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SMALLTOWN GIRLS II - Bis ihr nicht gestorben seid
SMALLTOWN GIRLS II - Bis ihr nicht gestorben seid
SMALLTOWN GIRLS II - Bis ihr nicht gestorben seid
eBook328 Seiten4 Stunden

SMALLTOWN GIRLS II - Bis ihr nicht gestorben seid

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Über dieses E-Book

Charlie und Lu sind beste Freundinnen, leben mittlerweile süße sechzehn Jahre lang in einer deutschen Kleinstadt und haben es eigentlich eh schon schwer genug:
Warten auf das erste Date mit dem Traummann, Zoff untereinander, ein verpasstes erstes Konzert mit der gemeinsamen Band, und in Lus Fall: die Trauer um ihren großen Bruder, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.
In Band I überschattet eine seltsame Prophezeiung die Kleinstadtidylle:
Charlie und Lu, unterwegs mit dem Zug, erleben beide unabhängig von einander eine schreckliche Todes-Vision: sie verbrennen in einem Keller, in die Enge getrieben von einem unbekannten Feind mit einem Motorradhelm.
Ein Traum? ein Flash Forward in eine Zukunft, die ihnen möglicherweise bald bevorsteht?
Da taucht bereits am nächsten Tag ein fremdes Mädchen namens Sunshine in der Kleinstadt auf. Gruftie-Outfit, EInzelgängerin, und ausgerechnet in Lus Band will sie singen???
Charlie weiß genau, dass sie das Mädchen ebenfalls in der Vision gesehen hat. Aber Lu will von alldem nichts wissen.

In Band II geht der Kampf ums Überleben weiter. Die drei haben sich mittlerweile mehr oder weniger zusammengerauft und suchen nach Erklärungen und Lösungen. der Weg führt sie über tote Gleise, einsame Gemäuer, durch Dorfdiscos und in die Abgründe ihrer eigenen Seele, bis sie schließlich die Kleinstadt verlassen und in Berlin landen. Haben sie die Prophezeiung hinter sich gelassen und können das Leben endlich genießen? Oder beginnt der Traum erst jetzt die Realität einzuholen?

Der erste Band hat aus Charlies Sicht berichtet , die Fortsetzung ist aus Lus Perspektive erzählt.
Neben der Bedrohung durch den rätselhaften Feuertod geht es für Lu auch darum, über den Tod ihres Bruders hinwegzukommen. Charlie ist dabei zwar eine HIlfe, aber wirklich ausdrücken kann sich Lu nur durch ihre Musik. Schade dass sie sich nicht selbst traut zu singen. In Berlin ändert sich das. Lu gerät in einen Strudel von Lebenshunger, Freude und Lust.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Okt. 2013
ISBN9783847652373
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    Buchvorschau

    SMALLTOWN GIRLS II - Bis ihr nicht gestorben seid - Miriam Sachs

    VORWORT

    Dieses Buch ist die Fortsetzung des Buches Smalltown Girls – Der Tod kommt selten allein. Band I der Trilogie erschien im Verlag Beltz und Gelberg, verfasst von Josephine Mint – dem Pseudonym der drei Autorinnen Jeanette Wagner, Miriam Sachs und Ulrike Molsen, denen jeweils ein Band zugeordnet war. Da der Verlag die Reihe eingestellt hat, die Geschichte der Smalltown Girls jedoch eine Fortsetzungsgeschichte ist, drohte die spannende Geschichte im Nichts zu enden – ein Schicksal, mit dem auch die drei Protagonistinnen der Trilogie zu kämpfen haben.

    Das Projekt in der Luft hängen lassen wollte die Verfasserin von Band II, Miriam Sachs, nicht; zumal ihr eine Geschichte ohne Ende Kopfzerbrechen macht und das Hirn für andere Projekte blockiert. Daher hat sie die Geschichte auf eigene Faust weitergesponnen. Zwar mit Erlaubnis des Verlages und der anderen Autorinnen, jedoch in Eigenregie.

    "Wie schreibt man eine Geschichte, die bereits einen Anfang hat, auch ein geplantes Ende, das aber aus rechtlichen Gründen nicht genau so stattfinden darf?

    Es ist ein bisschen wie mit der Idee des Projektes an sich: Drei Autorinnen, drei Heldinnen – und eine Geschichte, die in drei Bänden aus jeweils drei Perspektiven erzählt wird. Das ist schwierig, aber auch interessant.

    "Für mich lag der Reiz immer in der Vielfalt dieses Kosmos, daher spielt dieses Buch auch mit genau diesem Prinzip."

    MS

    WAS BISHER GESCHAH

    Charlie und Lu leben in einer langweiligen deutschen Kleinstadt, sind seit Sandkastentagen befreundet und inzwischen sechzehn Jahre alt.

    Charlie ist das allseits beliebte Mädchen mit den langen blonden Haaren, mit dem man gerne befreundet wäre. Sie hat eine eigene Dachzimmerwohnung über einem harmonischen Elternhaus. Lu scheint gar nicht so recht an ihre Seite zu passen. Sie ist eher unscheinbar. Pfarrerstochter. Und wenn man sie mal nicht übersieht, erkennt man sie trotzdem nicht so richtig hinter ihren viel zu langen braunen Ponyfransen.

    Diese Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt. Lus heile Welt ist schon seit längerem zerbrochen: seitdem ihr großer Bruder Jakob überraschenderweise bei einem Autounfall umgekommen ist. Ihre Eltern sprechen seitdem kaum mehr ein Wort, Lus Schmerz bleibt ihr selbst in der Kehle stecken. Das einzige, was ihr noch etwas bedeutet, ist ihre Musik und die Freundschaft mit Charlie – mit der sie sogar eine Band gegründet hat. Aber während Lus Leben überschattet ist von Tod und Trauer, schwebt Charlie gerade auf Wolke 7: Endlich kommt sie mit ihrem Traumtypen Linus zusammen. Darüber vergisst sie sogar das erste gemeinsame Konzert mit Lu. Für Lu bricht eine Welt zusammen, sie vergräbt sich, bockt und wendet sich von ihrer besten Freundin ab.

    Charlie, die nicht begreifen kann, wie wichtig Lu die Musik ist, versucht trotzdem alles, um es wieder gut zu machen. Zu diesem Zweck begibt sie sich auf eine kleine Reise per Zug in die nächste Stadt. Hier beginnt die harmlose Kleinstadtidylle plötzlich Risse zu bekommen. Der Himmel vor dem Fenster zieht sich zusammen, die Zeit scheint verlangsamt, die Welt irgendwie nicht in Ordnung. Charlie geht durch einen Schlag zu Boden. Der Zug steht still. Filmriss. Charlie kommt zu sich in einer anderen Zeit, an einem völlig fremden Ort und in höchster Lebensgefahr: sie ist in einem Keller eingeschlossen, der in Flammen steht, ihre Freundin Lu liegt am Boden unter einem Regal und kann sich nicht bewegen ein fremdes Mädchen, offensichtlich ebenfalls eingesperrt ist auch keine Hilfe. Und schließlich ist da noch eine unheimliche Gestalt in Lederjacke und Motorradhelm, die bedrohlich auf sie zukommt und sie mit einem brennenden Holzscheit noch tiefer in die Flammen treiben will. Die Szene endet mit ihrem Tod – und trotzdem sitzt Charlie im nächsten Augenblick wieder im Regionalexpress, der defekt ist und deshalb zum Ausgangsbahnhof zurück fährt.

    Ein Albtraum, der sich erschreckend real angefühlt hat? Eine Prophezeiung des eigenen Todes? Oder ein Flashforward in eine Zukunft, die man noch verändern kann? Als sie den Zug verlässt stellt sie fest, dass auch Lu im Zug saß, genauso aufgewühlt wie sie und mit den selben Bildern im Kopf. Charlie begibt sich in den Kampf ums Überleben. Lu allerdings verdrängt die seltsame Erfahrung bereits am nächsten Tag. und tut sie als schlechten Traum ab. Ihr bestes Argument: Im Feuer, im Keller hatte sie geblümte Gummistiefel an den Füßen. So etwas würde sie in echt nie anziehen. Also kann es nur ein Traum gewesen sein. Hat sie Recht? Zu ungewöhnlich sind die Ereignisse danach. Woher kommen die Brandblasen an Charlies Händen, die unnatürliche Hitze – und seltsame Erscheinungen wie Totenkopffalterschwärme, die über Charlie herfallen. Vor allem aber: was macht das unbekannte Mädchen aus der Vision plötzlich in der Realität? Sunshine heißt sie, ist zwei Jahre älter als Charlie und Lu und taucht überraschenderweise am nächsten Tag neu in der Kleinstadt auf. Geheimnisvoll, verschlossen, Gruftie-Outfit, zieht ganz allein von Berlin ins Kaff, - und will ausgerechnet in Lus Band singen?!?

    In Band I kämpft Charlie noch weitgehend alleine, denn Lu und Sunshine wollen erst mal nichts wissen von Charlies Prophezeiungs-Kreuzzug, vor allem da Charlie auch den Tod Jakobs im Zusammenhang mit der Vision sieht. Sie glaubt, dass auch er seinen Unfall vorhergesehen hat. Das ist zu viel für Lu. Sie wehrt sich gegen eine solches Weltbild mit Händen und Füßen – und auch mit unlauteren Mitteln. Dadurch treibt sie Charlie beinahe in den Selbstmord. Lieber sterben, als die Vision wahrwerden lassen, die noch schlimmer zu sein scheint als gedacht: denn Lu macht Charlie glauben, dass Linus der Feind ist. Erst Charlies Selbstmordversuch, führt Lu den Ernst der Lage vor Augen. Sie rettet Charlie und akzeptiert die Bedrohlichkeit der Vision.

    Auch Sunshine ist mit im Boot. Die drei versuchen zu begreifen, was da vor sich geht. Waren die drei im Zug möglicherweise auf Droge? Ein bewusster Drogentrip soll das klären, scheint jedoch ergebnislos zu verlaufen. Doch die Prophezeiung droht wahr zu werden. Der vermeintliche Traum beginnt die Realität einzuholen. Hier beginnt eigentlich Band II, und die Fortsetzung der Geschichte der Smalltown Girls. Für die leser/innen, die Band I nicht kennen, springen wir nochmal zurück zum Zeitpunkt der Vision, um zu sehen, wie Lu dieses Ereignis erlebt hat:

    [Lu’s Tagebuch, letzter Eintrag, fast zwei Wochen vorher]

    Auf dem Weg zum Kieferorthopäden.

    Papa hätte mich fahren sollen, aber ihm kam was dazwischen. Jetzt sitze ich im Regionalzug und bin heilfroh, dass ich meine Ruhe habe. Von mir aus könnte ich auch bis Würzburg fahren, um meinen Kiefer röntgen zu lassen. Den ganzen Mist hinter sich lassen! Kaum rollt der Zug an, ist alles leichter. - Wenn mein größtes Problem ist, ob ich mit ner Aussenzahnspange rumlaufe oder mit anderen Gräulichkeiten, die nach Hannibal Lecter aussehen, dann gehts mir gut damit. Im Zug hat man seine Ruhe vor der Welt. -

    Von wegen! Komme gerade vom Klo. Rate, wer zwei Abteile vor mir sitzt. Charlie. Nichts kann man hinter sich lassen. Es klebt. Was macht sie hier? Wo fährt sie hin? Und ganz alleine? Ohne ihren Super-Linus?- Und was geht’s mich an. Einen Scheißdreck! - - - Draußen fliegt die Welt am Fenster vorbei. - Idee für Song:

    TRAIN SONG:

    "Grey skies, big clouds, no clue,/ where to go, where to come from too …"

    - Nee. Kitschig! Aber Mann! Die Wolken am Himmel sind echt der Hammer. Kann man gar nicht beschreiben. Wie Blei. Und ich fühle mich selber wie... Blei. Was geht hier ab?"

    Hier bricht mein Gekritzel ab. So war es. Ich erinnere mich an meinen Ärger, Charlie im Zug, der blöde Songtext, der sich nicht reimt, ich will ihn gerade wild durchstreichen, da verkrampft sich die Hand, der Bleistift bricht, die Hand ist wie ein Klumpen, öffnet sich doch, lässt den Stift fallen. Ich bin wie gelähmt.

    Ich erinnere mich an Blitze am Himmel, aber ich bin mir nicht sicher ob das Einbildung war. Ein Gefühl wie Stillstand. Im Computer müsste jetzt ne Sanduhr erscheinen oder sich ein regenbogen-farbenes Rädchen drehen. Das Bild frisst sich fest, hängt. Mir wird schwindelig, ein gewaltiger Ruck. Ist das der Zug? Ist das normal, dass der so hart bremst? Das ist nicht normal! Das ist nicht in Ordnung! Blitze. Vor meinen Augen dreht sich alles. Ich befinde mich im freien Fall, um mich herum fallen Sachen in Zeitlupe durch die Gegend. Welche Gegend? Ich bin im Zug, oder? Aber warum riecht es nach Wald? Schritte hallen mir in den Ohren, beben in meinem Körper. Ich bin erschöpft, aber laufe offensichtlich selbst, jeder Schritt ist ein Erdbeben, der meinen Körper erschüttert. Warum ich laufe, weiß ich nicht, aber es ist wichtig, das ist klar. Ich renne um mein Leben. Seitenstechen, Ich bekomme kaum Luft. Filmriss! Leerlauf! Meine Beine strampeln. Jetzt laufe ich nicht mehr, sondern liege am Boden, und versuche vergeblich mich zu erheben. Wo ich bin? – keine Ahnung! Alles finster. Der Waldgeruch ist weg. Ich krieg immer noch kaum Luft. Ich weiß nicht mal, ob meine Augen zu sind ... - Oder ist alles um mich herum so dunkel, dass man die Hand nicht vor Augen sieht? Die Hand ist taub. Hab ich nicht eben noch etwas gemacht mit der Hand? Geschrieben? Charlies Knöchel gepackt, damit sie mich sieht und mir hilft. Alles scheint zur gleichen Zeit zu passieren: Der Krampf in der Hand, die Beine, die laufen, die Beine in der Luft. Sitzen, stehen, liegen. Es wird heller, es ist heiß, ich krieg keine Luft. Weil ich außer Atem bin. Oder weil hier keine Luft ist? Oh Gott, ich will aufstehen. Meine Beine sind wie eingeschlafen, aber es geht. Heiß und kalt zu gleich ist mir. Ein Keller. Ich ziehe mich an einer Art Regal hoch, Metall, ein gewaltiges Teil, das wackelt... ich bin fast auf den Beinen, aber die Welt schwankt zu sehr, alles, das Regal, ich, die tauben Beine, die ganze Welt kracht über mir zusammen ... -

    „Und dann?" Charlie sieht mich an.

    ***

    Das ist jetzt zwei Wochen her. Und zwei Wochen lang habe ich diese Bilder versucht, aus meinem Kopf zu verbannen. Und dann? Charlie hat an mir gezerrt und ich habe meine Beine frei bekommen. Aber was ist dann passiert? Und ist das überhaupt passiert? Der Rest ist verworren; unbegreiflich und ein Brei von unscharfen Bildern, Qualm, schreckliche Geräuschen - das Husten und die Schreie. Charlie? Wo war sie? Ich bin frei, aber ich kann nicht aufstehen, um sie zu sehen. Ich höre nur wie sie schreit. Die ganze Zeit über brüllt sie jemand an, schreit vor Schmerzen und Angst. Ich will ihr nach, aber ich sehe nichts mehr, die Augen brennen. Wo gehts hier raus? Ich stoße gegen eine Wand. taumle, falle gegen jemand. Charlie? - Aber sie ist weg. Sogar ihre Schreie haben aufgehört. Da wusste ich, dass ich Charlie verloren habe. Sie muss in den Flammen gestorben sein. Und ich?

    Ich lag wimmernd am Boden. Ich habe nie zuvor eine so grauenvolle Wucht von Aussichtslosigkeit verspürt!

    Selbst damals nicht, als die Nachricht kam, dass Jakob tot ist. Dein Bruder ist heute bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der Satz haut einen um. Aus vorbei! Damals war es, als ob eine riesige Vakuumsaugglocke alles aus meinem Leben zieht. Und eine Leere bleibt und eine lähmende Stille. Die Gefühle stellten sich erst später ein. Das ist was Schreckliches, und ich wünsche es keinem. -

    Aber das Feuer, der Keller, die Ohnmacht, die Unfähigkeit etwas zu tun, das war sogar noch schlimmer. Vielleicht bin ich ja auch gestorben war mein letzter Gedanke. Aber als ich die Augen aufgeschlagen habe, saß ich im Zug. - Auf dem Weg zum Kieferorthopäden und der verdammte Regionalexpress hatte ne Panne. Ich hab nicht mal gemerkt, dass er zurück zu unserer Station gefahren ist. Die Bahn hat sich entschuldigt und ich war am Leben und konnte nicht fassen, was passiert ist. Ein Traum, was sonst? Und wieder habe ich mich gefühlt wie unter der Vakuumpumpe. Nur, dass es jetzt fast schon gut war: Ich lebe! - weg mit den Gefühlen, die das Leben mit sich bringt!

    Erst als ich Charlie dann am Bahnsteig gesehen habe , und sie genauso aus der Wäsche geschaut hat, kamen die Gefühle zurück. Unser Streit – meine Güte, wie lächerlich. Die Leere, die Trauer, die Enttäuschung. Egal! Das muss aufhören! Ich will kein Leben, in dem sich alles um Tod dreht. Echt! Es reicht. Es ist zu viel! Ich will ne Zahnspange und mich darüber ärgern, dass die Brotkrümel drin stecken bleiben und ich doof aussehe damit, aber ich will diesen Horror nicht. Das muss aufhören!

    Als ich zu Hause war, bin ich ins Bett gefallen und hab nur pennen wollen.

    Leider kommen dann die Bilder zurück. Das Feuer, die Angst. Und nur weil ich mir die Ohren zugestöpselt habe mit lauter Musik, habe ich irgendwann doch schlafen können. Es muss aufhören. Ich bin am Leben. Verdammt nochmal, dann soll es anfangen, dieses Leben. Neben mir, im Zimmer, das meinem Bruder gehört hat, ist noch alles wie es war, bevor er den Unfall hatte. Manchmal tröstet mich das, und manchmal fühlt es sich an es wie ein eitriger Zahn. Krank. Ich will, dass was Neues anfängt. Das hätte ich Charlie gerne gesagt, als sie schon am nächsten Tag ankam und die Sache mit der Prophezeiung (so nennt sie das!) mit mir durchgehen wollte. Wir haben unseren Tod gesehen. Wir werden sterben! Wochenlang hat sie keine Ruhe gegeben. Ich wollte nichts wissen davon. Ich krieg das hin: die Bilder sollen aufhören. Das Leben soll normal sein. Und mein Bruder wieder eine schöne Erinnerung werden.

    Ich hab zu spät gesehen, dass es keinen Sinn hat, Charlie zu bremsen. Was sie sich in ihren schönen Kopf gesetzt hat, davon lässt sie nicht ab. Ob das der coolste Junge in unserer Stadt ist, den sie will, oder eine eigene Dachzimmerwohnung, sie kriegt es. Sie schafft alles. Wenn sie an was glaubt, dann ist sie nicht zu bremsen. Ich hab sie schütteln wollen und schreien Hör auf, gib Ruhe! Lass es gut sein! Aber offensichtlich lässt keiner etwas gut sein in meinem Leben. Jetzt also die Prophezeiung und dann ihre hartnäckige Idee, dass meine neue Freundin Sunshine mit uns in dieser Prophezeiung war.

    Kann das Leben nicht einfach seinen Gang gehen? Ich habe aufgegeben, Charlie davon abzubringen, dass uns das wirklich passieren wird. Tagsüber fällt mir das leicht. Nachts, wenn die Bilder aus dem Nichts erscheinen, und mein Herz so wild hämmert, dass ich schweißnass die Tür aufreiße zum Zimmer neben meinem, dann ist das nicht so einfach. Was ist wahr, was nicht? Jetzt bin ich auf dem Weg zu Sunshine, und begebe mich mit ihr und Charlie auf eine ganz andere Reise. Erster Drogentrip!

    Und das war auch noch meine eigene Idee! Dabei wollte ich das eigentlich nie. Pilze, Koks, Chrystal und der ganze Mist. Ich bin echt nicht neugierig. Aber vielleicht erfahren wir dabei etwas über uns. In irgendeiner komischen Realität waren wir, das steht fest. Wer kann ausschließen, dass wir nicht irgendwie unter Drogen gesetzt wurden? Na ja, wir. Wir müssen es ausschließen. Vielleicht ist alles eine Sache der Wahrnehmung.

    Ich hätte es, wenn schon, dann gerne mit LSD versucht, aber Sunshine hat uns zu Pilzen überredet. Vielleicht ist es falsch, vielleicht ist es auch egal. Vielleicht bleibe ich auch auf einem ganz irren Trip hängen und am Ende ist wirklich alles egal. Oder ich sterbe. Wieder der Tod. Ich glaube der eigene ist nicht so beschissen wie der von anderen.

    Nein, das habe ich jetzt nicht gesagt! Zurück damit, Mann, das muss echt aufhören!

    Vielleicht haben wir einfach Spaß. Mein Handy klingelt. Charlie ist dran. Will Sunshines Hausnummer wissen. Komisch. Jeder weiß doch, dass sie in der stadtbekannten Kiffer-WG wohnt und Charlie weiß es sowieso. Ich weiß doch dass sie es weiß! Offensichtlich will sie was Anderes. Sicher sein, dass das, was wir vorhaben, das Richtige ist?

    „Danke, dass du jetzt mitmachst. Das bedeutet mir sehr viel!" Ihre Stimme klingt feierlich und warm.

    „Ja, klar. Vielleicht bringt es uns weiter.", sage ich vorsichtig. Eigentlich glaube ich nicht dran. Aber ich weiß, wie sehr sie das Gefühl braucht, dass wir beide zusammen an einem Strick ziehen. Wir drei! Wir tun was. Egal was. Werfen wir halt Drogen ein.

    „Wir machen das nur, um gewisse Möglichkeiten auszuschließen!", sagt sie und ihre Stimme zittert.

    „Genau! Nur deshalb" Wir schweigen. - Was hätte Jakob dazu gesagt, dass wir das machen?

    „Ja, dann bis gleich bei Sunshine!"

    Es war falsch, Charlies Glauben so lange abzuwehren. Es war falsch. Aber ist das hier jetzt richtig? Ihre Überzeugung, dass das Universum uns unseren Tod unter die Nase reibt, damit wir uns retten können, damit wir leben, damit wir nicht sterben wie mein Bruder - Klar kann man das als Spinnerei abtun. Total irrational. Aber an Charlie selbst kommt man nicht vorbei, weil Charlie ist ne Realität. Sie ist am Leben, Gott sei Dank! Sie ist da. Was man von meinem Bruder nicht sagen kann. Jakob ist tot."

    1.

    Guess who's living here

    with the great undead

    this paint by number's life

    is fucking with my head

    EELS

    Jakob lebt. Hinter der Ulme, also da wo unser Grundstück endet, am Kiesweg, neben dem Vogelbeerbaum, wo ich immer entlang schleiche, wenn ich zu spät nach Hause komme, und Charlie und ich mal einen Schatz vergraben wollten und auf eine halbverweste Ratte gestoßen sind, genau da steht Jakob.

    Sein Anblick verschlägt mir den Atem. Wie geht das? Halluzinationen? Vielleicht bin ich immer noch auf Drogen! Wäre ja durchaus möglich. Mein erstes Mal auf Pilzen, wer weiß, wann man wieder runter ist von dem Zeug!

    Aber dazu sieht die Welt eigentlich schon zu klar aus. Regelrecht ausgenüchtert. Nur dieser Morgennebel ... -

    Ich bin misstrauisch, jeder meiner Schritte erschüttert das Bild – Jakob am Baum – ist das Raureif? Im Sommer? Habe ich Tränenschleier vor Augen, träum ich, wach ich ... spinn ich?

    Aber als ich näher komme durch das feuchte Gras und jeden Moment erwarte, dass mein Hirn das Bild irgendwie korrigiert, hebt Jakob langsam und lässig seine Hand, spreizt die Finger, führt sie zum Mund und pfeift. Das ist Jakob, das ist unser Pfiff! Es wird mir heiß und mein Herz klopft wie ein Dampfhammer. Ich renne ihm entgegen - barfuß wie ich bin, trete in eine Nacktschnecke und bin glücklich darüber, weil es eine wahrhaftig eklige Nacktschnecke ist, die beweist, dass ich wach bin. Mein Bruder mit rasiertem Kopf. Ohne die leicht gelockten, braunen, fast immer leicht fettigen Haare wirkt er fremd - aber er ist es. Er lächelt ein etwas schuldbewusstes Lächeln, schiebt den Kopf nach vorne, verlegen, als wollte er sich dafür entschuldigen, soviel Umstände gemacht zu haben. Das ist so typisch! Jetzt kommt er mir entgegen. Prompt bleibe ich stehen. Er ruft mir mit gedämpfter Stimme etwas zu, das ich nicht genau verstehe, seinem Blick nach muss es was sein zwischen „Es ist nicht, wie du denkst! und „Dreh nicht durch!"

    „?!"

    Es ist wirklich Jakob. Er lebt und ich soll nicht durchdrehen!

    Ich fang schon wieder an zu heulen, wie nach dem Trip eben. Ich löse mich auf in Tränen. Oder heul ich schon die ganze Nacht? Ein Gefühl zu zerfließen, nur die Füße stehen noch fest. Jakob sieht mich an, und blickt dann verlegen weg.

    „Wie siehst du denn aus, Lu!"

    „Und du? Müsstest du nicht ... bist du nicht ..."

    „Und du? Er fällt mir ins Wort, eh ich „tot sagen kann. „Wieso hast du nur Unterwäsche an? Wenn Papa dich so sieht, flippt er aus!" Er lebt! Er ist nicht tot - aber meckert hier rum? Erst als ich an mir runter sehe, verstehe ich, was er meint. Ich hab wirklich nur Unterwäsche an. Filmriss. Morgen nach dem ersten Trip. Wo hab ich doch gleich meine Klamotten gelassen? Ich erinnere mich nur an heiße Gefühle, die ich meinen Füßen entgegengebracht habe, ich erinnere mich, dass Charlie nicht davon abzubringen war, einen Baum zu bespringen.

    „Papa flippt nicht aus, dem ist alles komplett egal seit..." Seit du tot bist. Du bist tot. Du bist hier. Wieso bist du hier? Wieso warst du die ganze Zeit nicht da? In meinem Hirn fahren die Gedanken Achterbahn.

    „Es tut mir so leid, Lu, ich hab dich echt sitzen lassen. Das hab ich nicht gewollt so."

    „Wir müssen jetzt nicht über mich reden! Wie kommst Du hierher? Und wieso ...?"

    Jetzt bin ich ihm so nah, dass ich seinen Atem sehen kann, sogar riechen, den vertrauten Duft - ein bisschen rauchig, ein bisschen Seife und irgendwas wie Wald. Es ist Jakob, er lebt. Die Achterbahn endet im freien Fall, da wo mein Herz schlägt. Wild. Das einzig Tote ist die Schnecke zwischen meinen nackten Zehen. Meine Füße sind eiskalt.

    „Du solltest Dir Schuhe anziehen", sagt Jakob.

    ***

    „Schuhe anziehen? Hast du sie noch alle? Ist doch völlig egal! Du lebst!"

    „Lu, stopp!"

    Er lebt, er steht vor mir und redet ... was auch immer er da redet! Wo kommst du her, wo warst du, wie konntest du... alles will gleichzeitig raus und nix krieg ich über meine Lippen und verrückterweise ist das erste, was mir dann rausrutscht: „Wenn ich das Charlie sage - die flippt aus!" Der Morgenwind trifft mich und verpasst mir eine leichte Gänsehaut. Warum guckt er so? Jakob sieht mich ernst an, sein Blick ...- Oh Gott, Schau nicht so! Bitte! Aber sein Blick sagt alles.

    „Nein Lu, es tut mir leid..." - Sag es nicht! Nicht!

    „... Ich bin tot." - Aber er ist doch da! „Das ist nicht mehr zu ändern. Und es tut mir so leid für dich, aber es war ..."

    „Ja?"

    „Es ist jetzt so."

    Er sieht mich an, mein Bruder, mein toter Bruder, mit so einer Wärme und gleichzeitig Bedauern, ich zerschmelze gleich! Was für Wahnsinns-Gefühle! Zum Greifen nah! Sein Anblick ist die reinste Erlösung! Ich versteh's nicht, aber ich platz gleich vor Glückseligkeit. Überseligkeit! Da bist du! Egal warum.

    Er ist da - und lässt die Arme hängen. Seine Augen glänzen wie dunkle Perlen. Bei seinem Blick bleibt mir die Luft weg. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu.

    „Lu, komm nicht näher. Hier ist die Grenze."

    Mein Bruder steht vor mir, seine Hand wehrt ab, meine Beine zittern im Gras, der Grund unter meinen Füßen wird kälter, der Rest von mir verglüht. Wenn ich näher komme ... „Sterbe ich?"

    Es ist so kalt, dass mein heißer Atem zu sichtbarem Dunst vor meinen Augen wird. - Jakob kratzt sich an

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