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Menetekel: 6. Abenteuer der Familie Lederer
Menetekel: 6. Abenteuer der Familie Lederer
Menetekel: 6. Abenteuer der Familie Lederer
eBook399 Seiten5 Stunden

Menetekel: 6. Abenteuer der Familie Lederer

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Über dieses E-Book

Jules ist schwer erkrankt und kämpft mit dem Tod. Kann ihm die Wissenschaft helfen, obwohl der Schweizer Staat und seine Behörden dagegen sind? In Brasilien beherrscht die Wirtschaft alles und hat sich zu diesem Zweck mit dem Staat gegen die Ureinwohner verbündet. In Äthiopien kämpft ein Entwicklungsprojekt gegen die Religion. Und in Indien muss die Wirtschaft religiöse Schranken überwinden.
Viel zu häufig übersehen wir in der Flut der täglichen Pressemeldungen die eigentlichen Hintergründen von Geschehnissen. Denn nicht immer steht der Mensch mit seinen Trieben und seinen Zielen im Zentrum der Handlung. Oft genug sind es die drei mächtigen Säulen der Menschheit, der Staat, die Religionen und die Kultur, die einen gehörigen Beitrag zur weltweiten Unruhe leisten.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum27. Sept. 2014
ISBN9783847686682
Menetekel: 6. Abenteuer der Familie Lederer

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    Buchvorschau

    Menetekel - Kendran Brooks

    Vorgeschichte

    »Der nicht anwesende Angeklagte Adel Imam, vertreten durch seine Anwälte, wird wegen Beleidigung des Islam zu einer bedingten Gefängnisstrafe von drei Monaten und einer Buße von eintausend Pfund verurteilt.«

    Der Hammerschlag des Richters nach seiner Urteilsverkündung hallte lauter durch den Saal als je zuvor. Jedenfalls kam dies Youssef Marwan so vor. Der junge Regisseur hatte den gesamten Prozess gegen den berühmten Filmstar verfolgt, war an jedem Tag der Verhandlung zusammen mit vielen anderen Kulturschaffenden Ägyptens ins Gerichtsgebäude geströmt, hatte sich die fantastisch klingende Anklage kopfschüttelnd angehört, die lächerlichen Fragen an die aufgerufenen Zeugen genauso, wie ihre befremdlichen Antworten. Die absurden Behauptungen und böswilligen Unterstellungen der Islamisten konnten doch von niemandem ernst genommen werden.

    Aber der Irrsinn hatte sich nun tatsächlich manifestiert, war juristische Wirklichkeit geworden. Das Film Idol von Millionen Ägyptern, Adel Imam, war tatsächlich wegen Blasphemie verurteilt worden. Doch nicht etwa für eine aktuelle Kinoproduktion, sondern für seine Rolle in einem Film, der vor zwanzig Jahren gedreht wurde. Vor zwanzig Jahren! Das war nicht grotesk, sondern ganz und gar lächerlich.

    Doch die Hetzkampagne der Salafisten hatte die Berühmtheit nun hier und heute, im modernden Kairo, in der Millionenmetropole am Nil, der größten Stadt Afrikas eingeholt.

    Youssef Marwan war aufgewühlt und sein Gehirn raste, ließ keinen klaren Gedanken zu. Wie benommen verließ er mit den anderen, meist ebenso fassungslosen Zuschauern den Gerichtssaal, ging mit ihnen niedergeschlagen die Flure entlang in Richtung Ausgang. Er blieb nach den mächtigen, offenstehenden Türflügeln auf dem breiten Treppenabsatz stehen, geblendet von der gleißenden Februar-Sonne. Immer wieder rempelten ihn vorbei drängelnde Menschen an, wurde er mit einem »Entschuldigung« oder »Mach doch etwas Platz« bedacht, hörte die Worte zwar, verstand sie aber nicht. Denn in seinen Ohren rauschte immer noch sein aufwallendes Blut, immer wieder übertönt vom lauten Knall des Richterhammers.

    *

    Zwei Wochen zuvor hatten sich die PR-Berater der Agentur Falaq beim Pressechef des Militärrats für eine Besprechung zusammengesetzt. Khaled Salama blickte die vier Männer in ihren dunklen, italienischen Anzügen mit einem zunehmend mulmigen Gefühl an, hatten sie ihm doch bereits im Vorfeld dieser Sitzung den überaus wichtigen Anlass genannt. Entsprechend angespannt war Salama zur Besprechung erschienen. Er fühlte, das heute eine wichtige Entscheidung zu treffen war, eine Weichenstellung, die vielleicht sogar ägyptische Geschichte schreiben sollte.

    »Verehrter Khaled Salama«, begann Naguib Abdala höflich das Treffen und lächelte den Pressechef dabei gewinnend, wenn auch etwas gequält, an.

    Naguib Abdala hatte seine PR-Agentur Morgenröte erst vor zehn Jahren gegründet, hatte über seine guten Beziehungen zu den Mächtigen im Land rasch die Mandate von zwei der Söhne des ehemaligen Präsidenten Mubarak gefunden. Die Arbeit der Werbeagentur bestand darin, Gamal und Alaa wann immer möglich aus der Schusslinie von Presse und Rundfunk zu halten. Denn die beiden Söhne des Präsidenten schienen direkt an Fettnäpfchen zu suchen, um genüsslich in sie zu treten, scherten sich nicht um Staatsraison, dachten auch nicht im Traum daran, sich an die Ratschläge und Vorgaben der PR-Profis zu halten. So verspielten die Söhne Mubaraks mit ihrer öffentlich zur Schau gestellten Korruption immer mehr des früher so hohen Ansehens der Präsidentenfamilie. So tauchten in der Presse immer wieder kritische Kommentare über die beiden auf und das Brodeln in weiten Teilen der Bevölkerung verstärkte sich zusehends. Selbst die geschicktesten Reparaturbemühungen des gewieften Naguib Abdala und seiner PR-Crew kamen auf Dauer gegen die Dummheit und Arroganz der beiden Söhne des Präsidenten nicht an.

    Doch dieses Kapital war abgeschlossen und neue Aufgaben warteten auf die PR-Profis von Falaq. Denn auch die neuen Machthaber im Land der Pharaonen mussten ihre Finger am Puls der Bevölkerung halten, musste die verschiedenen Strömungen erfühlen und für sich günstig beeinflussen, wollten vor allem erfahren, wie sie sich gegen die erstarkenden religiösen Gefühle im Land verhalten konnten, wie weit sie gegen die islamistische Strömung gehen durften, ohne neue Unruhen zu provozieren.

    Der wichtigste Auftrag an die Agentur war allerdings sehr schlicht formuliert und man hatte ihn nur ein einziges Mal und erst noch nur mündlich mitgeteilt. Naguib Abdala und seine PR-Berater sollten nichts weniger als die dauerhafte Machtübernahme durch das Militär vorbereiten und begleiten. Sie sollten einen Weg finden, wie man diesen Schritt der Bevölkerung schmackhaft machen konnte, ohne eine neuerliche Revolution auszulösen. Die Strategie war bereits vor Wochen festgelegt worden, einzelne Schritte längst schon eingeleitet. Man glaubte sich bereits auf Zielkurs.

    Die Parlamentswahlen hatten vor Kurzem allerdings zu einem Fiasko für die nationalistischen und militärischen Parteien geführt. Muslimbrüder und Salafisten eroberten auf Anhieb eine komfortable Mehrheit, drängten die freiheitlichen und Mubarak-freundlichen Kräfte im Land beinahe in die Bedeutungslosigkeit. Doch der Militärrat hatte mit seiner Übergangsverfassung vorgesorgt. Ein Drittel der Parlamentssessel sollten Unabhängigen vorbehalten bleiben, waren deshalb widerrechtlich von religiösen Vertretern über die Wahlen besetzt worden. Damit verstieß die Einsetzung des Parlaments gegen die aktuelle Verfassung der Übergangsregierung. Der Oberste Gerichtshof würde zu einem günstigen Zeitpunkt darum seine Auflösung beschließen und Neuwahlen anordnen. Dies war nur einer der Schritte auf dem Weg zu einer allgemein anerkannten und von der Bevölkerung begrüßten Militär-Diktatur. Bis dahin musste jedoch die wirtschaftliche Situation im Land noch verschärft werden. Nur so würden selbst die aufgeregtesten Gemüter in der Bevölkerung zur Einsicht gelangen, dass eine Militärdiktatur die einzig stabile Regierungsform für das Land darstellte.

    Ein weiterer Teil des Plans betraf den Sinai. Hier sollten zu gegebener Zeit islamistische Überfälle provoziert werden. Falls nämlich auch noch der falsche Mann als neuer Präsident an die Spitze des Landes gewählt werden sollte, musste seine Unfähigkeit und Machtlosigkeit möglichst rasch aufgezeigt werden, damit ihn das Volk zu hassen begann.

    Doch an diesem Februar-Morgen war ein ganz anderes Problem zu lösen, wobei die PR-Fachleute von Falaq wohl eher von einer neuen, unbedingt wahrzunehmenden Chance gesprochen hätten. Im Grunde schien der Anlass der Besprechung unerheblich. Doch wie so oft konnte man in der Politik aus einer Maus einen Tiger züchten, wenn man nur wollte.

    »Wir haben leider erst gestern Abend erfahren, dass Adel Imam freigesprochen werden soll.«

    Die Stimme von Abdala enthielt keinen Vorwurf an den Pressesprecher Khaled Salama, auch wenn der Chef der PR-Agentur noch vor gut zwölf Stunden wütend aufgebraust war und von lauter Dummköpfen im Militärrat gesprochen hatte, als er diese Information von einem befreundeten Staatsanwalt erhielt. Nein, die Stimme von Abdala blieb diesmal kühl, geschäftsmäßig und höflich.

    Khaled Salama nickte eifrig: »Ja, wir denken, dass ein rascher Freispruch des Schauspielers die religiösen Extremisten klar in ihre Schranken weisen wird.«

    Abdala schüttelte ablehnend den Kopf: »Das wäre bestimmt eine Möglichkeit, lieber Khaled Salama. Doch wir vergeben damit auch eine große Chance.«

    Pressechef Salama sah sein Gegenüber erstaunt an, dachte über dessen Aussage erst gründlich nach.

    »Bevorzugen Sie etwa eine Verurteilung?«, fragte er sicherheitshalber nach und als Abdala ihm sogleich zustimmte, fuhr er fort, »Sie wollen die Stimmung in der Bevölkerung gegen die Salafisten weiter schüren?«

    Es war mehr Feststellung als Frage.

    »Ja, Sie haben unsere Gedanken erraten. Der Schauspieler Adel Imam ist in weiten Teilen der Bevölkerung äußerst beliebt, ja, er wird gerade von den unteren Schichten als ihren Helden verklärt. Wie würde es Ihnen gefallen, lieber Khaled Salama, wenn eines ihrer Vorbilder vor Gericht gezerrt und aufgrund einer an sich lächerlichen Anklage verurteilt wird?«

    Die Augen von Salama leuchteten kurz, aber freudig auf und seine Lippen zeigten ein schmales, smartes Lächeln.

    »Ausgezeichnete Idee. Aber gegen das Urteil werden die Anwälte von Adel Imam bestimmt Rekurs einlegen?«

    »Damit rechnen auch wir«, meinte Naguib Abdala und lächelte dazu süffisant, »so können wir gleich dreimal Punkten.«

    »Dreimal?«

    »Über alle drei Instanzen hinweg, meine ich«, fügte der PR-Profi erklärend hinzu, »Sie müssen nur dafür sorgen, dass die Berufungsgerichte das Urteil bestätigen.«

    Salama nickte nachdenklich, legte sich wohl seine Vorgehensweise gegenüber dem Militärrat und den zuständigen Behörden in Gedanken zu Recht.

    »Sollten wir Adel Imam nicht einweihen? Immerhin ist er Schauspieler?«

    »Auf keinen Fall, lieber Khaled Salama. Auch der beste Darsteller kann einmal aus seiner Rolle fallen. Wir sollten kein Risiko eingehen.«

    Salama stimmte ihm zu.

    *

    Als der junge Regisseur in sein Büro an der Talaad Harb zurückkehrte, begrüßte ihn seine Assistentin Samira mit mühsam unterdrückter Wut in ihrer Stimme.

    »Sie verweigern uns den Dreh, diese Idioten.«

    Marwan blickte die hübsche, junge Frau ruhig, aber ohne Verständnis an, denn in seinem Kopf schwirrten immer noch die Bilder zum skandalösen, kulturfeindlichen Gerichtsurteil.

    »Welche Genehmigung meinst du?«, meinte er darum zerstreut.

    »Na, in der Omar Makram Moschee. Der zuständige Imam lässt dir ausrichten, dass er keine Filmaufnahmen mehr wünsche oder dulde und weitere Anfragen darum zwecklos seien.«

    Ohne Erwiderung und ohne sichtbare Reaktion ging Youssef müde an Samira vorbei und setzte sich hinter sein Pult, lehnte sich weit im alten Ledersessel zurück, legte seinen Kopf in den Nacken und verschränkte seine Arme vor der Brust, starrte stumm zur Decke hoch.

    »Youssef, was ist?«, fragte Samira leise, Unheil ahnend.

    Doch der junge Regisseur antwortete nicht.

    Kapitel 1

    Sein Anruf über Skype war überaus enttäuschend ausgefallen. Nicht nur ging es Jules, seinem Adoptivvater, immer noch schlecht. Alabima, seine Adoptivmutter, hatte ihn und seine Freundin für den Sommer unmissverständlich ausgeladen. Die Äthiopierin wollte Chufu und Mei nicht sehen, versprach sich von einem Besuch der beiden auch keine Besserung für Jules auf seinem langen Weg zur erhofften Genesung.

    Vor drei Monaten war der Schweizer auf dem Flughafen in Genf bei seiner Ankunft zusammengebrochen. Im Universitätsspital Lausanne fand man den eher harmlosen Grund für den Kollaps rasch heraus. Ein Fettwulst hatte zunehmend auf die Aorta gedrückt und unterbrach je nach Körperbewegung die Blutzufuhr zum Gehirn, was zur sofortigen Bewusstlosigkeit führte. Mit einer kleinen Operation konnte das Problem behoben werden. Die Ärzte fanden bei ihrem Scan jedoch auch noch Tumorzellen im Gehirn des Schweizers. Der Krebs war noch nicht weit fortgeschritten und wurde operativ entfernt. Zudem bestrahlte man ihn sorgfältig und unterstützte die Therapie mit einer zusätzlichen Chemo. Doch wenige Wochen später hatte das MRT neue Ableger gefunden.

    Womöglich war der Kampf des Schweizers gegen die Krankheit bereits verloren. Doch die Ärzte beruhigten weiterhin, wollten Chemo und Bestrahlung wiederholen, wussten sich wohl auch keinen besseren Ratschlag. Auch Jules Lederer schien sich mittlerweile aufgegeben zu haben. Doch Alabima wollte um ihren Ehemann kämpfen, wie sie ihrem Adoptivsohn am Bildschirm mehrmals versicherte.

    Chufu schrak auf, als die Wohnungstüre ins Schloss gedrückt wurde.

    »Hallo. Bin zurück«, meldete sich seine Freundin Mei aus dem Flur.

    »Hi, Schatz«, antwortete er matt und lustlos aus dem Wohnzimmer.

    Ihre Schritte entfernten sich in Richtung der kleinen Küche.

    Chufu, ein philippinischer Waisenjunge, war von Jules und Alabima vor ein paar Jahren als bereits Fünfzehnjähriger adoptiert worden. Sie förderten den aufgeweckten Jungen so gut sie konnten und er holte verpasstes Schulwissen rasch nach, studierte mittlerweile das zweite Jahr an der Universidade Federal do Rio de Janeiro Psychologie. Hier hatte er sich in Mei Ling verliebt und die beiden wohnten seit ein paar Monaten in dieser Zwei-Zimmer-Wohnung. Familie Ling stammte aus China. Doch der Großvater wanderte vor fünfzig Jahren nach Südamerika aus, eröffnete in Rio ein Restaurant, das rasch erfolgreich wurde. Der Vater von Mei entwickelte daraus eine ganze Kette von Gaststätten und Familie Ling kam zu großem Wohlstand, galt auch für brasilianische Verhältnisse als sehr reich.

    Auch die Lederers besaßen ein ansehnliches Vermögen. Jules hatte es sich als Problemlöser für wohlhabende und einflussreiche Klienten über die letzten zwanzig Jahre erarbeitet. Als studierter Ökonom arbeitete er ein paar Jahre lang für eine große Anwaltskanzlei in Zürich, machte sich dann selbständig, übernahm Aufträge in aller Welt, die stets verwickelt, manchmal auch gefährlich waren. Durch Umsicht, aber auch dank seines Durchsetzungsvermögens blieb Jules am Leben, bekam so die Chance, vor ein paar Jahren in einem kleinen Dorf im Osten von Äthiopien Alabima zu finden, eine stolze junge Frau aus dem Stamm der Oromo, die Kommunikationswissenschaften studiert hatte. Sie verliebten sich ineinander, heiratete, adoptierten Chufu und bekamen vor fünf Jahren ihre Tochter Alina.

    Doch das Familienglück wurde schon ein paarmal von stürmischen Ereignissen überschattet. Die Lederers gerieten in bedrohliche Situationen, teilweise aufgrund der Vergangenheit von Jules, vor allem jedoch auch durch Selbstverschulden. Und so musste der Schweizer seiner Ehefrau bereits vor geraumer Zeit versprechen, mit dem Problemlösen endgültig aufzuhören. Er sollte sich nur noch seiner Familie widmen und das Abenteuerleben für immer ablegen, was er auch versprochen hatte und bislang einhielt.

    Doch Jules hatte sich seitdem verändert, stand öfters neben sich selbst, reagierte manchmal auch gereizt, wollte sich jedoch von niemandem helfen lassen. Sein zu ruhiges Dasein als Frührentner mochte schuld an seiner Fahrigkeit sein. Doch auch in seiner allzu großen Furcht um das Leben und die Gesundheit seiner Familie konnte am Anfang seiner Persönlichkeitsstörung stehen. Sein Sohn Chufu jedenfalls diagnostizierte Angstzustände und eine begonnene Schizophrenie. Die Diagnose Hirntumor war für sie vor drei Monaten dann zwar erschreckend gewesen, barg jedoch gleichzeitig auch die leise Hoffnung, dass die Veränderungen von Jules direkt mit dieser Krankheit zu tun hatten.

    Die Gehirnoperation mit anschließender Bestrahlung hatte das Sprachzentrum des Schweizers stark beeinträchtigt. Dank wochenlanger Therapie konnte er diese Fähigkeit jedoch genauso wiederfinden, wie seine früher stets aufgeräumte Laune. Aber nach der erneuten Krebsdiagnose schien er innerlich gebrochen zu sein, lag meist wie ein weidwundes Tier im Krankenbett, wollte weder seine Frau noch seine Tochter noch irgendjemand anderen sehen. Vielleicht schämte er sich seiner Hilflosigkeit angesichts der tückischen, tödlichen Krankheit, die nur mittels Computer-Tomographie zu entdecken war, ihn sonst jedoch bislang kaum beeinträchtigte. Gegen den Krebs konnte er selbst nicht direkt ankämpfen, musste sich auf die Ärzte verlassen, war ihrem Handwerk hilflos ausgeliefert.

    Alabima konnte den Grund für Jules zurückgekehrte Niedergeschlagenheit zwar verstehen und es machte sie zusätzlich traurig. Denn keine Therapie konnte ihre Wirkung frei entfalten, solange der Patient nicht daran glaubte.

    Direkt nach dem Gespräch mit Chufu telefonierte die Äthiopierin mit Professor Dr. Steven Monroe. Vielleicht war dies der wahre Grund für ihre recht forsche Absage an den Adoptivsohn. Denn es war alles andere als einfach gewesen, mit dem Tumor-Spezialisten einen Termin für ein Gespräch zu vereinbaren. Dr. Steven Monroe arbeitete für ein großes Pharmaunternehmen in Jersey, forschte nach neuen Therapien gegen verschiedenste Gehirnkrebsarten. Die Äthiopierin hatte vor einiger Zeit einen seiner Beträge in der Science gelesen. Darin beschrieb Monroe die Versuchsreihe mit einer neuen Substanz, welche fantastische Resultate bei der Zerstörung von Krebszellen in Mäusegehirnen geliefert hatte und mit der nun erste Studien mit Patienten durchgeführt werden sollten. Alabima hatte ihn angeschrieben und um eine Kontaktnahme gebeten. Monroe lehnte dies jedoch glattweg ab, verwies bloß auf seinen Arbeitgeber. Doch die Äthiopierin blieb am Ball und ihre wochenlange Hartnäckigkeit brach irgendwann den Widerstand des Professors und er ließ ihr seine Kontaktdaten zukommen.

    »Good morning, Misses Lederer«, meldete sich Monroe, der ihren Anruf erwartet hatte.

    »Good morning, Professor Monroe, nice to hear you.«

    »Sie sind ein äußerst hartnäckiger Mensch, Misses Lederer.«

    Die Stimme des Professors klang bei dieser Feststellung nicht ärgerlich, eher belustigt.

    »Es geht um das Leben meines Mannes«, erwiderte die Äthiopierin mit fester Stimme.

    »Und was versprechen Sie sich von diesem Gespräch? Certumpro ist erst im Versuchsstadium. Frühestens in fünf oder sechs Jahren kann es als Medikament auf den Markt gelangen.«

    »Das haben Sie mir bereits in Ihrem Brief mitgeteilt, Herr Professor«, quittierte Alabima den Einwand, »doch ich möchte, dass Sie meinen Mann in die Studie übernehmen.«

    Monroe hatte wohl mit dieser Forderung gerechnet, denn er ließ ein amüsiertes und gleichzeitig ablehnendes »Ha« hören.

    »Tut mir leid, Misses Lederer, doch wir sind längst komplett, haben vierundzwanzig Patienten aus über vierhundert Kandidaten ausgewählt.«

    »Dann nehmen Sie einen Fünfundzwanzigsten auf!«

    »Ha«, vernahm Alabima wiederum den unangenehm klingenden Lacher von Monroe, »Sie verlangen Unmögliches.«

    »Wir können dafür bezahlen, Herr Professor. Nennen Sie mir einfach den Betrag.«

    Monroe schien ein neuerliches Ha mühsam unterdrücken zu können. Er meldete sich danach aber mit ruhiger Stimme: »Misses Lederer, ich kann aus vielerlei Gründen nicht auf Ihre Bitte eingehen. Wissen Sie, auch unter den anderen Patienten, die wir für die Studie ablehnen mussten, waren einige sehr wohlhabende. Ihre Familien machten mir und meinem Arbeitgeber ähnliche Angebote. Aber wenn wir irgendwann die Zulassung zu einem Medikament bekommen wollen, das Tausenden von Patienten hilft, müssen wir streng wissenschaftlich vorgehen, dürfen unsere Studie nicht durch Versuche mit ungeeigneten Patienten verwässern und so gefährden. Unsere vierundzwanzig Tumorpatienten sind alle um die dreißig Jahre alt und leiden am selben Typ Krebs. Anhand der Unterlagen, die Sie mir ungefragt zugeschickt haben, passt Ihr Ehemann gar nicht in diese Gruppe.«

    »Machen Sie es trotzdem!«

    Alabimas Stimme klang hart und bestimmt, wollte kein Nein akzeptieren.

    Monroe schwieg auf der anderen Seite der Leitung, während die Äthiopierin immer angespannter auf seine Antwort wartete. Dann legte Monroe wortlos auf.

    *

    »Was ist?«

    Mei war ins Wohnzimmer getreten und blickte fragend auf Chufu, der immer noch mit dem Laptop auf den Oberschenkeln auf dem Sofa saß und die Tastatur mit seinem Blick durchbohrte.

    »Hallo, Mei«, begrüßte er sie noch einmal, blickte dann erst hoch und schaute sie mit traurigen Augen an, erkannte den Auffordernden Blick seiner Freundin um Aufklärung.

    »Jules geht es weiterhin schlecht. Und Alabima will nicht, dass wir sie in den Semesterferien besuchen kommen. Sie hat uns glattweg ausgeladen.«

    Mei Ling sah ihren Freund voller Mitleid an, wusste sie doch, wie stark die Banden zwischen dem ehemaligen Waisenjungen und seinen Adoptiveltern in den wenigen Jahren zusammengewachsen waren. Nun wurde er wieder verstoßen, aus seiner Familie gedrängt, so wie damals, als Neugeborener, als ihn seine Mutter im Waisenhaus in Manila abgab, ohne ihre Identität Preis zu geben. Er würde seine leibliche Mutter, seinen Vater, niemals in seinem Leben kennen lernen. Damit hatte er sich innerlich längst abgefunden, das wusste Mei. Doch umso härter musste ihn diese neuerliche Zurückweisung treffen.

    »Vielleicht ist es besser so, Chufu«, sprach sie langsam und eindringlich auf ihren Freund ein, »sein Leben ist ja nicht unmittelbar bedroht, oder?«

    Der Philippine schüttelte den Kopf.

    »Nein, die Ärzte glauben immer noch, eine weitere Chemo mit Bestrahlung könnten ihn heilen«, meinte er nachdenklich und niedergeschlagen zugleich.

    Mei wollte ihn aufheitern.

    »Was glauben Sie, Student Chufu«, sprach sie ihn im Tonfall ihrer Professorin Ana Costa am Institudo de Psiquiatria an, »bedrückt Sie mehr der Zustand Ihres Vaters oder die Abweisung Ihrer Mutter?«

    Chufu musste tatsächlich grinsen, wurde dann aber rasch wieder ernst, schien einen Moment lang in sich hinein zu horchen.

    »Du hast vielleicht Recht, Mei. Womöglich hat mich die Ausladung von Alabima weit stärker getroffen als die schlechte Verfassung von Jules«, gab er zu.

    Mei nickte aufmunternd.

    »Vielleicht brauchen deine Eltern erst einmal etwas Zeit nur füreinander. Ich denke, sie haben einige Dinge zwischen sich zu klären und aufzuarbeiten.«

    Die Chinesin spielte auf die letzten achtzehn Monate an, in denen sich Jules so sehr verändert hatte und in der die Beziehung der beiden auf eine harte Probe gestellt wurde.

    »Ihr Frauen und eure Intuition«, witzelte Chufu zustimmend, wobei in seiner Stimme bereits ein neuer Entschluss anklang, »also, was machen wir stattdessen mit unseren Semesterferien?«

    Mei lächelte ihn zufrieden an. Sie wusste zwar, dass Chufu innerlich noch nicht über die Ausladung von Alabima hinweg sein konnte. Doch er war Willens, vernünftig damit umzugehen.

    »Geh mal auf die Uni-Plattform unter die Ferienjobs«, befahl sie ihm, setzte sich neben ihn aufs Sofa, schaute wie er auf den Bildschirm.

    »Blättere weiter runter. Noch weiter.«

    Sie ließ ihn zwei Seiten scrollen.

    »Da«, deutete sie mit dem Zeigefinger auf einen der Einträge, »wäre das nicht was für uns?«

    »Ouro Floresta sucht junge, engagierte Leute für eine Studie im Amazonas Becken«, las der Philippine laut vor, klickte dann den Link an, blickte kurz und zweifelnd Mei an, konzentrierte sich dann aber auf das geöffnete Fenster, las still weiter.

    Die Chinesin blickte nicht mehr auf den Schirm, sondern betrachtete sich das Mienenspiel ihres Freundes. Seine Augen ruckten über den Text, Skepsis und Interesse wechselten sich anhand der Stellung seiner Mundwinkel ab, einmal weiteten sich auch seine Pupillen für einen kurzen Moment.

    »Und du meinst wirklich, das könnte was für einen Großstadtmenschen wie dich sein?«, meinte er gespielt zweifelnd, »tropischer, undurchdringlicher Urwald, gefräßige Kaimane und blutgierige Piranhas, wilde Ureinwohner und Kopfjäger, dazwischen eine Chinesin und ein Philippine, ohne McDonalds und Warmwasserdusche.«

    Statt einer Antwort boxte sie ihm nicht allzu hart auf die Schulterkugel.

    »Quatschkopf«, tadelte sie ihn belustigt, »die Zivilisation ist doch längstens überallhin vorgedrungen. Die Indios leben doch nicht mehr auf Bäumen. Und? Was meinst du? Das könnt doch was für uns sein?«

    Chufu stimmte ihr zu.

    »Warum auch nicht? Tun wir etwas für das Überleben der Menschheit«, meinte er gönnerhaft, »irgendjemand muss es ja machen«, fügte er pathetisch hinzu.

    Sie riefen die angegebene Nummer an, sprachen mit einer Sachbearbeiterin von Ouro Floresta. Sie erklärte ihnen die Ziele des Projekts mit den ähnlichen Worten, wie sie schon im Intranet der Uni zu lesen waren.

    Die brasilianische Regierung plante eine Anzahl von neuen Wasserkraftwerken an den Zuflüssen zum Amazonas. Seit gut einem Jahr war die Energiebehörde des Landes dabei, mögliche Standorte abzuklären, untersuchte dazu vor allem die durchschnittlichen Wassermengen und errechnete daraus die möglichen Stromkapazitäten und Energiemengen. Dass die neuen Dämme riesige Gebiete überschwemmen würden und die dort lebende Flora und Fauna zerstören oder zumindest verdrängen konnte, schien die Regierung nicht weiter zu kümmern. Brasilien brauchte Energie und das Amazons-Becken konnte sie liefern.

    Die Schutzorganisation Ouro Floresta plante als Gegenmaßnahme, überall im Lande die bereits bestehenden Listen über die Tier- und Pflanzenwelt des Regenwaldes zu ergänzen. Sie wollten dazu ein Dutzend kleiner Teams im Amazonas-Gebiet installieren. Ein Biologe sollte zusammen mit einigen Volontiere in eines der vom Bau der geplanten Staudämme betroffenen Gebiet reisen und dort nach bislang unbekannten Lebensformen forschen, sie finden und katalogisieren. Die Umweltschutz-Aktivisten wurden dabei von einer Vielzahl ausländischer Organisationen finanziell unterstützt. allein Greenpeace wollte acht Wissenschaftler für dieses Projekt zur Verfügung stellen. Mit den Forschungsergebnissen hofften sie nicht in erster Linie die brasilianische Regierung und das Parlament zu beeinflussen, sondern wollten über Medien vor allem Druck aus dem Ausland aufbauen.

    Die Frau am Telefon sprach davon, dass die Mitglieder des Projekts die Reisekosten und sogar ihre Verpflegung und Unterbringung größtenteils selbst übernehmen mussten. Chufu und Mei konnten sie in dieser Hinsicht beruhigen, wurden die beiden doch finanziell überaus großzügig von ihren Familien unterstützt. Ein paar tausend Real konnten sie problemlos in das Abenteuer einer Amazons-Rettung einbringen. Sie vereinbarten für den Nachmittag einen Termin mit der Frau.

    *

    Die leitenden Ingenieure der Mumbai Construction Ltd. & Cie. hatten am ovalen Sitzungstisch Platz genommen, schauten den Vorsitzenden der Geschäftsleitung, Bharat Malik, gespannt an. Malik war ein Mann Mitte fünfzig, mit weißem, kurz geschorenen Haar und einem gemütlichen, runden, ins feiste tendierende Gesicht. Seine Augenbrauen war noch tiefschwarz, vielleicht gefärbt, ebenso die langen Wimpern. Die fast schwarzen Pupillen hielten fast jeden Gesprächspartner gefangen, besaßen ein faszinierendes Glitzern, zeigten Interesse und Intelligenz. Er führte das Unternehmen in der zweiten Generation, hatte es zu einem der führenden Ingenieurbüros in der größten Stadt Indiens gemacht.

    »Um mich kurz zu fassen, meine Herren, wir haben den Auftrag zum Bau der Schnellstraße für unser Unternehmen gewinnen können.«

    Bharat Malik pflegte einen Führungsstil, der sich an westlichen Werten und indischen Traditionen orientierte. Es war die Balance zwischen europäischer Klarheit und heimatlicher Höflichkeit, die den großen Erfolg seiner Unternehmung unterstützte. Und so nahm er den verhaltenen, höflichen Applaus seiner Mitarbeitenden ohne Regung entgegen.

    »Noch in dieser Woche werden wir mit den Vermessungsarbeiten beginnen. Wir werden vier Teams in die Region entsenden, denn der exakte Trassenverlauf muss bis Ende Juni stehen, damit die Regierung die notwendigen Käufe und Enteignungen in die Wege leiten kann.«

    Es war eine der Besonderheiten Indiens, bei öffentlichen Ausschreibungen von staatlichen Infrastrukturprojekten nur wenige technische Vorgaben und Zwänge zu erlassen. Man agierte eher mit Zielvorgaben, überließ dem anbietenden Unternehmer die Ausarbeitung detaillierter Konzepte für eine möglichst günstige Umsetzung. Der indische Staat verließ sich auf die Wirtschaft mit ihrem immensen Vorstellungsvermögen und ihrem schier grenzenlosen Eifer. Darum gewährte er möglichst viele Freiheiten zur Erreichung der verlangten Ziele, hatte stets auch offene Ohren für unorthodoxe Lösungen. So blieben die Kosten tief und die Lösungen optimierten sich von ganz allein.

    Warum sollte auch der Staat auf eigene Kosten die Vorarbeiten leisten, wenn doch die Unternehmen viel flexibler und mit immer neuen Ideen umsonst für ihn arbeiteten?

    Im Falle der Schnellstraße bestand die Aufgabenstellung im Bau einer vierspurigen Autobahn zwischen Silchar und Lanka. Sie musste die bisherige Fahrzeit für einen Lastwagen von durchschnittlich sechs Stunden auf unter vier Stunden senken. Und sie durfte höchstens eine Milliarde Rupien, also rund vierzehn Millionen Euro kosten.

    Bharat Malik und seine Mumbai Construction hatten sich wochenlang die Gehirne zermartert, ohne wirklich innovative Lösungen zu finden. Die kürzeste Strecke führte durch wild zerklüftete Hügel und entlang von Monsunregen-gefährdeten Berghängen. Tunnel kamen aus Kostengründen jedoch kaum in Frage, Brücken schon eher, doch auch sie nur in minimaler Zahl, angesichts des engen Kostendaches. Auch sollte bei ihrem Konzept so wenig Urwald wie möglich der neuen Straße geopfert werden, denn dies schuf automatisch weitere Pluspunkte bei den verschiedenen Ministerien des Landes. Doch erst die Idee eines erst kürzlich von der Universität als Jahrgangsbester zu ihnen gelangte junge Ingenieurs namens Ramu Bhattacharya hatte sie auf die richtige Fährte gebracht. Er schlug vor, den Gatahawi, einen kleinen Fluss weit oben im Berggebiet, unweit der Ortschaft Mahur anzustauen. Mit einem Damm konnte man die sintflutartigen Regenmassen des Monsuns auffangen und geregelt über das ganze Jahr hinweg an das Tal abgeben. Die zu erwartenden Einnahmen aus der Stromproduktion würden das Zusatzbauwerk finanzieren. Zudem würde der Stausee ein ausgedehntes Sumpfgebiet im Tal unten trockenlegen, was eine kostengünstige Trassenführung erlaubte.

    Die Ministerien waren von dieser Idee genauso begeistert, wie zuvor Bharat Malik als Chef der Mumbai Construction, schuf doch der Bau eines Staudamms in der sonst eher strukturarmen, mehrheitlich von Bauern bewohnten Region hunderte von gering qualifizierten Arbeitsstellen, die dem Ausbildungsstand der Landbevölkerung entsprachen. Der anschließende Betrieb der Anlage schuf zudem einige Dutzend gut bezahlter Arbeitsplätze und der Wasserzins aus der Stromproduktion musste zu einer erheblichen Entlastung des öffentlichen Haushalts in der Region führen. Gleichzeitig konnten die Dörfer rund um das Kraftwerk herum kostengünstig elektrifiziert werden, was ein erster Schritt zur Ansiedlung von größeren Gewerbebetrieben war. Denn die Landflucht der armen Bevölkerung konnte man nur durch Dezentralisierung von qualifizierten Arbeitsplätzen verringern, da war man sich in Regierung und Parlament seit langer Zeit einig. Zudem würde man durch das Trockenlegen des Sumpfgebiets viel Kulturland gewinnen, das man aber auch als Standorte für Industrie und Gewerbe verwenden konnte.

    In den darauffolgenden Wochen bestimmten vier Vermessungsteams der Mumbai Construction den exakten Verlauf der neuen Schnellstraße. Der junge Ingenieur Ramu Bhattacharya legte währenddessen mit einer weiteren Gruppe die Details zum geplanten Wasserkraftwerk fest. Einige der hinzugezogenen Geologen vom IITM in Madras berieten und unterstützten sie bei der Suche nach dem geeignetsten Standort für die Staumauer, ebenso bei den Berechnungen der Statik und der Kosten.

    Das Ministerium für Infrastruktur hatte bereits mit der Suche nach privaten Geldgebern für das Staudammprojekt begonnen. Rasch waren unter den vielen wohlhabenden Industriefamilien des Landes eine genügend große Zahl an Interessierten gefunden. An einer Veranstaltung wurden sie über das Projekt eingehend informiert. Und als wenig später die Kosten- und Ertragsrechnung bekannt wurden, kam das Geld innerhalb weniger Stunden zusammen. Man beschloss die Gründung einer privat-rechtlichen Aktiengesellschaft. Der indische Staat beteiligte sich daran mit dreißig Prozent, während siebzig Prozent bei einigen der reichsten Familien des Landes liegen sollten. Alles schien perfekt zu laufen. Bis zu diesem Mittwochnachmittag.

    *

    Jules schrak auf, als Alabima in sein Krankenzimmer trat. Ob er geschlafen hatte,

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