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Menschenhaus
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eBook110 Seiten1 Stunde

Menschenhaus

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Über dieses E-Book

Was, wenn Menschen aufgrund der Umweltbedingungen im Freien nicht mehr überleben können? Wenn sie zu einer bedrohten Rasse werden? Natürlich müssen sie geschützt werden. Ihnen eine Umgebung geschaffen werden, die ihrem optimalen Lebensumfeld entspricht. Ihr Fortbestand muss garantiert werden. Durch Zuchtprogramme die artentypische Vielfalt erhalten werden.
Was, wenn Menschen zu Zootieren werden?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Aug. 2015
ISBN9783738033045
Menschenhaus

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    Buchvorschau

    Menschenhaus - M.T.W. Mayer

    TL-57/365

    Als Aura geboren wurde, hörte gerade die lange Regenzeit auf und die Sonne zeigte sich wieder am Himmel. Sie war das erste Kind ihrer Mutter. Nachdem Aulis ihre Tochter das erste Mal schreien hörte, hatte sie Tränen der Freude in ihren Augen.

    Die Gott-Menschen hatten Aura nach einiger Zeit mitgenommen, was ihre Mutter beunruhigte. Doch dann blinkte der Chip unter der Haut ihres Unterarms auf und sie entspannte sich. Schließlich bekam sie Aura wieder in die Arme gelegt. Die Gott-Menschen hatten sie gewaschen, gewickelt und ihr auch einen Chip unter die Haut gesetzt.

    Ganz friedlich sah sie Aulis an, neugierig auf die Welt, in die sie hineingeboren wurde.

    Man ließ Mutter und Tochter noch einige Tage in dem Raum, der für die Geburt vorbereitet worden war. Erst danach wurde die Tür geöffnet und Aulis konnte den anderen Menschen ihre Tochter zeigen.

    Aura war ein aufgewecktes Kind. Ständig war sie in Bewegung, kletterte auf die Äste oder tobte über die Außenfläche. Da sie seit langem das erste Kind war, das in TL-57/365 geboren worden war, musste sie sich oft mit sich selbst beschäftigen. Also erfand sie Lieder oder sang die nach, die die anderen ihr beibrachten, spielte mit unsichtbaren Freunden oder kletterte so hoch, dass ihre Mutter oft Angst bekam.

    Sie war immer sehr froh, wenn die Gott-Menschen sie zu sich in ihren metallischen Raum holten. Dass bedeutete Abwechslung. Meistens wartete dort ein Gott-Mensch auf sie, vermummt durch einen grauen Anzug, der seinen ganzen Körper einhüllte. Aura sollte kleine Bilderrätsel lösen, sich auf ein Bein stellen oder ihre kleinen Zähne herzeigen. Hin und wieder bekam sie eine Spritze, das gefiel ihr gar nicht. Aber dann blinkte der Chip in ihrem Arm und sie wurde ruhig.

    Anfangs hatte Aulis ihre Tochter noch zu den Gott-Menschen begleitet, doch Aura zeigte keine Scheu, weshalb das bald nicht mehr nötig war.

    Die Gott-Menschen waren sehr zufrieden mit Aura. Sie entwickelte sich arttypisch und ihr Verhalten ließ auf eine hohe Intelligenz schließen. Zudem war sie furchtlos und freute sich über Belohnungen in Form von Obststückchen. Lediglich ihr Haar hatte nicht die gewünschte Farbe. Anstatt feuerrot zu leuchten wie das ihres Vaters – einem alten, wohlgedienten Zuchtmenschen – war es lachsfarben. In Verbindung mit ihrer blassen Haut und den Sommersprossen konnte man jedoch davon ausgehen, dass sie die richtigen Gene in sich hatte. Mit einem passenden Partner wäre eine Weiterzucht rothaariger Menschen also durchaus möglich.

    Als Aura gerade die zweite Regenzeit erlebte und eine Zeit-Wende bevorstand – sie freute sich schon wieder auf die Sonne und die einkehrende Ruhe, wenn die Wassertropfen nicht mehr gegen die Schutzkuppel des Außenbereichs prasseln würden – als ihre Mutter gemeinsam mit ihrem Vater in einen abgetrennten Bereich gebracht wurden. Aulis versprach ihrer Tochter, dass nichts Schlimmes geschehen würde. Zusammen mit dem Blinken des Chips beruhigte das Aura.

    Die anderen Menschen kümmerten sich gut um sie. Immer wieder fragten sie, ob Aura sich auf ein Geschwisterchen freuen würde, doch zuerst konnte sie mit dem Wort gar nichts anfangen. Doch als sie endlich verstand, wovon alle sprachen, wurde sie ganz aufgeregt. Womöglich hätte sie bald einen Spielkameraden!

    Nach einigen Tagen kamen Aulis und Auras Vater wieder zu den anderen Menschen. Während er sich wieder seinem angestammten Platz an einem Fenster, das zum Außenbereich zeigte, widmete, nahm Aulis ihre Tochter freudig in den Arm.

    „Wo ist mein Geschwisterchen", fragte diese neugierig.

    Aulis sah sie überrascht an, dann lachte sie. „Das dauert noch etwas."

    Das war nicht die Antwort, die Aura sich gewünscht hatte. „Und wie lange?"

    Behutsam legte Aulis eine Hand auf ihren Bauch. „Es muss erst wachsen."

    „Wie lange", unterbrach Aura barsch. Momentan war sie nicht sonderlich geduldig.

    „Etwa so lange, wie es von einer Zeit-Wende zur nächsten dauert."

    Enttäuscht drehte Aura sich weg. Ihr Spielkamerad würde erst kommen, wenn es wieder zu regnen anfangen würde? Das würde ja noch eine halbe Ewigkeit dauern!

    Diese Enttäuschung zeigte sie auch die kommenden Tage deutlich. Genervt kickte sie kleine Bälle gegen die Wände, antwortete pampig auf Fragen und selbst die Aufgaben der Gott-Menschen konnten sie nicht begeistern.

    Der Bauch von Aulis wurde immer dicker. Als Aura dachte, ihre Mutter müsste bald platzen, spürte sie manchmal ihr Geschwisterchen darin treten. Das faszinierte sie sehr. Doch ansonsten war sie die Warterei leid. Auch fühlte sich Aulis oft nicht gut, weshalb sie viel Zeit in ihrer Schlafkoje verbrachte. Aura beschäftigte sich wieder viel mit sich selbst und verbrachte die meiste Zeit in dem Außenbereich ihres Geheges. Dort gab es einen Berg, Bäume zum darauf klettern und sogar Wasserbecken. Letztere mied Aura jedoch. Viel lieber rannte sie umher oder versuchte, den Bereich hinter der Schutzkuppel von einem Baum aus zu sehen. Dort liefen viele Gott-Menschen umher, jedoch ohne die Schutzanzüge, die sie trugen, wenn sie mit den Menschen hier Kontakt aufnahmen. Sie waren größer als die Menschen und um einiges dünner. Mit großen Augen sahen sie in das Gehege und zeigten mit ihren langen Fingern auf sie. Manchmal bekam Aura Angst, wenn sie die Gott-Menschen so sah. In ihren grauen Anzügen waren sie ihr viel lieber.

    Eines Tages bemerkte Aura, als sie gerade bis zu den Knöcheln in einem Wasserbecken stand, eine flinke Bewegung neben ihr. Irgendetwas Kleines huschte über den Boden. Neugierig folgte sie ihm. Es rannte zu einem Baum und versteckte sich in dem hohen Gras, das darunter wuchs. Soweit Aura es gesehen hatte, hatte es einen langen Schwanz und einen pelzigen Körper. Doch immer, wenn sie näher an es herantrat, huschte es weiter, um sich an einem anderen Ort zu verstecken.

    Irgendwann bemerkte ein junger Mann, der in einem Wasserbecken schwamm, das kleine Kind. „Aura, was tust du da? Hör auf mit dem dämlichen rumgehopse."

    „Aber da ist etwas", verteidigte sie sich.

    „Ach, und was", spottete er.

    Aura zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Es ist klein und pelzig und furchtbar schnell."

    Nun war er neugierig geworden und kam aus dem Wasser. Er griff nach einem weißen Handtuch und seiner beigen Kleidung, während er vorsichtig näher kam. Er sah anders aus als Aura. Sein Haar war tiefschwarz, seine Haut dunkler und die Augen geformt wie die Mandeln, die sie manchmal als Belohnung für gutes Benehmen bekamen.

    Als er neben Aura stand, huschte das kleine Tier weiter. Er erschrak fürchterlich. „Aura, halt dich davon fern!"

    „Aber wieso denn?"

    Doch bevor er ihr diese Frage beantworten konnte, stürmten Gott-Menschen in das Außengehege. Ihre grauen Schutzanzüge schimmerten im Sonnenlicht. Sie trieben Aura und den jungen Mann in den Innenbereich, wo bereits die anderen Menschen warteten. Sie waren alle ganz aufgeregt.

    Aura wurde in einen der Untersuchungsräume gebracht, doch wartete dort keine Aufgabe auf sie. Man zog ihr ihre beige Hose und ihr Oberteil aus, sogar die Unterwäsche. Danach kam ein großer Gott-Mann mit Schere und Rasierer auf sie zu. Noch bevor sie begriff, was geschah, schnitten sie ihr ihren Haarzopf ab und rasierten ihr den Kopf. Sie begann zu schreien und zu weinen. Dann begann der Chip in ihrem Arm zu blinken, doch das beruhigte sie nur kurz. Sie gaben ihr eine Spritze, die schrecklich unter der Haut brannte und zu allem Überfluss wurde sie mit kaltem Wasser, das nach irgendetwas roch, das sie nicht kannte, abgespritzt.

    Als die Gott-Menschen fertig waren, war Aura kalt, verängstigt, ihr Arm tat weh und alle Haare waren ihr abgeschnitten worden. Tränenüberströmt lief sie zu ihrer Mutter. Auch diese war – wie alle anderen Menschen – mit dem kalten Wasser abgespritzt worden, doch ihre roten Haare hatte sie noch. Nur der junge Mann mit den Mandelaugen hatte auch alle Haare verloren.

    Man versuchte, Aura zu

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