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Die Legende der Aspekte: Dämon
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eBook830 Seiten12 Stunden

Die Legende der Aspekte: Dämon

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Über dieses E-Book

Nach dem Verlust des Thrones der vereinigten Länder durch einen Dämonen ist nichts mehr wie früher: Mithilfe seiner Schergen herrscht dieser mit eiserner Hand über die Stadt Salyach. Eine ausweglose Lage für die Menschen in der Stadt, so auch für Finn und Darian, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhalten und alles verlieren. Doch eine kleine Gruppe, die im Geheimen den Widerstand einleitet, nimmt die Jungen auf und gibt ihnen Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihr Ziel: Nichts Minderes als die Tyrannen zu stürzen. Doch gegen einen Dämonen zu bestehen, scheint mit den Waffen der irdenen Welt kaum möglich. Also machen sie sich auf eine verzweifelte und abenteuerreiche Suche, um einen anderen Weg zu finden, den Dämon und seine Häscher zu stürzen.
Die Geschichte ist an alle gerichtet, die in phantastische Welten voller Magie, seltsamer Kreaturen und neuen Völkern eintauchen wollen oder dort bereits zuhause sind. Dies ist vor allem ein Leckerbissen an diejenigen, die neue Wendungen und Überraschungen erleben wollen, denn in der Welt von Finn und Darian lauern hinter jeder Ecke neue und spannende Abenteuer, Wesen und zwielichtige Gestalten mit zweifelhaften Absichten. Vor allem durch die Magie, die nicht bloß an Menschen oder andere Kreaturen gebunden ist, entstehen so phantastische Landschaften, mit denen der Leser in Berührung kommt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum17. Apr. 2017
ISBN9783742791511
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    Buchvorschau

    Die Legende der Aspekte - Jonas Schwarz

    Prolog: Die Jahreswende

    Die Legende

    der

    Aspekte

    1

    Dämon

    von Jonas Schwarz

    Raschek zögerte keinen Moment. Lautlos schlich er um den Palast des Herrschers herum zu einer Seitentür. Eine vertraute Gestalt öffnete ihm, doch statt einer Begrüßung bellte diese nur,

    >>Ihr seid zu spät, die Anderen sind bereits da! << Raschek nickte nur grimmig und betrat das Zimmer, welches sich als Küche entpuppte, die den Palast versorgte.

    >> Ihr seid der Letzte! Und jetzt los auf Euren Posten! << flüsterte er ungeduldig. >> Wir wollen doch nicht unpünktlich zum Fest kommen! << Ohne sein Gegenüber zu beachten eilte Raschek mit schnellen Schritten den langen Korridor, der wie leergefegt war, entlang die Treppe hinauf. Zielsicher näherte er sich dem Thronsaal, in dem der Herrscher mit seinem Volk bereits die Jahreswende feierte.

    Raschek öffnete eine Tür und gelangte schließlich auf einen Sims oberhalb des Saals, auf dem normalerweise die Wachen patrouillierten, doch auch hier war er alleine. Er duckte sich in den Schatten der Brüstung und begutachtete den ganzen Thronsaal, ohne selbst gesehen zu werden. Unter ihm war das Fest beinahe auf seinem Höhepunkt. Die Leute tanzten und schmausten von dem köstlichen Buffet, das sich meterlang durch den Raum zog, oder schwatzen mit Gleichgesinnten.

    Weiter hinten im Raum konnte er den Herrscher ausmachen, der auf seinem Thron Platz genommen hatte, dem Thron der Vereinigten Länder. Jeder der vertretenen Rassen hatte sein Wappen in die vergoldete Lehne gravieren lassen, insgesamt waren es sieben an der Zahl.

    Mit Abscheu betrachtete er jedes dieser Wappen. Er wollte sie alle vernichten, doch er zwang sich zur Geduld. Seine eigene Rasse, die aus dem Ödland stammte, war in diesem Bündnis nicht vertreten. Doch dieses Bündnis würde schon bald zerbrechen und sie würden sich erheben, dessen war er sich sicher. Doch alles zu seiner Zeit. Er zwang sich nochmals zur Ruhe und zog besonnen eine kleine Lampe unter seiner pechschwarzen Robe hervor und spähte auf die andere Seite der Halle und wartete auf das vereinbarte Signal.

    Immer noch konnte er keine Wachen ausmachen, wahrscheinlich störten sie hier nur. Feinde hatte der Herrscher ebenfalls kaum welche, da er es geschafft hatte, fast alle Länder unter seinem Banner zu vereinigen. Bereitwillig waren sie alle diesem Bündnis beigetreten, da sie sich daraus eine Menge Vorteile erhofften.

    Bis auf uns, dachte er und verzog seinen Mund zu einem Grinsen. Er befand, dass dieses Bündnis ein Zeichen von Schwäche war. Jeder war auf den jeweiligen Partner angewiesen und konnte sich nicht selbst schützen. Allen voran die Menschen suchten Verbündete, wo sie nur konnten, doch damit war jetzt ein für alle Mal ein Ende.

    Am Ende würden sie sich über allem erheben. Es war bereits immer so, dass die Starken über die Schwachen herrschen sollten und nicht umgekehrt.

    Immer noch starrte er auf die andere Seite, konnte aber noch nicht das Signal ausmachen. Nervös spielten seine Hände an dem Knauf seines gezackten Schwertes, welches er Tag und Nacht bei sich trug. Es war sein wichtigstes Werkzeug für den heutigen Abend und er freute sich schon auf dessen Einsatz.

    Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit sah er endlich, wie ein kleines Licht aufleuchtete. Er antwortete zur Bestätigung, indem er die kleine Lampe etwas nach rechts schwenkte und das Signal hastig weitergab.

    Als er die Lampe wieder verstaut hatte, machte er sich zum Sprung bereit. Die Musik hatte aufgehört zu spielen und der Herrscher hatte sich erhoben um ans Rednerpult zu treten. Er dankte den Göttern für das vergangene Jahr und bat sie um ein weiteres neues ertragreiches Jahr.

    In diesem Moment spannte Raschek seine Muskeln an und sprang in die Menge. Unbeschadet landete er mit seinem Schwert voraus auf einer Frau, die das Pech hatte, unter ihm zu stehen.

    Aus dem Augenwinkel sah er seine Mitstreiter, die ebenfalls aus ihren Verstecken kamen und sich in die Menge stürzten. Mühelos fällte er einen nach dem anderen und verängstigt schrien die Leute auf, die ihm zu nahe kamen. Bald herrschte komplettes Chaos in dem Thronsaal und einen Augenblick später erlosch das gesamte Licht. Raschek störte es wenig, er konnte im Dunkeln sehen, wie beinahe jeder seiner Art.

    Unbeeindruckt kämpfte er sich weiter durch die hilflosen Menschen hindurch, wer ihm den Weg versperrte, wurde mit einem Schwertstreich ausgeschaltet. Sein Ziel war der Herrscher, der wie erstarrt am Rednerpult stand. Seine Fingernägel krallten sich in das edle Litaitschiholz aus dem Norden der vereinigten Länder und Schweißtropfen rannen sein Gesicht hinunter. Ängstlich versuchte er etwas im Dunkeln zu erkennen, brachte aber nicht den Mut auf, um seine Wachen zu rufen. Vielleicht, entkam er ja unbemerkt. Raschek sah den Herrscher und lächelte. Was waren die Menschen bloß für ein schwaches Volk.

    Mit einem letzten, ungeheuren Satz sprang er direkt vor den Herrscher, der ihn ängstlich bemerkt hatte. Er genoss die Macht, die er spürte, die Macht seinen Gegner in Angst und Schrecken zu versetzten, mit ihm Katz und Maus in der Dunkelheit zu spielen.

    Genug, dachte er, hob kurz entschlossen sein Schwert und machte dem Leben des sagenhaften Herrschers, der alle Völker unter seinem Banner vereint hatte (wie es auf den Straßen so schön hieß) ein Ende.

    Alles verlief so, wie Tyrannus es geplant hatte. Zufrieden lächelte Raschek, machte kehrt und wollte zurück in die Menge stürzen, als plötzlich die Fenster hinter dem Thron barsten. Eine Gestalt wurde sichtbar und flog durch eines der kaputten Fenster in den Thronsaal und landete direkt neben ihm.

    Rach’zah’basch Arkansis al Tyrannus war nie unpünktlich und auch heute konnten sie sich auf ihn verlassen. Mit seinen zweieinhalb Schritt Größe überragte er Raschek um Längen und auch alles andere an ihm war mehr als beeindruckend und selbst er musste bei dem Anblick der großen Hörner, die seinem Kopf entsprangen und sich in die Höhe wanden, den langen großen, feuerroten Augen, die ihn zu durchdringen schienen und der geschuppten Haut, die jede Stelle seines Körpers umschloss, zusammenzucken. Zwischen seinen Schulterblättern hingen zwei riesige, graue, fledermausartige Flügel, die er nach der Landung zusammengefaltet hatte und auch seine Klauen mit den gespitzten Fingernägeln wirkten furchteinflößend.

    Raschek verbeugte sich tief vor dieser Kreatur, die erst ihn zufrieden musterte und dann den toten Herrscher, der ihm zu Füßen lag. Als Tyrannus fertig war, stieg er über den Leichnam und nahm den Platz hinter dem Rednerpult ein. Noch bevor die Fackeln an den Wänden in einem gespenstischen Rot aufleuchteten, konnten die verbliebenen Menschen seine gewaltige Aura spüren und Angst und Hoffnungslosigkeit machte sich in ihnen breit. Auch Raschek wurde davon berührt, ließ sich jedoch nichts anmerken.

    Stille kehrte in den Raum ein und jeder verharrte starr auf seiner Position, als sie Tyrannus erblickten. Amüsiert über das, was er sah, lächelte er. Auch in Raschek breitete sich Genugtuung aus und er freute sich über ihren Erfolg.

    Jedem einzelnen blickte Tyrannus in die Augen, viele fielen auf die Knie, bettelten um Gnade, oder wandten sich ab. Nicht einer hielt seinem Blick stand.

    Als er feststellte, dass die gesamte Aufmerksamkeit auf ihm ruhte, donnerte seine Stimme durch den Palast und erschütterte die Wände

    >>Euer Herrscher ist tot und ihr jämmerlichen Gestalten konntet es nicht verhindern! Ab dem heutigen Tag werde ich Herrscher über das Reich sein und ihr alle werdet mir dienen! << Niemand protestierte und Raschek war mehr als zufrieden. Sie hatten ihr Ziel erreicht, der Thron gehörte ihnen und sie hatten die gesamte Herrschaft, zumindest in den meisten Teilen des Gebietes.

    Anfangs war es etwas schwer gewesen, das Ödland zu vereinen, aus dem er stammte, da dieses am größten war und die unterschiedlichsten Völker beherbergte. Nach fast einem ganzen Jahrzehnt hatte Tyrannus es geschafft und alle dort lebenden Völker für sich gewonnen und ihren Unmut auf die vereinigten Länder geschürt.

    Er selbst hatte viele Leute bestechen und manipulieren müssen doch letztendlich hatten sich die Mühen gelohnt, die anderen Völker lagen ihnen zu Füßen. Nach und nach hatten sie einzelne Länder infiltriert und heute überall zugeschlagen und die Vertreter des Herrschers gestürzt. Auch hier in Salyach der Hauptstadt der Menschen war dies geglückt.

    Als Tyrannus endete, wandte er sich wieder an Raschek, der sich ebenfalls nicht gerührt hatte.

    >>Schaff mir diesen Abschaum vom Hals! Verjage sie in die Stadt, dort wird sich der Tod ihres Herrschers wie ein Lauffeuer verbreiten! << Raschek nickte nur und bedeutete seinen Kameraden, die Ein- und Ausgänge frei zu machen. Noch rührte sich keiner der Menschen. Sie alle hatten bereits Geschichten über das Ödland und seine Völker gehört, doch niemand wagte sich dorthin. Der Abenteurer, der sich dennoch dorthin aufmachte und alle Warnungen seiner Freunde in den Wind warf, ward nie mehr gesehen worden. Aus Geschichten und Legenden kannten die Menschen dennoch Rascheks Volk, mit den schwarzen Roben und der grauen, fahlen Haut. In den Erzählungen wurden die menschenähnlichen Kreaturen schlicht, die Dunklen genannt. Die Legenden bezeichneten sie als hinterlistig und eigensinnig, nur ihren Zielen folgend. Auch hieß es, dass sie sich der Magie bedienen konnten, was sie noch furchteinflößender und mächtiger darstellte.

    Doch eine solch absonderliche Kreatur wie Tyrannus hatte bisher noch niemand der verbliebenen Menschen je zu Gesicht bekommen, geschweige denn etwas von ihm gehört.

    Dann durchbrach der Erste den Bann und rannte mit panischen Schreien durch die Tür. Viele folgten ihm, bis der Palast bis auf wenige Personen, die immer noch starr vor Angst waren und sich nicht rührten, menschenleer war. Raschek wurde das Warten auf diejenigen, die nicht flüchteten überdrüssig, weshalb er sein Schwert zog und die verbliebenen Menschen niederstreckte. Als er sein Werk vollendet hatte, schritt er zurück zu Tyrannus, verbeugte sich noch einmal kurz und sprang hinaus durch ein Fenster, in die Nacht.

    Teil 1

    Die Widerständler

    Kapitel 1. Die Dämmerung

    Trotz der Kälte, die der späte Herbst durch seine vielen Windböen mit sich brachte, schwitze Darian vor Anstrengung. Kurz gönnte er sich eine Pause, bis er wieder den Blasebalg an der Glut bediente, sodass diese rot aufglühte. Auch Meister Hiram tropfte der Schweiß von seiner Stirn, als dieser erneut die grobe Klinge aus der Glut zog. Sorgfältig begutachtete er das Stück und legte es auf den Amboss, um es mit seinem Hammer zu bearbeiten. Mit perfekter Präzision jedes einzelnen Schlags fuhr der Hammer auf den Rohling nieder, bis der Meister ihn ein weiteres Mal beäugte und ihn mit einem Nicken wieder in das Feuer schob.

    Hiram ließ sich immer viel Zeit für seine Klingen, doch das zeichnete diese für ihre Qualität aus, die in der ganzen Stadt berühmt war, weswegen seine Schwerter auch einen gewissen Preis hatten, den nicht jeder erbringen konnte. Das ein oder andere Mal hatte Darian schon erlebt, wie ein Kunde sich über den Preis beschwerte, Handgreiflichkeiten waren zwar unüblich, doch immer wieder kam es vor, dass ein Kunde voller Zorn über den Preis zu einem nicht erworbenem Schwert griff, doch glücklicherweise war Hiram nicht nur ein guter Schmied, er konnte auch richtig gut mit seinen Stücken umgehen und hatte bisher jeden Kunden in den Griff bekommen.

    Des Weiteren gab es noch die unerwünschten Besucher, die verzweifelt die Schmiede aufsuchten um nach Geld oder einer Waffe bettelten, damit sie vielleicht eine weitere Woche auf der Straße über die Runden kommen könnten.

    Hiram wies sie alle ab. Manchen gab er ein bisschen Geld mit auf den Weg, aber seine Waffen konnte er nicht weggeben. Zwar lief sein Geschäft, doch der Stahl, den er für seine Schwerter benötigte, wurde immer teurer.

    Darian war ebenfalls erst einer dieser unerwünschten Besucher der Schmiede gewesen. Er hatte damals um Geld gebettelt, um seine Familie über die Runden zu bringen, doch auch ihn hatte der Meister zuerst abgewiesen, dann aber gezögert und anstatt des Geldes ihm eine Arbeit als Gehilfe in der Schmiede angeboten. In seiner verzweifelten Lage hatte er natürlich sofort eingewilligt und seitdem arbeitete Darian tagein, tagaus in der Schmiede von Meister Hiram zusammen mit Finn, dem Sohn des Meisters, der die Schmiede eines Tages übernehmen sollte.

    Finn war ein netter Bursche mit zotteligem Haar und dunklen braunen Augen. Er hatte die gleiche kleine Nase seines Vaters und hohe Wangenknochen, sowie kleine Ohren. Er war etwas größer als Darian und schon jetzt zeichneten sich die Muskeln an seinen Armen ab, die sich durch die Arbeit in der Schmiede langsam aber sicher entwickelten.

    Schnell hatten sich die beiden gleichaltrigen Jungen angefreundet und verrichteten gewissenhaft ihre Arbeit in Hirams Schmiede.

    Jeden Morgen schleppten sie das Holz vom Hinterhof in die Schmiede, bedienten den Blasebalg, oder ordneten die Schwerter nach Größe, Gewicht und Preis. Das ein oder andere Mal hatte der Meister ihnen sogar erlaubt, eine seiner Klingen probeweise zu schwingen, was den beiden Jungen immer wieder Freude bereitete.

    Jedoch war es Darian ein Rätsel, warum Hiram ihn zu seinem Gehilfen gemacht hatte. Einmal hatte er seinen ganzen Mut zusammengenommen und den Meister in einer ihrer Pausen gefragt. Dieser hatte nur amüsiert gelächelt und ihm gesagt, dass er jung, kräftig und lernfähig sei und zudem noch seine Mutter und seine Schwester zu ernähren hatte. Heute musste er nur noch für seine Mutter sorgen, seine Schwester war im letzten Winter an einem Schnupfen und hohem Fieber gestorben, was ihn sehr traurig machte.

    Er hatte sich geschworen, noch härter zu arbeiten, damit sie weiterhin ein Dach über dem Kopf hatten und seiner Mutter nicht das gleiche Schicksal ereilte.

    Sie war zudem die einzige Person, die ihm noch geblieben war, da sein Vater bei der Übernahme der Dunklen und Tyrannus gestorben war. Er hatte im Palast als Koch gearbeitet und kaum ein Mensch hatte den Überfall dort überlebt, auch nicht sein Vater.

    Elf Jahre lag der Tod seines Vaters nun schon zurück und seitdem hatte sich sein Leben komplett geändert. Sie waren gezwungen gewesen, ihr Haus aufzugeben und in das Armenviertel der Stadt zu ziehen, wo eine Hütte nicht viel Miete kostete.

    Das war geschehen, als Darian erst vier Jahre alt war. Damals hatte er nicht begriffen, wieso seine Mutter Sabella so traurig war und sie plötzlich aus ihrem Haus weg mussten. Er hatte sie nur immer wieder gefragt, wann sein Vater nach Hause kam. Bis heute hatte sie ihm diese Frage nicht beantwortet, doch irgendwann hatte er selbst begriffen und seine Mutter nicht mehr danach gefragt. Die Erkenntnis hatte ihn wie ein Schlag getroffen, unvermittelt und mit voller Wucht. Er hatte tagelang geweint, als ihm klar geworden war, dass sein Vater nie mehr wieder nach Hause kam, ihn nie mehr in die Arme schloss. Sabella hatte mit ihm geweint, bis er den Tod seines Vaters akzeptieren konnte.

    Insbesondere für seine Mutter war diese Zeit schwer gewesen, alleinerziehend gab es für Frauen keine Perspektive, dennoch hatte sie versucht, Arbeit zu finden. Jedoch wollte seine Mutter niemand haben, eine Frau bei der Arbeit war ein Tabu, wer dieses brach, wurde beschuldigt, ein Lusthaus zu betreiben und das Ansehen seines Betriebes sank in der Stadt, sodass die Leute dieses nicht mehr aufsuchten.

    Nach etlichen Versuchen hatte Sabella schließlich aufgegeben und war auf die Straße zum Betteln gegangen. Es war nie wirklich viel gewesen, doch sie waren sparsam und hatten immerhin davon überleben können.

    Als Darian schließlich alt genug war, hatte er beschlossen, seine Mutter zu unterstützen und sich selbst auf die Suche nach Arbeit zu machen. Auch er hatte kein Glück gehabt. Oftmals musste er sich anhören, dass er zu jung für eine Arbeit war, oder keine Ausbildung durchlaufen hatte und keine Qualifikationen besaß. Irgendwann war auch sein Wille gebrochen und der nächste Winter sollte wohl ihr Letzter werden, doch seine Mutter lernte einen Mann kennen, der ihnen half.

    Zwar überlebten sie den Winter, doch hatte seine Mutter nur noch Augen für Xian, den Darian gar nicht leiden konnte. Irgendetwas schien er ihnen zu verheimlichen, doch alle Versuche, mit seiner Mutter über Xian zu sprechen scheiterten. Er konnte sich nicht erklären, was seine Mutter an dem Kerl fand. Er hatte ihnen gesagt, dass er als Händler tätig war, doch hatte Darian nie irgendwelche Ware gesehen, oder einen gemieteten Stand auf der Haupthandelsstraße, als er ihm nachspioniert hatte. Das Geld teilte er selten oder gar nicht mit ihnen, was seine Mutter nicht zu stören schien, weshalb er trotzdem noch Arbeit finden musste, damit sie nicht verhungerten.

    Zu allem Überfluss beschlossen sie, schon nach einigen Wochen zusammen in ein größeres Haus im Armenviertel zu ziehen, in dem sie jetzt immer noch lebten. Bis zum heutigen Tag traute Darian Xian kein Stück und er hoffte, dass der Mann sich bald aus ihrem Leben entfernte, egal wie.

    Also arbeitete er weiterhin in der Schmiede bei Hiram, der gerade zusammenzuckte, als ein kalter Windstoß durch die Hintertür fegte, die sein Sohn aufgestoßen hatte. Zitternd betrat Finn die Schmiede, in beiden Armen einen Stapel Feuerholz, den er griffbereit in einer Ecke verstaute. Fluchend zog er sein Wams enger um sich und schloss die Tür.

    >> Dieses Jahr steht uns ein kalter Winter bevor. << murmelte er und auch Darian seufzte auf >> Immerhin musst du nicht noch durch die Kälte nach Hause, sondern bloß ein paar Stufen hoch. Also beklage dich mal nicht! << stichelte Darian.

    >> Gut möglich, aber dann bleibst du wenigstens fit, wenn dich die Dunklen abends durch die Gassen jagen. << grinste Finn zurück, der immer noch vor Kälte zitterte. Als Meister Hiram das bemerkte, beorderte er ihn ans Feuer an den Blasebalg und gönnte Darian eine Pause, der ohnehin schon am Ende seiner Kräfte war. Jeden Abend aufs Neue ließen ihn seine Muskeln spüren, dass die Arbeit in der Schmiede körperlich anstrengend war.

    Er ließ sich auf einem kleinen Hocker nieder, der irgendwo in dem Raum stand und verschnaufte einen Moment.

    >> Mehr Luft! << kam es von Hiram herüber, dessen kratzige Stimme nicht zu überhören war. Als Antwort erhielt der Schmied ein lautes Zischen, Finn verlangte sich und dem Blasebalg alles ab und zufrieden zog Hiram die Klinge aus der Glut und drosch abermals mit seinem Hammer darauf ein.

    Stöhnend erhob sich Darian und ließ sich in einer Ecke nieder, um die Schwerter, die sein Meister in den letzten Wochen fertiggestellt hatte, zu sortieren.

    Jede Klinge faszinierte ihn aufs Neue, da jede Einzelne ein Meisterwerk für sich war, einzigartig und perfekt verarbeitet. Probeweise hielt er eine Klinge gegen das Licht einer Fackel und erkannte so, wie enorm scharf der Stahl geschliffen worden war.

    Er war so fasziniert von der Schönheit der Schwerter, dass er zusammenschreckte, als er Hirams Stimme erneut vernahm

    >> So, ich denke das war die letzte Klinge für heute. Damit seid ihr beide entlassen. Darian, ich erwarte dich morgen etwas früher, ihr müsst zur Haupthandelsstraße, um neuen Stahl zu besorgen. <<, dann wandte er sich an

    seinen Sohn >> Finn, hilf mir bitte noch beim Aufräumen! << Dieser stöhnte entnervt auf, fing jedoch unverzüglich mit der Arbeit an.

    Unter normalen Umständen hätte Darian ebenfalls mitgeholfen, jedoch war es schon spät, es dämmerte bereits und für ihn war der Tag kräftezehrend gewesen, sodass er sich dankbar von den Beiden verabschiedete und den Heimweg antrat. Als er die Schmiede verließ, fuhr ihm nur ein weiterer kalter Windstoß entgegen, die Straßen waren bereits wie leer gefegt, weder Händler oder Gaukler, noch Bettler waren auf den Straßen unterwegs und auch er selbst beeilte sich nach Hause zu kommen, da die Straßen nachts nicht sicher waren.

    Zwei Dinge hatte man zu fürchten, wenn man alleine nach Einbruch der Dunkelheit durch die vielen Gassen eilte. Zum einen trieben Räuber und Diebe ihr Unwesen und überfielen arglose Passanten, die sich des Nachts noch in manch einer Gasse verirrt hatten. Doch hatte man Glück im Unglück, wenn man nur von Räubern überfallen wurde, ein schlimmeres Schicksal erwartete einen, wenn man auf eine Patrouille der Dunklen stieß, die ihre Opfer mitnahmen und sich einen Spaß daraus machten, den Unglückseligen bis zum Tod zu foltern.

    Die Dunklen, eine Rasse aus dem Ödland hatten die Stadt fest im Griff, sie kontrollierten die Ausgänge der Stadt, den Handel und die Gesetze mit eiserner Hand. Niemand konnte ihnen etwas anhaben, man munkelte, dass sie übermenschliche Fähigkeiten besäßen, zudem unterstanden sie Tyrannus, einem Dämon, der sich als Herrscher über das ganze Land erhoben hatte. Seine Macht schien unbegrenzt, irdische Gesetze galten für ihn nicht, so munkelte man jedenfalls. Die Dunklen waren seine Handlanger, sie unterstanden ihm und hatten ihm damals geholfen, die Macht an sich zu reißen.

    So sicher wie der nächste Sonnenaufgang war aber, dass die Dunklen vorzugsweise in der Nacht aktiv waren, also zog er das Tempo an und verfiel in einen Laufschritt.

    Von der Schmiede bis zu seinem Haus im Armenviertel war es nicht weit. Dennoch wollte er kein Risiko eingehen und hielt sich unauffällig am Straßenrand, nahe der Fassaden. Nervös warf er immer wieder Blicke über seine Schulter, um sich zu vergewissern, dass ihm niemand folgte. Mittlerweile war es fast komplett dunkel und er konnte kaum mehr etwas erkennen. Meister Hiram hatte wohl die Zeit unterschätzt, dachte er und ärgerte sich, dass er nicht selbst darauf geachtet hatte, da es Herbst wurde und es bereits früher dämmerte.

    Er bog in eine Seitengasse und atmete erleichtert auf, als er keine Gestalten erblicken konnte. Diese unscheinbare kleine Gasse führte ihn direkt ins Herz des Armenviertels und bald würde er sicher zu Hause sein.

    Er huschte in die kleine Straße und einen kurzen Moment später sah er sie und eine Welle des Entsetzens brach in ihm ein.

    Fünf in Roben gekleidete Gestalten betraten den Weg und blickten in seine Richtung. Mit einem Satz hechtete er in einen Hauseingang und betete, dass die Dunklen ihn nicht bemerken würden. Sein Herz schlug bis zum Hals, als er angestrengt lauschte. Er hörte ihre Schritte, welche immer lauter an sein Ohr drangen. Als sie an seinem Versteck angelangt waren, blieben alle fünf abrupt stehen und drehten sich langsam in seine Richtung. Darian presste sich mit ganzer Kraft gegen die Hauswand und war starr vor Angst. Jetzt war es vorbei mit ihm, dachte er verzweifelt, sie hatten ihn bemerkt und schleppten ihn mit.

    Das letzte Fünkchen Hoffnung wurde in ihm zerstört, als er sich daran erinnerte, dass die Dunklen auch ohne Licht sehen konnten.

    Zwar war auch das nicht bestätigt und er hoffte auf das Gegenteil, doch was sollte ihn jetzt noch retten? Er wusste, dass nun das Unvermeidliche kommen würde und schloss die Augen.

    Doch ein Angriff blieb aus und statt sich auf ihn zu stürzen, deutete einer von der Gruppe auf etwas über Darian. Im nächsten Augenblick hörte er das typische Surren eines Bogens und ein Dunkler taumelte getroffen von einem Pfeil in der Schulter zurück. Sofort zogen die anderen Vier kampfbereit ihre gezackten Schwerter und stießen sich kraftvoll vom Boden ab, über den verblüfften Jungen hinweg auf das Dach und landeten gekonnt dort, von wo der Pfeil gekommen war.

    Auch der Verbliebene am Boden zog sich unter einem Aufschrei den Pfeil aus seiner Schulter und eilte zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.

    Weitere Minuten verstrichen, ehe Darian sich wagte zu bewegen. Mit weichen Knien und immer noch pochendem Herzen wurde ihm bewusst, wie knapp er dem Tod entronnen war. Nur stellte sich ihm die Frage, ob es Zufall gewesen war, dass gerade jemand in diesem Moment einen Pfeil auf die Gruppe abgeschossen hatte. Er hoffte nur, dass es der Person gelang, den Häschern des Dämons zu entfliehen. Noch ein letztes Mal blickte er in die Richtung seines Retters, dann sah er zu, dass er schleunigst weiter kam, denn einen weiteren Zwischenfall wollte er möglichst vermeiden.

    Kapitel 2 Nächtliche Ausflüge

    Darian schlief diese Nach nicht gut. Immer wieder wälzte er sich von einer Seite auf die Andere, nur um darauf wieder in einen unruhigen kurzen Schlaf zu fallen. In seinen Träumen suchten ihn jedes Mal aufs Neue die fünf Dunklen heim und immer, wenn sie ihn entdecken und ermorden wollten, schreckte er schweißgebadet aus seinem Bett hoch. Zum sechsten Mal träumte er bereits den gleichen Traum und als er erneut erwachte, konnte er nicht mehr einschlafen.

    Der Abend war wie üblich verlaufen, er hatte seiner Mutter und Xian nichts von seinem Zusammentreffen erzählt, vielleicht hatte Sabellas Liebhaber ebenfalls etwas mit der Sache zu tun. Seiner Mutter wollte er nicht noch mehr Sorgen machen, sie plagte sich bereits mit Anderem herum. Nach dem kargen Abendessen, welches sie zusammen zu sich nahmen, worauf seine Mutter jedes Mal aufs Neue bestand, waren sie alle zu Bett gegangen. Geschlafen hatte Darian kaum, obwohl morgen ein weiterer harter Tag bevorstand.

    Behutsam und so leise wie möglich kroch er unter seiner löchrigen Decke hervor, darauf bedacht, weder Xian noch Sabella zu wecken. Auf Zehenspitzen schlich er zu einem klapprigen Schrank in der Küche, in der ebenfalls sein kleines Bett stand und öffnete die Schranktür, die ausnahmsweise nicht knarrte. Zufrieden kramte er einen Becher aus Holz hervor und schöpfte etwas Wasser zum Trinken aus einem Bottich. Es war die einzige Wasserquelle, mit der sie sich versorgen konnten. War diese einmal leer, war Darian gezwungen, zu dem Stadtbrunnen zu laufen, um neues Wasser daraus zu schöpfen.

    Als er ausgetrunken hatte, stutzte er und lauschte angestrengt in den Raum hinein. Er hätte schwören können, dass er aus dem Nebenraum, in dem Xian und seine Mutter schliefen, ein leises Knarren hören konnte. Da war es wieder, diesmal sogar deutlicher und im nächsten Moment konnte er sogar Schritte vernehmen. Auf einmal hellwach, überlegte er fieberhaft, was er tun sollte. Vielleicht waren Einbrecher in die Hütte gelangt? Die Möglichkeit verwarf er jedoch wieder, was sollten Räuber denn schon bei ihnen klauen? Kurz entschlossen schlich er flink durch die Küche auf die morsche Tür zu, die in das angrenzende Zimmer führte. Angestrengt versuchte er, durch ein Loch in der Tür zu spähen, wurde jedoch enttäuscht, als er die Beiden schnarchend in ihren Betten vorfand. Befand sich also noch irgendein ungebetener Gast in ihrem kleinen Heim, oder spielte ihm seine Phantasie einen Streich?

    Gerade, als er sich abwenden wollte, räkelte sich Xian, schlug verschlafen die Decke zurück und erhob sich von seinem Bett. Er warf einen kurzen Blick in seine Richtung, als ob er Darian hinter der verschlossenen Tür sehen konnte und ein ungutes Gefühl machte sich in dem Jungen breit. Kurz überlegte er, ob er weiter spähen sollte, hielt es aber für klüger, den Rückzug ins Bett anzutreten, falls Xian das Haus verlassen sollte.

    Gespannt lauschte er in die Stille hinein und wenig später vernahm er wieder dieses merkwürdige, leise Knarren und seine Neugier packte ihn erneut. Abermals erhob er sich, verwarf die Vorsicht und schlich zur Tür, um einen weiteren Blick durch das Loch zu werfen. Verdutzt stellte er fest, dass Xian nicht mehr im Raum zu sehen war, doch einen weiteren Ausgang als diesen gab es nicht, oder täuschte er sich da? Er vergewisserte sich noch einmal, dann drückte er leise gegen die Türe und betrat das Zimmer seiner immer noch schlafenden Mutter.

    Langsam tastete er sich an der Wand entlang und suchte den Raum nach einem weiteren versteckten Ausgang ab. Alles schien wie immer, die Möbelstücke standen unbewegt an ihren Orten und auch in den Wänden gab es keine Hohlräume. Doch wohin konnte Xian dann verschwunden sein? Fieberhaft überlegte Darian, bis er wieder Schritte hören konnte, aber nicht wusste, woher die Quelle des Geräusches kam. Aus Verzweiflung entdeckt zu werden, schlich er so schnell und leise wie möglich in den Kleiderschrank und versteckte sich zwischen den teuren Kleidern Xians und wartete gespannt darauf, wo dieser jetzt erscheinen würde.

    Plötzlich mit einem Ruck, fiel die Tür des Schrankes zu und sein Versteck setzte sich in Bewegung, bis mit einem weiteren Ruck der ganze Spuk vorbei war. Darian wusste nicht was passiert war und hatte unbewusst seinen Atem angehalten, öffnete nach einigem Warten langsam die Türe und stellte mit Entsetzen fest, dass er sich nicht mehr im Schlafzimmer befand, sondern ein langer schmaler Gang auf ihn wartete, der in die Tiefe führte. Dahin war Xian also verschwunden. Unabsichtlich hatte er den anderen Ausgang gefunden und überlegte nun, wie er die Situation nutzen sollte. Vielleicht konnte er so endlich seiner Mutter zeigen, dass etwas faul an ihrem Liebhaber war.

    Entschlossen trat er aus dem Schrank heraus in den Gang, der zu seinem Glück von mehreren Fackeln erleuchtet wurde. Das alles raubte ihm schon seine Nerven, aber im Dunkeln wäre es wohl noch unangenehmer geworden. Bedacht setzte er einen Schritt vor den Anderen, er wollte nicht, dass er in einer Falle landete, die Xian eventuell für ungebetene Gäste installiert hatte.

    Nach ein paar weiteren Schritten beschrieb der Tunnel eine Kurve und schließlich gelangte Darian in einen seltsamen Raum.

    Was er dort sah, verschlug ihm regelrecht die Sprache. Regale mit hunderten von Büchern zierten die Wände, in der Ecke brodelte irgendein Gebräu in einem riesigen Kessel über einer kleinen Feuerstelle und auf den vielen Tischen sah er wertvolle Gläser in allen erdenklichen Formen mit verschiedenen Aufschriften, die er nicht entziffern konnte. Unter der Decke prangte zudem ein gewaltiger Kronleuchter aus menschlichen Schädeln der mattes Licht spendete. Angewidert von diesem Anblick drehte Darian sich weg und sein Blick viel auf einen großen massiven Tisch, auf dem etliche Dokumente und Pergamente zerstreut lagen, die er ebenfalls nicht lesen konnte.

    Nie hatte er eine Lernstunde in der großen Bibliothek des Palastes besucht und seit Tyrannus und die Dunklen an der Macht waren, war den Menschen der Zugang zum Palast verwehrt worden, in der sich die große Bibliothek mit ihren unzähligen Büchern befand. Gerne hätte er diesen Ort aufgesucht, doch in der jetzigen Zeit war das unmöglich.

    Über dem Tisch fand er dutzende Gläser mit toten Tieren, oder Teilen von Tieren, Pflanzen und andere befremdlich wirkenden Stoffen, die er nicht identifizieren konnte. Vor Ekel zog sich sein Magen zusammen. Was war dieser Xian nur für ein Mensch und wozu benötigte er das alles? Ein Blick in den Kessel beantwortete ihm seine Frage. Wenn ihm seine Augen keinen Streich spielten schwamm dort ein pelziger Fuß eines Tieres.

    Das war zu viel für seinen Magen und zu dem Fuß gelangte nun auch noch sein halb verdautes Abendessen.

    Er hatte genug gesehen, befand er. Genug um seine Mutter davon zu überzeugen, dass ihr Geliebter nicht der war, der er vorgab zu sein. Nur was beabsichtigte Xian an diesem abstrusen Ort? Das war die Frage, die sich ihm am meisten aufdrängte, doch erst mal musste er zusehen, dass er hier wieder hinaus kam. Er machte auf dem Absatz kehrt und lief von diesem widerwärtigen Ort zurück den Gang entlang zum Schrank. Gerade, als er wieder in diesen steigen wollte, setzte sich der Schrank abermals in Bewegung und zu seiner Überraschung stand nun Xian direkt vor ihm, gleichermaßen überrascht.

    Ehe Darian reagieren konnte, packte Xian ihn fest am Unterarm und zischte

    >>Wie bist du hierher gelangt? << Anstatt zu antworten, versuchte er verzweifelt, sich loszureißen, doch sein Gegenüber hielt ihn eisern weiter fest. Eindringlich sah er Darian in die Augen und wiederholte seine Frage >> Wie bist du hierher gelangt? Antworte mir, oder ich muss mir sie auf unangenehmere Art und Weise von dir beschaffen! << Mit einem Kopfnicken deutete er auf den Schrank, hinter dem seine Mutter weiterhin fest zu schlafen schien. >> Ich habe Euch gehört, als Ihr den Kleiderschrank betätigt habt, also habe ich nachgesehen und bin selber hierher gelangt. << erwiderte er trotzig. >> Wenn Mutter das hier erfährt, wird sie endlich einsehen, dass ich im Recht lag, was Eure Wenigkeit anging! Eure Zeit hier bei uns ist abgelaufen! <<

    >> Deine Mutter wird mich wegen deiner lächerlichen Unterstellungen nicht verlassen, das weißt du genauso gut wie ich. Zumal sie es sowieso nie erfahren wird, da ich dich nicht einfach gehen lassen werde. Also wirst du erst mal ein Weilchen hier unten bleiben, bis ich weiß, was ich Schönes mit dir anstellen werde. << Mit diesen Worten zog er Darian zurück in den Raum, der sich vergeblich gegen Xian wehrte und sich zu befreien versuchte. Am Ende dieses Gerangels landete er an einer Wand. Gefesselt an Händen und Füßen hing er dort, wie ein nasser Sack, sodass sich das kalte Metall in seine Gelenke bohrte. Während er versuchte, eine möglichst ‘‘ bequeme ‘‘ Position zu finden, sah Xian nach dem Gebräu, nickte zufrieden und wandte sich wortlos zum Gehen, während Darian alleine zurück blieb.

    Finn wartete ungeduldig auf seinen Vater. Er hatte das Essen schon vor Minuten fertig zubereitet und wollte endlich anfangen. Sein Magen verdaute sich bald selbst, zumindest fühlte es sich so an.

    Hiram hatte ihn, kurz nachdem Darian die Schmiede verlassen hatte, schon hoch in ihre Wohnung geschickt, wo er sich um ihr Abendessen kümmern sollte. Entnervt erhob er sich vom gedeckten Tisch um nach seinem Vater zu sehen. Wahrscheinlich räumte er jedes kleine Werkzeug genau an seinen Platz, oder besah sich nochmals seine angefertigten Stücke. Hiram lebte seinen Beruf Tag und Nacht, deswegen war er auch der Beste in der ganzen Stadt, wofür Finn ihn sehr bewunderte. Doch bezweifelte er, dass er eines Tages in seine Fußstapfen treten konnte.

    Finn stieg die Treppe zur Schmiede hinunter und stellte verblüffte fest, dass Hiram nicht dort aufzufinden war. Vielleicht holte er noch etwas Feuerholz aus dem Hof, obwohl er das vorhin schon erledigt hatte. Doch sein Vater war ein Perfektionist und wenn ihm etwas nicht passte, behob er den Fehler. Kopfschüttelnd spähte er durch einen Schlitz in der Tür, er wollte nicht unnötig Kälte mit ins Haus bringen, er fror sowieso schon genug. Doch auch im Hinterhof konnte er keine Menschenseele erkennen und langsam keimten Sorgen in ihm auf. Wo war Hiram denn noch hin? Neuen Stahl wollte er morgen mit Darian besorgen, zudem war es dafür bereits zu spät. Am Abend war es viel zu gefährlich um noch auf der Haupthandelsstraße, die quer durch die ganze Stadt verlief, seine Waren anzupreisen. Jeder wusste, dass die Dunklen dort am häufigsten ihre Runden zogen. Mit einem mulmigen Gefühl spähte er hinaus durch ein Fenster auf die menschenleere Gasse.

    Wo zum obersten Tyrannus war sein Vater abgeblieben? Um sich etwas abzulenken, ergriff er eines der vielen Schwerter und vollführte ein paar Schwünge damit. Wie üblich ließ es sich gut führen und lag perfekt in seiner Hand, doch konnte er sich nicht auf die Übungen, die Hiram ihm gezeigt hatte, konzentrieren. In einer freien Minute übte er oft und gerne mit den Klingen, die im vorderen Bereich der Schmiede zum Verkauf standen und wurde immer besser. Manchmal, wenn wenig Betrieb in der Schmiede herrschte, erlaubte sein Vater, Darian und ihm ein paar Kämpfe, jedoch mit ungeschliffenen Waffen und oft erlangte er den Sieg über seinen Freund.

    Besorgt schaute er abermals aus dem Fenster, immer noch keine Spur von seinem Vater. Er kam zum Entschluss, nach ihm zu suchen, er konnte hier nicht einfach weiter warten und Wurzeln schlagen. Warum um alles in der Welt hatte Hiram noch das Haus verlassen? Seufzend ging er hoch und zog sich zusätzlich noch eine dicke Jacke über, griff sich unten ein Schwert aus der Halterung, womit er sich alles andere als sicher fühlte und öffnete die Tür. Draußen war es vollends dunkel, doch konnte er keine Fackel entzünden. Zu gefährlich war es von einer Gruppe der Dunklen entdeckt zu werden. Nicht nur vor Kälte zitternd betrat er die kleine Gasse im Handelsviertel und wartete kurz, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann wandte er sich in die Richtung der Haupthandelsstraße, eine Hand immer am Schwertknauf. Glücklicherweise kannte er jede dieser verwinkelten Gassen auswendig und fand auch im Dunkeln schnell zu seinem Ziel. Die Minuten verstrichen und endlich bog er in die große, gepflasterte Straße ein, wo täglich viele Händler der Stadt mit ihrer Waren anboten. Auch diese Straße war wie ausgestorben und mit schnellen Schritten eilte er zu einem hohen Haus, in dem der Händler Lönning wohnte, von dem sie das Metall kauften. Der Händler war ein guter Freund seines Vaters, vielleicht wusste er ja, wo Hiram sich zu dieser späten Stunde noch befand.

    Entschlossen klopfte er an die große Tür des Hauses und einen Augenblick später hörte er Schritte eine Treppe hinunter gehen. >> Welcher Unhold klopft zu solch später Stunde noch an meine Pforte? << hörte Finn die unverkennbar hohe Stimme von Laurentius Lönning durch die Tür dringen. >> Ich bin es, Finn, der Sohn des Schmiedes Hiram. Ist mein Vater noch zufällig bei Euch, oder wisst Ihr, wo ich ihn finden könnte? <<

    >>Nein ich weiß nicht, wo dein Vater ist. << bellte es von drinnen zurück.

    >> Und nun mach, dass du nach Hause kommst, zu solch später Stunde sollten Burschen wie du draußen nicht mehr unterwegs sein! << Danach hörte er, wie sich die Schritte wieder entfernten. Für Laurentius Lönning war das Gespräch damit beendet und Finn war keinen Schritt weiter. Wahrscheinlich hatte der Händler Recht, er sollte wieder nach Hause und auf seinen Vater warten, doch wenn Hiram auf eine Patrouille Dunkler gestoßen war und Hilfe benötigte? Nein, Lönning war ein Feigling der sich in seinem Haus verriegelte, sobald die Sonne unterging. Er musste weiter nach seinem Vater suchen, doch die Stadt war groß und Finn hatte keine Ahnung, wohin er als Nächstes gehen sollte. Vielleicht konnte Darian ihm weiterhelfen. Also lief er in Richtung des Armenviertels, in dem sein Freund zusammen mit seiner Mutter und deren Geliebten wohnte, den Darian nicht ausstehen konnte. Oftmals erzählte dieser Finn von seinen Sorgen, genau wie er Darian alles anvertrauen konnte, was ihn plagte.

    Entschlossen bog er in eine weitere Gasse ein, als ein Schrei die Nacht durchdrang. So schnell er konnte, rannte er in die Richtung, aus der er den Schrei vermutete. Er hetzte etliche kleine Gassen entlang, bis er starr vor Schreck zum Stehen kam, als er das Szenario erblickte. Fünf Dunkle Schergen hatten seinen Vater umkreist, der sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit umsah. Blut tropfte aus seinem linken Arm, doch auch jeder der Dunklen war schon verwundet. Anscheinend dauerte der Kampf schon längere Zeit und beide Parteien schienen froh über die kleine Unterbrechung zu sein. Beunruhigt, aber auch zugleich Stolz, dass fünf Dunkle jagt auf Hiram machten, beobachtete er gespannt das Geschehen. Er war sich unsicher, ob er seinem Vater zu Hilfe eilen sollte, der ihn gerade bemerkte und ihm unauffällig bedeutete, sich von dem Kampfplatz zu entfernen. Doch seine Beine gehorchten ihm nicht und er stand einfach nur da, unfähig, sich zu bewegen. Dann, mit einem Mal, stürzten sich die Gegner auf Hiram, der noch >> Lauf! << schreien konnte, dann wurde er von den schwarzen Roben begraben und Finn konnte nicht mehr erkennen, was dann passierte. Was er jedoch wahrnahm, dass sich einer der Fünf in seine Richtung drehte und höhnisch lächelnd auf ihn zu schritt. Panik machte sich in ihm breit und anstatt sein Schwert zu ziehen, drehte er sich um und rannte um sein Leben. Als er einen Blick zurück warf, sah er noch, wie sein Vater die Verteidigung mit letzter Kraft durchbrach und sich auf Finns Verfolger stürzte und damit seinem Sohn noch etwas Zeit verschaffte. Dann setzten sie den Kampf fort und trieben Hiram zurück, in eine Ecke. Mehr konnte er nicht erkennen, denn wieder löste sich ein weiterer Dunkler aus der Formation und stürmte hinter Finn her, der kehrt machte und um sein Leben rante. Unbewusst hatte er den Weg zurück zur Schmiede gewählt, wo er beinahe mit einer Person zusammenstieß, die zusammen mit zwei weiteren Gestalten vor der Schmiede stand.

    Außer Atem deutete Finn auf den herannahenden Dunklen, der sich ihnen mit erhobenem Schwert näherte. >> Gebt mir den Jungen und ich lasse euch am Leben! << forderte er, doch anstatt auf die Forderung einzugehen zogen die Fremden ebenfalls ihre Schwerter und stellten sich vor Finn.

    >> Ihr seht nicht so aus, als ob Ihr irgendetwas fordern könntet. << gab eine Frau keck zurück. Verärgert preschte ihr Gegner hervor und schlug nach der Frau, doch die drei Personen arbeiteten perfekt zusammen wehrten den Schlag mühelos ab, deckten ihre offenen Flanken und trieben den Dunklen immer weiter zurück an eine Hauswand. Schließlich landete ein Kämpfer einen Treffer an der Hüfte, womit der Kampf entschieden war und der Besiegte zusammenbrach. Zuletzt trennte die Frau den Kopf vom Körper und der Dunkle regte sich nicht mehr. Kaum erschöpft wandten sich seine Retter Finn zu und die Frau ergriff, wie zuvor auch, das Wort und legte eine Hand auf seine Schulter >> Du musst Finn, der Sohn des Schmiedes Hiram sein. << Benommen nickte dieser nur. >> Gut, können wir erst mal in die Schmiede gehen, dann werde ich dir erklären, wer wir sind und was wir von dir und deinem Vater wollen. Wir müssen unbedingt mit ihm reden, wir brauchen neue Waffen! <<

    Kapitel 3 Ängste und Trauer

    Darian erwachte zitternd mit schmerzenden Hand- und Fußgelenken. Immer noch war er in diesem abscheulichen Raum, wo Xian ihn festgekettet und zurückgelassen hatte. Allmählich bekam er taube Arme und Rückenschmerzen von seiner ungünstigen Position. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch wahrscheinlich war es schon morgen und er hätte schon längst zur Schmiede gemusst. Das war aber jetzt sein geringstes Problem, erst mal musste er versuchen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu entkommen. Er könnte versuchen Xian zu überwältigen wenn er ihn losband. Falls er ihn überhaupt losbinden würde. Oder er versuchte zurück in ihre Hütte zu gelangen, doch wen könnte er um Hilfe bitten? Niemand würde ihm glauben, auch nicht seine Mutter, Xian kontrollierte sie irgendwie, wahrscheinlich durch irgendeinen Trank, dessen war er sich jetzt sicher. Wozu sonst hatte er sich hier unten eine kleine Küche des Grauens eingerichtet? Und was plante der Tränkemixer noch? Diesen ganzen Aufwand betrieb er doch nicht nur, um Sabella zu betören, da gab es einfachere Wege, dessen war er sich sicher. Vielleicht glaubte ihm Finn oder Meister Hiram, ihnen konnte er alle seine Sorgen anvertrauen. Wenn er hier heraus kam würden die Beiden seine Ansprechpartner sein und ihm seine Geschichte abkaufen. In dieser Hinsicht war Darian zuversichtlich und zusammen würden sie Xian schon vertreiben. Mit grimmiger Entschlossenheit wartete er auf das Erscheinen seines Widersachers, der sich bis jetzt noch nicht wieder hatte blicken lassen. Zudem machte sich sein Bauch immer stärker bemerkbar, er brauchte endlich wieder eine Mahlzeit.

    Plötzlich hörte er leise Stimmen. Komischerweise kamen diese nicht aus der Richtung des Ganges, sondern aus einer Wand hinter einem Regal. Also kam Xian nicht alleine. Auch so wäre es schon schwer gewesen, sich gegen ihn durchzusetzen aber gegen zwei oder drei Widersacher hatte er vor allem in seinem geschwächten Zustand keine Chance. Doch wusste er jetzt, dass es noch einen geheimen Gang gab, der wahrscheinlich zum Tageslicht führte. Und da das Armenviertel sowieso unübersichtlich, und ein leer stehendes Haus nichts Ungewöhnliches hier war, besaß Xian das perfekte Versteck für seine Machenschaften. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er sich so für Sabella interessiert hatte, überlegte Darian. Die Stimmen kamen näher und auf einmal klappte das gesamte Regal nach hinten in die Dunkelheit und Xian betrat zusammen mit zwei Dunklen den Raum. Als Darian sie sah, verkrampfte sich sein Magen und er musste unwillkürlich an den letzten Abend denken, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Stattdessen tat er so, als wäre er ganz benommen und gerade erst wach geworden. Vielleicht waren seine Gegner so unachtsamer, sodass sich eine einfache Gelegenheit zur Flucht bot. Erst mal musste er aber abwarten was sie mit ihm vorhatten.

    Mit einem triumphierenden Lächeln wandte sich Xian zu ihm >> Wie du siehst, habe ich dir zwei meiner Freunde mitgebracht, bei denen du in Zukunft herumlungern kannst, vorausgesetzt, sie lassen dich am Leben. << höhnte er. >> Übrigens, deiner Mutter habe ich erzählt, dass du bei einem Raubüberfall gestorben wärst, die Gute trauert schon um dich. Jetzt hat sie nur noch mich, aber ich werde sie nicht enttäuschen, oh nein! << abermals zeigte Xian seine Zähne.

    >> Eines Tages wirst du für deine elenden Taten büßen, darauf gebe ich dir mein Wort! << stieß Darian mit zusammengepressten Lippen hervor. Voller Zorn versuchte er sich von seinen Ketten zu befreien, die sich nur noch mehr in seine ohnehin schon schmerzenden Gelenke bohrten und Darian aufschreien ließ.

    Kopfschüttelnd drehte sich Xian zu den Dunklen, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten. >> Ihr könnt ihn mitnehmen, ich habe keine Verwendung für ihn. Ich hoffe, er leidet! << Stumm nickten die Kreaturen und erlösten ihn von seinen Fesseln. Endlich wieder frei, strich er sich über seine wunden Gelenke, doch Zeit zur Erholung blieb ihm nicht. Sofort spürte er eine schwere Hand auf seiner Schulter, die ihn unsanft nach vorne drückte. Ein Dunkler beugte sich drohend zu ihm hinunter. >> Je weniger du dich wehrst, desto weniger wird es schmerzen. << versprach er mit tiefer Stimme. Widerwillig und ohne Xian eines Blickes zu würdigen ließ er sich von seinen Wächtern hinein in den Gang hinter das Regal führen. Dann kratzte die geheime Tür wieder über dem Boden und es wurde stockduster. Den Dunklen schien das nicht zu stören und unbeeindruckt trieben sie ihn im gleichen Tempo voran. Also konnte er nun sicher sein, dass sich die Gerüchte über die Kreaturen aus dem Ödland als Wahr erwiesen. Tatsächlich konnten sie im Dunkeln genauso viel erkennen, wie bei Tageslicht. In seinen Augen wurden Tyrannus Schergen dadurch noch gefährlicher und bedrohlicher als ohnehin schon. Er hatte gehört, dass sie alle einmalige Schwertkämpfer waren, kaum zu besiegen. Zudem waren sie schnell und leise, wie der Wind und konnten unglaublich hoch und weit springen. Ihm kamen noch weitere überragende Eigenschaften in den Sinn und das machte seine Situation umso hoffnungsloser.

    Widerstandslos ließ er sich weiter durch die dunklen Gänge treiben, welche allmählich nach oben führten. Er war ziemlich beeindruckt von diesem Tunnel. Ob Xian ihn gefunden oder selbst gegraben hatte?

    Allmählich wurde es heller und der Weg endete abrupt vor einer Holzwand. Ohne Zögern trat einer seiner Bewacher vor und legte seine Hand auf das Holz, welches sich wie von Geisterhand zur Seite schob und ein verlassenes Zimmer preisgab. Schweigend betrat das Grüppchen den Raum und Darian musste seine Augen zusammenkneifen, damit er nicht von dem hellen Schein der Sonne geblendet wurde, die schon hoch am Himmel stand. Auch die Dunklen schienen sich erst an das Licht gewöhnen zu müssen, denn auch sie hielten kurz inne und zogen ihre Kapuzen tiefer ins Gesicht.

    Er war länger als gedacht in Xians Gefangenschaft gewesen, wie sich nun herausstellte und er wurde immer hungriger. Als sie ihren Weg fortsetzen, stellte er verblüfft fest, dass die Gasse verlassen war. Normalerweise herrschte im Armenviertel reger Betrieb, doch hier waren die Häuser heruntergekommen und die Fenster verrammelt. Überall türmte sich Abfall und Schrott und keine Menschenseele war hier anzutreffen. Unbeirrt setzten die Dunklen ihren Weg fort durch ein regelrechtes Labyrinth aus kleinen, schmalen Gängen, die Darian überhaupt nicht kannte. Dann ging ihm ein Licht auf. Handelte es sich hierbei vielleicht um das verlassene Armenviertel, in dem es des Nachts spuken sollte? Auch hielten viele Bewohner der Stadt dieses Viertel für verflucht und man munkelte, dass das Böse hier sein Unwesen trieb. So hatte man nach und nach dieses Viertel verlassen und sich ein neues Quartier errichtet und schließlich war das neue Armenviertel entstanden. Ihn hatte es nie wirklich interessiert, was über diesen Teil der Stadt gesagt wurde, jedoch hatte er auch nie den Drang verspürt, es zu erkunden, er musste sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen.

    Nach etlichen weiteren Gassen, in denen immer das gleiche Bild herrschte, gelangten sie schließlich zurück in den bewohnten Teil der Stadt und schlagartig wimmelte es vor Menschen. Als sie die Dunklen und ihn bemerkten, wichen sie erschrocken zurück, um ihnen nicht in die Arme zu laufen und mitleidige Blicke lagen auf ihm.

    Darian wusste, dass er keine Hilfe erwarten konnte, zu groß war die Angst, selbst in Gefangenschaft zu geraten, oder den Zorn auf sich zu ziehen. Die meisten waren sowieso schon so weit gebrochen, dass sie nicht im Traum daran dachten Widerstand zu leisten. Wiederwillig gestand er sich ein, dass er nicht entkommen konnte. Die Dunklen würden ihn zu Tode foltern, aus seiner ausweglosen Lage gab es kein Zurück mehr. Ein letztes Mal wandte und drehte er sich vergeblich in den Klauen der Monster. Er konnte sich nicht befreien, also ließ er sie gewähren.

    Sie schleppten ihn weiter zu dem Hinrichtungsplatz, an dem das Gefängnis und der Hauptsitz der Dunklen grenzten. Tyrannus hatte ihnen die Aufsicht über die Stadt erteilt, er selbst hatte seinen Sitz im Palast, unweit der Stadt auf einem Hügel. Sie führten ihn vorbei an den Galgen, an denen Verbrecher und Gesetzlose wegen ihrer Missetaten aufgehängt wurden. Manch einer freute sich auf dieses fast schon tägliche, makabere Ereignis.

    Zielstrebig zogen sie ihn in Richtung Gefängnis. Vielleicht würde er auch öffentlich hingerichtet werden, nachdem seine Peiniger ihren Spaß mit ihm gehabt hatten, obwohl er unschuldig war. Darian verwettete sein letztes Hemd darauf, dass die meisten die dort saßen nicht schuldig waren, sondern ebenfalls bloß unglücklich geschnappt worden waren. Zur falschen Zeit am falschen Ort, wie man so schön sagte, genau wie er.

    Eine Welle des Gestanks empfing ihn, als sie das kleinere Gebäude neben dem Rathaus betraten. Sie passierten zwei Wächter die ihnen zunickten und gingen einen düsteren Gang mit vielen Zellen rechts und links entlang. Eine Welle des Gestanks umfing ihn. Es roch nach Schweiß, Fäkalien und Verwesung und aus manchen Zellen drangen verzweifelte Rufe zu ihm, die um Essen, Hilfe und Erlösung flehten.

    Auch Darian ließ sich von dieser Verzweiflung anstecken und ließ seinen Kopf auf die Brust sinken. Unsanft wurde er in eine Zelle geschubst, mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss und er war allein.

    Darian begutachtete seine ungemütliche Unterkunft. Ein vergittertes kleines Fenster oberhalb der Wand spendete fahles Tageslicht, ansonsten lag etwas fauliges Stroh auf dem Boden verteilt. Seufzend ließ er sich an einer dicken Steinmauer nieder und wartete auf sein Ende.

    Zur gleichen Zeit weinte Finn über den Verlust seines Vaters. Nachdem die drei unbekannten Personen ihn vor dem Dunklen gerettet hatten, war er ohne ein Wort des Dankes wieder durch die Gassen gerannt, um seinem Vater beizustehen. Als er ihn schließlich fand, waren seine Gegner verschwunden und Meister Hiram lag reglos auf dem Boden. Er war neben ihm auf die Knie gesunken, hatte Verzweifelt nach einem Lebenszeichen gesucht, doch das Herz seines geliebten Vaters stand still. Blut hatte sich auf dem Boden ausgebreitet und durchtränkte seine Hose, doch das war Finn egal. Die Trauer brach wie eine Flut über ihn herein und drohte ihn fortzureißen und zu ertränken. Er brach in ein lautes Schluchzen aus und blieb reglos neben der Leiche seines Vaters sitzen. Er wusste nicht mehr wie lange er dort gesessen hatte. Irgendwann hatten die drei Personen ihn gefunden und von Hiram weg gezehrt und nur mit vereinten Kräften war es ihnen gelungen, Finn zurück zur Schmiede zu bringen. Keiner sagte ein Wort, doch sie blieben bei dem Jungen, der in dieser Nacht seinen Vater verloren hatte. Bis zum Morgen weinte Finn über den schrecklichen Verlust, dann raffte er sich zusammen und presste ein leises Wort des Dankes hervor.

    Die drei Personen, zwei Männer und eine Frau, setzen sich zu ihm. Alle Drei schienen ebenfalls sehr mitgenommen über den Tod von Hiram, immer wieder schüttelten sie nur die Köpfe.

    Später, es war bereits Mittag, brach Finn das Schweigen >> Was wolltet Ihr diese Nacht von un… << er schluckte und unterdrückte einen weiteren Schluchzer >>… mir? << Tröstend legte die Frau ihm einen Arm um seine Schulter und zog ihn liebevoll zu sich. Finn ließ sie gewähren. >> Dein Vater machte die besten Waffen der ganzen Stadt. Er kennt uns und wir wollten ihm einige seiner Stücke abkaufen. Jeder von uns benutzt eine seiner Klingen, wie du auch an unseren Schwertern erkennen kannst. << Sie zog ihre Waffe aus der Scheide und er konnte das Wappenzeichen seiner Familie auf dem Ansatz der Klinge erkennen. >> Mit Stolz tragen wir diese Schwerter und auch wir bedauern den Tod deines Vaters sehr. Er war ein wirklich guter Mann. Außerdem sind wir zu dem Entschluss gekommen, dir ein Angebot zu machen. Wir möchten dir gerne helfen. << Argwohn mischte sich nun in seine aufgewühlten Gefühle >> Wie wollt Ihr mir denn helfen? Meine Ausbildung zum Schmied ist noch lange nicht vollendet und ich denke nicht, dass einer von Euch diese Kunst so gut beherrscht wie mein Vater. << Wieder musste er an die Leiche denken. Was hatte ihn nur ihn diese Situation gebracht, fragte er sich verzweifelt. War sein Tod wirklich nötig gewesen? Abermals drohte ihn die Trauer zu überwältigen, die Frau bemerkte das und versuchte ihn mit dem Gespräch weiter abzulenken

    >> Nun das Angebot, was wir dir unterbreiten wollen geht eher in eine andere Richtung. Komm mit uns, wir haben Unterkunft, genug Nahrung und Geld. Ich verspreche dir, dass du nichts bereuen wirst. Zudem können wir dir beibringen, wie man mit einem Schwert umgeht, sodass du dich selbst gegen die Dunklen verteidigen kannst. Und wenn es dir bei uns nicht gefällt, kannst du immer noch umkehren. Außerdem ist die Schmiede kein sicherer Ort mehr, sie wissen von dir und Hiram und es ist gut möglich, dass sie zurückkommen werden und dir einen Mord oder ähnliches unterstellen. <<

    Finn wurde blass im Gesicht, als er sich vorstellte, dass die Dunklen erneut Jagd auf ihn machen würden, doch Sekunden später unterdrückte er seine Ängste >> Sollen sie ruhig kommen, diesmal werde ich nicht weglaufen, wie ein Feigling! << Die Frau schüttelte den Kopf >> Du unterschätzt die Dunklen. Aber wir können dir helfen, Vergeltung für den Mord an Meister Hiram zu üben! <<

    Noch einmal durchlief Finn die Möglichkeiten die ihm offen standen und er sah ein, dass er wirklich Hilfe benötigte. Alleine könnte er sich kaum durchschlagen und auch für Lönning oder Darian wäre er nur eine zusätzliche Last, die sie nicht benötigten. Außerdem hatten diese drei Kämpfer ihn vor den Dunklen gerettet. Hatte er dennoch etwas von ihnen zu befürchten? Ihr Angebot hörte sich verlockend an und nach langem Überlegen willigte er schließlich ein >> Ich bin einverstanden, doch sollte es mir nicht gefallen, bin ich ganz schnell wieder weg. << Dann merkte er, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hatte >> Mein Name ist Finn. <<

    >> Ich heiße Nahiri, das sind Zorc und Varek. << gab Nahiri zurück. >> Du wirst es nicht bereuen, dich uns anzuschließen. <<

    Gedankenverloren nickte Finn ihr zu und erhob sich von seinem Stuhl, auf dem er die halbe Nacht verbracht hatte. Nun kam Bewegung in die Gruppe und Zorc und Varek machten sich dran, die verbliebenen Waffen im Raum einzusammeln und in einen großen Sack zu stecken. Finn protestierte nicht, als er das bemerkte und schlurfte die Treppe hinauf, wo immer noch der gedeckte Tisch auf ihn wartete. Hunger hatte er aber keinen mehr, obwohl er immer noch keinen Bissen zu sich genommen hatte. Traurig schaute er sich noch einmal um, so viele gemeinsame Erinnerungen steckten in diesen Räumen. Von klein auf hatte es nur ihn und sein Vater gegeben, eine Mutter hatte er nie gehabt und hatte auch nie nach ihr gefragt. Er war voll und ganz mit seinem Vater zufrieden der ihn großzog und alles Wichtige lehrte. Jetzt war er allein und eine unbekannte Sehnsucht nach einer Mutter durchdrang ihn.

    Er schloss die Augen und atmete tief durch, verschwand in seinem Raum, wo er die wichtigsten Sachen in einen Beutel packte. Er besaß nicht viel außer einem Buch, dass sein Vater ihm zum Lesen lernen mitgebracht hatte, einen Ring, den ihm Hiram aus Metallstücken angefertigt hatte und einen kleinen Behälter aus Porzellan, das wahrscheinlich von seiner Mutter stammte. Porzellan zeugte normalerweise von Reichtum, da es sehr selten und teuer war, weshalb Finn die Schatulle wie seinen Augapfel hütete. Behutsam legte er alles in seinen Beutel, zudem noch ein paar Kleider zum Wechseln und das Geld von seinem Vater für schlechte Zeiten. Als er fertig war, betrachtete er ein letztes Mal sein Zimmer und stieg dann entschlossen die Treppen hinunter zur Schmiede, wo Nahiri schon auf ihn wartete. Sie reichte ihm einen prall gefüllten Sack voll Gold >> Das entspricht ungefähr dem Wert der Schwerter, wir wollen sie nicht klauen, sondern dir abkaufen. Bist du damit einverstanden?? << Finn wog den Sack in einer Hand und nickte zufrieden >> Danke, das ist mehr als genug. Aber wenn ich jetzt sowieso bei euch Unterschlupf finde ist das genug an Bezahlung. << Er warf den Beutel zurück zu Nahiri, die zum ersten Mal lächelte >> Du bist deinem Vater ziemlich ähnlich. Und nun lasst uns hier verschwinden, bevor die Dunklen zurückkehren! << Sie verließen die Schmiede und liefen Richtung Haupthandelsstraße, bis Finn abrupt stehen blieb. Seine Begleiter drehten sich verdutzt zu ihm >> Hast du etwas vergessen? << fragte Varek.

    >> Ja ich habe ganz vergessen, meinem Freund Darian, der ebenfalls in der Schmiede gearbeitet hat, Bescheid zu geben. Eigentlich hätte er auch schon längst an der Schmiede sein müssen. <

    >>Keine Sorge, wir werden jemanden schicken der deinen Freund informiert. << versicherte Nahiri ihm und verfiel wieder in einem Laufschritt. Finn betrachtete sie nachdenklich. Trotz des Todes schien sie aufrichtig, gutherzig und unbeschwert, was man schon aus ihrer Haltung und ihrem federndem Schritt lesen konnte. Sie war dünn und schlank und ziemlich hochgewachsen für eine Frau und überragte sogar die beiden Männer an ihrer Seite. Unter ihrem Hemd, das leicht ihre Figur betonte konnte er ein Kettenhemd in der Sonne glitzern sehen. Darüber trug sie eine dicke Lederjacke und ein Gürtel war um ihre Taille befestigt, an der sie ihr Schwert gebunden hatte. Sie hatte schöne lange blonde Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden waren der über ihren Rücken hinunterfiel. Ihre warmen braunen Augen spendeten Trost und Zuversicht und ihre zierliche Nase und der schmale Mund fügten sich perfekt in ihr makelloses Gesicht, das allerdings auch ein paar Falten aufwies. Finn schätze ihr Alter auf das von Lönning, der etwa Mitte 30 sein musste.

    Zorc war dagegen deutlich älter, seine Haare färbten sich bereits grau und auch die Anzahl der Falten war deutlich höher. Er hatte eine spitze Nase und große Augen und machte einen eher missmutigen Blick und als er Nahiri fragte, antwortete diese nur mit einem glockenhellen Lachen, dass Zorc immer so missmutig drein schaue. Das reichte ihm und er nahm Abstand von dem breitschultrigen Mann, der ihn immer wieder musterte.

    Auch Varek war ein ruhiger Geselle. Er war etwas schmaler als sein Gefährte, doch noch etwas jünger. Ihm standen Geduld und Erfahrung ins Gesicht geschrieben. Aufmerksam beobachtete er die Umgebung auf mögliche Gefahren. An seiner Tunika hing für jedermann sichtbar sein langes, schmales Schwert und die Leute hielten respektvollen Abstand zu ihm. Auch seine Glatze war auffällig, dafür waren ihm die Haare ins Gesicht gerutscht, ein prächtiger Bart prangte dort.

    Einen solchen Bart hatte auch Hiram besessen und wieder wurde er an die Schmiede erinnert, in der er sein bisheriges Leben verbracht hatte. Jetzt schon vermisste er die Schwertkämpfe mit Darian und die Arbeit am Blasebalg zusammen mit seinem Vater. Wieder vergoss er ein paar Tränen, wischte sie aber schnell in seinen Ärmel, die Anderen sollten ihn nicht für einen Schwächling halten. Er hoffte, dass Darian eine neue Stelle fand, schließlich musste er seine Mutter versorgen. Außerdem war er heute nicht pünktlich bei ihm aufgetaucht und das war ganz und gar nicht seine Art. Er sorgte sich um seinen Freund, hoffentlich ging es ihm gut.

    Sie erreichten die Haupthandelsstraße und überquerten diese in das Armenviertel. Verwundert fragte Finn sich, wo wohl ihr Quartier lag. Immer tiefer folgten sie den Gassen durch das Viertel, bis sie plötzlich auf eine verlassene Straße bogen. Ihm wurde ganz mulmig, als er erkannte, dass sie geradewegs auf das verlassene Armenviertel zusteuerten. Er hatte lauter schreckliche Geschichten darüber gehört. Geister und Flüche waren die hauptsächlichen Argumente, sich fern von hier zu halten. Er hoffte, dass sie keinem Geist über den Weg liefen und trotz der Sonne fröstelte es Finn. Als Nahiri den nervösen Jungen sah, legte sie ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter >> Keine Sorge, dir wird nichts passieren. Alles, was du über dieses Viertel gehört hast, ist nicht wahr, ich werde es dir später erzählen. <<

    Finn nickte und sie setzten ihren Weg fort. Irgendwann, Finn hatte es aufgegeben sich die unzähligen Biegungen zu merken, stoppte sie und steuerte ein verfallenes Häuschen an. Die Spuren der Zeit hatten, wie überall in dem Viertel, ihr Werk getan und überall lag der Staub auf den Böden. Sie betraten das Haus und Nahiri kniete sich in die Mitte des einzigen Zimmers, das einen Holzboden besaß und lockerte ein paar Dielen. Darunter kam ein

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