Das Leben ist ein Witz: Geschichten und Kolumnen über charmante Unmöglichkeiten
Von Daniela Schenk
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Über dieses E-Book
Da wird gelöffelt, geduscht, knutschgefleckt, geputzt, gereist, falsch und richtig Geschirr gespült, Rad gefahren, gesaugt, gegrillt, gewartet, auf die Ladentheke geknallt – und immer klafft eine entzückende Lücke zwischen dem was wir gern hätten und dem wie es ist.
In den Geschichten steckt eine Prise David Sedaris, eine Messerspitze Ellen DeGeneres und viel Humor à la Schenk. Sowie jede Menge Hopplas und Gestolpere, eine Liebeserklärung an die kleine Schwedin, an Missgeschicke und an die Liebe mit ihren zahlreichen liebenswerten Illusionen.
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Buchvorschau
Das Leben ist ein Witz - Daniela Schenk
Über die Autorin
Alle ihre Bücher sind Bestseller
(im Paralleluniversum, das dritte von rechts)
Übersetzt in 27,3 Sprachen
u.a. Klingonisch, Miauisch, Lesbinionisch, Satirisch, Basisch, Oktavisch, Ironisch und Niederhochberndeutsch
Nr. 1 Autorin
in der Kategorie: Daniela-Schenk-Romane
Leser- und Medienstimmen:
… ich verstehe kein Wort, aber es ist unglaublich lustig!
… auf jeder Seite Wörter - phantastisch!
… ich habe dank diesem Buch abgenommen – gleich alle zehn Vorhänge …
... einmalig – was Daniela Schenk hier schreibt,
kriegt man nur hier zu lesen. (M. Weich-Rawicki)
… noch nie wurde so prägnant über Heidi Klum und Tampons geschrieben!
… ab Seite 350 steigert sich Schenk noch –
wie ist das möglich?! (die Frankfurter Spezifische)
_______________________________
Erstes Buch, das in holografischer und vierdimensionaler Version erhältlich ist.
__________________________
Daniela Schenk:
Erfinderin des weltberühmten Stricknadeltests,
der in der Lesbenwelt für Furore gesorgt hat
Prämierte Kennerin der kleinen Schwedin™
Schweizermeisterin in Geschirrspülen
(Kategorie: mit verbundenen Augen)
mehr Informationen:
Homepage, selbstgebastelt:
www.daniela-schenk.ch
Blog, selbstgedichtet:
www.daniela-schenk.blogspot.com
Willkommen im Lebens-Kino
Einmal träumte ich, dass ich verfolgt wurde. Dieser Traum fühlte sich so real an, dass ich zu Tode erschrocken aus dem Bett sprang und flüchtete. Dummerweise waren meine Beine in der Decke verwickelt, ich fiel der Länge nach hin, rappelte mich auf und stürmte in den Schrank (nein, das war nicht die Türe), rannte die Treppe hinunter und riss ein kleines Fenster auf, um zu entfliehen (ziemlich clever von mir, nun gut, die Haustür gleich nebendran wäre auch eine Option gewesen). Erst jetzt erwachte ich und verstand, dass ich von einem Albtraum gejagt worden war. Meine Knie verfärbten sich trotzdem blau.
Menschen mit einem Nahtoderlebnis erzählen, dass ihr Leben wie ein Film vor ihrem inneren Auge abgelaufen sei. Ich hoffe, es gibt bei der Vorführung eine Vorlauftaste, denn ich will nicht zuschauen müssen, wie ich tausendmal duschte, tausende von Kilometern Rad oder Auto fuhr, Tonnen von Essen verschlang, Hektoliter pinkelte, Böden um Böden staubsaugte, mich anzog, umzog, auszog, endlos auf Bildschirme starrte und Tasten traktierte.
Mich interessieren mehr die Glanzlichter meines Lebens: der erste Schultag, die Liebe, eine Medaille im Skirennen, bestandene Prüfungen, die Auftritte als DJane, das Erscheinen meiner Bücher, Geburt und Tod. Nur gibt es solche Ereignisse nicht massenhaft, aneinandergereiht würden sie wenige Tage oder Wochen ergeben.
Wie gut ist es da, gibt es die Momente, die zwar nicht einschneidend sind, an die man sich aber gern erinnert und von denen man noch lieber erzählt. Ich meine diese Augenblicke, als etwas anders als sonst gelaufen ist – was in den meisten Fällen bedeutet: Es ist schief gelaufen. Diese Erlebnisse sind unerwartet, sie verblüffen, verärgern oder überraschen uns, aber bringen uns niemals zum Gähnen. Sie entstehen, wenn Vorstellung und Wirklichkeit auseinanderklaffen, was zu bemerkenswert blauen Knien führen kann – aber einiges zu erzählen gibt.
Dieses Buch enthält Geschichten und Kolumnen, die von diesen charmanten Unmöglichkeiten des Lebens erzählen, wenn wir nicht anders können, als zu rufen (oder lachen, stöhnen, jammern, fluchen): „Uii, manchmal ist das Leben echt ein Witz!"
Beim Einkaufen sagte kürzlich eine junge Frau zu mir, „pardon, Ihnen ist etwas aus der Manteltasche gefallen", und reichte mir ein kleines, gefaltetes Papier. Ich nahm es gerührt entgegen und bedankte mich zweimal. Ich brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ich diesen Zettel aus einer Zeitschrift gerissen und darin meinen Kaugummi entsorgt hatte.
Eine Woche später saß ich im Flughafen am Gate, den Laptop auf dem Schoss, daneben eine Schachtel mit Lutschpastillen (Spitzwegerich), die ich im Akkord lutschte. In meiner Gier fiel mir eine zu Boden. Ich war zu faul, die Lutschpastille zu suchen, außerdem war vorhin eine Putzfrau mit ihrem Putzwagen vorbeigegangen, die wollte sicher auch etwas zu tun haben. Hinter mir (mit dem Rücken zu mir) saß ein Mann. Ich nahm am Rande wahr, dass er von seinem Platz aufstand und herumhantierte.
Wie war ich erstaunt, als er sich zu mir beugte und voller Ernst sagte: „Sie haben da was verloren" – in der Hand die entflohene Lutschpastille! Perplex nahm ich sie entgegen und bedankte mich. Wie aufmerksam dieser Mann war, er konnte vielleicht nicht einen Mantelknopf oder gar eine Ecstasy-Pille von einer Lutschpastille unterscheiden, sein Vorhaben jedoch war äußerst edel.
Nach dem Flug saß ich im Zug und korrigierte einen Text, als ich merkte, dass der Deckel des Stiftes verloren gegangen war. Ich suchte im Rucksack, in der Manteltasche, unter dem Sitz – erfolglos. Im Abteil neben mir saß ein junges Paar. Die Frau hatte meine Suche beobachtet und fragte, was ich verloren habe.
„Nur den Deckel eines Stiftes, nichts Wichtiges."
Schon bückte sich die Frau und guckte unter den Sitzen, auf den Sitzen und dazwischen, sie ging ins nächste Abteil und bückte sich wieder. Die Dame, die dort saß, deutete auf den Boden: „Könnte es das sein? Ich habe gesehen, dass sie (gemeint war ich) etwas sucht. Die junge Frau schaute nach, nein. Nun holte der Mann eine Lampe hervor, die wie eine Tafel Schokolade aussah, und leuchtete in dunkle Ecken. Ich sagte: „Wie nett von Ihnen, aber es ist nicht so wichtig.
Während ich mich mehrmals bedankte, suchte die Frau rege weiter. Vielleicht wurde sie fündig – was sie wohl mit dem Deckel gemacht hatte?
In allen drei Fällen war ich gerührt wie Apfelmus – welch nette Menschen es doch gibt! Ihre Freundlichkeit brachte zwar nichts – trotzdem!
Was mir diese Szenen wohl sagen wollten?
Achte auf die kleinen Dinge?
Benütze den Papierkorb?
Wer verliert, dem wird gefunden?
Das finde ich wohl erst am Ende meiner Tage heraus, wenn ich im jenseitigen Kino sitze und den Film meines Lebens gucke.
-- Liebesdichtung & traurige Wahrheit --
Bild 216831 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.Geschirr spülen
Ich liebe Tove heiß und innig, aber sie hat eine fatale Schwäche: Sie ist Schwedin. Man könnte denken, dass dies keine Schwäche, sondern ein Vorteil ist: Seit den Siebzigerjahren wissen wir, dass Schwedinnen nicht nur blond, sondern auch heiß sind. Die unzähligen Softpornos aus dieser Zeit sind der Beweis – Schwedinnen treiben es in Blockhütten, auf Elchen, unter der Mittsommersonne, auf Seen und während OP-Eingriffen. Sie haben in diesem Bereich also viel zu bieten.
Leider leben wir nicht nur von heißem Sex in kalten Nächten allein, manchmal müssen wir Geschirr spülen. Und hier öffnet sich eine Kluft zwischen Tove und mir, mehr noch: Es entpuppt sich als Kulturkampf zwischen der Schweiz und Schweden.
Ich habe leichtsinnigerweise gedacht, dass sich unsere beiden Länder gut verstehen, schließlich kommen sie im Alphabet hintereinander; schließlich waren beide Länder im Krieg neutral (ha ha!), schließlich leben die ABBA-Frau Anna-Frid und der IKEA-Gründer Ingvar Kamprad in der Schweiz; schließlich hätten die Schweiz fast den schwedischen Kampfjet Gripen gekauft; und schließlich hat eine Umfrage ergeben, dass die Schweizer am liebsten Schweden als Nachbarland hätten.
Eine ideale Situation für unsere Beziehung also – jedenfalls solange Tove und ich das Bettzeug zerknüllen und auf dem IKEA-Sofa ABBA hören. Trete ich jedoch in Toves Küche, beginnt ein erbarmungsloser Kulturkampf.
Ich ging zu einer Zeit zur Schule, als der Hauswirtschaftsunterricht Pflichtfach war. Dort lernte ich, wie man Geschirr spült: Sehr schmutziges wäscht man vor, dann stapelt man es ordentlich neben der Spüle. Heißes Wasser einlassen, Geschirrspülmittel beigeben, beginnen – zuerst Gläser, Tassen und Besteck, dann Teller, Schüsseln, Töpfe und zuletzt die Pfannen. Das ist von einfacher und praktischer Eleganz, platzsparend und nervenschonend.
In Schweden hingegen findet der Hauswirtschaftsunterricht während der Basketballstunden statt, deshalb werfen sie das Geschirr planlos in das Spülbecken und ersäufen es im heißen Wasser. Wenn Tove gekocht hat, liegt das Geschirr nicht nur in den Abwaschbecken sondern auch daneben, denn sie verbraucht Unmengen an Geschirr – sie spült sogar das Geschirr, das sie nur angeschaut hat.
Nach dem Essen stehe ich vor der Anrichte. Der Geschirrberg würde sich als Installation in der Modern Tate gut machen, aber nicht in einer Küche! Seit ich Toves Küchenverbrechen kenne, verstehe ich, warum man so lebensmüde werden kann, dass man sich im Abwaschwasser ertränken möchte, was aber wegen des Geschirrbergs nicht geht.
Tove behauptet, dass ihre Spültechnik ein ausgeklügeltes System sei und dass alle in Schweden es so tun. Bekanntlich kann auch eine ganze Nation in die Irre gehen. Sie faselt, dass im großen Becken das Geschirr im Wasser eingeweicht werde und man im kleineren das eingeweichte sauber bürste. Über das schmutzige Geschirr links und rechts neben der Spüle schweigt sie sich aus.
Natürlich kann man Geschirr so spülen, vorausgesetzt man will sich regelmäßig so richtig elend fühlen. Ich kam auf die Idee, dass der Kauf einer Geschirrspülmaschine das gestörte Klima in unserer Beziehung ins Gleichgewicht bringen könnte, aber seit ich bei Toves Mutter zu Besuch war, meine ich das nicht mehr: Sie besitzt einen Geschirrspüler – plus das schwedische Chaos im Spülbecken und darum herum.
Tove behauptet in ihrer kulturellen Verblendung, dass unser System unmöglich sei: Der Schmutz auf dem Geschirr vertrockne, die Stapel seien lästig und überhaupt: Ich könne nicht sauber spülen, das sei wohl schlimmer als ihre (Un-)Ordnung. Ja, vielleicht ist das schlimmer, aber was kann ich dafür, dass ich nicht visuell, sondern auditiv veranlagt bin, und Schmutz nun mal keine Geräusche macht? Ich besitze schon jetzt zwei Brillen, soll ich nun auch noch eine für die Spüldistanz anschaffen?!
Tove und ich haben also ein ernsthaftes Problem, das wir nicht im Bett zurechtknüllen können. Ich möchte die Beziehung jedoch nicht die Spüle hinunterspülen (was bei dem Geschirrberg ohnehin nicht geht), denn ich sammle Flugmeilen und will nicht damit aufhören, bevor ich einen Gratisflug bezogen habe. Es müssen andere Lösungen her: Das Beste wäre, nur Tove würde Geschirr spülen, ich könnte ihr währenddessen etwas aus einer schwedischen Zeitung vorlesen, da hätte sie viel zu lachen. Da die Schweden die Gleichberechtigung erfunden haben (bei ihnen stillen sogar die Männer), wird Tove den Vorschlag nicht akzeptieren. Dann halt gemeinsam fasten, nur wäre das auf Dauer eine knochige Angelegenheit. Oder immer in Restaurants essen und verarmen, oder Plastikgeschirr kaufen, aber leider stehen wir auf Umweltschutz. Oder eine Putzhilfe anstellen, aber da würden wir auch verarmen, und wer weiß, wenn die Frau heiß wäre ...?!
Am besten lernt Tove von mir, richtig Geschirr zu spülen. Ich würde im Gegenzug eine Geschirrspülbrille kaufen und lernen, auf die stummen Schreie des Schmutzes zu hören.
Das Löffeln
Löffeln ist etwas Wunderbares: Die eine legt sich an den Rücken der anderen, so als wären sie wertvolle Silberlöffel, die in der Besteckschublade schön aneinandergereiht werden: Bauch an Kreuz, Brust an Rücken, den Kopf halb aufs Kissen und neben dem Kopf der anderen.
Wenn in Filmen Liebespaar einschläft oder aufwacht, so tun sie das immer gelöffelt: Die Liebenden sind aneinandergeschmiegt eingeschlafen, haben sich – oh Wunder! – in der Nacht nicht ein einziges Mal bewegt und erwachen wie auf Hochglanz polierte Löffel.
Bei mir läuft etwas falsch, wie verliebt ich auch sein mag, wie kopflos und glücklich – Löffeln macht mir ein paar Minuten Spaß, dann …
… schläft der Arm ein.
… wird mir heiß.
… kitzeln mich Haare.
… verkrampft sich mein Nacken.
… werden meine Beine unruhig.
Wenn das geschieht (und es geschieht immer), versuche ich, den Arm sachte in eine neue Position zu bringen; versuche, die Beine nicht zu bewegen; versuche, mit dem Fuß die Decke etwas hinunterzuziehen; drehe den Kopf – nun bin ich die Haare los, dafür ersticke ich im Kissen. Tove zieht die Decke hoch und findet mit dem Po eine ideale Position an meinem Bauch.
Ich überlege mir, wie lange ich gelöffelt liegenbleiben muss, bis ich mich entziehen kann, ohne dass Tove das als Liebesentzug auslegt. Ich entziehe doch keine Liebe, nur meinen tauben Arm!
Tove dreht sich, und die Decke zieht