Winterrose: Ein Verarbeitungsversuch bei Kontaktabbruch eines erwachsenen Kindes
Von Ela Fortis
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Über dieses E-Book
Winterrose möchte kein wissenschaftliches Buch sein, vielmehr möchte es einen Einblick in die Gefühlsebene von Menschen geben die von ihren Kindern verlassen wurden oder aktiv, bewusst ihre Eltern verließen. Das Beleuchten beider Seiten und die Darstellung der emotionalen Not in unserer modernen Gesellschaft kann zurecht als neuartiges psychosoziales Phänomen betitelt werden.
Eine Frau reflektiert gedanklich ihre Rolle als junge Mutter und sucht nach Antworten und Gründen die ihren Schmerz lindern sollen. Endgültig Klarheit erlangt die verlassene Mutter als ihr bewusst wird, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage nach den Gründen des Kontaktabbruches gibt. Sie motiviert sich selbst und sucht Mittel und Wege mit dem Schmerz weiter zu leben. Eine Symbiose aus Hass, Liebe und Verständnis ermöglicht es ihr das eigene Ich neu zu definieren und ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen um letztlich weiteleben zu können.
Schließlich endet das Buch mit der Hoffnung ohne Erwartung – das Erwachen der Rose im Frühling ist nur möglich, wenn sie abfallen und sterben darf. Der Kreislauf des Lebens, das Gesetz der Natur von vergehen und neu entstehen literarisch betrachtet anhand eines inneren Abschiednehmens eines geliebten Kindes.
Winterrose ist ein Buch, dass gegenseitiges Verstehen zum Ziel hat. Es soll Verständnis füreinander ermöglichen und Mut machen sich wieder aufeinander zuzubewegen. Ein sozialkritisches Buch unserer modernen Gesellschaft mit all seinen Schattenseiten des zwischenmenschlichen Lebens. Winterrose soll zum Nachdenken anregen und Perspektivenwechsel ermöglichen. Kontaktabbrüche erwachsener Kinder nehmen zu und sind womöglich das Ergebnis unserer modernen Luxuswelt. Sie können zurecht als neue seelische Belastung der Neuzeit bezeichnet werden und verdienen es, ernst genommen zu werden indem man ihnen Raum und literarische Beachtung schenkt.
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Buchvorschau
Winterrose - Ela Fortis
Für meinen Enkel
Grafik 1Editorial
Kontaktabbrüche zu Eltern sind weitaus häufiger zu finden als bisher angenommen. Der moderne, reflektierte Mensch ist zum einen heute besser in der Lage, sich und sein Leben zu analysieren und zum anderen unabhängiger gegenüber veralteten Konventionen. Finanzielle Abhängigkeiten wie sie noch vor Hunderten von Jahren bestanden, sind weitgehend unwichtig geworden. Der Mensch ist mutiger geworden, sein Leben selbst und meist völlig anders als es ihm seine Eltern vorgelebt haben zu leben. Sich abzugrenzen, sich zu distanzieren bis hin zum völligen Kontaktabbruch ist salonfähig geworden und stößt nur noch in den seltensten Fällen auf Unverständnis oder fragende Blicke. Besonders in Peergruppen junger Menschen gelten Kontaktabbrüche zu den Eltern als Zeichen dafür, erwachsen und selbstbestimmt zu leben. Unsere Welt und unser Umgang miteinander sind freier, ungezwungener geworden. Sich abzugrenzen erscheint wichtiger als noch zu Zeiten unserer Eltern und Großeltern. Allein das damalige Leben in Großfamilien hat es erschwert, sein eigenes Leben abgegrenzt von den anderen Familienangehörigen zu bestreiten. Es bestand mehr soziale Abhängigkeit. Heute ist das anders. Unkonventionell und selbstbestimmt zu Leben ist möglich. Ohne Rücksicht auf Familienbande oder kulturelle Gegebenheiten. Diese Freiheit verspricht große Vorteile in einem modernen Leben. Zumindest gaukeln uns das tagtäglich die Medien vor und setzen emotionale Stärke, Erfolg und Durchhaltevermögen mit dem Einzelkämpfertum gleich. Das Zeitalter der einsamen Wölfe hat begonnen. Ohne Rudel. Ohne Halt. Werte wie Solidarität und Verantwortung haben heute nicht mehr den Stellenwert, den sie noch zu Zeiten unserer Eltern und Großeltern hatten. Früher war es selbstverständlich sich als erwachsenes Kind um die älter werdenden Familienmitglieder zu kümmern. Großeltern, Tanten und Onkel wurden regelmäßig besucht und den eigenen Eltern im Alter mehr Unterstützung angedacht. Es war eben selbstverständlich, ältere Menschen zu grüßen oder ihnen einen Platz im Zug anzubieten. Es gehörte sich einfach so und war Teil unserer Auffassung von Moral und Teil unserer Vorstellung wie ein Generationenvertrag auszusehen hat. Heute gilt es schon lange nicht mehr selbstverständlich, älteren Menschen einen Platz anzubieten, ihnen schwere Einkäufe abzunehmen oder die Türe aufzuhalten. Der damalige Respekt vor dem Alter erfährt eine Wandlung. Vielleicht auch deswegen, weil sich auch die ältere Generation verändert hat und sich manchmal wenig respektvoll verhält. Nicht mehr als alters-schwach auftritt und wenig hilfsbedürftig erscheint. Junge Menschen mit ihren neuen Vorstellungen vom Leben, ihrer neuen Art Dinge des Lebens zu betrachten und für sich in Einklang zu bringen stoßen häufig auf überhebliche Bewertungen der eigenen Eltern. Die entwachsenen Kinder spüren Ablehnung gegenüber ihrer modernen Art des Lebens und müssen sich mit dem starren Festhalten an Konventionen und unreflektierten Regeln und Normen der Kindheit ihrer Eltern herumschlagen. Es ist also auf beiden Seiten ein Extremverhalten zu beobachten. Auf beiden Seiten daher eine Notwendigkeit gegeben künftig empathischer zu sein. Wir müssen uns wieder aufeinander zubewegen, uns austauschen und Wertungen und Bewertungen nebensächlich werden lassen. Sich dessen bewusst zu werden, zu reflektieren und der Wille sich auch einmal in die Situation des anderen hinein zu versetzen, könnte langfristig zu einem gegenseitigen Verstehen führen. Und da gibt es dann auch noch die anderen älteren Menschen von heute. Sie legen ein anderes Auftreten an den Tag, sind weitaus aktiver und geistig beweglicher als noch vor zwanzig Jahren. Sie zeigen sich keineswegs kleinlaut oder hilfsbedürftig in der Öffentlichkeit. Sie sind offen für neue Ideen und neue Wege und keinesfalls als altersstur zu bezeichnen. In keiner Epoche zuvor waren ältere Menschen aktiver, gesünder und gutaussehender als diese neue Elterngeneration. Alter mit Schwäche, Unbeweglichkeit und Hilfsbedürftigkeit gleichzusetzen trifft daher schon lange nicht mehr generell auf alle Eltern zu. Ganz im Gegenteil. Vielerorts treten ältere Menschen stark und zielgerichtet auf. Engagieren sich in Sport und Politik und zeigen sogar noch im hohem Alter Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen. Es ist nichts mehr Besonderes, wenn ältere Menschen eine neue Fremdsprache erlernen, die Volkshochschule oder Vorträge an Universitäten besuchen. Dieses neue Bild der älteren Generation ermutigt letztlich dazu ihnen auch mehr zuzumuten. Körperlich und emotional. Man braucht eben keine Rücksicht mehr auf unsere taffen Eltern zu nehmen. Kein schlechtes Gewissen zu haben sich mit ihnen zu reiben und auseinander zu setzen. Parallel dazu entwickeln sich auch junge Menschen weiter. Zeigen mehr Mut und sind vielerorts selbstbewusster geworden. Sie möchten ihr Leben selber in die Hand nehmen und stark auftreten und als stark gesehen und erlebt werden. Sie möchten sich und ihre Wünsche, ihre Vorstellungen vom Leben nicht länger beschneiden lassen. Schon gar nicht aus Gründen falschverstandener Verantwortung einer älteren Generation heraus. Eine Verantwortung für die ältere Generation der man eine Hilfsbedürftigkeit kaum mehr ansieht. Fühlen sich diese jungen Menschen aus irgendwelchen Gründen selbst nicht als stark oder bekommen von außen oder ihren Eltern ein Gefühl von Schwäche vermittelt, so wird ein Kontaktabbruch zweckentfremdet um das eigene Ego aufzuwerten. Die Bewunderung von anderen, das bildlich gesprochene Beklatscht werden im Freundes- und Bekanntenkreis erleben dann viele junge Menschen als Aufwertung der eigenen Persönlichkeit. Endlich fühlt sich der junge Mensch ernst genommen und respektiert. Vielleicht sogar stärker als es die Eltern nach außen für ihn sind. Ein Mangel am Gefühl der Selbstwirksamkeit, des eigenen Durchhaltevermögens, des Erlebens der eigenen Schaffenskraft, etwas selber gestalten und bestimmen zu können, eigene Wege gehen zu dürfen ist womöglich Antriebsfeder für einen Kontaktabbruch bei Erwachsenen Kindern. Dieser bereits in früher Kindheit erlebte Mangel an Kompetenzerleben weicht einem neuen Gefühl von Stärke und Abgrenzung der eigenen Persönlichkeit. Nun fühlt es sich endlich gut an selbst für sich eine Entscheidung gefällt zu haben. Eine Entscheidung dessen Tragweite oft eine ganze Familienstruktur lahmzulegen vermag. Vergleichbar eines Rausches mit einer gehörigen Portion Adrenalin reitet der junge Mensch auf einer Welle vermeintlicher Freiheit und Unabhängigkeit. Das Imponieren im Freundeskreis und die erlebte Achtung verhindert es nun, den Schritt nach einem Kontaktabbruch wieder zurück zu gehen, oder besser gesagt, sich wieder aufeinander zu zubewegen. Der Teufelskreis hat begonnen und es wird mit jedem Tag schwerer wieder einen Weg zurück zu finden, ohne dabei seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen oder vermeintlich sein Gesicht zu verlieren.
Im Gegenzug dazu gibt es aber auch noch andere Gründe, die einen Kontaktabbruch zu den Eltern auslösen können. Die Ursache liegt oft im Erleben der eigenen Kindheit, im Reflektieren des Erziehungsverhaltens der Eltern und der eigenen Biografie, dem kritischen Auseinandersetzen mit der eigenen Kindheit, sowie im Hinterfragen des bisherigen Lebens und der damit verbundenen Werte und Konventionen. Viele erwachsene Kinder erkennen dabei, dass sie in ihrer Kindheit zu sehr eingeschränkt und reglementiert wurden. Ein Erwachsenwerden durch Versuch und Irrtum wurde diesen Kindern versagt und man nahm ihnen dadurch die Möglichkeit sich selbst zu entwickeln. Selbstbestimmt und mutig den Weg zum Erwachsensein selbst zu beschreiten fand in vielen Familien keine Unterstützung. Das Leben als Abenteuer leben und erfahren zu dürfen wurde durch Strenge und vorgegebene Wege der Eltern ohne Alternativen unterdrückt. Vielerorts darauf sogar mit Liebesentzug reagiert. Wer solche bitteren Erfahrungen in seiner Entwicklung als Kind machen musste sieht zumeist nur einen Ausweg. Der konsequente Kontaktabbruch zu den Eltern. Dabei gehen diese Kinder genauso konsequent und unbeirrbar vor, wie sie selbst früher Erziehung erfahren haben. Konsequent und starr, ohne Diskussion. Dabei nehmen sie ihren eigenen Schmerz, den sie dabei empfinden wohlweislich in Kauf. Distanzierung und Abgrenzung gewinnt an Bedeutung. Das Zeitalter kritischer und selbstbewusster Auseinandersetzung mit der eigenen (Lebens)Geschichte hat begonnen und es scheint, als sei ein Bruch mit den