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Nebelbraut
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eBook168 Seiten1 Stunde

Nebelbraut

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Über dieses E-Book

Susi, die nicht einmal mehr für ihre Mutter zur nahegelegenen Bäckerei gehen konnte, hielt den Atem an. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie ins Dunkel, die Blutflecken an der Wand hinter ihrem Bett schimmerten schwarz. Ihr Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei, füllte sich mit Angst, drohte sie zu ersticken. Die Schattenwesen hatten sich in ihre Nischen zurückgezogen und lauerten. Susi versuchte, die Ungeheuerlichkeit zu begreifen, sich das Leben ohne all das Vertraute um sie her vorzustellen. Abschied zu nehmen. Abschied von Kerstin, mit der sie alles teilte und von Jens, der schon groß war und sich ihr Freund nannte, dann aber doch immer wieder Dinge tat, für die Susi Geschimpftes bekam, von Lulia aus der HO und der Bäckerin, die immer Bescheid wusste, vom Friseur, der mit der Schere in der Luft klapperte, von Herrn Seidel mit dem Knattermoped und vom Winkemann… Hier fielen ihr die Geister wieder ein...

Folgen Sie der kleinen Susi ins Dunkel des Schlafzimmers; lernen Sie Nofretete, die einsame Jägerin kennen; treffen Sie Krispin, den kühnen jungen Mann, der für eine Wette einen Viadukt überquert und zünden Sie für den sündigen Vater eine Kerze an ...

Erzählungen, die Sie mitreißen werden.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum18. Feb. 2017
ISBN9783741893674
Nebelbraut

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    Buchvorschau

    Nebelbraut - Ariane Rücker

    Nebelbraut2

    Titel Seite

    Susis Geister

    Begegnung im Regen

    Fünf Minuten, in denen nichts passiert

    Für jeden brennt ein Licht

    Daher also weht der Wind

    Nebelkraut

    Wer werfe den ersten Stein

    Sommer 1891

    Abschied

    Späte Liebe

    Feenhain

    Der Zug nach Hause

    Samstag wird gebaut

    Der Strohhut

    Die heutige Zeitung

    Die verflixten Amerikaner

    Frau Schmidt

    Der Anruf

    Wiedersehen

    Korsakow

    Schein und Sein

    Montagszauber

    Ein bisschen Wärme

    Der Sammler

    Melissas Wunsch

    Hoher Besuch

    Die Kraft der Gedanken

    Dank

    Leseempfehlung

    Ariane Rücker erblickte in Meißen, im Schatten der geschichtsträchtigen Albrechtsburg, das Licht der Welt. Bereits in früher Kindheit weckte ihr Vater bei ihr die Liebe zum Hören und Erzählen von Geschichten.

    Nach einer Uhrmacherlehre studierte sie nacheinander Feinwerktechnik, Belletristik und Sozialpädagogik.

    Sie arbeitete als Konstrukteurin, Familientherapeutin, Dozentin und Therapeutin für chronisch psychisch Kranke, ehe sie sich als Technische Redakteurin und Lektorin für wissenschaftliche Arbeiten selbstständig machte.

    Die Liebe zum Erzählen und Schreiben bestimmt bis heute ihr Leben.

    Ariane Rücker hat drei erwachsene Kinder und lebt in der Sächsischen Schweiz.

    Bisher sind von ihr erschienen:

    Wie du mir, so ich …, Aggressionen zwischen Müttern und Töchtern (Sachbuch);

    Paul hat zu tun (Kinderbuch) und

    gemeinsam mit Tochter Antje

    Fest der Erwartungen (Weihnachtsgeschichten) sowie zahlreiche Zeitschriftenartikel und Beiträge in verschiedenen Anthologien.

    Ariane Rücker ist Mitglied im Neustädter Autoren e. V.

    Ariane Rücker

    Kurzprosa

    Nebelbraut

    Kurzweiliges für die Badewanne und für unterwegs

    Nebelbraut

    Copyright © 2016. Alle Rechte bei der Autorin

    Verlag: epubli GmbH, Berlin

    Lektorat:Neustädter Autoren e. V.

    Printed in Germany

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über

    http://dnb.d-nb.de

    Für meine Mutter und meinen Vater,
    denen ich die Gabe verdanke,
    Phantasie zu entwickeln.

    Inhalt

    Susis Geister 

    Begegnung im Regen

    Fünf Minuten, in denen nichts passiert 

    Für jeden brennt ein Licht 

    Daher also weht der Wind

    Nofretetes Entscheidung

    Nebelkraut

    Wer werfe den ersten Stein

    Sommer 1891

    Abschied

    Der Zug nach Hause

    Späte Liebe

    Das Märchen von der verlorenen Wurzel 

    Feenhain

    Nomen est omen

    Samstag wird gebaut 

    Der Strohhut 

    Die heutige Zeitung

    Die verflixten Amerikaner 

    Frau Schmidt 

    Der Anruf 

    Wiedersehen

    Korsakow

    Schein und Sein

    Montagszauber

    Der Sammler

    Melissas Wunsch

    Hoher Besuch

    Die Kraft der Gedanken

    Susis Geister

    Das Weckerklingeln löste die samtige Schwärze auf und vertrieb die Gespenster, die Nacht für Nacht das Kinderbett umlagerten. Der Vater wälzte sich auf die andere Seite. Susi starrte ins Nichts. Sie lag häufig wach, sodass sie selbst davon überzeugt war, niemals zu schlafen.

    Wenn es dunkel wurde und sie in diesen Raum geschickt wurde, kam auch die Angst. Kaum hatte der Vater das Licht ausgeknipst, krochen die nebligen Gestalten aus ihren Verstecken und versammelten sich um das Bett. Und jedes Mal fragten sie, ob Susi lieb gewesen war. Sie dachte an das enttäuschte Gesicht oder die laute Stimme der Mutter. Manchmal befühlte sie auch die Stellen, an denen die Hand der Mutter Abdrücke auf ihrer Haut hinterlassen hatte, sank noch tiefer in ihre Kissen und zog die Bettdecke bis ans Kinn.

    Wenn es ganz schlimm kam, lehnten sich die Geister sogar über das Bett, so dicht, dass Susi ihren Atem spüren konnte. Dann kroch sie tief unter die Decke und traute sich erst wieder hervor, wenn das Moped von Herrn Seidel aus dem Nachbareingang vor dem Fenster vorüber knatterte.

    Von da an dauerte es nicht mehr lange, bis der Wecker dem Grauen ein Ende machte. Susi liebte den Wecker. Er bestand aus drei Teilen, dem Uhrwerk und zwei grünen Lederschalen, die abends wie ein Haus zusammengesteckt wurden.

    Tagsüber durfte Susi damit spielen. Dann klappte sie das Zifferblatt in die Mitte und ließ das Etui wie eine Tasche darum schnappen. Europareisewecker nannte ihn die Mutter, wobei sie das „Europa" besonders betonte. Niemand anderes, nicht einmal Susis beste Freundin Kerstin, hatte einen solchen Wecker. Und gleich gar keinen, wo Europa drin war. Lag es daran, dass die Mutter Uhrmacherin war? Oder daran, dass sie vor Susis Geburt eine Weile in Westdeutschland gelebt hatte? In Köln. Susi konnte sich nicht vorstellen, wo das lag und was dort anders sein sollte, als hier in Meißen. Aber sie hörte oft, wie die Mutter dem Vater vorwarf, dass er sie überredet hatte, in den Osten zu kommen. Dass sie nun, seit es die Mauer gab, gezwungen war, in diesem Kaff festzusitzen, wo es weder eine ordentliche Arbeitsstelle für sie noch einen Kindergartenplatz für Susi gab.

    „Noch fünf Minuten, hörte sie den Vater murmeln und wusste, jetzt drehte er sich um und vergrub sein Gesicht in Mutters Locken. Irgendwann stand er auf und versuchte, im Dunkeln geräuschlos in die Küche zu gelangen. Meist stieß er dabei an das Bettgestell oder lief gegen den Stuhl vor Susis Bett. Es klapperte, wenn er das Kaffeewasser aufsetzte, dann plätscherte im Bad sein Waschwasser und beim Rasieren sang er „…als Büblein klein an der Mutterbrust …. Beim Anziehen raschelten seine Sachen.

    Im Wohnzimmer deckte er den Tisch für sich. Während er noch Salz und Butter aus der Küche holte, stieg Susi aus dem Bett und setzte sich in der Wohnstube auf ihren Stuhl. Es war noch kalt im Zimmer und sie rieb die nackten Füße aneinander. Wie jeden Morgen tat der Vater so, als hätte Susi ihn überrascht. Sie lachten. Er bestrich zwei Schwarzbrotschnitten dick mit Butter. Nebenbei erzählte er von seiner Arbeit und über Kollegen, deren Namen Susi immer wieder vergaß, von Problemen, die er auf seinem Schreibtisch liegen hatte und von seinem Chef, der kluge Entscheidungen traf.

    Was musste der für ein mächtiger Mann sein, wenn er sogar dem Vater sagen durfte, was er zu tun hatte! Susi sah den Chef ihres Vaters vor sich, wie er in einem purpurnen Mantel mit Leopardenkragen vor ihren Vater hintrat und Befehle erteilte. Während sie versuchte, sich ein Bild von der Arbeit ihres Vaters zu machen, streute er Salz auf die Butter und plauderte weiter. Von Sperrholz und Messingblech, das er zum Bau seiner Modelleisenbahn benötigte, von Schrauben und Muttern, die es wieder einmal nicht zu kaufen gab, und von Politik. Susi hing an seinen Lippen. Beim Abendbrot sprach er von genau denselben Dingen, dann verdrehte Susi die Augen und seufzte ein ums andere Mal, weil die Mutter das auch so machte.

    Der Vater war inzwischen bei der zweiten Scheibe Brot angelangt, die er tief in den Kaffee tauchte, ehe er abbiss. Susi fand den bitteren Geschmack eklig, aber es gab nichts Wichtigeres für sie, als morgens bei ihrem Vater von der eingetunkten Butterschnitte abzubeißen. Verlangend riss sie den Mund auf und zeigte dabei ihre erste Zahnlücke. Der zweite und der letzte Bissen waren immer für sie. Gemeinsam brachten sie das Geschirr in die Küche. Dann packte der Vater seine Aktentasche, stopfte die Aluminiumblechdose mit den Pausenbroten an eine freie Stelle und zog und zerrte so lange an der ledernen Klappe, bis die Schnallen endlich zuschnappten.

    Er umarmte seine Tochter und gab ihr einen Kuss. Susi lief ans Küchenfenster, schob die Scheibengardine beiseite und winkte. Er winkte zurück, bis er aus dem Lichtkreis der Straßenlampe vor dem Haus trat und die Dämmerung ihn verschlang.

    Susi krabbelte wieder ins Bett. Es war nicht mehr so dunkel im Zimmer und die Geister hatten sich zurückgezogen. Die Mutter schlief noch. Susi streckte sich aus und fiel in einen traumlosen Schlummer.

    Als in der Küche das Geschirr klapperte, schlappte Susi verschlafen ins Bad. Die Waschmaschine musste schon seit einer Weile laufen, denn die erste Ladung Wäsche lag bereits zum Spülen in der Badewanne. Sie hob den Deckel der Waschmaschine an und lugte hinein. Susi liebte es, die schaumigen Wirbel zu verfolgen. Da die Mutter nicht in der Nähe war, erlag sie der Versuchung und hielt probeweise einen Finger ins Wasser – und verbrühte sich. Sie weinte ein bisschen, aber es war keiner da, der sie trösten konnte, denn gleich darauf sah sie die Mutter durch das Badfenster draußen auf dem Wäscheplan.

    Susi zog sich rasch an. Wenn die Mutter hereinkam, würde sie zum Bäcker gehen. Trällernd hopste sie in die Küche.

    „Hinter dem Pullini Pompali ...", sang sie.

    „Es muss heißen: Hinter den Kulissen von Paris", sagte die Mutter, doch Susi wusste es besser.

    Sie hatte die zerkratzte Stimme vom Deutschlandfunk genau im Ohr und die sang:

    … Pullini Pompali …. Die Stimme gehörte Miräh Matjö, Vaters Lieblingssängerin und der Deutschlandfunk war verboten, doch der Vater hörte ihn heimlich.

    In der Küche stand der blau gesprenkelte Emaillewindeltopf auf dem Herd und glucksende Geräusche verrieten, dass Unterwäsche und Handtücher darin brodelten. Ab und an rührte die Mutter mit einem großen Holzlöffel die Wäsche um und Susi rümpfte die Nase.

    Der Schlüssel rasselte im Schloss und Susi bekam von der Mutter ein freundliches „Guten Morgen" und einen Kuss.

    „Na, du bist ja schon fertig. Dann kannst du gleich losgehen."

    Susi nahm das Geld und den kleinen Stoffbeutel, den die Mutter aus einem alten Schirmbezug genäht hatte und hopste die frisch gewachsten Stufen hinunter.

    Der Weg führte an dem gelben Wohnblock entlang und folgte dann der Hauptstraße. Vorbei am Friseurladen, wo sich die alten Männer die Bärte abnehmen ließen. Der Frisör, der auch ein alter Mann war und beim Schneiden immer mit der Schere in der Luft herum klapperte, schenkte Susi jedes Mal wenn sie ihre Mutter begleitete, ein kleines Kissen mit Haarshampoo. Vorn drauf war das Bild von einem Mädchen mit seifigen Haaren gedruckt. Es hieß Babette, wie darauf zu lesen war und Susis Mutter vergaß nie darauf hinzuweisen, dass Babette kein Geschrei veranstaltete, wenn man ihr die Haare wusch. Susi dachte, dass die Babette auf dem Bild sicher auch keine

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