Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die silberne Stiefelschnalle: Das Rätsel um Florian Geyers Tod
Die silberne Stiefelschnalle: Das Rätsel um Florian Geyers Tod
Die silberne Stiefelschnalle: Das Rätsel um Florian Geyers Tod
eBook232 Seiten3 Stunden

Die silberne Stiefelschnalle: Das Rätsel um Florian Geyers Tod

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Anno 1525: Spätes Mittelalter in dem kleinen Dorf Rimpar bei Würzburg. Die Müllerstochter Lisbeth wird in die Geschehnisse des Bauernkrieges hineingezogen. Ihr Lieblingsbruder Jakob wird des Verrates bezichtigt, ins Gefängnis der Burg geworfen und kann flüchten. Er bleibt verschwunden.

Gleichzeitig wird der, als Bauernfreund, verrufene Adlige Florian Geyer, welcher zwischen den Fronten vermittelt, hinterrücks im Wald ermordet. Offiziell bekennt sich der Burgherr Wilhelm von Grumbach zu der Tat. Dessen Schwester Barbara, welche mit ihren Kindern auf der Burg in Rimpar Schutz sucht, war Florian Geyers Eheweib. Sie bemerkt, dass Bruder Wilhelm jemanden deckt, den wahren Mörder.

Die beiden Frauen verbünden sich auf der Suche nach Lisbeths verschollenem Bruder Jakob und nach dem Mörder des Florian Geyer. Von beiden fehlt jede Spur. Als auch noch Barbaras Tochter entführt wird, spitzt sich die Lage zu. Nicht nur das Kind ist in Lebensgefahr.

Eine gräßlichen Intrige, ein Gespinst aus Lügen, Haß und Eifersucht wird aufgedeckt, das scheinbar tatsächlich aus den Reihen der der Familie von Grumbach kommt. Gefangen werden nur die Handlanger des Mörders. Während diese gerichtet werden, ahnt Barbara nicht, dass sie und ihre Kinder immer noch in höchster Gefahr schweben. Sie läuft dem Anstifter der Mordhändel direkt in die Arme. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Juli 2013
ISBN9783847633297
Die silberne Stiefelschnalle: Das Rätsel um Florian Geyers Tod

Ähnlich wie Die silberne Stiefelschnalle

Ähnliche E-Books

Historienromane für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Die silberne Stiefelschnalle

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die silberne Stiefelschnalle - Sandra Dittrich

    I. Tanz in den Mai

    Tief schnitt die Axt ins saftige Holz der jungen Birke. Melchior Glock erstarrte mitten in der Bewegung. Jemand hastete im fahlen Licht des Mondes auf ihn zu. Gleichzeitig packten zwei grobe Hände von hinten seinen Arm. Melchior fuhr herum. „Peter, Christoph, was soll das? Die Forstgehilfen lachten. Sie zeigten Melchior ihre Beute, zwei kleine Birken, geschmückt mit Bändern. Ein aufgescheuchtes Reh rannte, durch das dichte Unterholz des Waldes, davon. Die Blätter der Bäume flüsterten leise, Äste krachten und eine sanfte Brise trug den lieblichen Duft des Frühlings herbei. „Du bist spät dran mit deinem Liebesmaien, ereiferte sich Christoph Göypferdt. „Meinen kriegt die Sophie, warf Peter Scheming ein. „Glaubst du, dass die Sophie das wert ist?, zweifelte Melchior. „Und deine Müllerstochter ist so ehrenhaft?"

    „Sag nichts über die Lisbeth!, verteidigte Melchior seine Auserwählte. „Wo die Liebe hinfällt, unterbrach Christoph den Streit der Freunde. „Ihr zwei Narren müsst erst mal ins Dorf hinein kommen. Wenn sie euch für aufständische Bauern halten, schlägt euer letztes Stündlein."

    Melchior erinnerte sich an die Johannisfeier im letzten Sommer. Plötzlich sah er Lisbeth mit anderen Augen. Ihre langen schwarzen Locken, der zarte, rote Mund, ihre blitzenden Augen und ihr Lachen zogen ihn, seit diesem Tag, immer öfter zur Mühle. Viele Burschen machten Lisbeth den Hof, allen voran der Weiberheld Adrian Kraft vom Rittergut. Trotzdem hatte sich Lisbeth letztendlich für ihn entschieden. Sie liebten beide den Wald und seine Geheimnisse. Als Kinder hatten Lisbeth, ihre Brüder und Melchior dort oft verstecken gespielt. Im Herbst schließlich hatte Melchior um Lisbeths Hand angehalten. „Komm, wir müssen los!", riss Peter Scheming den Freund aus seinen Gedanken.

    Es war den Forstgehilfen verboten die Dürwiese nachts zu verlassen. Forstmeister Weiprecht achtete streng darauf. Heute ließ er Gnade walten. Es war die Nacht vor dem ersten Mai, und die Forstgehilfen wollten um ihre Liebsten werben. Der Brauch besagte, dass die heiratsfähigen Männer ihrer Auserwählten, über Nacht, eine kleine geschmückte Birke vor`s Haus stellten. Rechtzeitig begab sich Weiprecht mit seiner Frau zur Ruhe, damit er die jungen Männer nicht ermahnen musste. Der Maienzauber konnte beginnen.

    In der Burgmühle, in Rimpar, lag nicht nur die Katze auf der Lauer. Sie lauschte dem feinen Trippeln der Mäuse im Kornspeicher. Lisbeth, die Tochter des Burgmüllers, schmachtete in die laue Mainacht hinaus. Ob Melchior einen Liebesmaien bringen würde? Das Fenster ihrer Kammer gewährte den schemenhaften Blick auf die benachbarte Burg, den Burggarten und dessen hohe Bruchsteinmauer. Träge floss die Pleichach vom Burggraben herab, rauschte über das Wehr und setzte so das Mühlrad in Gang.

    Das Plätschern des Krebsbaches wiegte Lisbeth seit ihrer Geburt in den Schlaf, den sie heute Nacht nicht finden konnte. Ein betörender Hauch von Flieder und Veilchen umschmeichelte ihre Nase. Über ihr knarzte das uralte Dachgebälk, als sie sich von Neugier getrieben zur Kammertüre hinausschlich. Ihre Hände zitterten vor Aufregung. Sie wollte Melchior abfangen. Das gleichmäßige Schnarchen ihrer drei Brüder verfolgte Lisbeth die Treppe hinunter, bis zur Haustüre.

    Gerade wollte sie diese öffnen, als eine Gestalt hereinstürmte. Sie stolperte vor Schreck. Ihr Herz schlug bis zum Halse. „Was bei allen Heiligen tust du hier?, tönte die entrüstete Stimme ihres Vaters. Bezolt Schefflein zog seine Tochter am Arm die Treppe hinauf. Bevor sie protestieren konnte, verschloss er ihre Kammertüre. „Du kannst es gar nicht mehr erwarten, murmelte er. Dann schlurfte er davon. Lisbeth ärgerte sich. Instinktiv griff sie nach ihrem Glücksamulett, welches an einem Lederbändchen um ihren Hals hing. Es war ein Geschenk von Melchior. Sie war traurig, dass der Vater ein Treffen mit Melchior vereitelt hatte. Seit ihrem achtzehnten Geburtstag im Oktober waren sie einander versprochen. Es wurde Zeit eine Familie zu gründen. Nur die Mutter mochte auf Lisbeth nicht verzichten, weil keine Schwiegertochter ins Haus kam. Vergeblich redete Lisbeth auf ihre Brüder ein. Keiner von ihnen dachte nur ans Heiraten, und Lisbeth fürchtete, dass Melchior nicht mehr länger warten mochte. Das hatte sie von ihrer Ungeduld. Nun saß sie eingesperrt in ihrer Kammer, und musste bis zum Sonnenaufgang warten, dass der Vater sie hinaus ließ.

    Peter Scheming und Melchior Glock diskutierten unter-dessen mit der Dorfwache darüber, ob ihnen Einlass ins Dorf gewährt wurde. „Das Passwort!, beharrte Adrian Kraft stur. „Maienzauber, erwiderte Melchior zum fünften Mal und runzelte die Stirn. In seinen blaugrauen Augen zog ein Sturm herauf. Peter wollte ihn beruhigen. Melchior eilte davon: „Meine Lisbeth kriegt ihren Baum!" Adrian grinste. Auf Melchiors aufbrausendes Temperament war Verlass. Er wartete, bis sein Nebenbuhler verschwunden war, dann ließ er Peter passieren. Hauptsache Melchior konnte Lisbeth nicht den Hof machen. Adrian verdrängte die Ablehnung seitens der Müllerstochter. Er war die bessere Partie, als Großknecht auf dem Rittergut. Melchior der arme Forstgehilfe, das war eine Demütigung, dass Lisbeth diesen Habenichts ihm vorzog. Adrian ging pfeifend seine Runde. Er konnte, dem Krieg sei Dank, jeden abweisen, der das richtige Passwort zum Einlass ins Dorf nicht wusste. Melchior schlich jetzt, von der anderen Seite, an die Mühle heran. Vom Rande des kleinen Steinbruches, neben der Burg, erkannte er die Silhouette der Mühle.

    Erst ließ er den Baum in die Tiefe purzeln. Melchior kletterte hinterher und folgte dem Lauf, des teilweise umgeleiteten Baches, den Burggraben entlang, bis dieser sich mit dem eigentlichen Mühlbach wieder vereinte. Dort hangelte sich der Forstgehilfe über das Wehr. Er quetschte sich am Mühlrad vorbei. Lisbeth konnte der Adrian vergessen. Er würde sein Mädchen nicht an den widerlichen Prahlhans verlieren. Der Forstgehilfe platzierte den Liebesmaien stolz auf den Mühlwiesen, am Ufer der drei kleinen Seelein. Da stand er, in Sichtweite von Lisbeths Fenster. Schade, dass seine Liebste schlief. Zufrieden watete Melchior durch das seichte Wasser der Pleichach und schlenderte Richtung Grumbacher Graben davon. Adrian würde platzen vor Wut.

    Am nächsten Morgen bestaunte Lisbeth den, etwas ramponierten, kleinen Baum. Sie schüttelte sich vor Lachen. „Etwas schöner könnte er sein, bemerkte ihre Freundin Eva Picht. „Der Wille zählt. Der Adrian hat seinen nur vorne am Tor abgestellt, verteidigte Lisbeth ihren Liebsten. „Ich weiß nicht was er will. Er läuft jedem Weiberrock hinterher. Ich möchte keinen Taugenichts, der seine meiste Zeit im Wirtshaus herum sitzt! Außerdem denkt er, weil mein Vater Burg-müller ist, erhält er eine fette Mitgift!"

    „Ach vergiss den Adrian. Weißt du was wirklich schade ist? Das ist für uns zwei der letzte Brunnengang, und du kannst nicht mit, bedauerte Eva. „Ich komme später, wenn die Burschen den Maibaum aufstellen. Ich muss der Frau von Grumbach das Gewand fürs Fest aufhübschen. Der Ritter Wilhelm wird zurück erwartet. Bin gespannt, wer nachher zur Maigräfin ausgerufen wird. Unser Maigraf ist wohl derzeit der begehrteste Mann im Dorf, plauderte Lisbeth drauf los. Eva errötete, und blieb ihrer besten Freundin die Antwort schuldig. Sie mochte Gabriel sehr gerne. Der Stallknecht arbeitete auf dem Rittergut der Grumbacher, dem Niederhof, wo sie sich als Küchenmagd verdingte.

    Plötzlich erklang von ferne Gesang: „Selig, selig sei die Freude, selig sei die wonnige Maienzeit ..."

    „Selig sei der Vögel singen, selig sei die Aue, selig sei der Wald", fielen die beiden Frauen mit ein. Sie liefen zu dem kleinen Platz unterhalb der Burg, wo sich die Kinder und ledigen Frauen für das gemeinsame Reinigen und Schmücken der Brunnen versammelten. Eva reihte sich in die schnatternde Schar ein, die Richtung Dorfplatz davon-zog. Lisbeth winkte ihr und marschierte zur Burg hinauf, vorbei am Kalterhaus und am Hofhaus, welche der Burg vorgelagert waren. Die Dame Anna von Grumbach bediente sich ihrer Gabe, seit sie herausgefunden hatte, wie schön Elisabeth nähen konnte, obwohl sie eine Müllerstochter war.

    Die vier Wehrtürme des grumbachschen Wohnsitzes ragten in den Frühlingshimmel. Die Wohnräume der Burg lagen im Süden und Osten, wo sich der Eingang zur Burgkapelle befand. Die Pleichach teilte sich nordöstlich der Mauern, und floss durch einen tiefen Graben beiderseits um die Burg herum. Lisbeth stapfte den staubigen Weg am Hauptbach entlang, bis zur hölzernen Zugbrücke, die den Burggraben an der Westseite überspannte. Durch das geöffnete Tor gelangte Lisbeth auf den verdreckten Burghof. Ein blondgelockter Junge trieb die herrschaftlichen Gänse, zum Weiden auf den Mühlwiesen, vorüber. Der Torwächter grinste anzüglich und johlte der Müllerstochter hinterher. Lisbeth ignorierte ihn. Sollte der nur pfeifen. Das Mädchen hatte es eilig. Sie passierte den Burgfried und schritt dir Treppe zum Palas hinauf.

    Dort konnte sie den ganzen Hof überblicken. Auf der Wehrmauer im Norden drehten die Wachleute ihre Runden. Darunter befanden sich der Pferdestall, das Rüsthaus und ein kleiner Hühnerstall. Das Federvieh hüpfte zwischen den Menschen umher, die ihrem Tagwerk nachgingen. Hoffentlich war die Dame des Hauses guter Dinge. Anna von Grumbach, geborene von Hutten, war bekannt für ihre wechselhaften Stimmungen, ihr gutes Aussehen und ihre höfische Manier. Sie hielt sich für den Mittelpunkt des Universums, in dem alles nach ihrem Willen verlaufen musste. Die Edelfrau legte äußersten Wert auf neueste Mode. Für kleine Änderungen, die schnell geschehen sollten, reichten ihr Lisbeths Dienste aus. Vor der Kemenate angekommen, verharrte die Magd kurz. Lisbeth seufzte und atmete tief aus. Schließlich hob sie die Hand und klopfte an.

    „Trete sie ein, ertönte eine kraftvolle Stimme. Die Müllerstochter drückte die Holztüre auf. Anna von Grumbach saß auf ihrem Bett. Ihre zierliche Gestalt wirkte verloren, neben der riesigen Kleidertruhe, die einen großen Teil ihrer Mitgift aus Hildburghausen enthielt. Zu Ehren des Festtages hatte die Burgherrin gebadet. Jetzt ließ sie die rotbraunen langen Haare in der Morgensonne trocknen. Spöttisch betrachtete die Edeldame Lisbeths ärmliche Kleidung. Das graubraune Gewand, die nackten Füße, die schwarzen lockigen Haare, welche das magere Gesicht umspielten und bis auf die Hüften hinab reichten. „Sie ist spät dran, bemerkte Anna von Grumbach spitz. Lisbeth schlug die Augen nieder. „Verzeiht Herrin, sagte sie und beugte sich zu der Kleidertruhe hinab. „Wage es nicht!, keifte Anna von Grumbach. „Erst zeig mir deine Hände!" Lisbeth zuckte zusammen und gehorchte. Sie hatte die Hände zehn Minuten im Mühlbach geschrubbt und mühsam die Fingernägel gereinigt. Die Burgherrin packte hart zu, drehte Lisbeths Hände hin und her. Schließlich nickte sie zustimmend.

    Eine dreiviertel Stunde später, stand die Burgherrin, in ein bodenlanges grün-goldenes Seidengewand gekleidet, am Fenster. Ihr Gemahl Wilhelm wollte zum Frühlingsfest zurück sein. Gestern hatte der Bote die Nachricht gebracht. Anna von Grumbach wusste nicht, ob sie sich freuen sollte. Seit ihrer Vermählung, vor zwei Jahren, war sie ihrem Gemahl nie wirklich nahe gewesen. Stolz hatten ihre Eltern sie, die damals siebzehn Jahre alte Tochter, in die Burg der Grumbacher gebracht. Seither zeigte Wilhelm wenig Inte-resse an ihren Gefühlen. Außer dem Bett, teilte er nichts mit ihr, weder seine Gedanken, noch sein Leben und schon gar nicht seine Gefühle. Lisbeth räusperte sich. Anna von Grumbach schaute auf. „Ich brauch dich nicht mehr. Lasse dem Pfarrer Ziegler wissen, dass ich ihn sehen möchte", trug sie der Magd auf. Dann scheuchte sie die ärmliche Frau aus dem Raum.

    Auf dem schmalen Gang zog Lisbeth eine Grimasse. Sie stieg die Treppe zum Hof hinab. Hoffentlich würde sie bald mit Melchior auf die Dürrwiese ziehen, dann hätten die Dienste auf der Burg ein Ende. Veit der Stallbursche winkte fröhlich herüber. Er tratschte gerade mit Marquard, der vor dem Burgfried Wache hielt. „Beweg dich her, Veit, du fauler Kerl, schimpfte der Stallmeister, der jeglichen Müßiggang verachtete. Sein brauner Hund Artus fletschte die Zähne, der Geruch von Hühnerkot vermischte sich in der Nase mit dem des Pferdemist. Lisbeth schlenderte am Brunnen vorbei, ließ die Pferdetränke links liegen und erreichte den Ostflügel. Dort vor der Burgkapelle, nahm Pfarrer Johann Ziegler gerade frische Blumen für seinen Altar in Empfang. „Herr Pfarrer, die Dame von Grumbach wünscht Euch zu sprech-en, richtete sie dem Gottesmann aus. „Dank dir Lisbeth! Jetzt geh und freue dich an der Schöpfung Gottes."

    „Gott zum Gruße!, rief Lisbeth und wollte davon eilen, als Maria Kobs sie anstuppste. Neugierig, immer auf der Jagd nach Gerüchten, lag die Burgköchin, am Eingang zu ihrem Reich, auf der Lauer. Hier in der Nähe des Burgtores entging ihr nichts. „Na? Hast du unserer feinen Dame andere Ärmel ans Kleid genäht? Letzte Woche hat sie wieder drei neue Stoffe gekauft und uns reicht`s nicht zum Leben.

    „Maria, was jammerst du? Freu dich lieber, dass die Sonne scheint. Wir sehen uns später, wenn das Maifeuer brennt, versuchte Lisbeth die Frau abzuwimmeln. „Den alten Bastlein haben die Burschen gestern Nacht betrunken, wie er war, zu den Schafen gelegt. Hat mir unser Stallknecht, der Veit, erzählt. Das hätte ich gern gesehen, als ihn früh die Schafe, statt seinem Weib angeblökt haben, lachte Maria und scheuchte ein vorwitziges Huhn davon. „Willst wohl in meinem Kochtopf landen?", drohte sie dem Federvieh.

    Lienhart Kleiber der Gefängnismeister rauschte heran. „Weg da, wir müssen den Hof sauber machen, der Herr kommt bald nach Hause. Und du gehst jetzt in deine Küche!, kläffte er Maria an. „Jawohl du Hofnarr, feixte die dralle Köchin. Sie ging seelenruhig davon. Lisbeth kicherte. Eilig lief sie zurück in die Mühle. Heute würde sie Melchior wieder sehen. Die Bewohner der Dürrwieser Höfe machten sich, nach und nach, auf den Weg zur Maifeier ins Dorf. Nur der Knecht vom Unterhof musste warten, bis sein Herr, der Jorg Trutmann, mit Frau und Kind wiederkommen würde. Da ging sie hin seine Dorothee. Ausgerechnet der aufgeblasene Christoph aus dem Forsthaus begleitete sie zum Maifest nach Rimpar.

    Der Dorfplatz dort war mit schwatzenden Grüppchen übersät, die den Maibaum des Jahres 1525 bestaunten. Behangen mit Kränzchen und bunten Bändern ragte er in den blauen Himmel. Der unschuldige Baum ließ die Menschen einen Augenblick vergessen, dass der blutige Aufstand der Bauern das Land in Atem hielt. Würzig duftende Blumen schmückten den Dorfbrunnen. Der Wirt Cunz Leuboldt stand vor seiner Gaststube und schenkte Wein aus einem großen Fass aus. Marga, sein zänkisches Weib, beobachtete genau, dass er nicht zu viel eingoss. Unter der Dorflinde saß Burkhardt Bastlein. Der alte Schafhirte hörte sich das Gespött der Leute an. „Haste gut ge-schlafen?, fragte ihn der Schmied schelmisch grinsend. „So ein Schaf ist von allen Seiten was Weiches, hm, witzelte er weiter. Burkhardt blinzelte nicht mal. Er stierte gierig auf den vollen Becher Wein in seiner Hand.

    Eine Gruppe Kinder spielte Fangen rund um den Maibaum, während die ledigen Frauen sich, mit Blumenschmuck im Haar, auf den Tanz freuten. Eva Picht winkte ihrer Freundin Lisbeth, über die Köpfe der anderen hinweg, zu. Ihre strahlend blauen Augen leuchteten vor Freude. „Stell dir vor, der Gabriel Rücker hat mich als Maigräfin auserkoren, mich."

    „Glaubst jetzt endlich, dass er dich gern hat, sagte Lisbeth. Sie reckte den Hals. Wo war Melchior geblieben. Die Frau des Forstmeisters stand bei Melchiors Mutter. Die zwei tuschelten miteinander. Irgendwie kam Lisbeth sich beob-achtet vor. Üppiger Fliederduft erfüllte die Luft. Die Musikanten machten sich bereit. Ob der Herr Wilhelm von Grumbach kommen würde? Lisbeth konnte keinen Gedank-en mehr daran verschwenden. Zwei Hände hielten ihr die Augen zu. Melchior drehte seine Angebetete überschwänglich um, und überreichte ihr einen winzigen Veilchenstrauß. „Da bist du ja!, freute sich Lisbeth, „recht schönen Dank für deinen Baum. Hast dir einen besonderen Platz dafür ausgesucht. Sie drückte Melchior einen Kuss auf die Wange und nahm seine Hand. „Ging nicht anders. Der Adrian wollte mich nicht ins Dorf lassen, antwortete Melchior und rückte ein Stück näher an Lisbeth heran. „Wann lässt der uns endlich in Ruhe", entgegnete diese. Daniel Haupt der Bürgersprecher schritt, mit seiner Frau Uta, an ihnen vorbei, und eröffnete den Tanz.

    Bald tönten Gelächter und Gesang bis hinauf zur Burg, wo Anna von Grumbach seit Stunden auf die Rückkehr ihres Gemahls wartete. Eine steile Zornesfalte zierte ihre Stirn. Pfarrer Ziegler versuchte die Dame abzulenken. „Selbst die billigen Bauerndinger sitzen nicht allein in ihrem schäbigen Unterschlupf an diesem Tag. Vielleicht bedient der Herr von Grumbach sich wieder mal an so einer!, zischte die Burg-herrin. „Geduld verehrte Frau von Grumbach, vergesst nicht, lieber ist es uns, wenn unsere Bauern um den Maibaum tanzen, als stürmten sie die Burg. Wer weiß, ob die Saat aufgeht und diese Bauern sich morgen gegen uns erheben. Denkt an die Belagerer um Würzburg. Da müsst ihr dankbar sein, wenn der Ritter von Grumbach unversehrt zurückkommt. Anna nickte ergeben. Ihr Blick schweifte aus dem Fenster hinüber zur Spitze des Maibaumes.

    Seit fünf Jahren, war es Brauch geworden eine große Birke am Dorfplatz aufzustellen. Allerdings hielten selbst die Forstgehilfen am Ausbringen der kleinen Liebesmaien fest. Ob Wilhelm dort unten war, es nicht für nötig hielt seine Frau zu begrüßen? Es klopfte an der Tür ihrer Kemenate. Enttäuscht sank Anna beim Anblick des alten Mannes auf ihre Bank im Erker. „Seid gegrüßt Schwiegervater, erhob sie die Stimme. Conrad von Grumbach komplimentierte den erschöpften Burgpfarrer hinaus. „Anna was grämst du dich? Du weißt wie gefährlich es ist im Land, versuchte Conrad seine Schwiegertochter abzulenken. „Ja, im Notfall bin ich alleine, mit einem greisen Mann und einem Pfarrer, der in seinem Oratorium sitzt und bibbert, bemerkte sie gehässig. „Sei nicht ungerecht Anna. Wilhelm erfüllt dir jeden Wunsch und er ist vernarrt in eure Tochter Ursula, obwohl ein Erbe besser gewesen wäre. Der Michael Trehninger und seine Leute sind erfahren genug, als Bewacher der Burg. Selbst mir Greis ist`s eine Ehre meine kleine Feste zu verfechten!, mahnte Conrad von Grumbach. „Ach ihr redet wie der Pfarrer", schmollte Anna. Conrad verließ die Kemenate. Diese Frau sollte zufrieden stellen wer wollte. Seit ihrer Ankunft auf der Burg, musste alles nach ihrem Kopf gehen. Die von Hutten hatten ihre Tochter verhätschelt wie einen Schoßhund. Selbst das Führen des Haushaltes bereitete ihr anfangs Probleme. Für Wilhelms politische Reisen und den Kriegsdienst, den er leisten musste, zeigte sie keinerlei Verständnis. Das Beste war für Anna nicht gut genug.

    Auf dem Dorfplatz erreichte das Frühlingsfest seinen Höhepunkt. Die Sonne versank orangerot hinter den Hügeln und die Dämmerung setzte ein. Der Maigraf Gabriel Rücker entzündete, mit einer Pechfackel, das Maifeuer. Adrian Kraft wankte an den tanzenden Pärchen vorbei, drehte suchend seinen Kopf und torkelte. Schließlich fand er das Objekt seiner Begierde. Lisbeth stand, mit Eva Picht und der Burgköchin am

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1