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Anthologie-Sammlung von Bridget Sabeth
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eBook173 Seiten2 Stunden

Anthologie-Sammlung von Bridget Sabeth

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Über dieses E-Book

Dieses Buch ist eine Sammlung von lustigen, nachdenklichen und unterhaltsamen Kurzgeschichten von Bridget Sabeth. Sie spielen im 20. sowie dem 21. Jahrhundert und bieten eine Bandbreite der Unterhaltung.
Es gibt mitunter einen Einblick darin, wie früher in der Landwirtschaft gearbeitet wurde. Manche Erzählungen haben einen märchenhaften Charakter, aber es gilt auch ein Verbrechen aufzuklären ...
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum26. Sept. 2020
ISBN9783752917000
Anthologie-Sammlung von Bridget Sabeth
Autor

Bridget Sabeth

Bridget Sabeth, Jahrgang 1977, ist gebürtige Österreicherin. Bereits im Alter von 3 Jahren waren die Schulsachen des Bruders nicht mehr vor ihr sicher. Sie sehnte sich nach der Magie der Buchstaben, die sich zu Wörtern zusammenfügten. Als sie Sätze bilden konnte, entstanden die ersten Geschichten, und brachte diese schließlich aufs Papier. Die Faszination von damals ist bis jetzt nicht in ihr erloschen.

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    Buchvorschau

    Anthologie-Sammlung von Bridget Sabeth - Bridget Sabeth

    Anthologie-Sammlung

    Bridget Sabeth

    Kurzgeschichten, aus dem 20. Jahrhundert

    Das Nix – Der Gips 1955

    »Hansl, wo steckst du schon wieder?« Suchend streckte der Vater den Kopf bei der Werkstätten-Tür hinaus. »Kruzifix, wo bleibt denn der Bub! – Hansl, hörst schlecht, herkommen sollst!«

    Der neunjährige Bub bog um die Ecke, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. »Hast du nach mir gerufen?«

    Der Vater atmete ächzend durch. Was soll bloß aus dem Buben mal werden?, dachte er. Nur Träumereien im Kopf und zwei linke Hände … »Du musst in den Ort runter«, sprach er barsch. »Mir ist unser Gips – das Nix – zum Mauslöcher verschmieren ausgegangen. Die gehören gestopft, sonst ist die Speisekammer von den Nagern bald leergeräumt. Von diesem Gips nimmst mir ein Stück mit!« Der Vater zeigte ihm den entsprechenden Papiersack. »Nichts anderes. Den Betrag lässt beim Greißler anschreiben. Ich zerstoß derweil zum Untermischen ein paar alte Glasscherben.«

    »Ja, ist gut.« Hansls Blick wanderte zu einem nahegelegenen Baum, auf dem eine Amsel eifrig zwitscherte. »Schau Vater, ob das der Vogel ist, der bei uns im Dachboden brütet?«

    »Was weiß ich!«

    »Wie viele Küken es wohl heuer sein werden.«

    Der Vater rüttelte den Jungen an der Schulter. »Du hast anderes zu tun, als darüber zu sinnieren. Weißt du überhaupt noch, was du besorgen sollst?«

    Hansl schaute mit großen verträumten Augen zu seinem Vater, auf dessen Stirn zeigte sich eine senkrechte Falte, die bekundete, dass sein alter Herr grad ziemlich erregt war. Fahrig hielt der ihm den Sack vor die Nase. »Lies was dort steht!«, stieß der Vater zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

    »Ni…niiii…nix. Der Giii…giiips«, mühte sich Hansl mit dem Zusammenziehen der Buchstaben ab.

    »Ja, den bringst mir. Und damit du dir das ganz sicher merkst, sagst laut: Nix – Nix – Nix vor dir her. Verstanden?«

    »Ja Vater.« Hansl nickte folgsam. »Nix – Nix.«

    »So, nun aber los mit dir, sonst sperrt die Greißlerei zu, bevor du unten bist!«

    Hansl schritt eifrig aus. »Nix – Nix«, wiederholte er immerfort mit lauter Stimme, um sich ja nicht ablenken zu lassen. Mit dem Merken, da tat er sich schwer. Vater schimpfte deswegen öfters mit ihm und betitelte ihn mitunter als dumm, was er ihm nicht verübelte. Vater hatte recht, wenn er gewisse Dinge vor sich hersagte, vergaß er die nicht. Und darauf kam es ja an!

    Hansl war eine Weile unterwegs, als er zur Naarn gelangte. Das Wasser des Flusses glitzerte ihm kristallklar entgegen, das Ufer präsentierte sich in einem saftigen Grün. Unweit von ihm entfernt stand ein Fischer, hielt die Angelrute fest in der Hand, hoffte offenbar auf einen Fang. Neugierig schaute Hansl eine Zeitlang zu, sprach dabei ständig: »Nix – Nix, Nix – Nix …«

    Mit einem bösen Blick bedachte der Fischer den Jungen und zischte: »Psst!«

    Hansl redete munter weiter. »Nix – Nix.«

    »Sei still, du Rotzbub, sonst verpasse ich dir ein paar Ohrfeigen!«

    Der Bub rührte sich nicht von der Stelle. »Nix – Nix, Nix – Nix …«

    Da sprang der Fischer hoch, lief auf ihn zu und machte seine Drohung wahr. Das Klatschen der Hand in Hansls Gesicht ließ ihn verstummen. Erschrocken schaute er den Mann an. »Was soll ich denn sonst sagen?«, stieß er weinerlich aus.

    »Alle Stund’ Tausend!«, fauchte der Fischer und kehrte an seinen Angelplatz zurück.

    Hansl setzte sich in Bewegung. »Alle Stund’ Tausend, alle Stund’ Tausend …«

    Er gelangte zur Kalvarienbergkirche, einem schönen Rundbau auf einer Anhöhe, der ihm zeigte, dass er es nicht mehr weit hatte. Die Glocken läuteten im Hintergrund, kündigten einen Begräbniszug an. Der Bub blickte in versteinerte Gesichter. Um das Geläut zu übertönen, sprach er mit fester Stimme: »Alle Stund’ Tausend, alle Stund’ Tausend …«

    Ein Geraune ging durch die Reihen. Schon liefen zwei starke Männer auf ihn zu, hoben ihn am Hemdkragen hoch. Ein Ratschen zeigte, dass der Stoff gerissen war.

    »Bist du dumm, wenn alle Stund’ Tausend Leute sterben würden, gäb’s bald keine Menschen mehr auf der Welt. Das heißt: Gott, gib ihm die ewige Ruhe!«, keifte einer ihn an. »Verstanden?!«

    »Gott, gib ihm die ewige Ruhe …«, sprach Hansl eifrig, war froh, als er den festen Boden unter seinen Füßen spürte. Rasch rannte er der Ortsmitte entgegen. Als er um eine Kurve gebogen war, wurde er langsamer, schnaufte heftig. »Gott … gib ihm … die ewige … Ruhe …« Ein Blick zurück bewies, dass ihm niemand gefolgt war.

    Sein Herzklopfen normalisierte sich, und er setzte gemächlicher den Weg fort. Es dauerte nicht lange, da zog ein Viehanhänger Hansls Aufmerksamkeit auf sich. Vorsichtig trat er näher, erkannte ein verendetes Pferd auf der Liegefläche. Fliegen surrten um den aufgeblähten Leib, während andere fleckenartig, wie dichter schwarzer Ruß, das braune Vieh bedeckten. »Gott, gib ihm die ewige Ruh«, wisperte er ergriffen. Hansl mochte es nicht, wenn ein Tier zu Schaden kam.

    Als ihn jemand auf die Schulter klopfte, duckte er sich erschrocken ab, als ob er bei etwas Verbotenem erwischt worden wäre. Vor ihm stand ein feister Kerl lauthals lachend mit riesigen Pranken. In seiner Linken hielt er einen Ochsen am Halfter, um den wohl ins Joch einzuspannen.

    »Du bist mir einer, plärrst wegen des alten Gauls«, tadelte der Fremde. »Das heißt: du grausiges Rabenvieh du!«

    »Du grausiges Rabenvieh du«, wiederholte Hansl mit dünner Stimme.

    »Genau, jetzt hast du es erfasst«, bestätigte der Mann breit grinsend.

    Hansl wich zurück. Er wollte weder länger das tote Tier betrachten noch in der Nähe des Kerls bleiben, der offenbar kein Mitgefühl besaß. Mit den Worten: »Du grausiges Rabenvieh du …« hastete er weiter.

    Die Jakobus Pfarrkirche kam in sein Sichtfeld. Die kannte Hansl gut, fast jeden Sonntag besuchte seine Familie dort den Gottesdienst, um im Anschluss beim Wirt eine warme Suppe zu essen, ehe es heimwärts ging.

    Hansl stoppte die eiligen Schritte, als ein Hochzeitszug die Straße querte. Schwarze Pferde zogen eine offene Kutsche, auf der eine wunderschöne Braut im weißen Kleid, flankiert von ihrem Bräutigam, saß. Fasziniert bestaunte er den Blumenkranz in ihrem Haar und plapperte verzückt: »Du grausiges Rabenvieh du, du grausiges Rabenvieh du …«

    Als zwei Männer ihn packten, wehrte er sich nicht. Drohend schwangen sie hölzerne Stecken in ihren Händen, schimpften und rüttelten ihn.

    »Bist du völlig von Sinnen!«

    »So eine schöne Braut! Willst du uns allen die Freude vermiesen?«

    »Ich … ich ... wollt nicht«, stotterte der Bub. »Was … was soll ich stattdessen sagen?«

    »Bist wohl ein bisschen schwer von Begriff, was?«

    Hansl zuckte eingeschüchtert mit den Achseln. Widersprechen traute er sich ganz sicher nicht.

    Da flüsterte der eine Kerl dem anderen ins Ohr. »Warte, ich weiß, wie wir dem Grips des Buben auf die Sprünge helfen können.« Er deutete zum nahegelegenen Gasthof, vor dem zwei Raufbolde miteinander rangelten.

    »Schau«, wandte er sich an Hansl. »Du gehst rüber zu der Wirtschaft und sagst ganz laut: Das tät ich auch gern.«

    »Das tät ich auch gern«, sprach Hansl zögerlich.

    Ein »Hopp-Hopp« und das Klatschen des hölzernen Stabs in die Handfläche seines Gegenübers trieben ihn an. Kaum später stand er von den Streithähnen und meinte drucksend: »Das … das tät ich auch … gern.«

    Ein Kerl fackelte nicht lange, schubste den Buben grob auf den staubigen Boden. »Wenn du willst, kannst noch mehr haben, du halbe Portion! Stör die anderen Leut’, nicht uns!«

    Hansl schluchzte, der Hosenboden tat ihm weh und er verstand nicht, was heut die Leute gegen ihn hatten.

    »Weißt, dem Schneider drüben ist fix langweilig. Geh zu dem, und klopfst gar fest ans Fenster.«

    »Und … und was soll ich dann sagen?«, wimmerte Hansl.

    »Da zieht er beim Faden und macht ein grässliches Fratzengesicht dabei …«

    Hansl tat, wie man es ihm aufgetragen hatte. Er platzierte sich vor der trüben Fensterscheibe, hämmerte fest dagegen, sodass das Glas klirrte, und rief: »Da zieht er beim Faden und macht ein grässliches Fratzengesicht dabei. Da zieht …«

    Der Junge hatte noch nicht zum zweiten Mal den Satz ausgesprochen, da wurde die Tür aufgerissen und der Schneider hielt ihn beim Schlafittchen. »Herrschaftszeiten, du frecher Bub, dir gehört der Allerwerteste mit dem Gürtel versohlt!«

    Hansl brachte kein Wort heraus, Tränen sprudelten hervor, die er nicht länger zurückhalten konnte. Die ganze Welt hatte sich gegen ihn verschworen.

    »Moment, aber ich kenn dich doch! Du bist ja der kleine Hansl. Sonst immer so ruhig und still! Das passt gar nicht zu dir!« Der Schneider hörte ein nahes Lachen. Er schaute zur Wirtschaft und entdeckte zwei Kerle, die gerne über den Durst tranken, rauften oder sich derbe Späße erlaubten. Er zog das zerrissene Hemd des Jungen ein wenig zurecht. »Jetzt versteh ich, die zwei haben dich aufgehetzt. Bub, so etwas tut man nicht! Heute drück ich ein Auge zu, aber lass dir das eine Lehre sein!«

    Hansl nickte, wischte sich die nassen Tränen von den Wangenbacken, hinterließ dabei schmutzige Schlieren im Gesicht. »Aber … was soll ich denn sonst sagen?«

    »Nix«, entgegnete der Schneider kurzangebunden und machte kehrt.

    »Nix? … Nix – Nix!« Da war doch was? Vater und der Gips! Erleichterung überflutete Hansl. »Nix – Nix!« Nur mehr wenige Schritte von ihm entfernt lag die Greißlerei.

    Als er den Gips ausgehändigt bekam, strahlte er von einem Ohr zum anderen. Ohne weitere Vorkommnisse gelangte er heim. Sein Vater schlug die Hände über den Kopf zusammen, als er den verdreckten Jungen und das zerrissene Hemd sah. »Sag, was ist denn mit dir geschehen?« Er schwankte zwischen Schimpf und Sorge.

    »Nix – Nix«, bemerkte Hansl, gab den Gipssack ab und sprang übermütig davon.

    Der Winklerhof

    August 1930

    Bereits in aller Herrgottsfrüh hatte der Winkler-Vater seinen Rucksack geschultert, in dem sich etwas Proviant befand. In der Hand hielt er einen knorrigen Holzstock, den er fest in den Boden hieb, wenn er mit dem rechten Fuß nach vorne ausschritt. Er liebte die herrliche Aussicht am Berg, die frische Luft, die besondere Ausstrahlung der Natur … Da ging die harte Arbeit gleich leichter von der Hand.

    Der Bauernhof lag recht abgeschieden zum Dorf. Zu Fuß benötigte man knapp zwei Stunden, ehe man das Tal erreichte, und eine Stunde, bis man in die andere Richtung auf den Bergrücken kam. Dort entlang zogen weite Almen. Aus den Quellen sprudelte unermüdlich das klare Nass. Trotz karger Böden fanden die Kühe hochwertiges Futter. Ein Hut gefüllt mit diesen Pflanzen ist wertvoller als ein großer Büschel Heu im Tal!, dachte der Winkler-Vater, so wie es ihm von seinen Vorfahren überliefert worden war. Und nun darf ich als Altbauer mein Wissen weitergeben!

    Lächelnd zog er weiter, und hoffnungsvoll, dass sich ein Waldbewohner zeigen könnte. Wenn er sich ruhig verhielt, durfte er mitunter Füchse, Rehe, Eichhörnchen, Vögel oder Hasen beobachten. Niemals – für nichts auf dieser Welt – hätte er tauschen wollen, obwohl man beim Tagwerk reichlich Muskelkraft benötigte. Er mühte sich oft ab, bis der Schweiß aus sämtlichen Poren floss. Heroben durfte man nicht zimperlich sein.

    Das galt für jeden, der sich dem Landleben verschrieben hatte, wie es seine beiden Söhne taten.

    Der vierundzwanzigjährige Hansl hatte bereits mit der Gretl eine Familie gegründet, zwei süße Kinder – die Zenzi und der

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