(St)erben für Fortgeschrittene!: Wie weit würdest Du für Geld gehen?
Von Andy Foster
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Buchvorschau
(St)erben für Fortgeschrittene! - Andy Foster
Das Leben war eine Party!
Money can’t buy you happiness -
but it does bring you a more pleasant form of misery!
Spike Milligan
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München würde Ihnen allen das Genick brechen. Und Miami hatte es immer geahnt. Nur dass es so schnell gehen würde - wer hätte das gedacht? Er war erst 31 Jahre alt aber er lebte seit dem Tod seiner Eltern vor drei Jahren das gepflegte Leben inmitten von München - der coolsten Metropole Deutschlands, und wer anderer Meinung sei, so dachte er, hatte sowieso keine Ahnung. Hier sass er nun wie jeden Abend mit seinen Freunden im Club La Vida und liessen es sich gut gehen. Balthasar von l’Echeq, so war sein bürgerlicher Name, hatte damals seine Eltern bei einem Autounfall verloren. Es war auf der A9, kurz vor München, auf der Rückfahrt vom Flughafen nach einem weiteren Wochenendtrip zu ihrer Finca in Mallorca. Sein Vater hatte über Lautsprecher telefoniert, und gleichzeitig in sein Smartphone gestarrt. Die stehende Fahrzeugschlange vor Ihnen sah er zu spät. Alles, an was sich Miami erinnern konnte war der kurze Schrei seiner Mutter und dann der dumpfe Aufprall. Als er das Krankenhaus drei Wochen später verlassen konnte war er allein. Sein Vater hatte ein Testament gemacht und seinen besten Freund, seines Zeichens Rechtsanwalt, mit den Erbangelegenheiten beauftragt. Es war in mehrerlei Hinsicht eine Zäsur in seinem Leben. Die elterlichen Schikanen hatten sich vor jenem Schicksalsschlag für ihn ins unerträgliche gesteigert. Eine Karriere sollte er beginnen, auf eigenen Füssen stehen. Raus aus der noblen Immobiliengesellschaft seiner Eltern mit Hauptsitz im Lenbachpalais in München, raus aus diesem Leben voller endloser Praktika. Aber die Tatsache, dass sie starben, bevor er überhaupt wusste, was er wollte, gab seinem Leben eine ganz andere Richtung. Und dass sie ihrem Balthasar als ihrem einzigen Nachfahren knapp 7 Millionen Euro und ein komfortables Haus in Bogenhausen hinterlassen hatten, machte das Ganze dann doch erträglicher.
Seine Freunde und er sassen wie immer in der Lounge Ecke gleich neben der Bar. Das La Vida, einer dieser hippen Clubs der Stadt. Dort, wo sie das stylische Restaurant innerhalb von 30 Minuten in einen Dance Floor verwandelten. In den Club kam nur, wer vorher einen Tisch zum Essen reserviert hatte. Der Rest durfte ab 22:00 Uhr draussen Schlange stehen und Promis beim Einchecken beobachten. Miami war kein Promi. Er war hier Stammgast. Er leistete sich den Tisch im Restaurant jeden Freitag und hatte als spendabler Sohn von Beruf seine Crew immer Schlepptau. Er hatte sich in letzter Zeit oft gelangweilt, die Getränke- und Speisekarte des La Vida überraschten ihn nicht mehr. Und überrascht werden, das wollte er als vermögender Fast-Yuppie dann doch schon regelmässig! Für irgendwas musste das Geld doch gut sein. Der Champagner, Veuve Clicot Rosé, was auch sonst, wurde serviert. Und die Stimmung am Tisch war wieder die alte. Miami stiess an. Mit seinem besten Freund Joe, einem Modeltypen mit hellem Seitenscheitel, der in der Truppe gern das Sagen hätte, aber dann doch nicht reich genug war, um die gediegenen Jungs und Mädels bei Laune zu halten. Und Miami stiess an mit dem kleinen, dicken Kalle, ihrem Kuscher und Weichei im Hugo Boss-Anzug. Der alles ständig wiederholte, was er so an coolen Sprüchen mitkriegte. Und er stiess an mit Jenny, seiner momentanen Flamme und hinter ihren Designerklamotten ein wahres Luder. Genau mit der Jenny, die gerade nichts Besseres zu tun hatte, als ihre Zunge schmatzend in sein Ohr zu stecken. Miami grinste innerlich. Mach nur meine Süsse, heute Nacht wirst du auf allen vieren vor mir kriechen! Und er stiess an mit Kathrin, der zurückhaltenden Spassbremse der Crew, die einzige, deren Elternhaus nicht so dekadent war wie das der anderen. Bis auf Kalle war das Selbstbewusstsein aller in Ordnung, sie waren eine starke Truppe und hatten ein geiles Leben. Die Bedienung, asketischer Modeltyp mit flacher Brust, servierte das Amuse Geule. Der Startschuss für einen weiteren Abend im La Vida war gegeben. „Lassen wir‘s krachen Freunde" jubilierte Miami über den Tisch.
Auf der Tanzfläche ging der Punk ab. Die Musik war geil, der Beat neu. Für Kalle ging alles wie immer zu schnell, sein verblödetes Grinsen liess ihn auch jetzt nicht im Stich. Kleiner, dicker Kalle. Mach uns den Headbanger! Er war eigentlich nur der Clown in der Truppe, von Miami geduldet und von den anderen akzeptiert. Seine untersetzte Figur und seine Pausbacken passten einfach nicht zu den schneidigen Körpern um ihn herum. Er war verkrampft und unsicher, aber er wollte dazu gehören. Joe gab den Hipster wie immer. Ständig stylisch und auf der Jagd nach den coolsten Frauen in der Stadt. Das Aussehen dazu hatte er, gross und athletisch, ein ebenmässiges Gesicht. Kathrin tanzte mit geschlossenen Augen unter ihrem braunen Bubikopf. Sie, die Tochter eines Professorenpaares, die gebildete Literaturstudentin mit Volontariat im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung. Vielleicht war sie die einzige unter ihnen, die wusste, wo es hingehen sollte im Leben. Sie genoss den Lebenshunger von Miami und seine grosszügige Art, teure Wochenenden für seine Freunde auszurichten. Und das schätzte auch Jenny, auf ihre ganz eigene, nach Bestätigung lechzende Art. Sie nutze ihr Aussehen, um ihren Drang nach Bedeutung zu befriedigen. Eine Poserin der klassischen Art. Sie räkelte sich mit ihren langen blonden Haaren und ihrem Schlafzimmerblick geschmeidig vor Miami. Auf den freien Schultern über dem engen weissen Top war eine Schweissschicht zu sehen, fluoreszierend im Scheinwerferlicht. Auf ihrem straffen, fast muskulösen Bauch prangerte knapp über der Gürtellinie das gleissende Tattoo einer Sonne. Sie versprühte eine fast brutale Erotik. Die Männer scharten sich nur so um sie. Sie wusste, wer ihre Ansprüche befriedigenden konnte. Und das war Miami. Sie ging auf ihn zu, umschloss ihn mit ihren Beinen, zog ihn langsam zu sich heran, küsste ihn und lehnte sich lasziv nach hinten, um auf seinem Oberschenkel hoch und runter zu fahren. Sie genossen es. Sie waren angetörnt.