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dunkelmüde
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eBook201 Seiten2 Stunden

dunkelmüde

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Über dieses E-Book

Dunkelmüde!
So fühlt sich René Runge.
Ein 18 Jähriger Junge aus Duisburg, der in seinem kurzen Leben, so scheint es, bereits alles gesehen und erlebt hat, was man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde.
Von sexuellen Missbrauch, Gewalt und Vernachlässigung als Kind, dem Suizid der Mutter - bis hin zu Psychiatrie und Waisenheim Aufenthalt.
Nachdem er kurze Zeit obdachlos bei den Weinhändler Eltern seines Schulfreundes unterkommt und schließlich endlich seine erste eigene Dachgeschosswohnung beziehen kann, denkt er das größte Übel überstanden zu haben.
Aber leider weiß er weder wie man wirtschaftet, haushaltet, noch welchen Erwartungen man gerecht werden muss als Erwachsener.
Bei dem Prozess alles in die richtigen Bahnen zu lenken, erschweren ihm Ämter, Banken und Wohnungsgesellschaften den Weg.
Nur eine große Portion Galgenhumor, Psychopharmaka, Zigaretten und Menschen wie sein unter burn-out leidender Sozialpädagoge, machen sein Leben voller Panikattacken und Depressionen, einigermaßen erträglich.
Doch so sehr Renés Leben auch verflucht zu sein scheint, so sehr ist er auch mit dem Talent gesegnet, andere mit seiner Kreativität im malen zu berühren und zu bewegen.
Die ihm eines Tages dazu verhilft, sich von der großen Masse abzuheben.
Bis sich die Frage stellt: " ... oder doch nur Fluch?".
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. März 2020
ISBN9783750223622
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    Buchvorschau

    dunkelmüde - René Runge

    Show me how to live

    Eine kühle Brise streift meinen Nacken die darauf schließen lässt, dass der Winter schon bald an die Türen klopfen wird, als ich Gedankenversunken - in lauter Rast und Ratlosigkeit auf einer Bordsteinkante unter Straßenlaternenlicht sitze.

    Das Licht, welches betrügerisch auf mich herunter scheint, stellt mich in sein Spotlight um verachtend den Finger auf mich zu richten, um der Welt zu zeigen, dass ich endlich am Boden angelangt bin.

    Und doch, ist es das einzige Licht und die einzige Wärme, die ich derzeit in meinem Leben besitze.

    Aus dem Gullideckel neben mir schallt Gelächter, dann steigt ein übler Geruch empor und es fühlt sich an, als hätte man noch absichtlich auf mich eingetreten.

    Ich sehe mich in der Beobachterposition, schwebe über mir, als könnte meine Seele das ganze Elend selber nicht mehr ertragen.

    Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, nicht mehr tiefer sinken zu können.

    Was ich aber mit bitterer Einsicht verstehen musste, war, dass nur der Weg nach oben begrenzt schien.

    Du steigst auf, gelangst zum Zenit und darauf folgt deine Stagnation.

    Der Fall nach unten ist schier grenzenlos.

    Wenn der Schlund des Lebens erstmal sein Maul aufgerissen hat ...

    Und glaub mir, er hat sehr viel Hunger.

    Hunger habe ich auch.

    Aber Essen habe ich nicht.

    Genauso wenig wie Geld.

    Zwei billig Cola Flaschen gab mir Marc.

    Ich war an diesem Abend zu ihm gegangen, zu spät, seine Eltern schliefen schon  und er sagte kurz angebunden: „Kann dir nix zu Essen geben, wir haben selber alles verbraucht. Mein Alter muss morgen erstmal einkaufen."

    Er ließ mich nicht hinein, also musste ich im Hausflur warten.

    Leise bewegte er sich zur Küche um mir kurze Zeit später die 2 Flaschen durch den Türschlitz entgegen zu reichen.

    Ich glaube er begriff nicht den Ernst der Lage.

    Wie auch, ich begriff ihn ja selber nicht.

    Man sagt: „ Zeige mit dem Finger auf andere und du zeigst mit drei auf dich selbst!" Worauf ich hinauswill ist, ich war niemand der anderen die Schuld für etwas gab und schon gar nicht für meine persönliche Misere.

    Aber an all dem was mir widerfahren war, traf mich auch keine Schuld.

    Ich war frisch 18 Jahre alt geworden und wusste nicht wie man Erwachsen ist.

    Mir hat es keiner gezeigt und nun musste ich es plötzlich sein.

    Es war mir verboten Kind zu sein oder meine Adoleszenz zu erleben.

    Nein, ich musste Erwachsen sein!

    Ich krame in der Seitentasche meines Zippers eine Schachtel Zigaretten hervor

    und höre eine imaginäre, fette Frau sagen: „Ja, das haben die immer ..... nix zu fressen, aber Kippen."

    Naja, eine noch..

    Ich zünde mir meine letzte Zigarette an und versuche den Hunger zu vergessen.

    Der erste Zug in meinen Lungen ist wie ein Freund in meiner Trostlosigkeit, den ich nicht habe.

    Mit der Zigarette im Mund fühle ich mich weniger einsam.

    Mein Blick geht nach links, dann nach rechts.

    Niemand da.

    Ich fange an zu weinen.

    Halte meinen Kopf in meinen Händen und die Tränen fallen auf den Asphalt.

    Als mich der größte, innerliche Druck verlässt, nehme ich den letzten Zug der Zigarette und schnipse sie in das dunkle Nichts das mich umgibt.

    Eine weitere, diesmal eiskalte Brise zieht an meinem Nacken hinweg, sodass ich mir ruckartig die Kapuze über den Kopf ziehen muss.

    Es ist eine Vorahnung die mich überkommt, dass sich für mich einiges ändern wird.

    Für sehr lange, zu nichts gutem.

    Ich schliesse die Eingangstür meiner Dachgeschosswohnung.

    Lege meine Jacke auf den Boden im Schlafzimmer, in dem sich nur ein Fernseher, DVD player mit Charlie und die Schokoladenfabrik drin und ein Radio befindet. Zusammen mit schmuddeligen, verstreuten Klamotten und persönlichen  Dokumenten.

    Mehr habe ich nicht.

    Kein Sofa, kein Tisch, kein Regal, keinen Schrank...ich hab gar nichts.

    Ich laufe durch meinen leeren Flur, in mein leeres Bad, in die leere Küche und schaue in meinen leeren Kühlschrank und blicke dann in mein leeres Portemonnaie und mein leerer Magen schreit vor Hunger während ich die -0,15Euro die auf dem Kontoauszuges meines leeren Konto stehen, an.

    Als ich dann eine Zigarette aus meiner leeren Schachtel ziehen will, starre ich 10 apathische Sekunden auf die leere Wand und setze mich auf meine 180x90 große Matratze und wähle die Nummer von Boris, meinem Sozialfuzzi um festzustellen, dass mein Guthaben...naja...rate!

    ...leer ist.

    Eine Mischung aus Wut und Hass sprudeln in mir hoch und ich schlage gegen die Wand und diese gibt blöderweise nach und nun habe ich ein dickes, fettes Loch da, das mich angrinst und frech behauptet: „ Du...kannst...mich..nicht ….be-za-hl-en!"

    Ich glotze in das Loch in der Wand, von der jetzt ein Stück Zement an einem Stück Tapete runter hängt.

    Ich atme tief ein und aus, drehe mich um und rutsche mit dem Rücken gepresst an der Wand mit Loch runter und entdecke dabei alte Pfandflaschen auf der Arbeitsplatte meiner Küchennische.

    Bevor mein Hintern also Boden berührt, wende ich mich mit hibbeliger Bewegung wieder auf meine Beine auf und reisse die Flaschen von der Arbeitsfläche.

    Stopfe diese unschön in eine Plastiktüte, ziehe meine gammeligen Skaterschuhe an und werfe mir einen schwarzen Hoodie über.

    Freitag, 01:30Uhr in Duisburg.

    Das habe ich vollkommen ausser acht gelassen, wie und wo werde ich die Pullen noch los?

    Mir fällt nur die Esso Tankstelle ein, die die ganze Nacht geöffnet hat, zusammen mit einer Box voll mit angehäuften Centstücken bewege ich mich also zu der Esso.

    Auf dem Weg dorthin – die eine Hand am Fahrradlenker, die andere Hand packt einen Sack voller Pfandflaschen, träume ich von Brötchen, Käse und dergleichen.

    Doch leider geht mein Wunsch nicht in Erfüllung, stattdessen gerate ich in einen Streit mit dem Tankwart: „Pass mal auf, ist mir scheiss egal, ich will den Pfand, du bist verpflichtet die Dinger anzunehmen, ich hab den Pfand ja immerhin bezahlt."

    Darauf dieser: „ Ja, aber nicht bei uns, ich darf diese Flaschen nicht annehmen und hier die Centstücke, die nehme ich nicht an, die musst du in einer Bank abgeben."

    Er zieht die Mundwinkel nach unten und die Augenbraue hoch und fährt trotzig fort: „Aber dat kostet auch Gebühren, wenne die Centstücke abgeben willst, dann bekommst de so Papier da musse dat einrollen..."

    Ohne ihm zu zuhören wende ich mich von ihm ab und verlasse wie der letzte Vagabund, kapitulierend die Tanke.

    Gefrustet und hungrig steige ich auf mein klappriges Damenrad.

    Dann werfe ich den Sack neben einen Container der Tankstelle und fahre los.

    An einem Späti Kiosk halte ich an, krame nach den letzten 20Cent in meiner Hosentasche und frage den Verkäufer ob er noch Brötchen vom Morgen übrig hat.

    Dieser Antwort „ Na klar, wie viele willst du denn haben?"

    Ich sage: „ Ja eins, hätte ich gerne....was kostet denn …..eins?"

    er antwortet unterschwellig genervt: „ 30 cent pro stück"

    peinlich berührt frage ich: „ Kann ich auch eins für 20 Cent?  Ich hab nicht mehr!"

    Er schaut mich ungläubig an und nimmt das, so wirkt es, steinharte Brötchen aus der Tüte und legt es zurück in den Brötchenkorb.

    „Für 20 Cent kannst du ein einzelnes Kaugummi haben."

    Dann legt er mir ein Kaugummistreifen hin und nimmt die 20 Cent die ich bereits in den Zahlteller gelegt hatte und schliesst das Fenster von seinem Kiosk.

    Ich fange an zu lachen, irgendwann um 2 Uhr morgens, auf einer Hauptstrasse irgendwo in Duisburg.

    Auf meinem Damenfahrrad, lache ich und lache ich und lache ich, dann schreie ich vor lauter lachen.

    Ich reisse den Lenker nach links und nach rechts und fahre Schlangenlinien wie vom Affen gebissen, bis ich vor lauter Verzweiflung und Lauthalsen lachen vom Fahrrad falle, weil ich mit dem Vorderrad in einer Strassenbahnschiene stecken geblieben bin.

    „Nichts passiert!"

    Ich stehe gedemütigt auf und seufze.

    Vor einer Kneipe steht eine etwa 60 Jährige Frau und fragt mich betrunken nach Feuer und merkt dabei an, wie scheisse kalt es geworden ist und sie eher an den Folgen einer Lungenentzündung, als an den Folgen vom Rauchen sterben wird.

    Ich antworte mit:

    „Ja, Feuer habe ich mal. Hast du mal eine Zigarette?".

    „Hasse dir weh getan Schätzeken?" fragt sie.

    Ich antworte: „NEIN!!!Kannst du mir aber bitte eine Zigarette geben?"

    Dann hält sie mir die Packung hin und dreht sich nach hinten um und ruft in die Kneipe „Bruni, kommste jetzt oder wat, hier is en junger Bursche der hat Feuer, brauchse nich mehr das Feuerzeuggas da suchen"

    Ich nutzte die Zeitspanne, in der sie sich umdreht um mir 3 weitere Kippen aus ihrer Schachtel zu mopsen.

    Dann packe ich sie schnell in die Hintertasche meiner Baggy und klemme die andere hinter mein Ohr.

    „Hier hast du Feuer", sage ich.

    Sie nimmt das Feuerzeug und zündet sich ihre Zigarette an.

    „Und, wat machse jetzt noch?"

    fragt sie.

    Ich antworte selbstbewusst:

    „Geld ausgegeben."

    „Gib mal wat ab", hustet sie mit Raucherlunge vor sich her.

    „Danke, für die Kippen!" antworte ich.

    „KippeN?" fragt sie.

    Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und fahre unbehelligt von ihr weg, während        ich noch höre wie sie mir etwas unmissverständlich hinterher ruft.

    Angekommen in meiner Dachgeschosswohnung werfe ich in gewohnter Manier den Hoodie irgendwo auf den Boden, mich auf die Matratze und freue mich wenigstens auf eine anständige Zigarette auf leeren Magen.

    Als ich mich hinsetze zerbrechen die beiden Zigs die ich ihr abgezogen habe und mir fällt auf, dass ich vergessen habe mein Feuerzeug zurück zu verlangen.

    Verdammt ey!!

    Crime don't pay, denke ich, als ich die kaputten Zigaretten aus meiner Hintertasche ziehe.

    Wie bekomme ich jetzt diese Zigarette an?

    Wieder wendet sich mein Blick zur Küchennische und mir kommt der Einfall, die Drähte im Backofen zum anzünden zu benutzen.

    10min später und mit halb abgefackelten Gesicht, kann ich endlich rauchen.

    Brainstormend frage ich mich, wie ich, heute am 15ten bis zum 31ten, den Bauch vollkriegen soll.

    16 Tage ohne Essen, ohne Trinken, ohne Geld. Wie soll ich überleben?

    Der Hunger macht mich wahnsinnig, genauso wie die Kälte in dieser Wohnung.

    Ich stehe auf und will die Heizung anmachen, aber sie wird nicht warm.

    Hinter der Tür in der Küche entdecke ich eine Uhr mit Kasten drum herum.

    0 Grad Celsius steht da drauf.

    Hmm, spitze, wie geht die Scheisse jetzt an? Ich drehe und tippe wie wild auf dem Gerät, fuchtel, mache und tue, aber es tut sich nichts.

    Ich gehe zum Waschbecken und möchte Warmwasser anmachen, aber auch das geht nicht.

    Dann fällt mir auf, dass der Durchlauferhitzer gar nicht anspringt.

    Ok, schnell, du hast nur die Glut der Kippe um das Teil zum laufen zu bringen.

    Ich öffne den Kasten, drücke den Knopf für das Gas, halte die Kippe durch den Schlitz.....drücke und drücke und drücke und es springt einfach nicht an.

    Fuck, das Teil ist im Eimer.

    Meine Zigarette nähert sich dem Ende...

    Ich ziehe hastig und inhaliere die letzten zwei Züge und muss mit Grauen feststellen, dass es draussen zu schneien beginnt.

    4ter Stock, Winter und Schnee.

    Stell dir vor wie muckelig warm diese bekackte Wohnung ist.

    Freitagnacht, denke ich.

    Montag kann ich dann die Vermietung anrufen.

    Schön, ich lache wieder vor Abscheu und kann merken wie der Wahnsinn sich in mir unkontrollierbar ausbreitet, gedeiht und wie er wächst.

    Angst.

    Ich bekomme schlecht Luft und merke wie mein Herz anfängt zu rasen.

    Ich schaue auf meine Hand und erkenne, es ist meine Hand, aber sie gehört nicht zu mir.

    „Oh, nein"

    sage ich.

    Da ist sie, die altbekannte Depersonalisierung gepaart mit Derealisierung.

    Ich atme einmal hart aus.

    Mittlerweile ist es so kalt in meiner Wohnung, dass ich Wolken vor dem Mund habe.

    Gleich hyperventiliere ich wieder.

    Der Mist kommt wieder hoch.

    Meine Panik spitzt sich zu.

    Ich taumel ins Badezimmer.

    Unter dem Waschbecken liegen meine Psychopharmaka.

    Meine tägliche Ration Antidepressiva, Tavor und ja, für den akuten Fall : Alprazolam.

    Du weisst schon, das Zeug, dass sich 10 Jahre später „coole Cloudrapper, die über „anxiety labern, reinknallen um high an ihrer Kotze zu ersticken.

    Xanax Mischkonsum.

    Eine feine Sache.

    Wie auch immer!

    Ich schlucke die Tabletten und kann nur warten, bis dieser Zustand endlich abklingt.

    Das letzte was ich denke, ist : ich sterbe eher an einer Lungenentzündung als an  den Folgen der Kälte.

    Und lache mich gemütlich über diesen kleinen Benzodiazepin Insider in den Schlaf.

    Als ich wach werde - wenn man das wirklich wach nennen kann, ist es draussen noch dunkel.

    Mein Hirn fühlt sich an wie ein Wackelpudding und mein Hunger ist mittlerweile unerträglich geworden.

    Ich öffne den Kühlschrank und ich brauche ganze 10 Minuten der Verwirrung bis ich spontan entscheide unter die warme Dusche zu springen.

    Ganz schön

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