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DAS GESCHÄFT - TEIL 2: Eine Geschichte von Gier und Korruption
DAS GESCHÄFT - TEIL 2: Eine Geschichte von Gier und Korruption
DAS GESCHÄFT - TEIL 2: Eine Geschichte von Gier und Korruption
eBook1.354 Seiten17 Stunden

DAS GESCHÄFT - TEIL 2: Eine Geschichte von Gier und Korruption

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Über dieses E-Book

Die Verträge sind unterschrieben, aber noch nicht in Kraft. Die Bereitstellung der Kredite für das bankrotte Land gestaltet sich schwierig. Politische Zusagen werden nicht eingehalten. Mordtaten und Nichteinhaltung von Menschenrechten müssen als Begründungen herhalten. Erste Korruptionsvorwürfe werden laut. In den Medien wird Stimmung gegen das Vorhaben gemacht.

Eifersucht, Gier, verletzte Eitelkeit und Scheinheiligkeiten bilden den Hintergrund für eine Geschichte brutaler Machtkämpfe und zarter Liebesbeziehungen, mit zumeist tragischem Ausgang....
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Juni 2014
ISBN9783847644170
DAS GESCHÄFT - TEIL 2: Eine Geschichte von Gier und Korruption

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    Buchvorschau

    DAS GESCHÄFT - TEIL 2 - Christoph Hoenings

    Kapitel 1

    Das Geschäft

    Teil 2

    Trotz der Hitze fröstelte ich. Mir war schlecht vor Entsetzen.

    Es war nicht mal zwei Stunden her, dass direkt vor meinen Augen ein mitreisender Passagier nach der Landung in Lima beim Verlassen des Flugzeugs erschossen worden war. Sein Blut klebte immer noch auf meinem Kostüm.

    Das Verhör, dem wir unterzogen wurden, war unerfreulich und unangenehm. Ich konnte nicht mehr berichten als das, was sich unmittelbar vor meinen Augen abgespielt hatte: Dem vor mir stehenden kahlköpfigen Mann war der Kopf explodiert.

    Die Kontrolle des Gepäcks war mehr als gründlich. Für jeden Passagier gab es zwei Beamte, die jedes Wäschestück aus den Koffern nahmen und befingerten, und jeder Kulturbeutel wurde ausgeleert und jedes darin befindliche Teil untersucht. Dabei war der Schuss eindeutig von außerhalb der Maschine gekommen.

    Mein alter Freund und Kollege Michael Wolters hatte die ganze Zeit in der Ankunftshalle gewartet. Da bisher überhaupt keiner der Passagiere zum Vorschein gekommen war, obwohl der Jumbo-Jet schon stundenlang am Boden stand, und andere Abholer berichteten, sie hätten von der Aussichtsterrasse des Flughafens her beobachtet, dass zahlreiche Polizisten das Flugzeug umringt hatten, war selbstverständlich die Neugier der Wartenden groß, zu erfahren, was los war. Ich wurde sofort umringt und ausgefragt.

    Erstaunlicherweise wurde in keinem der peruanischen Medien ein Wort über den Vorfall verloren. In keiner der Zeitungen, von denen ich schon allein aus beruflicher Neugier in den Tagen nach meiner Ankunft etliche durchgeblättert habe, in keiner Fernsehsendung. Es war, als wäre der Mord am Flughafen in Lima gar nicht geschehen!

    Peru gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Die Bodenschätze bestehen weitgehend aus Mineralien, deren Preis der Welthandel bestimmt. Der ehemals blühende Export von Fisch und Fischmehl war dank extensiver Raubfischerei anderer Nationen zum Erliegen gekommen, ebenso wie der Export von Guano. Das Abkratzen meterdicker Kotschichten von Seevögeln auf den der Küste vorgelagerten Inseln und der Verkauf des Kots als Düngemittel war mit der Überfischung der peruanischen Gewässer ebenfalls vorbei. Es gab zwar Funde von Erdöl im Amazonasbecken, aber der Bau von Pipelines über die viertausend Meter hohen Kordilleren machte jedwede Exploration unwirtschaftlich.

    Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, wie nahe ich einzelnen Figuren der folgenden Geschichte in den nächsten Wochen und Monaten kommen würde.

    Ich war einmal kurze Zeit mit einem Peruaner verheiratet. Wir hatten uns während des Studiums kennengelernt, er war charmant, extrem höflich und stammte aus einer alteingesessenen und wohlhabenden Familie. Ich war ganz hingerissen und furchtbar verliebt.

    Wir heirateten in Deutschland und reisten gemeinsam nach Lima, wo ich seine Familie kennenlernen sollte.

    Ich habe in meinem Leben viele arrogante Arschlöcher getroffen.

    Aber all diese Typen waren nichts im Vergleich zu der hochmütigen Familie in Lima.

    Seit der ersten Ankunft Francisco Pizarros im Jahre 1525 oder 1526 wussten sie genau, wer im Laufe der Jahrhunderte wen beschlafen hatte, damit schließlich mein mir angetrauter Laurenzo hatte gezeugt werden können.

    Laurenzo hatte derart viele Vornamen, dass der Pfarrer bei seiner Taufe todsicher um zusätzliches Weihwasser gebeten haben musste! Außerdem war er adlig.

    Laurenzos Eltern behandelten mich mit offener Feindseligkeit, insbesondere, nachdem ich in fröhlicher Offenheit gestanden hatte, gerade einmal zu wissen, wie meine Großeltern geheißen hatten.

    Die beiden Schwestern Laurenzos hingegen waren freundlich, ihre Neugier grenzenlos, und ich erzählte ihnen unbefangen von meinen Erfahrungen, bis ich dahinterkam, dass meine Berichte zum Gegenstand der Unterhaltung bei der Einnahme der Cocktails vor dem gemeinsamen Abendessen wurden.

    Danach wurde auch Laurenzos Zuneigung merklich kühler.

    Trotzdem, ich habe die Zeit genossen, wir sind gemeinsam und trotz des Protestes seiner Eltern wochenlang durch sein Land gereist, und dann haben wir uns einvernehmlich getrennt.

    Ich passte nicht in seine Welt, und seine Welt konnte ich wegen ihrer bedrückenden Enge nicht ertragen.

    Da Laurenzo und ich für unsere Ehe nicht den Segen der heiligen katholischen Kirche eingeholt hatten, war die Scheidung kein Problem.

    Die Erleichterung der Familie war unübersehbar, als sie mich zum Flughafen brachten und sich mit Tränen in den Augen von mir verabschiedeten. Selbst als ich die wenigen Schritte vom Terminal zum Flugzeug ging, standen sie oben auf der Zuschauerterrasse und winkten, bis ich über die Treppe das Flugzeug betreten hatte.

    Als ich wenige Augenblicke später mein Handgepäck verstaut und meinen Platz am Fenster eingenommen hatte, konnte ich erkennen, sie waren alle schon weg.

    Aber kehren wir zunächst zurück nach Deutschland:

    Als Journalistin hatte ich lange schon gesammelt, was an Informationen über Norbert Schmeling zu bekommen war. Was ich hatte herausfinden können, war, dass dieser Mann seine Finger in allen möglichen Geschäften hatte, bei denen Mitarbeit oder Wohlwollen der deutschen Regierung notwendig wurde.

    Schmeling war kantig wie ein Aal.

    Kaum irgendwo gab es Schriftstücke, die er verfasst hatte, keine Briefe von ihm an Politiker, kaum jemand hatte ihn je im direkten Gespräch mit einem Mitglied der Regierung gesehen.

    Und trotzdem gehörte er zu den grauen Eminenzen, die auf die Geschicke der Bundesrepublik direkten Einfluss nahmen. Und todsicher gehörte er zu den Leuten, die bestimmten, wer für bestimmte politische Ämter kandidieren durfte. Die Vorsitzenden von mindestens zwei politischen Parteien sorgten dafür, dass ihre Landesverbände vornehmlich solche Personen für Spitzenpositionen zur Wahl stellten, die Schmelings Kreise zumindest nicht stören würden. Dabei vertrat Schmeling keinen der großen Verbände wie die Gewerkschaften oder die verschiedenen Interessenvertretungen der deutschen Wirtschaft oder Industrie.

    Ich habe lange gebraucht, um herauszufinden, dass alles, was Schmeling tat, er aus purem Vergnügen an der Macht veranstaltete. Ich hatte stets den Eindruck, dass er nicht auf Geld aus war. Geld besaß er mehr als genug, wobei er für seine Einkommensverhältnisse bescheiden lebte. Er besaß keine Yacht, er besaß keine pompöse Villa an der Costa Esmeralda auf Sardinien, er reiste nicht in Privatjets oder gar mit Leibwächtern, obwohl er all dies hätte haben können.

    Norbert Schmeling führte trotz seines Reichtums ein nahezu unscheinbares Leben.

    Dabei war er einer der mächtigsten Männer der Republik.

    Wenn er in den Medien erwähnt wurde, was selten genug vorkam, griff die Presse auf eines der zwei oder drei verfügbaren Fotos zurück, die vor Jahren einmal aus Zufall geschossen worden waren und die einen jugendlichen, erheblich schlankeren Schmeling zeigten, mit dem der damaligen Zeit entsprechenden langem Haar. Andere Bilder gab es nicht. Wie ich gehört hatte, ließ Schmeling, wenn in seiner Umgebung fotografiert wurde, was eigentlich immer nur in Restaurants der Fall sein konnte, die Filme konfiszieren, und gleichzeitig sorgte er dafür, dass der Person, die fotografiert hatte, fürderhin der Zutritt zu der entsprechenden Lokalität verweigert wurde.

    Entsprechend enttäuscht war ich dann auch, als mich einer meiner Gesprächspartner in einem Berliner Restaurant darauf aufmerksam machte, dass Schmeling zwei Tische weiter beim Abendessen mit einem hohen Funktionär einer der Regierungsparteien saß.

    Das sollte der berühmte Norbert Schmeling sein?

    Als ich Schmeling das nächste Mal sah, saß er mit einem glatzköpfigen Mann zusammen. Die beiden wirkten wie zwei Schwuchteln, der teigige Schmeling und der Glatzkopf, der eine Spur zu elegant und leicht feminin auf mich wirkte. Beide saßen mit zusammengesteckten Köpfen über ihrem Essen und blätterten ab und an in Papieren.

    Da der Gesprächspartner Schmelings vor dem Restaurant von einem Chauffeur erwartet wurde, und da es für mich kein ernsthaftes Problem darstellte, herauszufinden, auf wen das Fahrzeug zugelassen war, stieß ich auf die Deutsche Rhein-Ruhr-Stahl-AG.

    Dieser Industrie-Konzern mit Aktivitäten im internationalen Kraftwerks- und Anlagenbau mochte tausend Gründe haben, einen hochrangigen Manager mit Schmeling Mittagessen zu lassen.

    Ich habe selbstverständlich sofort versucht, herauszufinden, wer der Gesprächspartner Schmelings war.

    Aus der Autonummer war dies nicht ersichtlich. Das Fahrzeug war auf das Unternehmen zugelassen. Dies hatte ich, noch während die beiden aßen, über mein Handy herausgefunden.

    Ich habe nach dem Weggang Schmelings und des kahlköpfigen Mannes versucht, zum bewährten Mittel der Bestechung zu greifen. Trotz des hohen Betrages, den ich anbot, waren die Kellner des Restaurants nicht bereit, mir den Namen des Glatzkopfs zu nennen.

    Das hat mich geärgert. Der mit der Glatze hatte die Rechnung bezahlt. Ein kurzer Blick auf den Abschnitt des Kreditkartenbelegs hätte mir schon geholfen. Jedoch blieb der Oberkellner unerbittlich.

    Zuhause an meinem Computer habe ich die Website der DRRS aufgerufen.

    Wie so viele Unternehmen, hatte auch die DRRS ihr Top-Management mit Fotos ihrer Vorstandsmitglieder vorgestellt, Bilder von mehr oder minder dynamisch aussehenden Herren. Der Glatzkopf war nicht dabei.

    Ich hatte den Vorfall schon vergessen, als ich von einem meiner Konfidenten aus dem Kanzleramt den Tipp erhielt, Schmeling setze sich für ein Rüstungsgeschäft der DRRS mit Peru ein.

    Hätte der Mann Pakistan genannt, Bangladesh, Saudi Arabien oder sogar Libyen, es hätte mich nicht sonderlich interessiert.

    Aber Peru interessierte mich.

    Ich begann, die Presseberichte zu verfolgen, die Peru im Zusammenhang mit Interessen der DRRS erwähnten.

    Zunächst gab es nur gelegentliche Andeutungen zu dem Geschäft.

    Nicht, dass es Zeitungsartikel gegeben hätte, die sich mit einem geplanten Verkauf von Kriegsschiffen befasst hätten, die kamen erst später, sondern eher in der Art, dass es hieß, eine Exportvoranfrage sei gestellt worden, oder dass die zu den DRRS gehörenden Werften in Publikationen, die sich mit Wehrtechnik befassten, erwähnt wurden im Zusammenhang mit Verkaufsbemühungen in einem lateinamerikanischen Land.

    Es erschienen zunehmend in diesen Zeitschriften Anzeigen von Lieferanten von Waffensystemen, in denen die Einsatzmöglichkeit ihrer Produkte auf kleinen und wendigen Schiffen gepriesen wurde.

    Aber das waren nur winzige Hinweise, die ich selbst nicht einmal zu erkennen in der Lage gewesen wäre. Ich wurde aus den Reihen meiner Informanten in verschiedenen Ministerien auch nicht gezielt auf das peruanische Projekt angesprochen. Die Andeutungen kamen eher in Form von kopfschüttelnd gemachten Kommentaren, dass versucht wurde, diesem völlig überschuldeten Land, das ohnehin am Tropf von Entwicklungshilfen hing, ein völlig unsinniges Rüstungsprojekt aufzuschwatzen.

    Auf meine verwunderte Frage, ob es tatsächlich Mitglieder der Bundesregierung gäbe, die dieses Vorhaben unterstützten, wurde zumeist mit Achselzucken reagiert, oder mit Bemerkungen, dass eine heftige Lobbyarbeit eingesetzt habe, und dass Schmeling sich eingeschaltet hatte.

    Nach der Ermordung des peruanischen Staatspräsidenten Eugenio Scaloni wurde einige Tage lang etwas intensiver über Peru berichtet. Aber auch diese Berichte erwähnten das Rüstungsgeschäft nicht.

    Öffentlich wurde das Geschäft erst etliche Monate später, als die Unterschrift der Verträge in den Fernsehnachrichten und in verschiedenen Tageszeitungen Erwähnung fand.

    Jetzt wurde ich gezielt auf das Geschäft angesprochen. Die Bundesregierung, so hörte ich, sei nicht willens, Bürgschaften für die notwendigen Kredite bereitzustellen. Aber plötzlich bekamen die mit dem Thema befassten Beamten Druck. Der Druck kam aus den Reihen zahlreicher Bundestagsabgeordneter, der Druck kam auch aus den Leitungsebenen der Ministerien, und auf einmal schien die Deckung der Kredite nicht mehr so absurd wie noch wenige Wochen zuvor. Selbst ein hoher Gewerkschaftsführer hatte sich für das Geschäft eingesetzt, jedoch gebeten, dies nicht öffentlich werden zu lassen.

    Immer noch interessierte mich das Vorhaben einfach aus Sentimentalität mit diesem Land, in dem ich einmal gelebt hatte.

    Aber als es schließlich zu dem bekannten Skandal kam, bin ich dort hingereist. Mit noch viel größerer Freude wäre ich gereist, hätte ich damals schon gewusst, dass auch der Mann, den ich vor so vielen Jahren geheiratet und von dem ich mich nach so kurzer Zeit wieder getrennt hatte, Conde Laurenzo Felipe Claudio Gregorio Prada y Molana de Santander y Gonzales de Santiago, in der Geschichte eine so prominente Rolle spielte!

    Starnberg, Dezember 2013,

    Dorothee A. Nonim

    1. Rosita

    Lima, Donnerstag, 2. Oktober

    Die Unterschriftzeremonie war eine feierliche Angelegenheit.

    Da sowohl die peruanischen Ministerien für Verteidigung als auch für Bergbau und das für Wirtschaft beteiligt waren und keinem der drei Ministerien ein Vorzug eingeräumt werden sollte, wurden die Verträge in einem Saal des Außenministeriums an der Plaza de Armas unterzeichnet. Dies machte es auch Botschafter von Heuklum einfacher, an der Feier teilzunehmen. Ins Verteidigungsministerium wäre er nur ungern gegangen.

    Die Beteiligten saßen an einem riesigen antiken Konferenztisch, hinter ihnen die Kameras verschiedener Fernsehstationen und Vertreter der Zeitungen. Sobald jemand zum Federhalter griff, um seinen Namen unter eines der Vertragswerke zu setzen, flammte Blitzlichtgewitter auf.

    Zu jedem Vertrag wurde von dem zuständigen Minister ein kurzes Referat gehalten, in dem der Inhalt des Vertrages zusammengefasst und der Wunsch nach langer, fruchtbarer Zusammenarbeit ausgesprochen wurde. Von deutscher Seite sprachen Botschafter von Heuklum sowie der Vorsitzende des Vorstandes der DRRS, Professor Ostendorf, der der peruanischen Regierung Dank für das in das von ihm vertretene Unternehmen gesetzte Vertrauen aussprach.

    Rupert Graf sprach ganz zum Schluss.

    Er wies darauf hin, dass mit der Unterschrift die Verträge zwar noch nicht in Kraft waren und dass jetzt die Konditionen für die Finanzierung ausgehandelt werden müssten, dass aber ein riesiger Schritt in die richtige Richtung unternommen worden sei. Er bat die beteiligten Parteien, die Ärmel aufzukrempeln, um zu einem zügigen Abschluss der Finanzierungsverhandlungen beizutragen. Gleichzeitig dankte er allen Personen und Institutionen für ihre bisherige Mitarbeit, und er schloss ausdrücklich seine Kollegen und Mitarbeiter in diesen Dank ein.

    Am Abend gab es ein Bankett im Festsaal des Hotels Oro Verde. Auch hier wurden Ansprachen gehalten, die im Prinzip dasselbe wiederholten, was am Morgen schon gesagt worden war. Allerdings waren diesmal sämtliche Verhandlungspartner aus der Marine mit dabei, und im Anschluss an das Essen gab es ein mordsmäßiges Besäufnis derer, die bis dahin auf unterschiedlichen Seiten des Verhandlungstisches miteinander gerungen hatten.

    Rupert Graf war angeheitert, als er schließlich zum Aufzug ging. Begleitet wurde er von zwei jungen Damen in Marineuniformen, mit denen er sich die letzte Stunde unterhalten und zwei Flaschen Champagner verputzt hatte.

    Auch die beiden Frauen, von denen Graf nur die Vornamen Elvira und Concho wusste, waren alles andere als nüchtern.

    Elvira und Concho, die er eine Weile lang mit ihrem Dienstgrad angesprochen hatte, waren Rupert Graf während der Verhandlungsrunden nicht aufgefallen. Beide kannten jedoch seinen Namen und, wie sich im Verlauf des Gespräches herausgestellt hatte, seine tragende Rolle beim Zustandekommen des Geschäftes.

    In Grafs Suite zogen sich alle drei aus und gingen ohne weitere Umstände ins Bett.

    Rupert Graf registrierte ihre fast kahlen Schamgegenden und die Tatsache, dass der Bauch von Concho mit Schwangerschaftsstreifen überzogen war.

    Der Austausch von Zärtlichkeiten wurde nur von Zeit zu Zeit dadurch unterbrochen, dass die Frauen im Badezimmer verschwanden, um ihre Blasen zu leeren, und einmal glaubte Graf zu hören, dass eine der beiden ihren Champagner erbrach. Nichtsdestotrotz war es für Rupert Graf eine bewegte Nacht. Elvira und Concho gaben sich Mühe, den ausländischen Gast zufriedenzustellen, waren aber dabei nicht abgeneigt, sich auch umeinander zu kümmern, was Graf, der sich nach dem schweren Essen und dem vielen Alkohol und den abwechselnden Begegnungen mit den beiden Frauen ausgelaugt fühlte, dann doch wieder in Erregung versetzte. Den beiden Mädchen zuzusehen, wie sie sich gegenseitig mit den Zungen Freude schenkten, oder wie sie sich wechselseitig mit Händen und mit einer Banane aus dem im Zimmer stehenden Obstkorb, die sie gepellt und zwecks Sicherung besserer Stabilität mit einem Präservativ überzogen hatten, befriedigten, machte auch Rupert Graf wieder munter.

    Es war schon nach vier Uhr morgens, als Elvira und Concho nach einem Disput, ob sie bis zum Morgen bei Graf bleiben könnten, schließlich von ihm zur Zimmertür komplimentiert wurden.

    Rupert Graf schlief bis zum folgenden Mittag.

    Lima, Freitag, 3. Oktober

    Roxana Torreblanca hatte in den gestrigen Fernsehnachrichten mit Carla die Unterschriftzeremonie verfolgt, und beide hatten aufgeregt reagiert, wenn Ludwig Kinzel oder Rupert Grafs kahler Kopf ins Bild gekommen waren. Da Graf einer derjenigen war, die eine Ansprache gehalten hatten, war er länger und häufiger gezeigt worden.

    Die Tageszeitungen berichteten ausführlich über das Ereignis; der Wortlaut sämtlicher Reden war abgedruckt. In einer Passage von Ruperts Ansprache glaubte Roxana, selbst direkt angesprochen zu werden. Rupert hatte gesagt:

    „Ich bin auch dankbar für die persönlichen und menschlichen Beziehungen, die im Laufe der Verhandlungen geknüpft werden konnten. Dies hat meinen Kollegen und mir erlaubt, völlig neue Erkenntnisse über Ihr Land und seine traditionsreiche Kultur zu gewinnen. Ohne die mir entgegengebrachte Freundschaft und Zuneigung einzelner Personen, die mir und meinen Kollegen sehr geholfen haben, Denkweisen und Entscheidungswege zu verstehen, hätte dieses Geschäft nicht zum Abschluss gebracht werden können. Ich möchte meinen Dank aussprechen besonders an die, die mir außerhalb der direkten Verhandlungen die Chance gegeben haben, neue und tiefe Einblicke zu gewinnen und die mir ihre Sympathie und Unterstützung gegeben haben."

    Damit konnte nur sie gemeint sein!

    Natürlich hatte Rupert tiefe Einblicke gewonnen! Ihr Gynäkologe hätte keinen tieferen Einblick in sie gewonnen haben können! Und wie elegant Rupert dies ausgedrückt hatte, so dass nur sie es verstand! Und alle Zeitungen hatten es gedruckt! Wegen dieser der Öffentlichkeit nicht verständlichen Frivolität liebte sie ihn noch mehr.

    Sie musste ihn unbedingt wiedersehen!

    Roxana Torreblanca nahm ihr Mobilphon und wählte die Nummer des Hotel Oro Verde.

    Während des Mittagessens mit seinem Vorstand Professor Ostendorf im Restaurant des Hotels, an dem auch Kellermann von der Werft und Ludwig Kinzel teilnahmen, ließ Rupert Graf mehr oder minder unbewegt die Glückwünsche über sich ergehen, dass er dieses Geschäft ins Trockene gebracht habe.

    Erst, nachdem beim Digestif mehrfach auf den Geschäftserfolg angestoßen worden war, wies Rupert Graf darauf hin, dass das eigentliche Problem noch zur Lösung anstand:

    „Ich will die Euphorie nicht stören. Aber wenn die Finanzierung nicht hinhaut, haben wir nur Spesen gemacht!"

    „Aber das werden Sie doch wohl hinbekommen!" sagte Ostendorf jovial, aber mit einem plötzlichen Unterton von Schärfe in der Stimme.

    „Das wird auch daran liegen, wie kompromissbereit Sie selbst sein werden, Herr Professor," antwortete Graf.

    „Wieso? Was hat denn das mit mir zu tun?"

    „Wir sollten uns darauf einrichten, dass, wenn das Geschäft überhaupt in Deckung genommen wird, wir einen erklecklichen Selbstbehalt schultern müssen. Der dürfte über das hinausgehen, was wir als Profit kalkuliert haben. Letztlich sind Sie derjenige, der diesem Risiko zustimmen muss."

    Es war förmlich greifbar, dass Professor Ostendorf dieser Gedanke keinesfalls gefiel.

    „Präsident Nasini, übrigens ein sehr netter Mann, hat mir gestern versichert, dass sein Land in der Lage sei, die Kredite zu tilgen. Wieso haben Sie daran Zweifel, Herr Graf?"

    „Ich habe keine Zweifel, dass Nasini alles daran setzen wird, die Schulden seines Landes zu bezahlen. Nur, bis es soweit sein wird, haben wir das Risiko in den Büchern."

    „Lässt sich das nicht anderweitig versichern?"

    „Vielleicht, das kann ich erst dann sagen, wenn ich weiß, wie hoch der Selbstbehalt tatsächlich wird."

    „Ich werde, sobald ich zurück bin, mal den Bundeskanzler anrufen. Der wird sich hüten, ein Jahr vor den Wahlen einen solch großen Auftrag schießen zu lassen," sagte Ostendorf selbstbewusst.

    „Der Kanzler wird tun, was seine Beamten ihm raten," antwortete Graf trocken.

    „Nun seien Sie mal nicht so pessimistisch!" sagte Ostendorf.

    „Ich bin nicht pessimistisch, antwortete Graf. „ Ich bin realistisch.

    Kinzel und Kellermann hatten dem Dialog stumm zugehört.

    „Wie glauben Sie denn, die Finanzierung hinzubekommen, Herr Graf?"

    „Ich denke, das wollen Sie besser nicht wissen, Herr Professor," antwortete Graf.

    „Was soll das heißen?"

    „Nun, es gibt Möglichkeiten der Einflussnahme..."

    „Keine Parteispenden! unterbrach Ostendorf ihn scharf. „Sie wissen, dass unser Unternehmen keine Spenden an politische Parteien gibt!

    Graf nickte.

    „An Spenden für die Parteien denke ich keineswegs."

    „Na, dann ist ja gut, sagte Ostendorf beruhigt. „So, Herr Kinzel, wann muss ich los, um meinen Flieger zu erreichen?

    „Wir müssten in einer halben Stunde aufbrechen, Herr Professor," sagte Kinzel.

    „Gut. Ich muss noch ein paar Sachen packen. Ich wünsche Ihnen, dabei nickte er Kellermann und Graf zu, „eine gute Heimreise. Guten Tag, meine Herren.

    Ohne Handschlag stapfte Ostendorf, begleitet von Kinzel, in Richtung der Hotellobby.

    „Hast du das bemerkt?" fragte Graf, als er und Kellermann, die aufgestanden waren, sich wieder setzten.

    „Was?" fragte Kellermann.

    „Dass er nicht wissen will, wie ich glaube, die Hermesbürgschaft zu bekommen. Seine einzige Sorge ist, nicht in der Spenderliste des Bundestages zu erscheinen. Ostendorf kann sich immer darauf berufen, mir vor Zeugen verboten zu haben, Spenden an Parteien zu geben. Du kannst sicher sein, bevor er seine Unterhosen einpackt, wird er einen entsprechenden Vermerk verfassen. Irgendwann, wenn die Finanzierung einigermaßen sicher ist und er von mir die Bestätigung hat, wird er wirklich den Kanzler anrufen und sich bedanken. Danach wird er sagen, es sei ihm gelungen, beim Kanzler die letzten Zweifel auszuräumen. Und das beste daran ist, er wird danach wirklich glauben, die Finanzierung besorgt zu haben!"

    „Und wie willst du die Finanzierung hinbekommen?"

    „Das willst auch du nicht wirklich wissen!" antwortete Rupert Graf.

    Auch Liliana de Fernandez las in den Zeitungen die Berichte über die Unterschrift der Verträge.

    Sie war verärgert, dass Rupert Graf trotz seiner wiederholten Besuche in Lima keinen Versuch gemacht hatte, sie wiederzusehen. Klar, sie hatten sich bei verschiedenen Gelegenheiten getroffen, aber immer war Walter dabei oder Ludwig Kinzel. Sie hatte immer gehofft, dass Rupert bei einem seiner Aufenthalte, von denen sie ja dank Walter wusste, sie einmal angerufen und um ein Treffen gebeten hätte.

    Trotz ihres Ärgers wäre sie sofort zu ihm gefahren, wenn er sich nur gemeldet hätte!

    Lilianas Ärger wurde nur gemildert durch die Annahme, dass Rupert Graf den Kontakt zu ihr aus Fürsorge abgebrochen hatte. Inzwischen war Liliana aufgegangen, dass sie nicht ungehört mit Rupert sprechen oder ihn ungesehen von Dritten würde treffen können. Rupert würde genauso großes Verlangen nach ihr haben wie sie nach ihm, aber er hielt sich zurück, um sie und ihre Ehe mit Walter nicht zu gefährden. Trotzdem blieb ein Rest von Verärgerung. Wäre sein Verlangen groß genug, würde er Wege finden oder zumindest suchen, um mit ihr zusammen sein zu können.

    Liliana de Fernandez dachte immer noch mit Wehmut an die Nacht mit Rupert und Roxana, aber sie dachte voller Erregung an das kurze Zusammensein mit ihm in seinem Hotelzimmer.

    Aber jetzt waren die Verträge unterschrieben, und es gab keinen Grund mehr für Rupert, sich von ihr fernzuhalten.

    Liliana de Fernandez wusste, dass Rupert Graf im Hotel Oro Verde wohnte. Sie suchte die Nummer des Hotels aus dem Telefonbuch. Bevor sie wählte, ließ sie sich noch einmal ganz genau durch den Kopf gehen, was sie zu Rupert sagen wollte, ohne dass es kompromittierend sein könnte.

    Weder Roxana Torreblanca noch Liliana de Fernandez erreichten Rupert Graf im Hotel.

    Roxana hinterließ eine Nachricht, in der sie um Grafs Rückruf bat.

    Liliana de Fernandez legte enttäuscht auf.

    General Carlos Garcia hatte einen jungen Mitarbeiter darauf angesetzt, die Telefongespräche Grafs und der anderen an dem Geschäft Beteiligten weiterhin abzuhören. Er wusste zwar, dass dies eigentlich Aufgabe Enrique Patos war, aber dem traute er nicht über den Weg. Seit Präsident Nasini ihn als Verbindungsmann zwischen PIP und Präsidentenpalast eingesetzt hatte, machte Garcia einen großen Bogen um Pato. Ursprünglich hatte er beabsichtigt, Pato zur Rede zu stellen, ihn zu drangsalieren und aus der Geheimpolizei herauszudrängen. Aber nachdem Pato so offensichtlich eine Vertrauensposition bei Nasini genoss, hatte er sich nicht getraut.

    Kurz vor Verlassen seines Büros wurde ihm noch eine Tonbandabschrift im Hotel für Graf eingegangenen Anrufe gebracht. Widerwillig, denn Garcia war in Eile, überflog er die Liste der Gespräche. Der Anruf Roxanas ärgerte ihn maßlos. Dieses Flittchen versuchte weiterhin, Kontakt zu Graf zu halten!

    Der würde er noch zeigen, wo die Glocken hingen! Auch wenn die Eltern und der verdammte Bruder, der ihm nichts als Ärger eingebracht hatte, begnadigt worden waren, Roxana würde ihm nicht entgehen! Er wusste noch nicht, wie er vorgehen wollte. Ein paar Gramm Kokain in ihre Taschen geschoben, und eine spektakuläre Verhaftung, oder lieber die Anwendung von Gewalt, vielleicht eine kleine Verstümmelung. Carlos Garcia überlegte noch, und er überlegte schon seit Wochen. Manchmal träumte er nachts davon, wie er Roxana fertig machte, aber in seinen Träumen war das alles viel wirkungsvoller als am nächsten Morgen bei nüchternem Nachdenken. In seinen Träumen trat er als Rächer seiner Ehre auf, der sich im letzten Moment als überaus großzügig erwies, und in seinen Träumen war Roxana jedes mal dahingeschmolzen und ihm hingebungsvoll in die Arme gesunken.

    Tatsächlich wollte dieses Flittchen jedoch nichts anderes, als sich Rupert Graf in die Arme zu werfen!

    Vor sich selbst erklärte Carlos Garcia sein Zögern damit, dass Präsident Nasini ihn aufgefordert hatte, Roxana in Ruhe zu lassen.

    Graf war ebenfalls unangreifbar geworden. Nasini hatte keinen Hehl daraus gemacht, mehrmals mit Graf gesprochen zu haben, und Nasinis Anwesenheit bei der gestrigen Vertragsunterschrift hatte aller Öffentlichkeit gezeigt, dass er hinter dem Geschäft stand. Ihm selbst war es nicht gelungen, Graf Fehlverhalten nachzuweisen und Graf zu erpressen. Andererseits hatte Nasini Garcia ins Vertrauen gezogen und die Aufgabe übertragen, Gelder, die Nasini erwartete, zu verschieben, und als Gegenleistung hatte Nasini ihm einen Betrag von zweihunderttausend Dollar versprochen. Das war zwar nichts im Vergleich zu dem, was er ursprünglich hatte für sich kassieren wollen, aber besser als nichts.

    Über eines machte er sich keinerlei Illusionen: Nasini hatte ihn in der Hand. Und Nasini würde nicht den Bruchteil einer Sekunde zögern, ihn fallen zu lassen, wenn es ihm passte. Den Vorwurf des Landesverrates wiederbelebt zu sehen war da noch das kleinere Übel. Schlimmer war die Existenz der Fotos von dem Attentat auf Scaloni.

    Der neue Job bot ihm neue Chancen. Was hier alles an Informationen zusammenlief, wer wen schmierte, auch bei inländischen Geschäften, war hochinteressant. Carlos Gracia hatte bereits ganz konkrete Vorstellungen, wen er vorladen, mit gewonnenen Erkenntnissen konfrontieren und wie er sich seine Verschwiegenheit in zähen Verhandlungen abkaufen lassen würde.

    Ärgerlich war nur die Vermutung, dass Nasini dank Enrique Patos einen ähnlichen Wissensstand haben würde. Pato musste zu allen internen Konferenzen mit Garcias Mitarbeitern hinzugezogen werden, und Pato berichtete direkt an Präsident Nasini.

    Er musste versuchen, Pato loszuwerden. Es müsste möglich sein, das Vertrauensverhältnis zwischen Nasini und Pato zu beeinträchtigen, wenn nicht, zu zerstören.

    Auf der Heimfahrt von seinem Büro im Fond seines Wagens grübelte General Carlos Garcia darüber nach, wie er Enrique Pato in den Augen Nasinis diskreditieren könnte.

    In seinem Kopf formte sich langsam eine Idee.

    Aber jetzt musste er nach Hause, um sich umzuziehen, und um mit seiner Frau zum Empfang des deutschen Botschafters im Club Aleman zu gehen.

    Seine neue Position ermöglichte ihm nun ebenfalls die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen.

    General Carlos Garcia hoffte inbrünstig, bei dem Empfang auf Rupert Graf zu treffen. Er würde in Uniform dorthin gehen, und Graf würde ihn in nicht übersehen können!

    Der Empfang aus Anlass des Tages der Deutschen Einheit war in den Deutschen Club verlegt worden, weil dermaßen viele Gäste ihre Teilnahme zugesagt hatten, dass weder das Grundstück der Residenz des Botschafters noch das der Botschaft genügend Platz geboten hätten.

    Auf den Liegewiesen um das Schwimmbecken waren Stehtische aufgebaut, das Buffet befand sich in unmittelbarer Nähe des Clubhauses. Mitten in dem Fünfundzwanzigmeterbecken schwamm ein riesiges Blumenbouqet, wobei die Blumen die Farben der Deutschen Flagge wiederzugeben schienen. Gelbe und rote Rosen zu finden, war kein Problem. Da es keine schwarzen Rosen gibt, hatte man welche in einem tiefen Rotton gewählt, der im Dunkeln schwarz wirkte, so dass der Strauß in Schwarz-Rot-Gold auf dem Wasser dümpelte.

    Die Sicherheitsvorkehrungen waren eindrucksvoll.

    Nur Gäste, die ihre Einladungskarte und die Kopie ihrer Zusage vorweisen konnten, wurden eingelassen. Jeder Gast musste einen Metalldetektor passieren, bevor er auf das Gelände des Clubs gelassen wurde. Dies führte zu einigen Problemen bei eingeladenen Militärs, deren Ordensspangen die Metalldetektoren zu aufgeregtem Piepen brachten. Aber auch der Schmuck der Damen führte dazu, dass in aufgebauten Kabinen eine genauere Überprüfung vorgenommen wurde.

    Es gab zwei Ketten von Sicherheitsbeamten: Zunächst die Mitarbeiter der PIP, die die Einladungskarten kontrollierten und die Identität der Eingeladenen anhand derer Ausweise überprüften, und eine Handvoll Beamte des deutschen Bundesgrenzschutzes, denen die Handhabung der Geräte und die Personenüberprüfung oblag. Sämtliche Gäste unterzogen sich der Kontrolle, selbst die Mitglieder des Regierungskabinetts, manche mit ironischen Bemerkungen. Präsident Maximo Nasini als Ehrengast trat demonstrativ geradewegs in eine der Kabinen. Damit war allen klar, dass diese Überprüfung ihrer eigenen Sicherheit diente. Die Leibwächter Nasinis mit ihren Schusswaffen wurden ohne weiteres durchgelassen.

    Rupert Graf, eskortiert von Ludwig und Karin Kinzel, begrüßte Vizepräsident Esteban und dessen Frau, ebenso wie Minister Bustamante und das Ehepaar Chavez. Walter Fernandez und Liliana waren ebenfalls eingeladen.

    Rupert Graf schlenderte mit einem Weinglas in der Hand über den Rasen, begrüßte Personen, die er zwar kannte, im Dunkeln aber nicht genau einzuordnen vermochte, und hielt hier und dort ein Schwätzchen. Als er zu dem Pulk von Menschen vordrang, der Präsident Nasini umringte, rief Nasini, als er Graf erkannte:

    „Ah, da ist ein besonders enger Freund unseres Landes, mit dem ich ein paar private Worte wechseln möchte!" Dabei legte er mit freundschaftlicher Geste seinen Arm um Grafs Schulter. Alle Umstehenden, Botschafter von Heuklum eingeschlossen, traten diskret einige Schritte zurück.

    Nasini zog Graf am Ärmel seines Jacketts zu einem Tisch, an dem drei oder vier Personen standen, die sich sofort respektvoll zurückzogen.

    „Ich darf annehmen, dass jetzt endlich alles klar ist?" fragte Nasini ohne Umschweife.

    „Sämtliche Vorbereitungen sind getroffen, Exzellenz."

    „Kann noch etwas schiefgehen?"

    „Ich könnte mir nicht vorstellen, was," sagte Graf.

    Nasini hob sein Glas und prostete Graf zu.

    „Wie fanden Sie meine Rede gestern?"

    „Großartig, Señor Presidente. Ich bin sicher, dass Sie einen überzeugenden Beitrag zur Festigung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern geleistet haben."

    „Wird meine Ansprache im deutschen Fernsehen gezeigt?"

    „Selbstverständlich, Señor Presidente. Wir hatten einen Vertreter der Deutschen Welle dabei."

    „Gut, Señor Graf. Ich verlasse mich auf Sie."

    Mit strahlendem Lächeln und einer einladenden Handbewegung ließ Nasini die Umstehenden erkennen, dass das Gespräch mit Graf beendet war. Sofort bildete sich wieder eine Menschentraube um Nasini.

    Nachdem der überwiegende Teil der Gäste eingetroffen war und sich das Clubgelände ziemlich gefüllt hatte, trat Botschafter von Heuklum zu einem Podest, dessen Front die deutschen und peruanischen Farben schmückten, um seine Ansprache zu halten.

    Die Gäste, die im von Fackeln erhellten Halbdunkel Konversation betrieben, wandten ihre Aufmerksamkeit dem Rednerpult zu.

    Rupert Graf merkte, dass sich sanft eine Hand in die Beuge seines Armes schob. Als er aufblickte, stand Liliana de Fernandez direkt neben ihm.

    „Wann sehe ich dich wieder?" flüsterte sie drängend.

    „Ich rufe dich an," sagte Graf und entzog ihr seinen Arm.

    Er war froh, dass Botschafter von Heuklum angefangen hatte, zu sprechen.

    Von Heuklum gab einen kurzen Abriss der Geschehnisse im Deutschland der Jahre 1989 und 1993, und wiederholte mehrmals, zu welchem Dank das deutsche Volk dem damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow verpflichtet sei. Nachdem von Heuklum zum dritten Mal Gorbatschow genannt hatte, sagte Graf vor sich hin:

    „Wieso erwähnt er nicht Ronald Reagan oder den Papst?"

    Nach dem höflichen Applaus am Ende von von Heuklums Ansprache fühlte Rupert Graf sich am Ärmel gezupft.

    Neben ihm stand eine wesentlich kleinere Frau, nur ein paar Jahre jünger als er, offensichtlich in ihren besten Sonntagskleidern, ein wenig bieder, aber nicht unattraktiv, die ihn fragte:

    „Was haben Sie gemeint, als Sie vorhin Mr. Reagan und den Papst erwähnten?"

    Rupert Graf war überrascht. Ihm war gar nicht bewusst, dass er Spanisch gesprochen hatte. Er sagte:

    „Hätte der damalige amerikanische Präsident Reagan nicht Generalsekretär Gorbatschow gegen die Wand gerüstet, wäre die deutsche Wiedervereinigung nie zustande gekommen, Señora . Und hätten wir damals nicht einen aus Polen stammenden Papst gehabt, der die Welt im damaligen Ostblock ohnehin bereits verändert hatte, wäre die Wiedervereinigung ebenfalls nicht zustande gekommen. Auch wenn Gorbatschow der Wiedervereinigung letztendlich zugestimmt hat, indem er das Regime in Ostdeutschland im Zaum hielt, hat er eigentlich nur aufgegeben, gegen den Strom zu schwimmen. Es wäre zumindest fair, die Verdienste auch der beiden anderen Männer hier zu erwähnen."

    „Das ist eine Theorie, die ich sehr faszinierend finde, antwortete die Frau. „Gerade, wenn sie von einem so wichtigen Mann wie Sie geäußert wird.

    „Wieso glauben Sie, ich sei wichtig?" fragte Graf, perplex.

    „Ich habe Sie gestern im Fernsehen gesehen, und vorhin miterlebt, wie unser Präsident Sie beiseite zog, um mit Ihnen zu sprechen. Ich habe Sie mit verschiedenen unserer Minister sprechen sehen. Sie müssen wichtig sein!"

    „Señora , ich fürchte, Sie überschätzen mich, sagte Graf belustigt. „Ich bin nur eines von vielen Rädchen in einem großen Getriebe. Aber ich würde mich freuen, wenn ich Ihnen ein Getränk besorgen dürfte. Vielleicht ein Glas Champagner?

    Die Frau nickte begeistert. Graf winkte einem der Kellner, die sich mit Tabletts voller Gläser durch die Menschentrauben bewegten.

    „Ein Glas Champagner für die Señora , bitte!"

    „Champagner haben wir nicht im Ausschank, Señor ," flüsterte der Kellner.

    Rupert Graf schob ihm einen Geldschein in die Hand.

    „Ich bin sicher, dass Sie Champagner auftreiben," raunte er zurück. Der Kellner sah auf das Geld in seiner Hand und nickte eifrig.

    „Sie haben dem Mann zwanzig Dollar gegeben! sagte die Frau entgeistert. „Den sehen Sie nie wieder!

    „Geduld, Señora . Vielleicht bin ich ja doch wichtig."

    Während des anschließenden Gespräches hatte Rupert Graf Gelegenheit, die Frau eingehender zu mustern. Sie hatte sich augenscheinlich für diesen Abend herausgeputzt. Sie trug ein Kleid, das aussah, als würde es nur zu besonderen Anlässen aus dem Schrank geholt. Die Frisur war offensichtlich erst heute hergerichtet worden. So viele Kämme steckte sich keine Frau jeden Tag ins Haar! Sie war anderthalb Köpfe kleiner als Graf, dabei stand sie auf Stöckelschuhen. Sie war geschminkt wie jemand, für den das Auftragen von Lidstrich und Rouge nicht selbstverständlich ist, der Lidstrich zu dünn, dafür eine Spur zu viel Rouge. Aber sie hatte einen munteren, beinahe frechen Blick, und reizende Grübchen in den Wangen. Rupert Graf konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt eine Frau getroffen hatte, die rundum so frisch und proper wirkte, als käme sie geradewegs aus dem Bad.

    Der Kellner kam zurück, sorgfältig zwei volle Weingläser auf seinem Tablett balancierend. Das Getränk in den Gläsern perlte.

    „Ich habe Weingläser genommen, Señor Graf, damit nicht alle anderen auch Champagner wollen. Es ist ein Moet et Chandon. Die Flasche habe ich für Sie beiseite gestellt."

    Rupert Graf nahm beide Gläser von dem Tablett und reichte eines der Frau. Er probierte und bedankte sich bei dem Kellner, bevor er der Frau zu prostete.

    „Wie darf ich Sie nennen, Señora ?"

    „Mein Name ist Rosita, Señor Graf."

    Rosita – Röschen, das passte zu ihr!

    „Jeder scheint meinen Namen zu kennen, Señora Rosita."

    „Wenn jemand mit einem so nackten Kopf wie dem Ihren auf unseren Fernsehschirmen erscheint, darf ihn das nicht wundern, Señor Graf. Der Champagner ist köstlich."

    „Darf ich Sie bitten, Señora Rosita, mich Rupert zu nennen?"

    „Gerne, Rupert. Und darf ich Sie bitten, sich Gedanken zu machen, wo wir beide uns lieben können?"

    Rupert Graf fiel beinahe sein Glas aus der Hand. Schon dieser Ausdruck! Sich lieben. „Darüber mache ich mir bereits Gedanken, seit Sie sich neben mich gestellt haben, Rosita," antwortete Graf, wie er hoffte, galant und geistesgegenwärtig.

    „Gut, sagte die Frau. „Gehen wir!

    „Wohin?" fragte Graf.

    „Sie werden doch, Rupert, mir nicht weismachen wollen, Ihnen sei in den vergangenen zwanzig Minuten kein geeigneter Ort eingefallen, sagte sie keck. „Das würde mich zutiefst enttäuschen!

    Rupert Graf war heilfroh, dass in diesem Augenblick der Kellner mit zwei weiteren vollen Gläsern bei ihnen erschien.

    Graf zog einen weiteren Geldschein aus der Tasche seines Jacketts und drückte ihn dem Kellner in die Hand. Gleichzeitig flüsterte er dem Mann etwas zu. Der flüsterte zurück.

    Strahlend wandte sich Graf der Frau zu:

    „Rosita, im Clubhaus ist ein Festsaal. In dem Saal ist eine Bühne. Hinter der Bühne gibt es eine Garderobe. Ich werde dort in zehn Minuten auf Sie warten."

    Bis sich Rupert Graf hatte in die Nähe des Clubhauses durchschieben können, war er noch von verschiedenen Gruppen in Gespräche verwickelt worden.

    Am anderen Ende des unbeleuchteten Raumes, den er betrat, war eine Erhöhung, die er nur mit Mühe als Bühne zu interpretieren vermochte. Zumindest hing an der Wand dahinter ein Vorhang. Mit seinem immer noch halbvollen Weinglas mit Champagner ging Rupert Graf zu einer Tür rechts des Vorhangs. Das dahinterliegende Zimmer wurde nur durch das durch ein Fenster herein leuchtende Flackern der Fackeln im Garten des Clubs erhellt.

    Rosita stand dort, mit dem Rücken an ein kleines Schminkpult gelehnt, mit leicht geöffneten Beinen.

    Rupert Graf sank auf die Knie und begann, ihr linkes Bein vom Knöchel aufwärts mit kleinen Küssen und mit leichten Bewegungen seiner Zunge zu liebkosen. Langsam fuhr er mit seinem Mund Rositas Unterschenkel herauf.

    Ganz langsam erforschte Grafs Zunge die zarte und weiche Haut der Innenseite von Rositas linkem Oberschenkel. Sein Mund näherte sich immer mehr dem weißen Spitzenhöschen. Mit der Zunge fuhr Graf unter den Rand des Slips, wobei er Rositas Schamhaar spürte. Gleichzeitig bemerkte er voller Zufriedenheit, dass sie angenehm nach einer wohlparfümierten Seife roch.

    Rosita bewegte ihr Becken, um Grafs Mund entgegenzukommen.

    Rupert Graf zog seinen Kopf zurück und widmete sich Rositas rechtem Knöchel. Auch hier fuhr er langsam mit der Zunge ihr Bein herauf. Über sich hörte er den schwerer werdenden Atem der Frau.

    Plötzlich zog Rosita mit einer schnellen Bewegung ihr Höschen aus. Den Rock ihres Kleides hatte sie nach oben gezogen, so dass ihr Unterkörper völlig bloß vor Grafs Gesicht lag.

    Mit vorsichtigen Bewegungen seiner Zunge erforschte Rupert Graf die Falten in Rositas Schoss, und er konnte nicht mehr unterscheiden, ob die Feuchtigkeit von seinem Speichel oder Rositas Körperflüssigkeiten stammte. Um ein übriges zu tun, nahm Rupert Graf einen tiefen Schluck aus dem Glas, das er neben sich am Boden abgestellt hatte, bewegte die perlende Flüssigkeit ein paarmal im Mund hin und her, und ließ den Inhalt über Rositas Spalte rinnen. Gleichzeitig wurden die Bewegungen seiner Zunge wieder intensiver.

    Er fand am oberen Ende von Rositas Scham eine winzige Erhebung, die er mit der Spitze seiner Zunge zu reizen versuchte.

    Das Stöhnen Rositas über ihm vermittelte ihm das Gefühl, dass er das richtige tat.

    Unvermittelt fuhr er mit der Zunge Rositas Schenkel wieder herab, bis er an ihrem Knöchel angelangt war. Dann tastete sich seine Zunge das andere Bein langsam wieder hinauf.

    General Carlos Garcia stolzierte wie ein Pfau über das Gelände des Clubs. Die vergoldeten Sterne, je einer auf jeder Schulter, die ihn als General auswiesen, funkelten im Licht der Fackeln.

    Eine Reihe ehemaliger Kameraden aus dem Heer hatte ihn respektvoll begrüßt und ihm Glückwünsche zu seinen neuen Aufgaben ausgesprochen.

    Aus den Augenwinkeln hatte Carlos Garcia gesehen, wie Rupert Graf von Präsident Nasini begrüßt worden war, und wie gelassen Graf bei seinen Gesprächen mit den verschiedenen Ministern gewirkt hatte. Auch, wenn er selbst wiederholt versucht hatte, sich in den Weg Grafs zu schieben, hatte der ihn offensichtlich bisher nicht bemerkt. Die Glückwünsche der anderen Militärs freuten Garcia zwar, aber dennoch war er verärgert, dass Graf ihn keines Blickes gewürdigt hatte.

    Zweimal hatte Garcia sich in den Kreis von Menschen gestellt, die gerade mit Graf sprachen, doch der hatte sich abgewandt, bevor Garcia auch nur ein Wort hatte von sich geben können. Insofern war er nicht unglücklich, dass seine Frau ihn nicht die ganze Zeit begleitet und dies miterlebt hatte. Irgendwann zu Anfang der Veranstaltung hatte sie sich in eine Gruppe von Ehefrauen anderer Kameraden begeben, die gemeinsam an einem der Tische gestanden hatten. Garcia war überzeugt, dort war sie bestens aufgehoben.

    Nach der Ansprache des deutschen Botschafters war das Buffet eröffnet worden, und nun standen alle mit vollgeladenen Tellern an den Tischen und stopften die angebotenen Speisen in sich hinein. Nachdem der offizielle Teil des Abends nun überstanden war, wurde die Stimmung ausgelassener, wozu beitrug, dass die Kellner unablässig Getränke nachfüllten.

    General Carlos Garcia hatte schon zweimal einen Nachschlag genommen. Nun sah er auf, nachdem er mit einem Stück Brot die letzten Reste der köstlichen Mayonnaise, in der Krabben serviert worden waren, aufgewischt hatte.

    Direkt ihm gegenüber standen die Ehepaare Fernandez und Kinzel! Wenn die in der Nähe waren, konnte Graf nicht weit sein!

    Garcias Herz schlug schneller.

    Er spitzte die Ohren, um etwas von deren Unterhaltung mitzubekommen. Das war nicht leicht, weil alle vier kauten und Bemerkungen mit vollem Mund machten.

    „Sehr schöne Ansprache, sagte Fernandez. „Und sehr höflich, dass Ihr Herr Botschafter Spanisch gesprochen hat.

    „Naja, antwortete Kinzel. „Eigentlich sagt er schon seit Jahren immer das Gleiche. Das muss er inzwischen sogar auch auf Spanisch können!

    „Aber Lutz!" rief Señora de Kinzel in gespielter Empörung.

    „Wo ist eigentlich Rupert abgeblieben?" fragte Señora de Fernandez.

    „Keine Ahnung, sagte Kinzel. „Wahrscheinlich ist er unterwegs und bezirzt irgendwelche Weiber.

    „Aber das würde Rupert doch nicht tun!" sagte Señora de Fernandez.

    „Haben Sie eine Ahnung, Liliana!" sagte Kinzel.

    Daraufhin entstand eine vielsagende Pause.

    Garcia fasste sich ein Herz und sagte:

    „Wenn wir schon hier zusammenstehen, möchte ich mich gerne vorstellen. Mein Name ist Garcia, General Carlos Garcia. Ich bin der neue Leiter der PIP."

    Sowohl Fernandez als auch Kinzel murmelten etwas, was bei wohlwollender Interpretation als Glückwunsch hätte ausgelegt werden können. Fernandez sagte:

    „Wir sollten uns noch etwas zu Essen holen. Kommt ihr mit? Und zu Garcia gewandt: „Bitte entschuldigen Sie uns, Herr General!

    Von einem auf den anderen Augenblick stand General Carlos Garcia allein am Tisch.

    Nur einmal hatten Rupert Graf und die Frau namens Rosita ihr Liebesspiel unterbrochen, nämlich, als sie draußen in dem Festsaal Stimmengewirr gehört hatten.

    „Das ist die Stimme Nasinis," hatte Rosita geflüstert.

    „Und das ist die Stimme Botschafter von Heuklums," hatte Graf flüsternd geantwortet.

    Offenbar bot der deutsche Botschafter dem Präsidenten und seiner Entourage eine private Führung durch den Club.

    „Sie könnten hier hineinkommen," hatte Rosita flüsternd gesagt.

    Aber die Stimmen waren verklungen.

    Rupert Graf hatte sich gewundert über die schier unerschöpfliche Energie, die in dieser kleinen Frau steckte. Er hatte befürchtet, ihr Stöhnen würde draußen auf dem Festgelände zu hören sein. Die Bewegungen ihres Unterkörpers waren von einer Heftigkeit, wie Graf sie selten erlebt hatte. Alles, was Graf anstellte, hatte zu Reaktionen geführt, die Graf vermuten ließen, diese Frau war in ihrem Leben selten richtig befriedigt worden. Natürlich hatte ihn dies misstrauisch gemacht, er hatte überlegt, ob sie ihm nur ein vorzüglich und glaubhaft inszeniertes Theater bot. Andererseits war er überzeugt, derartige Leidenschaft musste echt sein! Hätte Graf dieselben Erfahrungen in einem Bordell gemacht, hätte er selbst dort dem Freudenmädchen die Ernsthaftigkeit ihrer Leidenschaft abgenommen.

    Rupert Graf war erschöpft, als Rosita schließlich mit ernüchternder Sachlichkeit ihren Schlüpfer über die Hüften zog und sagte:

    „Ich muss zurück. Mein Mann wartet draußen."

    „Der Kerl ist ein Glückspilz," antwortete Graf.

    „Der Kerl ist ein entsetzlicher Langweiler," sagte Rosita. Mit einem kleinen Kuss auf Grafs Nasenspitze verabschiedete sie sich.

    „Warte noch ein paar Minuten, ich möchte nicht mit dir zusammen auf die Bildfläche treten."

    „Sehe ich dich wieder?" fragte Graf.

    „Das kann ich nicht sagen. Mein Mann hat eine exponierte Stellung. Ich rufe dich an."

    Während Rupert Graf seine Kleidung ordnete, sann er darüber nach, was ihn an dieser kleinen Frau fesselte.

    Sie war nicht schön, aber lebhaft und wach.

    Sie entsprach keineswegs dem Idealbild, das er von Frauen hatte, schlank und langbeinig. Sie hatte kurze Beine und neigte, wie er sich hatte überzeugen können, zur Üppigkeit.

    Aber sie hatte alles getan, was Graf sich von einer perfekten Sexualpartnerin hätte wünschen können. Und, so hatte es den Anschein, hatte sie ihren Spaß daran.

    Ihre Geilheit hatte etwas sehr natürliches.

    In der Toilette des Clubhauses wusch er sich ausgiebig die Hände und spülte sich auch mit Wasser das Gesicht. Den Geschmack, den Rositas Geschlecht in seinem Mund hinterlassen hatte, konnte er nicht wegspülen.

    Enrique Pato hatte versucht, Rupert Graf im Auge zu behalten.

    Er hatte Graf nicht begrüßt, weil Graf ständig von anderen Menschen umgeben war.

    Plötzlich war Graf verschwunden.

    Pato hatte Graf zuletzt gesehen, wie er nach der Ansprache des deutschen Botschafters mit einer Frau etwas trank und dann allein zum Clubhaus schlenderte.

    Enrique Pato wechselte hier und da ein paar Worte mit Leuten, die er kannte. Dadurch, dass er einen Teil seiner Jugend in Deutschland verbracht hatte und fließend Deutsch sprach, war er häufiger und regelmäßiger Gast im Deutschen Club. Er kam hierher, gelegentlich, um im Restaurant zu essen, aber öfter noch zu kulturellen Veranstaltungen, wenn Ensembles aus mittleren deutschen Städten als Gäste des Goethe-Institutes in Lima waren und es Aufführungen deutscher Theaterstücke oder Autorenlesungen gab.

    Seine Eltern waren schon zeitig Mitglieder des Clubs geworden, und nach der Rückkehr aus Hamburg hatte Pato an der um die Ecke gelegenen Humboldtschule das letzte Jahr bis zum Abitur verbracht.

    Während er an verschiedenen Stehtischen mit Bekannten plauderte, wanderte sein Blick umher, auf der Ausschau nach Graf. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Graf schon zu seinem Hotel gefahren sein könnte, denn die Ehepaare Fernandez und Kinzel waren noch hier, und Graf würde kaum ohne sie die Veranstaltung verlassen haben.

    Plötzlich sah er, wie Präsident Maximo Nasini, begleitet von dem deutschen Botschafter und von einer größeren Menschengruppe ein paar Schritte hinter ihnen das Clubhaus verließ und wieder in den parkähnlichen Garten trat.

    Nasini wandte sich zu dieser Gruppe, die aus rund acht bis zehn Personen bestand, um, und winkte jemanden zu sich, dem er freundschaftlich den Arm um die Schulter legte und den er offensichtlich dem Botschafter vorstellte.

    Enrique Pato durchfuhr es eisig.

    Das war sein Vater!

    Klar, als ehemaliger diplomatischer Vertreter Perus in Deutschland stand sein Vater sicherlich auf der Gästeliste zur Feier des deutschen Nationalfeiertages ziemlich weit oben, und die Anwesenheit des alten Herrn war alles andere als überraschend. Aber das freundschaftliche, schon beinahe intime Getue Nasinis verblüffte Enrique Pato. Schließlich war es nur wenige Wochen her, dass Nasini gedroht hatte, Patos Vater hochgehen zu lassen!

    Enrique Pato verließ den Tisch, an dem er gestanden hatte, und ging gemächlich mit seinem Glas in der Hand auf die Gruppe um Nasini zu.

    Es war auch Nasini, der Enrique Pato im Halbdunkel erkannte. Pato hörte Nasinis schnarrende Stimme, die rief:

    „Hola, Alfredo, da ist ja noch ein Mitglied der Familie! Herr Botschafter, darf ich Ihnen den Sohn meines ältesten Freundes vorstellen?! Der junge Mann leistet mir als Adlatus in meinem Amt unbezahlbare Dienste!"

    Auf einmal befand Enrique Pato sich inmitten der Gruppe. Sein Vater umarmte ihn herzlich aber kurz, um seine Aufmerksamkeit gleich wieder Nasini zuzuwenden. Der Botschafter schüttelte ihm kräftig die Hand, und Enrique Pato begrüßte ihn auf Deutsch. Das allgemeine Interesse am Tisch wandte sich sehr schnell von Enrique Pato ab.

    In der sich anschließenden Unterhaltung spielte Enriques Vater den Dolmetscher für das Gespräch zwischen Nasini und von Heuklum, der zwar Spanisch sprach, aber nicht sehr flüssig. Das Deutsch von Enriques Vater war immer noch vorzüglich.

    Enrique Pato beobachtete seinen Vater wie einen Fremden. Der Kontakt zu seinen Eltern war in den letzten Jahren nicht besonders innig gewesen, und nach der Lektüre von Nasinis Dossier hatte Enrique noch mehr innere Distanz zu seinem Erzeuger empfunden. Trotz seiner inzwischen mehr als sechzig Jahre hatte der Alte sich gut gehalten, wirkte sehr gepflegt und war elegant und teuer gekleidet, allerdings nach einer Mode, die ihre besten Zeiten schon hinter sich hatte. Sein mittlerweile graues aber immer noch volles Haar war ölig am Kopf festgeklebt und endete im Genick in einer kleinen Locke, die sich über dem weißen Kragen seines gestreiften Hemdes nach außen wellte.

    Das Gesicht seines Vaters glänzte vor Stolz über die Rolle, die er in dieser Gesellschaft spielen durfte.

    Und Nasini hatte wieder den Arm um die Schulter seines Vaters gelegt!

    Auf einmal fiel Enrique Pato eine Frage ein, die Graf ihm während des Treffens in London gestellt hatte:

    „Zu wem hat Nasini genügend Vertrauen und wer spricht genügend gut Deutsch?"

    Und hier hatte er die Antwort!

    Sein eigener Vater!

    Enrique Pato war plötzlich speiübel.

    Er entschuldigte sich mit ein paar gemurmelten Erklärungen und eilte zum Clubhaus, wo er sofort in einer Kabine der Herrentoilette verschwand. Dort kotzte er alles, was er an Häppchen und Kanapees am Abend vertilgt hatte, in die Kloschüssel. Während er sich erbrach, war er verwundert über die Mengen, die da aus ihm herauskamen. Er betätigte die Spülung, klappte den Klodeckel herunter und setzte sich darauf.

    Nasini hatte ihn geleimt!

    Und der Alte war Teil der Intrige!

    Beide hatten ihn benutzt und sich wahrscheinlich noch schiefgelacht über seine Naivität!

    Sein Vater selbst war es gewesen, der Nasini dazu gebracht hatte, ihm den Abbruch der Erpressung von Liliana de Fernandez zu befehlen!

    Inzwischen schloss Enrique Pato nicht einmal mehr aus, dass auch das Dossier über seinen Vater, das Nasini ihm gezeigt hatte, eine Fälschung war.

    Sein Vater würde an dem Geschäft mitverdienen. Nasini würde dem Alten einen Anteil abgeben.

    Enrique Pato fragte sich, wer hier wen in der Hand hatte. Zumindest wusste der Alte Bescheid über die Wege, die Nasinis Schmiergeld nehmen würde, wahrscheinlich hatte er Nasini noch Tipps gegeben.

    Und ihn selbst hatten die zwei ausgetrickst, in der Gewissheit, dass Enrique alles tun würde, seinen Vater nicht zu gefährden.

    Wut stieg in Enrique Pato auf. Er dachte an Charo, deren Körper in einem Fach auf dem Friedhof verweste, und an die Trauer ihrer Eltern. Er dachte an die Trauer der Verwandten von Oscar Martinez´, denn auch um ihn würde jemand trauern. Er dachte an Ramon Escuenaga und den anderen Soldaten, dessen Namen er nicht wusste. Er dachte an Garcia, der da draußen herumstolzierte, und an seinen Vater und Nasini, die sich angesichts des auf sie zukommenden unermesslichen Reichtums vor Wonne Blasen an die Hände rieben.

    Es musste für Maximo Nasini ein enormer Glücksfall gewesen sein, dass Eugenio Scaloni so plötzlich und im richtigen Augenblick einem Attentat zum Opfer gefallen war, sonst wäre er nie in die Situation gekommen, an dem Geschäft dermaßen viel zu verdienen. Und wahrscheinlich hatte er sein Wissen dazu benutzt, den anderen Empfängern Teile von deren Anteilen abzupressen.

    Enrique Pato hing diesem Gedanken einen Augenblick nach. Ihm fiel die schon fast kindlich anmutende Freude ein, als Nasini Minister Esteban überführt hatte.

    Allein als Chef der PIP wäre ihm wohl hierdurch ein ordentlicher Batzen sicher gewesen. Aber Scaloni erhielt, wie Enrique Pato aus dem Gespräch mit Graf wusste, noch viel mehr! Und diesen Anteil konnte er nur fordern, weil er das Präsidentenamt übernommen hatte.

    Enrique Pato versuchte, den Gedanken aus seinem Kopf zu drängen.

    Er hatte einmal in einem Seminar erlebt, wie der Dozent gesagt hatte:

    „Denken Sie an was Sie wollen, nur nicht an die Farbe Gelb!"

    Alle Teilnehmer hatten, wie sie anschließend zugeben mussten, an nichts anderes als die Farbe Gelb gedacht!

    Jetzt dachte Enrique Pato, obwohl er verzweifelt versuchte, dieser Möglichkeit nicht den geringsten Teil einer Wahrscheinlichkeit zuzugestehen, an nichts anderes als:

    Nasini hat Scaloni beseitigen lassen!

    Enrique Pato versuchte vergeblich, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken.

    Die Ermordung Scalonis konnte ein für Nasini äußerst glücklicher Zufall gewesen sein.

    Die Ernennung Nasinis zum Präsidenten wäre ein weiterer äußerst glücklicher Zufall gewesen.

    Aber wieso waren dann alle Enrique Pato bekannten Protagonisten des Geschäftes einschließlich des sich ständig wie ein Idiot aufführenden Carlos Garcia befördert worden?

    Nasini hatte das Geschäft gewollt und hatte sich dafür die Mithilfe der Anderen erkauft oder erpresst.

    Und draußen im Park standen Nasini und sein Vater und beide stellten ihre herzliche Freundschaft zur Schau!

    Wen könnte Nasini benutzt haben, auf Scaloni zu schießen?

    Enrique Pato war sicher, dass Nasini keine Probleme gehabt haben würde, einen niederen Polizisten seiner Organisation zu einer solchen Tat zu überreden. Aber das wäre einerseits zu einfach und andererseits zu gefährlich für Nasini. Nein, es musste jemand sein, der sein Schweigen anschließend nicht brechen konnte, weil Nasini ihn in der Hand hatte. Und es musste jemand sein, der aus Angst vor Nasini zitterte, aber andererseits geschult genug war, mit einer Pistole umzugehen und einen gezielten Schuss abzufeuern. Der naiv genug war, von vornherein daran zu glauben, unbehelligt zu bleiben. Der aber auch wieder kaltblütig genug war, sich anschließend unerkannt und unbemerkt aus dem Staube zu machen!

    Enrique Pato musste daran denken, dass er selbst es gewesen war, der Nasini Garcia wie auf einem Silbertablett serviert hatte. Nasini hatte Garcias Kopf gerettet, als dem eine Anklage wegen Landesverrats drohte. Und Nasini schützte Garcia, obwohl er wusste, dass Garcia einen Mord begangen hatte.

    Für Enrique Pato fügte sich Teil für Teil wie bei einem Puzzle alles zusammen.

    Aber für seine Theorie gab es nicht den geringsten Beweis.

    Gut, Garcia konnte zur Not der Mord an Oscar Martinez nachgewiesen werden.

    Aber wer würde sich bereit finden, eine Aussage gegen Nasini zu machen? Was gab es an Beweisen gegen Nasini?

    Trotz seiner Übelkeit bemühte sich Enrique Pato, klare Gedanken in seinem Kopf zu entwickeln. Wen konnte er befragen? Wen unter Druck setzen? Wem etwas nachweisen?

    Er hörte, wie jemand draußen ein Urinal benutzte und sich anschließend umständlich die Hände wusch. Enrique Pato stand von dem Klodeckel auf, betätigte die Spülung und trat aus der Kabine.

    Rupert Graf stand gebeugt vor einem der Waschbecken und spülte sich gerade Wasser ins Gesicht.

    „Ist Ihnen übel, Herr Graf?" fragte Pato auf Deutsch.

    Graf erkannte ihn im Spiegel.

    „Ganz im Gegenteil, junger Freund, ganz im Gegenteil," antwortete Graf.

    Gemeinsam traten sie auf die Stufen, die aus dem Clubhaus hinab in den Garten führten.

    Graf spähte über die Menge, die dort versammelt stand. Es schienen inzwischen noch mehr Menschen gekommen zu sein, die sich an den Buffets und an den Bars drängten. Da die Peruaner gerne spät ausgehen, verwunderte es Graf nicht, dass viele nicht zum Beginn des Empfangs sondern erst zu dessen auf der Einladung angegebenen Ende gekommen waren. Graf entdeckte die Kinzels und die Fernandez und nahm Pato mit zu deren Tisch.

    Auf dem Weg dorthin musste er an dem Tisch vorbei, an dem gerade Präsident Nasini dabei war, sich zu verabschieden. Nasini, augenscheinlich nicht mehr ganz nüchtern, winkte Graf zu sich und rief:

    „Hier ist ein Mann, der unermesslich viel für die Beziehungen zwischen unseren Ländern getan hat!"

    Man prostete Graf zu. Ein Kellner kam eilfertig und gab Graf ein gefülltes Weißweinglas. Stumm prostete Graf zurück.

    Als sie endlich bei den Paaren Kinzel und Fernandez angelangt waren, stellte Graf, ohne dessen Namen zu nennen, Enrique Pato als einen ´lieben Freund` vor.

    Liliana de Fernandez, die neben Graf stand, wurde sichtlich unruhig.

    Erst nach einer Weile gelang es ihr, Rupert Graf ins Ohr zu flüstern:

    „Das ist der Mann, der mich erpresst hat!"

    „Ich weiß, antwortete Graf. „Trotzdem, er ist mir ein lieber Freund.

    General Carlos Garcia hatte schließlich die Gruppe wiedergefunden, in der auch seine Frau stand.

    Er fühlte sich unglaublich wichtig, und er war überzeugt, dass alle Damen ihm verführerische Blicke zuwarfen.

    Noch mehr freute ihn der offensichtliche Neid in den Augen seiner früheren Kameraden aus dem Heer, die inzwischen alle mindestens einen Rang unter ihm waren.

    General Carlos Garcia war in allerbester Laune. Da ihn die Getränke nichts kosteten, wies er herrisch einen Kellner an, nachzuschenken, was ihm die augenscheinliche Sympathie und Bewunderung der Übrigen einbrachte.

    Wenige Schritte neben ihnen wurde gerade Präsident Maximo Nasini verabschiedet, was ziemlichen Aufruhr verursachte. Mehr als das halbe Kabinett stand um Nasini herum, der zahlreiche Hände schüttelte, als ob er auf eine mehrwöchige Auslandsreise gehen würde. Zudem war Nasini plötzlich von mehreren Leibwächtern in Zivilkleidung umgeben, die trotz der Dunkelheit Sonnenbrillen trugen und finster die Menge musterten.

    General Carlos Garcia ärgerte sich maßlos, als er sah, wie Nasini sich mit Handschlag von Graf verabschiedete. Was ihn noch mehr ärgerte, war, dass nicht Graf zu Nasini sondern Nasini auf Graf zu getreten war, um ihm herzlich die Hand zu schütteln. Und Garcias Ärger stieg, als er erkannte, dass es sich bei dem jungen Mann in der Gruppe um Graf, den Nasini kurz umarmte, um Enrique Pato handelte.

    Ihn selber würdigte Nasini keines Blickes.

    Die Gäste bildeten eine Gasse, durch die sich Präsident Nasini mit seiner Entourage in Richtung Ausgang schob. Vereinzelt wurde Beifall geklatscht, als Nasini vorbeiging.

    Liebend gerne hätte Garcia eine Bemerkung dahingehend gemacht, dass Nasini ohne ihn nicht Präsident geworden wäre.

    Als Garcias Blick zurück an den Tisch um Rupert Graf wanderte, durchfuhr ihn jäh ein Anflug von Eifersucht. Da stand der Kerl, der ihm Roxana weggenommen hatte, umgeben von seinen Helfern, und gleich mehrere Kellner schwirrten um ihn herum und versorgten ihn und die Gruppe mit Getränken. Garcia konnte nicht anders als sich vorzustellen, wie Graf mit Roxana gevögelt und wie Roxana sich ihm hingegeben hatte. Hätte sie Graf nicht erregender gefunden als ihn selbst, hätte sie ihn nicht fallen gelassen!

    Jetzt kam auch noch der deutsche Botschafter zurück, der Nasini bis zum Ausgang begleitet hatte, und stellte sich an Grafs Tisch. General Garcia konnte hören, wie von Heuklum begeistert zu Graf sagte:

    „Das war das erste Mal, dass ein Präsident Perus unserem Empfang beigewohnt hat. Das ist nur auf Ihr Geschäft und auf die hierdurch entstandenen intensiven wirtschaftlichen und politischen Bindungen zurückzuführen!"

    Die Antwort Grafs konnte Garcia nicht verstehen.

    Jetzt, wo auch noch der Botschafter an Grafs Tisch stand, schienen alle Kellner sich nur noch um die an diesem Tisch Versammelten zu kümmern. Weitere Getränke wurden gebracht, und Platten mit Kanapees und Häppchen. Lautes Gelächter erklang.

    Nach und nach kamen neben Vizepräsident Esteban und Verteidigungsminister Chavez mit ihren Frauen mehr und mehr politische Prominente zu Grafs Tisch.

    Mehrere Tische wurden zusammengeschoben, wodurch sich der Kreis vergrößerte. Stimmengewirr und Gelächter wurden lauter.

    „Wer ist der Herr da drüben mit dem kahlen Kopf, von dem Präsident Nasini sich verabschiedet hat?" fragte eine Frau an Garcias Seite.

    „Ich weiß es nicht", sagte Garcia in bitterem Ton.

    „Ich dachte, als Chef der Geheimpolizei wüssten Sie alles! sagte die Frau kichernd, was Garcia ärgerte. „Aber fragen Sie mal Ihre Frau. Die weiß es bestimmt. Die hat sich nämlich vorhin intensiv mit dem Mann unterhalten.

    Garcia warf ihr einen überraschten Blick zu.

    Noch überraschter war er, als er sah, wie ein Kellner mit einem einzigen Glas auf einem Tablett auf Rosita zu trat und es ihr anbot. Was der Kellner sagte, konnte Garcia nicht hören. Er sah aber, wie Rosita das Glas nahm und sich umwandte. Garcia folgte ihrem Blick.

    Plötzlich begriff er, dass sie offensichtlich Graf ansah, der sein eigenes Glas hob, und wie beide einander anlächelten und sich zutranken.

    Vor Wut und Eifersucht wurde ihm beinahe schwindlig.

    Sein erster Impuls war, Rosita zu ohrfeigen!

    Dann wurde er auf einmal ganz kühl. Gut, es mochte sein, dass Rosita sich mit Graf unterhalten hatte. Auf einem Empfang mit so vielen Leuten war ein solcher Zufall nicht auszuschließen. Aber Rosita würde sich niemals trauen, in seiner Gegenwart oder seiner Abwesenheit mit einem anderen Mann zu flirten, da war Garcia sicher. Schließlich war sie die Mutter seiner Kinder!

    Er beschloss, auch wenn ihm dies eine Menge Selbstbeherrschung abverlangte, Rosita nicht auf diesen Vorfall anzusprechen. Er wollte Graf nicht noch wichtiger erscheinen lassen, wichtiger, als der sich ohnehin schon zu fühlen schien.

    Erst in ein paar Tagen wollte Garcia Rosita fragen, wer der kahlköpfige Mann gewesen war, dem sie hier zugeprostet hatte. Auf ihre Antwort war er jetzt schon gespannt.

    Verteidigungsminister Admiral Rogerio Chavez war nur widerwillig zu diesem Empfang gekommen. Empfänge dieser Art waren nicht seine Sache. Aber da erst gestern die Verträge für seine Marineschiffe unterzeichnet worden waren, hatte Chavez es für seine Pflicht gehalten, sich heute hier sehen zu lassen.

    Insgeheim genoss Chavez, dass er gekommen war. Die Gesellschaft war ausgelassen und fröhlich, insbesondere, nachdem Präsident Nasini sich zurückgezogen hatte.

    In der Runde um Graf, den er jetzt zum ersten Mal als gesellig kennenlernte, und dem deutschen Botschafter, der, offenbar ebenfalls erleichtert nach dem Abzug des Präsidenten, fröhliche Anekdoten erzählte, war es ausgesprochen lustig. Es wurde viel gelacht, und der Kreis hatte sich immer weiter vergrößert.

    Zur guten Laune der Gruppe trug sicherlich auch bei, dass die Gläser nicht leer wurden, weil die Kellner immer wieder nachschenkten.

    Minister Rogerio Chavez hatte schon eine ganze Weile gerätselt, woher er den jungen Mann kannte, der direkt neben Graf stand, bis ihm siedend heiß einfiel, dass dies der Bursche der PIP war, mit dem er vor etlichen Wochen auf dem Sportplatz gesprochen hatte. Nur, diesmal trug der Kerl einen Anzug und eine Krawatte und war ordentlich gekämmt!

    Chavez musste daran denken, dass er sich die Akte Garcia hatte kommen lassen, die abrupt damit endete, dass aufgrund der Intervention des obersten Leiters der PIP, damals noch General Maximo Nasini, der Vorwurf des Landesverrats gegen Garcia aufgehoben und Garcia freigelassen worden war. Sein Vorgänger, Urraca, hatte über das Telefonat mit Nasini eine Aktennotiz angefertigt.

    Wenn er daran dachte, wie Garcia und dieser Franzose, - wie hieß der noch? De la Ferretiere! -, ihn beinahe Kopf und Kragen gekostet hatten! Graf und dieser junge Bursche hatten nicht nur das Geschäft, sondern auch ihn gerettet.

    Minister Chavez schob sich näher an den jungen Mann heran. Das dauerte eine Weile und mehrere Runden Wein.

    Schließlich kam Chavez neben dem jungen Mann zu stehen.

    „Sie hatten recht, sagte er. „Nasini persönlich hat für die Freilassung Garcias gesorgt. Eine Kopie des Memorandums können Sie sich bei mir abholen. Zug um Zug. Morgen, am selben Ort wie beim letzten Mal.

    Lima, 4. Oktober

    Es war bereits ein Uhr morgens, als Roxana Torreblanca vom Piepen ihres Mobiltelefons aus dem Schlaf gerissen wurde.

    Als sie sich meldete, war Rupert am anderen Ende der Leitung.

    Ohne ein Wort der Entschuldigung für den späten Anruf sagte er:

    „Du hast mich mehrmals angerufen, aber ich hatte nicht Zeit, mich früher zu melden. Was kann ich für dich tun?"

    Roxana, deren Herz wild klopfte, nicht nur, weil sie erschrocken war

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