damit die sich ständig ändernden Gebührentabellen meinst … „Aber Lisalein, hast du nicht bemerkt, dass der Haunschild unterm Tisch mit der Meier gefüßelt hat? „Du immer mit deinen Verdächtigungen! Die Meier heiratet! „Die heiratet? „Ja! Die ganze Abteilung weiß, dass das Brautkleid rot sein wird und nicht weiß! „Rot und nicht weiß? „Ja! Rot! „Wie kommt das denn? „Irmi! Nerv mich nicht! Rot ist derzeit heiratstechnisch mega! Ich würde in einem roten Smoking heiraten! „In einem Smoking? „Kannst du bitte aufhören, dich wie ein Papagei zu benehmen? Ich packte die Frau an den Schultern und drehte sie Richtung Kantine. „Tu mir einen Gefallen und trink ein schönes Käffchen. Iss dazu eines deiner geliebten Nougathörnchen; das macht dich wieder locker. Dabei kannst du dir überlegen, ob du mit mir am Donnerstagabend nach Ottersberg fahren möchtest. „Nach Ottersberg? „Yes! Coole Disco! Ich fahre, du kannst was trinken! „Wieso? Ich trink doch nie was! „Schwirr endlich ab, bevor ich mich vergesse!"

    Da kam die Werner um die Ecke. „Ach wie praktisch! Frau Bäumel, Lisa, kann ich sie mal kurz sprechen? Irmi machte einen Abgang. „Ja. Klar. „Dürfte ich ihnen am Montag zwei Auszubildende anvertrauen? Frau Meier nimmt sich wegen ihrer Hochzeitsvorbereitungen nächste Woche frei und da dachte ich, … „Null Problemo! Allerdings würde ich mich den beiden gerne am Freitag vorstellen. Es ist einfacher für Montag was vorzubereiten, wenn ich mir vorher einen Eindruck von den Herrschaften machen konnte. „Das tun wir sofort!, strahlte die Werner. Sie rief Irmi hinterher, sie möge die Mädchen holen gehen. Es wunderte mich, dass aus Irmis Mund nicht „… die Mädchen? blubberte, aber sie guckte so doof, als könnte sie nicht bis drei zählen. Kurz darauf kam Irmi Windisch mit zwei Mädchen an, von denen eine so viel Blech im Gesicht hatte, dass es einem graute. „Guten Morgen. Ich heiße Lisa Bäumel. Sie sind in den nächsten zwei Wochen bei mir. Wir werden uns gemeinsam um die Post kümmern. Ich bin hier eine der Sekretärinnen hinter den Kulissen, sozusagen. Wie heißen sie?", fragte ich so charmant wie nur möglich.

    Claudia Schäfer. Sie wurde feuerrot, wenn man ihr in die Augen sah. Niedlich! Zierlich, dunkelhaarig, wirkte äußerst sympathisch.

    Alena Gerl sah mich herausfordernd an. Sie hatte mehrere Piercings im Gesicht und an beiden Ohren mindestens 30 kleine Ringe. Sie war bildhübsch!

    „Gut! Ich würde gerne mit ihnen einen Kaffee trinken gehen. Gehen sie bitte schon mal vor in die Kantine. Ich komme sofort nach! Die Mädchen machten sich auf den Weg. „Im Laden kann die junge Dame mit dem vielen Schmuck aber nicht arbeiten! Stellen sie sich mal die entsetzten Gesichter unserer Kunden vor, wenn sie von so jemanden beraten werden würden. Nein das geht gar nicht! Mit dem Kind sollten sie reden! Sie sind jung, schön und haben Geschmack! Vielleicht können sie auf das Mädchen Einfluss nehmen, sonst sehe ich für sie in unserem Geschäft keine Zukunft. Machen sie ihr das unmissverständlich klar! Ich werde in der Personalabteilung anklingen lassen, dass man bei der Einstellung auch auf das Äußere der Personen zu achten hat! Das sollten die eigentlich wissen! Muss ich mich jetzt auch noch darum kümmern? Na! Wie gesagt! Sie machen das schon! Die beiden Fräuleins sind bestimmt von ihnen beeindruckt!, streichelte die Werner mein Ego.

    „Oder auch nicht! Jedenfalls bedanke ich mich für das Kompliment. Ich muss jetzt los, sonst kann ich mir die Arbeit heute mit nach Hause nehmen. Was macht ihr Zahn? „Eine Wurzelbehandlung! Der Arzt hat die Wurzel gekappt, Schmerztabletten verschrieben und mich heim geschickt. Das war’s. Lassen sie sich nicht aufhalten.

    Nach dem Kaffee mit den Kids saß ich an meinem Computer und checkte die mails. Irmi bestätigte unser date am Donnerstag! Jack schrieb: „Naaaa Süße? Hast du dich wieder im Griff? Heute Sundowner bei mir auf Balkonien? Thema: Urlaub! Tunesien oder Marokko? Tendiere zu Tunesien! Auf dem Cover des Reisekataloges ist ein leckeres, braungebranntes, knackiges Ding in einer klitzekleinen roten Badehose abgebildet! Meine Antwort: „Campari Orange! 18Uhr!

    Ich legte einen Zahn zu! Bearbeitete Posteingänge, führte Kundengespräche und beruhigte zwei aufgebrachte Teilnehmer in meinem bescheidenen Reich. Angeblich hatte man ihnen Rechnungen zu hoch ausgestellt. Tz!

    Danach öffnete ich das Fenster und stand plötzlich mit meinen schweineteuren Schühchen in Blumenerde! Ich wollte gerade wie das HB Männchen in die Luft gehen, als Irmi ohne anzuklopfen mein Büro betrat. Sie ließ einen Schrei los, lief wieder hinaus und kam mit Schaufel und Besen zurück. „Was hast du denn jetzt wieder angestellt?, rief sie und fing an zu fegen. „Dieser Scheiß Blumentopf ist schon wieder umgefallen! Der fliegt jetzt endgültig raus! „Na hör mal! Den Topf hat dir Mick geschenkt! Ich habe noch nie von einem Mann einen Blumentopf bekommen! Du bist so undankbar! Übrigens hat die Meier eindeutig was mit dem Haunschild. Eben ist er aus ihrem Büro gekommen und hat … „Halt die Klappe! Danke für die Rettung! Ohne dich wäre ich aufgeschmissen! Ich schob sie aus meinem Büro. „Schön dass du am Donnerstag mitkommst. Wir besprechen morgen die Details, okay?" Ich machte die Tür hinter ihr zu.

    „Ha, ha, ha, ha, du fährst mit Irmi nach Ottersberg? Jackson trug ein bauchfreies, blaues T-Shirt mit Batikmuster. Blaue Haare, blaue Zehen- und Fingernägel. Pinkfarbene Kreolen. Pinkfarbene Shorts, in denen vom rechten Fußknöchel aufwärts, das Bein entlang eine tätowierte, bunte Rosenranke verschwand, aus dem Hosenbund hervor unter ihr T-Shirt kroch. „Na, wenn du sie mit einem Lolli in die Ecke hockst, hast du Ruhe und freie Hand! Ha, ha, ha! „Du bist so böse! Dich hätte ich gar nicht erst gefragt! Du sagst doch immer: ‚zweimal gehe ich da aber nicht hin‘ äffte ich. „Aber Süße! Ich dachte mir gleich, dass du nochmal nach der Knusperschnitte gucken willst … Derweil ich einen Blick auf Monas bombastische Titten werfe! Ich komme selbstverständlich mit!"

    Als wir mit einem Drink in der Hand in Korbstühlen saßen und die Beine übers Balkongeländer baumeln ließen, fragte Jack: „Wolltest du es eigentlich schon mal mit einer Frau machen? „Nö, nicht mal besoffen!

    Meine Freundin machte schmatzende Geräusche! „Ich möchte schon gerne wissen wie das ist bevor ich alt und runzelig bin! „Wollten wir nicht über den Urlaub sprechen? „Gut! Im Grunde habe ich das bereits entschieden. Wir fliegen nach Tunesien! Sie sah mich mit verdrehten Augen an und miaute! „Mir ist das Ziel einerlei. Hauptsache es geht in die Sonne. Zeig‘ mal den Katalog … Es klingelte. „Heilige Scheiße! Den habe ich total vergessen! „Wie meinen? fragte ich. Jackson lief zur Tür. „Lisa, sorry, aber kannst du bitte gehen? Nimm‘ den Katalog mit. Ich hab‘ den Fernsehmechaniker bestellt!" Sie zwinkerte mir zu und öffnete die Tür. Da stand ein Muskelmann mit Glatze und tätowierten Armen!

    „Was ist denn mit deiner Glotze?", fragte ich erstaunt.

    Jack nahm mich vor den Augen dieses Bodybuilders in den Arm, fasste unter meine Bluse und leckte über meine Lippen. Dem Mann fielen die Augen aus dem Gesicht!

    Acht

    „Hast du nicht gesagt, dass Jackson mitkommt? „Die ist krank, maulte ich. „Was hat sie denn? „Sie ist erkältet. „Tja kein Wunder wenn man ständig nackt durch die Gegend rennt! Die Frau nervte jetzt schon! „Sieh‘ mal, da ist der Parkplatz!

    Jackson rief heute Mittag völlig aufgelöst an. „Hör‘ zu!, schrie sie. „Filzläuse sind flach und rundlich, etwa zwei Millimeter im Durchmesser. Sie werden beim Geschlechtsverkehr, gelegentlich auch durch Kleidung oder Bettwäsche übertragen. Ich kotz gleich!

    „Wie bitte?", fragte ich blöde.

    „Ich war bei Tinas Hausärztin. Kann ja wohl nicht zu meinem Arzt gehen. Was glaubst du, was der über mich denkt!"

    „Wieso schreist du denn so?" Ich verstand nur Bahnhof.

    „Jedenfalls hat die mir ein Puder verschrieben. Seit gestern läuft ohne Unterbrechung die Waschmaschine, weil ich alles waschen und putzen muss. Ich bin völlig fertig! Kann bitte jemand kommen und mich erschießen? Die Tante hat gesagt, ich muss unbedingt mit dem Typen darüber sprechen. Er soll die gleichen Medikamente nehmen wie ich, … aber, aber ich kenn‘ den doch überhaupt nicht!" Sie war völlig hysterisch!

    „Soll das heißen du hast Filzläuse? Das ist ja ekelhaft! Von wem sind die denn?"

    „Hörst du nicht zu? Von dem Fernsehheini!", schrie sie wieder.

    „Aber du wirst doch wissen wie er heißt und wo er wohnt?"

    „Mann! Sei nicht so spießig! Geh‘ mir mit deiner Moral bloß nicht auf den Sack! Ich weiß von dem Null! Ich hab‘ ihn bei Angelo angemacht und eingeladen".

    „Gut dann fahr‘ ich mit Irmi alleine nach Ottersberg und du pflegst deine Muschi!" Ich war fassungslos! Geschockt! Ich war sauer auf das Ferkel!

    „Süße, könnte sein, dass wir uns etwa 10 Tage nicht sehen. Ich muss die Behandlung mehrmals wiederholen und zur Nachuntersuchung. Ins Reisebüro gehen wir später. Wir haben Zeit. Hast du dich entschieden? Wo möchtest du hinfliegen?" zirpte sie plötzlich sanft in mein Ohr.

    „Darfst du denn mit Filzläusen das Land verlassen?", knurrte ich.

    „Echt witzig, wirklich!". Niedergeschlagen.

    „Tunesien?", schlug ich vor.

    „Supi! Sag‘ mal hat Mick heute zufällig Zeit? Er könnte bei mir einen Krankenbesuch machen!"

    „Ha, ha!"

    „Ich liebe dich!", schnurrte sie.

    „Ich liebe dich auch du blöde Kuh!"

    Irmi glotzte aus dem Fenster. „Da ist ganz schön was los. Viele Motorräder. Ich parkte den Mini. Irmi stieg aus, streifte ihren Jeansrock glatt und wir machten uns auf den Weg. „Du hast tolle braune Beine. Solltest höhere Hacken anziehen, dann kommen sie noch besser!, sagte ich und meinte es ausnahmsweise ernst.

    Sie sah in der orangen Bluse, dem blauen SICHTBAREN! Wonder Bra und dem Jeansröckchen aus wie ein Trampel! „Nä! Damit kann ich nicht gehen und obendrein sind hohe Schuhe ungesund. Du wirst im Alter mal Probleme kriegen!" antwortete sie schnippisch.

    „Ja, ja! Mach‘ dich locker!" Die Frau war nicht zu verbiegen.

    Sie öffnete ihr albernes Täschchen in Herzform und zahlte je 7 Euro. Irmi fühlte sich veranlasst das Kassenhuhn zu löchern, wie viel Verzehrguthaben im Eintrittspreis steckte.

    JACKSON! DU FEHLST MIR!

    Als das geklärt war, gingen wir endlich hinein. Harte Kerle spielten Billard. Zigarette im Mundwinkel, ohne Worte voll konzentriert den nächsten Stoß bemessend. Sie beachteten uns nicht. Wir kamen an der kleinen Bar vorbei, durch den dunklen Gang, in dem sich ein Pärchen heftig küsste. An der großen Bar bestellten Irmi und ich Cola light und lehnten uns an den Tresen. „Die Musik ist klasse! Sind das nicht KISS?", rief Irmi begeistert und sah mich fragend an.

    „Ja. KISS".

    „Und die vielen Leute! Die Disco ist ein Geheimtipp!, jauchzte der Trampel. „Wo ist die Süße mit den wuschigen Haaren?, schrie jemand in meinen Nacken. Es war Mona in einem hautengen ‚Hell’s Kitchen‘ T-Shirt. BOMBENALARM! Die pralle Tante wartete auf Antwort. „Sie hat sich erkältet. Ich habe heute eine Kollegin dabei. Darf ich vorstellen, das ist Irmi". Ich wollte eine lässige Handbewegung machen und verschüttete meine Cola. Mann. Mann. Mann.

    Da sah ich Alice winken. Ich sollte wohl zu ihm hochkommen. Im Grunde hatte ich mich nicht mehr im Griff! Nicht auszudenken, wenn mir tatsächlich nochmal dieser ‚Typ‘ begegnen sollte! Ich musste mich schleunigst konzentrieren! Keine Fehler machen! Brust raus! Rücken gerade! Ein bisschen gelangweilt schauen … nein, nein, neiiiiin! Ich glaube ich bekomme einen Herzinfarkt! Verdammte Scheiße! Was war nur mit los? Ich konnte vor Aufregung kaum laufen, dabei war der ‚Typ‘ doch gar nicht da! Locker bleiben ….und rauf auf die Kanzel!

    Alice nahm mich zur Begrüßung kurz in die Arme und gab Küsschen. „Wünsch‘ dir was, Schönheit!, sagte er lächelnd. „Led Zeppelin. Whole lotta Love, blubberte es aus meinem Mund. „Kommt! „Danke! Ich geh‘ wieder runter zu meiner Kollegin, stotterte ich. „Habt ihr Betriebsausflug?, fragte Alice. „Nö. Während ich mich zum Affen machte, amüsierte sich Irmi mit einem Barmann. Sie trank Tequila! Spaßig!

    Plötzlich ging das Licht aus und wieder an. Ansage: „Auf besonderen Wunsch einer Freundin … Whole lotta love!"

    SPOTT AUF MICH!

    JESSAS!

    Spott auf die Tanzfläche. ICH WOLLTE HEIM!

    Kaum lehnte ich wieder an der Bar, tauchte er aus dem Nichts auf und ging an mir vorbei auf die Tanzfläche … Er trug eine alte verwaschene Jeans, die perfekt seine langen muskulösen Beine betonte. Braungebrannter Oberkörper! Weißes Shirt! Um seinen Hals hing eine silberne Kette mit einem großen Kreuzanhänger. Die Haare waren noch länger als ich dachte. Hellbraun und glänzend. Er hatte die Augen geschlossen. Ich betrachtete den Mann und seinen hocherotischen Körper, wie er sich rhythmisch bewegte und die Musik in sich hineinsaugte.

    Anmutig! Leidenschaftlich!

    Mir lief Sabber aus dem Mund!

    „Wollen wir tanzen?, erschreckte mich Irmi zu Tode. „Geh‘ nur. Ich tanze später, hörte ich mich sagen. Meine Augen waren längst wieder auf das Objekt meiner Begierde gerichtet. Langsam kamen er und Robert Plant zum Höhepunkt.

    Shake for me, girl. I wanna be your backdoor man. Keep it coolin‘, baby.

    Als die geile Nummer zu Ende war und Lynyrd Skynyrd übernahmen, ging er von der Tanzfläche und ich wie ferngesteuert hinterher. Sein Knackarsch hypnotisierte mich bis er in der Herrentoilette verschwand. Ich versteckte mich im Damen Klo und nutzte die Zeit für einen Blick in den Spiegel. Als ich ihn durch den Türspalt spähend wieder herauskommen sah, riskierte ich einen Zusammenstoß und sagte: „Du bist der schönste … Er antwortete „ich weiß! und seine großen, aber mandelförmigen dunklen Augen lachten spöttisch, als er in die Disco zurückging.

    ICH WOLLTE SOFORT AN ORT UND STELLE VERGLÜHGEN!

    Wie bitte? Was hatte ich da eben gesagt? Ich musste völlig verblödet sein!

    Was mache ich jetzt mit Irmi? Ich gehe da auf keinen Fall nochmal hinein!

    Klarer Kopf! KLARER KOPF! VERDAMMTE SCHEISSE!

    „Wollen wir eine rauchen?"

    HILFE! EIN PIRAT!

    „Ja, ..ja wieso nicht!, stotterte ich entgeistert. Captain Sparrow ging voraus an die kleine Bar. Er bestellte für uns beide Bier und bot mir eine Zigarette an. „Bist du die Flamme von Sid?, fragte der Pirat.

    „Wie bitte?", stotterte ich.

    „Na von Sid! Du hast eben mit ihm gesprochen".

    „Ach, der heißt Sid? Was ist das denn für ein Name?", ich war total überfordert.

    „Sex Pistols? Sid Vicious? Punk?, sagte er und fuchtelte mit seiner Zigarette vor meiner Nase herum. „Aha! Und was hat der Name mit ihm zu tun?

    „Nix! Das ist sein Spitzname. Gab‘ mal eine Zeit, da war Ben ein Punk. Ist aber schon lange her".

    „Und was macht dieser Ben sonst so?" KOMM PIRAT KLÄR MICH AUF.

    „Das frag‘ ihn mal selber".

    „Ich bin Gesteinslaborant". Ich drehte mich erschrocken um und meine Luftröhre verknotete sich augenblicklich!

    LÄCHELN! NUR DIE RUHE!

    Was für ein Gesicht! „Hallo, ich heiße Ben. Manche sagen Sid. Und diese Kreatur ist mein Freund Hunter. Manche nennen ihn Christian. Ich denke mir seit einer Woche Namen aus, die zu dir passen könnten, aber ich wusste das du wieder kommst, deswegen frage ich dich direkt. Wie heißt du Schönheit?" Er lächelte mich an.

    „Lisa", krächzte ich.

    „Lisa. Wie er meinen Namen aussprach! „Wollen wir draußen eine rauchen?, fragte er mit tiefer rauer Stimme.

    „G…gern". Eigentlich rauchte ich gar nicht aber ich tapste sofort hinterher wie ein Dackel. Draußen öffnete er die Beifahrertür eines nachtblauen Camaro und ließ mich in weißes Leder setzen. Er nahm neben mir Platz und öffnete die Fenster. Ich hatte Hunters Zigarette zwischen meinen Fingern ganz vergessen und warf sie erschrocken hinaus. Dann ließ ich mir von Ben eine neue geben und er fing mit seiner dunklen Stimme an zu reden. Er meinte vom Blitz getroffen worden zu sein, als er mich letzte Woche sah. Er musste immerzu an mich denken und hoffte sehr, dass wir uns wiedersehen. Irgendwie wäre er zuversichtlich gewesen. Mein Blick hätte ihm Interesse signalisiert!

    Echt? Schluck!

    Ich sagte, ich hätte auch die ganze Woche an ihn gedacht. Da beugte er sich zu mir und gab mir einen Kuss auf eins meiner Grübchen. Hilfe! Ich drehte mich zu ihm und hauchte schüchtern ein zärtliches Küsschen hinter sein Ohr. Es war übrigens das schönste Ohr, das ich je gesehen hatte. Er stöhnte ein bisschen. Heiß! Wir sahen uns in die Augen und ich wusste, dass ich verloren war.

    „Bist du ein Model?"

    „Quatsch!", sagte ich.

    „Du siehst aber so aus!"

    „Wie wer?", fragte ich neugierig.

    „Hm. Eine Mischung aus Kate, Heidi und Pamela. Ja! Das trifft‘s!"

    „Pamela?"

    „Anderson!"

    „Aha! Nö, ich arbeite in einem Callcenter!"

    „Hast du jemanden?", fragte er leise.

    „Ja", gestand ich ungern.

    „Dachte ich mir. Ich … habe mich sofort in dich verknallt. Irre! So ist das glaube ich mit der Liebe auf den ersten Blick. …Ich bin nicht gut darin, jemanden meine Gefühle zu zeigen, aber du sollst wissen, dass ich dich Tag und Nacht herbeigesehnt habe und …"

    Er sah mich mit einem Gesichtsausdruck an als wäre er sich nicht sicher die richtigen Worte gewählt zu haben. Aber ich strahlte ihn an. Er nahm mich in den Arm und drückte mich an seine Brust.

    GLEICH BIN ICH TOT!

    „Ist das deine Freundin, die da gerade kotzt?"

    „Verdammt, was … Ich löste mich von ihm, sprang aus dem Auto und lief zu ihr. „Irmi! Was hast du denn? Sie putzte ihre Bluse mit einem Taschentuch ab. „Alles gut! Zuviel Tequila, sagte sie und rülpste. Dann musste sie sich an der Laterne festhalten, die vor der Disco stand. Wir hörten schwere Motorradstiefel auf uns zukommen. „Heiliger Bimbam! Markus Schenkenberg! Neiiiin! Ein Indianer!, schrie Irmi. „Das ist Ben. Ben , meine Kollegin Irmi. „Hallo Irmi, sagte Ben. „Lisa sollte dich schleunigst nach Hause bringen, klar?"

    Ich hasste diese Frau!

    Ben stellte sich vor mich, berührte sanft meine Arme und gab mir einen Kuss. „Bring sie heim, raunte er. Ich flüsterte „gut und ertrank in seinem Blick. Dann drehte er sich um und ging in die Disco.

    Wie jetzt? Keine Telefonnummer? VERDAMMTE SCHEISSE!!!!

    „Ich muss nochmal kotzen, Lisa, jammerte Irmi. „Tu dir keinen Zwang an!, schrie ich.

    Ich musste zweimal anhalten, weil es Irmi so dreckig ging. Dabei wurde die Polizei auf uns aufmerksam. Papiere zeigen! In einen Automaten blasen! Null Promille! Allerdings hatte ich keinen Verbandskasten dabei und sollte ihn in den nächsten Tagen in der Polizeiinspektion 1 herzeigen. Toll! Ganz toll! Der angehende Polizist an meiner Seite würde mir unentspannt einen Vortrag halten und sich dann grinsend eine Strafe ausdenken.

    Verheimlichen half nichts, denn mein Freund erfuhr die News meistens von Irmi! Sie hatten aus früheren Zeiten gemeinsame Freunde und telefonierten hin und wieder. Dieses Getuschel zwischen den beiden hat mich nie wirklich interessiert!

    Zuhause blinkte der AB: „Schnuffel? Hallo? Bin am Samstag gegen 18Uhr am Bahnhof. Wenn du magst, können wir bei Angelo was essen und uns danach zu Hause eine DVD angucken. Kein Porno! Action! Hallo? Wo bist du überhaupt? Seeeeehnsuuuuucht! Liebe dich! Zungenkuss!" Die Geräusche, die dann kamen, hörten sich an wie ein Wasser schlabbernder Bernhardiner.

    Neun

    „Mama? Ist was passiert? Meine Mutter hielt eine Tüte frischer Brötchen in die Luft. „Quatsch! Machst du uns Kaffee, oder kommst du runter? Ich ging in meine Küche und schaltete den Automaten ein. „Komm‘ rein. Wir frühstücken bei mir!"

    Uns gehörte ein Zweifamilienhaus. Meine Eltern wohnen im Erdgeschoss und ich unter dem Dach. Jede Wohnung hat 120qm Wohnfläche. Mit meinem Schulabschluss und einem Arbeitsvertrag in der Tasche, hatte ich bei der Bank ein Darlehen von 40 000 Euro aufgenommen und damit das Dach ausbauen lassen. Ich bastelte mit Hilfe eines Architekten den perfekten Plan und war stolz, weil meine Ideen fast alle umgesetzt werden konnten.

    Die Wohnung wurde tres chic! Ich versuchte mich an abstrakter Malerei, lehnte übergroße krakelige bunte Bilder an die Wände und bestückte die Räume mit ein paar Designermöbel. Ein Träumchen!

    Wir verstehen uns gut meine Eltern und ich. „Wieso parkt dein Auto nicht auf deinem Stellplatz? Meine Mutter streckte den Zeigefinger in die Höhe und äffte den Nachbarn Herrn Horn nach. „Sie wissen doch, dass hier alles seine Ordnung haben sollte!

    Ich antwortete mit tiefer Stimme: „Weil ich gleich die Hecke schneiden werde! Meine Mutter simulierte einen Schreikrampf und brach auf dem Hocker zusammen. „Ich fasse es nicht! Woher diese Energie? Dein Vater beschwert sich seit du den Führerschein in der Tasche hast! Zerkratzt dir das Gestrüpp endlich die Motorhaube? „Nö! Ich habe einfach Bock auf Blasen!" lachte ich. Seit Wochen hatte ich mir den Tanz mit der Heckenschere vorgenommen, damit mein Vater endlich Ruhe gab. Am liebsten würde der Mann mich zur Gartenarbeit zwingen, aber bisher konnte ich erfolgreich die Flucht ergreifen.

    „Wann kommt Mick nach Hause?, fragte meine Mutter und lud sich ordentlich Käse auf die Stulle. „Ich hole ihn um 18Uhr vom Bahnhof ab. Mama nippte an der Kaffeetasse und fing an zu jammern. „Der arme Junge wird froh sein, wenn das mal vorbei ist! Immer diese Schießereien! Dauernd durch den Dreck robben! Das hält man nicht aus auf Dauer! Und gesund ist das sicher auch nicht!"

    HÄ?

    „Mama! Mick robbt selten durch den Dreck und von Schießereien habe ich noch nie was gehört. Ich weiß, dass er viel Spaß hat bei der Bundeswehr. Ihm gefällt was er tut, glaube es ruhig!"

    „Wenn ihr möchtet, koche ich am Sonntag für uns alle. Diese Dampfkost würde mir zum Hals heraus hängen! Ihr telefoniert doch bestimmt noch heute Abend. Dann frag‘ ihn was er essen möchte. Sauerbraten? Rinderbraten? Schweinebraten? Schnitzel? Mir ist alles recht!"

    Ich begann meinen Gedanken nachzuhängen, aß schweigend eine Brötchen und summte ein Liedchen. (Old Mac Donald has a farm …)

    „Was sagt eigentlich dein Freund dazu, dass du mit diesem bunten Vogel Urlaub machen willst?" Ich wusste, dass sie versuchen würde mich zu zutexten! (i..eih, i..eih, ho!)

    „Zu unserer Zeit wäre so was nicht denkbar gewesen! Dein Vater hätte mich nicht fortgelassen! Ein junges Paar sollte gemeinsam Urlaub machen, nicht getrennt!"

    „Mama! Ich werde in Kürze 20 Jahre alt! Ich will mein Leben genießen! Mit Jackson habe ich eine prima Freundin gefunden! Ich liebe sie! Wir haben zusammen Spaß! Du fährst seit Jahren mit deinem Damenkränzchen in den Urlaub! Das findest du doch auch geil, oder nicht?"

    „Eine Ausdrucksweise hast du! Schrecklich! Außerdem ist das was anderes, wenn ich mit Freundinnen Wander- oder Wellnessurlaub mache! Für beides ist dein gestresster Vater nicht zu haben. Der will 14 Tage am Strand liegen und dann ist’s gut!"

    (old Mac Donald has a farm …)

    „Erstens kann ich nicht zweimal im Jahr in Urlaub fliegen und zweitens hat Mick nichts dagegen. Der weiß nicht mal, wann er wieder länger frei kriegt und wenn, dann will er sowieso lieber zu Hause bleiben (und ficken!) Im Übrigen weiß ich nicht, ob das mit Mick noch lange geht!"

    So! Nun ist es raus!

    Das Brötchen meiner Mutter machte sich selbständig und klatschte auf den Fußboden. „Hast du wieder mit ihm gestritten?"

    „Nö".

    Sie hob das Brötchen auf und schüttelte den Kopf. „Dich versteh‘ einer wer will, ich tu’s nicht! So ein netter, fleißiger und gutaussehender Mann, der dich auf Händen trägt! Was willst du denn noch? Der Junge tut alles für dich und du zankst dich dauernd mit ihm!

    HÄ?

    Er hat Abitur! Eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Kaufmann. Zeitsoldat. Karriere bei der Polizei … Kind! Er hat wirklich nette Eltern und einen wunderbaren Bruder und tolle, junggebliebene Großeltern…. Alle mögen dich sehr und du bist so undankbar!

    HALLO?

    Ihr wolltet doch heiraten! So was plant man doch nicht ins Blaue!"

    „Jetzt mach‘ mal einen Punkt! Du hast Recht, alles ist heiti teiti trallala, aber in erster Linie muss ich ihn mal lieben und zwar mit jeder Faser meines Herzens. Mick ist mein erster Mann! Vielleicht will ich noch andere Männer kennenlernen!"

    (i..eih, i..eih, ho!)

    „Du hast einen anderen Mann kennengelernt? Dazu kann ich dir nur sagen, sie sind alle gleich! Heutzutage ist es wichtig, dass ein Mann mit beiden Beinen im Leben steht! Verantwortung für seine Familie übernimmt, fleißig ist und vorankommt. Mick ist so ein Mann. Das spürt man sofort.

    HA!

    Papa war auch mein erster Mann und ich habe ihn geheiratet!" sagte sie beleidigt.

    WEIL DU MIT MIR SCHWANGER WARST!

    „Deswegen muss ich doch nicht das Gleiche tun!"

    „Lisa! Bitte versprich mir, dass du dir das gut überlegst. Mach‘ nicht gleich Schluss! Vielleicht solltest du tatsächlich mit der Verrückten Urlaub machen; auf andere Gedanken kommen. Möglicherweise wirst du Mick vermissen und dich freuen ihn wiederzusehen".

    „Ich geh‘ jetzt die Hecke schneiden!"

    Um 14Uhr fuhr ich gutgelaunt und blasenfrei zur Arbeit und checkte meine mails. Irmi schrieb, dass sie jederzeit wieder mit mir ins ‚Hell’s Kitchen‘ fahren würde. Ihr wäre immer noch übel und sie hätte Sehstörungen, als stände sie unter Drogen. So, so! Der Barmann hieße Robert. Sie fand ihn toll! Sie hätten Telefonnummern ausgetauscht und gingen Samstag Essen! Supi! Ich hatte keine Telefonnummer von Ben! Aber ich dachte jede Sekunde an ihn. Ich spürte noch immer seinen Kuss. Ich musste dringend mit Jackson reden.

    Ich verließ die Firma gegen 22Uhr30 und fuhr zu ihr. Nach mehrmaligem Klingeln bellte meine Freundin in die Sprechanlage. „Was?"

    „Mach‘ die Tür auf, sonst trete ich sie ein!" lachte ich.

    „Hast du Bier dabei?"

    „Nö".

    „Tanke! Sixpack! Dann geht die Tür auf und keine Hemmungen, hier ist wieder ‚klar Schiff‘!"

    Als ich ein paar Minuten später ihre Wohnung betrat, staunte ich nicht schlecht. „Wie hast du das denn so schnell geschafft? Neues Sofa, neuer Teppich. Ganz dezent in giftgrün und pink?!?"

    „Ich war in der Hölle, das darfst du mir glauben! Diese Viecher waren echt hartnäckig! Mich hat so geekelt, dass ich meine Schwester gebeten habe, mit mir die Wohnung umzubauen. Das Bett ist neu. Die Matratze auch!"

    „Was hat sie denn zu den Filzläusen gesagt?"

    „Hallo? Ich habe alle Möbel abholen lassen und geputzt wie noch nie in meinem Leben. Zu meiner Schwester habe ich gesagt, dass ich meine Wohnung spontan umdekorieren möchte und mit ihr zum Schweden fahren will, Möbel kaufen. Die Olle hat sich geschmeichelt gefühlt und nicht nachgehakt. Das Geschirr ist auch neu!"

    „Wenn schon, denn schon, wa?"

    „Alles zusammen hat bei IKEA etwa 2000 Euro gekostet. Das ist doch ein guter Preis! Ich mach‘ mir mehr um meine Muschi sorgen, als um die Kohle. Ich sehe bald alle 10 Minuten nach, ob die Scheißkerle wiederkommen!"

    „Soll heißen, sie sind erst mal weg?"

    „Vorerst, ja! Am Montag muss ich nochmal zur Ärztin. Den Gang könntest du mir abnehmen! Voll peinlich! Und wie die mich immer ansieht! Sie sagte, sie praktiziere seit über 20 Jahren, aber mit Filzläusen war noch nie jemand bei ihr in Behandlung!"

    „Ha, ha, ha! Ich werde dir keine Predigt halten!"

    „Du bist eben eine wahre Freundin! Pack‘ aus! Was liegt an? Bist du nach dem Spätdienst nicht müde? Du warst doch gestern in Ottersberg. War’s dort so langweilig?"

    Ich machte uns zwei Bier auf und fing an zu erzählen.

    „Ein rotes Täschchen in Herzform? Krass!"

    „Du solltest mich jetzt nicht nerven!"

    „Okay! Dich hat’s erwischt! Kann ich verstehen! Einen Indianer würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen! Wie geht’s weiter? Schießt du Mick ins All? Sie ging mit der Bierflasche in der Hand auf und ab und schüttelte immer wieder betroffen den Kopf. Eine hervorragende Schauspielerin! „Den werde nicht mal ich trösten können! An deiner Stelle würde ich zuerst abwarten. Nichts überstürzen! Zwei oder dreimal nach Ottersberg fahren, dann 14 Tage mit Jäcki in Süden fliegen. Mickilein wird uns vom Flughafen abholen und vielleicht hast du dann total Sehnsucht nach ihm gehabt und freust dich, dass er noch da ist!

    „Du redest wie meine Mutter!"

    „Ich will nur nicht, dass du alles verkackst! Bring‘ das Wochenende hinter dich. Am Donnerstag fahren wir zusammen mit Herztäschchen ins ‚Hell’s. Was hast du Püppi erzählt, wieso ich letztes Mal nicht dabei

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