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Strong Kids: Hannes Wabayes dritter Fall - ein deutsch-tansanischer Krimi
Strong Kids: Hannes Wabayes dritter Fall - ein deutsch-tansanischer Krimi
Strong Kids: Hannes Wabayes dritter Fall - ein deutsch-tansanischer Krimi
eBook446 Seiten5 Stunden

Strong Kids: Hannes Wabayes dritter Fall - ein deutsch-tansanischer Krimi

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Über dieses E-Book

Hannes Wabaye, Detektiv in Moshi am Kilimanjaro, be­kommt von seinem Bekannten Jens Petermann aus Hamburg einen Auftrag: Er soll ein Waisenheim im Südwesten Tansanias auf Seriosität überprüfen. Deutsche Spender würden dort in­ves­tieren wollen. Gemeinsam mit der reizenden Journalistin Ambi Mare­ge­si beginnt Wabaye zu recherchieren. Je mehr sich die beiden mit dem Waisenhaus befassen, desto schrecklicher wird ihr Ver­dacht: Werden von dort etwa Kinder nach Deutsch­land ent­führt? Und wenn: zu wel­chem Zweck? Bald kom­men sie einem ungeheuer­lichen Ver­bre­chen auf die Spur.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum7. Apr. 2021
ISBN9783753184432
Strong Kids: Hannes Wabayes dritter Fall - ein deutsch-tansanischer Krimi

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    Buchvorschau

    Strong Kids - Fritz Gleiß

    Titel

    10 kidnapped children found dead in Tanzania with missing body parts, ministry says"

    (CNN-Schlagzeile, 28.1.2019)

    Hannes Wabaye, Detektiv in Moshi am Kilimanjaro, be­kommt von seinem Bekannten Jens Petermann aus Hamburg einen Auftrag: Er soll ein Waisenheim im Südwesten Tansanias auf Seriosität überprüfen. Deutsche Spender würden dort in­ves­tieren wollen. Gemeinsam mit der reizenden Journalistin Ambi Mare­ge­si beginnt Wabaye zu recherchieren. Je mehr sich die beiden mit dem Waisenhaus befassen, desto schrecklicher wird ihr Ver­dacht: Werden von dort etwa Kinder nach Deutsch­land ent­führt? Und wenn: zu wel­chem Zweck? Bald kom­men sie einem ungeheuer­lichen Ver­bre­chen auf die Spur.

    Fritz Gleiß, Jg. 1959, war u.a. stellvertretender Chefredakteur der Monatszeitschrift „Africa live", schrieb mehrere politische Reiseführer zu Ostafrika und bislang drei Wabaye-Krimis. Er lebt als Jour­nalist und Fundraiser in Celle.

    Imprint

    Strong Kids

    Hannes Wabayes dritter Fall

    Fritz Gleiß – fritzgleiss@yahoo.com

    Copyright © 2021 Fritz Gleiß 

    Auch Hannes Wabayes andere Fälle „Der Schatz von Njinjo und „Das Erbe der MV Bukoba sind als e-book bei amazon und neobooks erhältlich.

    Die Geschichte basiert zum Teil auf Fakten, gleichwohl sind Namen und Daten meist frei erfunden. Ähnlichkeiten zu realen Personen sind entweder purer Zufall oder gewollt. 

    Das Manuskript wurde im Dezember 2020 abgeschlossen. Die Handlung spielt kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie.

    Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Rechteinhabers reproduziert oder unter Verwendung elektro­nischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet wer­den.

    Titelfoto © Amevi Asiwome Wisdom/unsplash

    Dank

    Ohne die aufmunternde Unterstützung von Jutta Borsdorf wäre dieses Buch nicht geschrieben worden. Ohne die Sprach- und Ortskenntnis und den Rat des auch im Roman auftauchenden, real existierenden tansanischen Journalisten David Kyungu gäbe es weder ein Waisenhaus bei Tukuyu noch den einen oder anderen Perspektivenwechsel. 

    Bei Claudia Dal-Bianco und Johanna Emig habe ich mich einmal mehr mancher Swahili-Sprichwörter bedient, die sie in ihrer 2009 am Institut für Afrikawissenschaften der Universität Wien vorgelegten Anthologie gesammelt haben und erläutern. 

    Inhalt

    Karte

    Die wichtigsten Personen

    Prolog

    Im Süden Tansanias

    1. Schluss mit lustig (bei Hamburg)

    2. Kurz vor dem Ziel

    3. Einige Wochen zuvor

    4. Von Hamburg nach Moshi (in Tansania)

    5. Zwischen Moshi und Dar es Salaam

    6. Abendgymnastik

    7. Vertragsverhandlung

    8. Hannes allein in Dar

    9. Ambi mit dem Hut

    10. Lehrstunde in Sachen Honorar

    11. Reisevorbereitung

    12. Unterwegs zu den Tieren

    13. Hannes trifft einen Bekannten

    14. Ein Sonntag am Meer

    15. Die Stiftung

    16. Im Gästehaus

    17. Das Waisenhaus

    18. Entdeckungen

    19. Gaudency

    20. Tischgespräch

    21. Snoopy hört ab

    22. Auf nach Malawi!

    23. Verfolgungsjagd

    24. Fährverkehr

    25. Hannes findet einen Assistenten

    26. Entwicklungshilfe

    27. Am Ende der Welt

    28. Auf See

    29. Ende Gelände

    30. Stich ins Wespennest

    31. Rettungseinsatz

    32. Liebesdienst

    33. Müller hat Scheiße gebaut (fünf Tage zuvor)

    34. Kundengespräch

    35. Gewalt? Keine Frage!

    36. Entnahme jederzeit möglich

    37. Übersetzungsarbeit

    38. Oliver

    39. Petermann bekommt Wind vom Ausmaß der Sache

    40. Fotosession mit Honni

    41. Bereitschaftsdienst

    42. Frust im Revier

    43. Perspektivenwechsel

    44. Nestbeschmutzer

    45. Fantasie und Mut

    46. Großeinsatz um 15 Uhr

    47. Scheine für Makaïdi

    Epilog

    Glossar

    Dossier

    Karte

    tz

    Die wichtigsten Personen

    Nach ihren Vornamen sortiert:

    Ally Raza – Leiterin des Waisenheims Mlakizi

    Alphonce Edward Danda – Chef der Mlakizi-Stiftung

    Ambi Maregesi – Journalistin aus Mwanza, stationiert in Dar

    Gaudency Mario Kiongo* – Bewohnerin Mlakizis, alias Maria Gaudência

    Gerhard von Seitlitz, Prof. Dr. – Angestellter von Jo Mahler

    Gregor Schiman – Kriminalhauptkommissar in Hamburg

    Hannes Wabaye – Detektiv aus Moshi am Kilimanjaro, alias Ephraim Chirwa

    Heike Schmidt – Kriminaloberkommissarin unter Gregor Schiman

    Honorata Rwebusoya – Hannes junge Tante, lebt in Dar

    Jens Petermann – Architekt aus Rosengarten bei Hamburg, Bekannter Hannes’

    Jo Mahler – alias Paul Schäfer

    Joél Nziku – Stellvertreter Razas, Sicherheitschef in Mlakizi

    Joy Lyabandi – Lehrerin und Erzieherin in Mlakizi

    Kito Kuhenga – Liebhaber und Begleiter von Rebecca Schilling

    Makaïdi – Chef der Verkehrspolizei in Tukuyu

    Oliver Raphaeli Ng'aala* – Geburtsname von Rahel Cherio Malekela*

    Paul Schäfer – Patenonkel Olivers/Rahels, Drahtzieher, alias Jo Mahler

    Rebeca Schilling – deutsche Handelsreisende

    Rudolph Herrlich – Komplize Jo Mahlers

    Sabine Kortweit, Dr. – Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hamburg

    Prolog

    Im Süden Tansanias

    Das Bild wird Juma Kapeta nie vergessen. Nie. Die ver­schrumpelte, von blutigen Rissen überzogene helle Haut, dunk­le Flecken hinter jeder Falte, den aufge­bläh­ten Torso mit der tiefen, offenen Wunde unter den Rippen, bedeckt von braunem, modrigem Blattwerk. Schwar­ze Stümpfe dort, wo Ar­me und Bei­ne sein sollten. Flie­gen und Ameisen allüberall. Der Kopf des Jungen lag leicht abgewinkelt, die hellen Brau­en kaum sicht­bar über den aufgerissenen, ausgestochenen Au­gen in ei­nem abstrus friedli­chen Gesicht unter kurzen weißen Kraus­haar­locken – ein Kindheits­trau­ma.

    Wegschaffen sollten sie sie, die kleine Leiche, ab in den Fluss, hatte der „Fährmann" befohlen. Ally Raza, die Heim­lei­te­rin, hatte ihm Bescheid gesagt. Um alles Weitere werde er sich küm­mern.

    Wer hatte es gewagt, den kleinen Körper ausgerech­net hier abzulegen? Zog der Wahnsinn denn so weite Kreise?

    „Fährmann" Alphonce Edward Danda ist weit herumge­kommen und sieht sich selbst als Kapitän. Er befehligt ein großes Schiff, sein Unternehmen, die Stiftung, das Waisen­haus Mlakizi direkt am idyllischen Songwe River, der schon vor über hundert Jahren Nordrhodesien und Nyasa-Land von Deutsch-Ostafrika trennte. Der Kapitän residiert in einem alten Gutsver­walterhaus auf einem Hügel hoch über Tabakfeldern und dem Fluss, spricht vier Sprachen und ist stolz auf seine Über­sicht.

    Seit acht Jahren herrscht er hier und leistet Aufbauarbeit. Von der Zucht bis zur Ernte, so das Programm, das jetzt endlich Mal wieder den vol­len Ertrag einbringen soll. Zum Wohle aller: der Kinder, denen es hier so unendlich viel besser geht als dort, wo seine Mitarbeiter sie aufgelesen haben. Zum Wohl der An­ge­stellten drüben im Heim, die gar nicht wissen, dass er sie be­zahlt. Zum Wohle auch der Dorfbewohner, deren Kinder kos­tenlos seine Schule besuchen dürfen und die nie wissen müs­sen, wer er wirklich ist. Er, der alle paar Wochen mit seinem Außenborder aus Mala­wi über den Fluss herüberrauscht und die Heimlei­terin be­sucht. Und na­türlich zum Wohle seiner klei­nen Kapital­gesell­schaft und all der Geber, die Mlakizi unter­stützen, darun­ter ech­te Philanthro­pen. Die sehen in seinem Heim die Zukunft.

    Nun aber kommen ihm, der die öffentliche Wahrnehmung Mlakizis stets scharf zu kontrollieren wusste, diese Hexer in die Quere. Ausgerechnet hier, in der allerletzten Ecke Tansanias oder auch Malawis, je nachdem, von welcher Seite des Flusses man die Sache sieht. Abgedrehte Heiler mit ihrem verque­ren Quatsch von heilsbringenden Albinoteilen ziehen Aufmerk­samkeit auf die Region, falsche Publicity, die das ganze Projekt gefährdet. Manche Eltern der toten Kinder haben ihre Kinder doch noch nicht einmal vermisst!

    1. Schluss mit lustig (bei Hamburg)

    Dem Mann war nicht mehr zu helfen. Sein Rumpf klebt zerquetscht im Lenkrad, der Kopf hat ein formidables Spin­nennetz in die Windschutzscheibe des Chryslers geschlagen. Air­­bag und Gurtstraffer hatten, anders als auf der Beifahrer­sei­te, gleichzeitig versagt – ein Phänomen, das in letzter Zeit öfter vorkam. „Fuck off!", hatte der Fahrer dem jungen Mäd­chen noch zugeröchelt, die sich jetzt panisch hinter ihrem zusam­men­fal­len­den Luftsack aus dem Gurt wickelt und gegen die Tür stemmt, um aus dem qualmenden Wrack herauszukommen.

    Als sie endlich draußen ist, überkommt sie der Schock. Eisig kalt legt sich die Nachtluft um sie, augenblicklich zittert sie wie Espen­laub. Und doch: Sie lebt! Die Jeans an den Beinen aufge­ris­sen, der dicke Pullover bis zum Hals verrutscht, krabbelt die schlan­ke Teenagerin unverletzt aufs Feld. An die wärmende Ja­cke auf der Rückbank kommt sie nicht mehr ran. Nur weg! Weg von diesem Auto, das gleich brennen wird, rennen, der Straße nach, blind in die norddeutsche Dunkelheit, die doch bei wei­tem nicht so undurchdringlich schwarz ist wie die Nacht, die sie von zuhause kennt.

    Eben noch waren sie einer Verkehrskontrolle entkommen. Seitdem war der Fahrer, dieser hellhäutige Riese, der sich Frank Müller nannte, gerast wie ein Irrer. Einmal hatte der Tacho, auf den sie verstohlen guckte, mehr als 240 km/h angezeigt! Und jetzt, kaum dass sie die Autobahn verlassen hatten, war Müller kurz hinter „To­tensen" – so hatte sie es auf dem rot durch­ge­strichenen Orts­­schild stolz entziffert – in der erstbesten Kurve ins Schleu­dern geraten und gegen den verfluchten Baum ge­knallt. Zurück zu ihren Pateneltern hatte er sie bringen sollen, hatte er gesagt. Paul und Rita, mit denen sie am Montag erst aus dem Flugzeug ge­stiegen war.

    Die letzten beiden Tage hatte sie bei einem Arzt auf einem Bauernhof zwei Stunden südlich verbracht. Der Mann hat­te sie „vor ihrem neuen Leben einmal richtig durchchecken" sol­len. Große Ställe, Pferde, Kühe, Schweine, alle drinnen, Angst ein­flö­ßende Schäferhunde, zwei riesige Traktoren, so groß, wie sie noch nie welche gesehen hatte, doch nur ein paar Arbeiter und nirgends Erntefrauen: Ein bisschen seltsam war ihr das vorge­kommen, und kalt war es auch da schon sehr.

    2. Kurz vor dem Ziel

    Das Blaulicht konnte er um diese Zeit bereits von weitem sehen. Abbiegen geht nicht mehr. Scheiße! Nicht, dass ihm um die Papiere bange ist. Ausweise, Fahrzeugschein, Auto, auch Pass und Visum des Mädchens sind einwandfrei. Originale, da kommt kein Zweifel auf. Doch wenn das jetzt länger dauern sollte?

    Kurz vor der Kontrollstelle ist klar: Es wird. Dutzende Autos stehen vor ihm in der Schlange. Er muss Paul benachrichtigen, zückt sein Krypto-Handy und gibt den Code ein. „Alles super, Chef! Sind pünktlich aus Wietzenbruch rausge­kommen. Dort alles okay, alle Werte prächtig, die Scans müsste ihr Professor längst haben. Werden uns aber ein bisschen ver­spä­ten, bin in ei­ne Kontrolle geraten ... Kurz vor Soltau."

    Paul schnauft, dann blafft er seinen Fahrer an: „Sorg dafür, dass Du die Zeit wieder reinholst! Wir können hier nicht ewig auf euch warten! Die Junkfrau erträgt die Angst nicht mehr!"

    Als Frank Müller – so steht´s in seinem Personalausweis – endlich an der Reihe ist, liegt er gut fünfundzwanzig Minu­­ten hinter dem vereinbarten Zeitplan. Genervt fährt er die Sei­ten­scheibe runter. „Verkehrskontrolle! Sie waren ein biss­chen schnell! Haben Sie den Streckenradar nicht bemerkt?" Strecken­radar? Dieses neue Verfahren gegen Raser, das nicht den Mo­ment, sondern die Zeit misst, die man für die letzten Kilometer brauchte? Stehen deshalb etwa auch all die anderen Fahrzeuge hier? Hat´s die auch erwischt? Nie zuvor ist Müller bei einem Transport in eine derart dämliche Kontrolle geraten!

    „Ihre Papiere bitte! Der Polizist – Typ gemütlicher Ver­kehrs­­bulle – beugt sich ein wenig herunter, um in den Wagen zu schauen. „Oh, holla. Ein Gast. Darf man fragen, wer das hüb­sche dunkle Fräulein in ihrem flotten Wagen ist?

    Die misstrauische Miene des Bullen lässt Müller kalt. „Oh, Ra­hel hier? Ist unsere Patentochter ... Haben sie zu uns einge­laden, damit sie mal was sieht von der Welt ..." Aus der Brust­tasche seines Sak­kos zieht Müller Füh­rer­schein, Perso, Kfz-Schein und reicht die Dokumente gelang­weilt dem wartenden Poli­zisten. Der jedoch inter­es­siert sich mehr für das Mädchen in Mül­lers Auto.

    „Aus Afrika? Wa­rum ist denn ihre ,Patentochter´ so weg­ge­treten? ... Hallo? He! Können Sie mir mal ihren Namen sa­gen?"

    Müller stupst das Mädchen nicht gerade sanft von der Seite an. Sein barscher Ton verrät den Frust über die zunehmende Dauer der Kontrolle: „Hey, the officer wants your name! Tell him! Das Mädchen, das offenbar weggedöst war, antwortet auf selt­sam französische Art: „Mon nom? Oliver ... Bevor sie weiter­spre­chen kann, schneidet Müller ihr das Wort ab. „Ja, mein Schatz? – Sie träumt noch, nennt mich nach ihrem Vater! Heißt Rahel Cherio Malekela*, unsere Tochter hier, in voller Län­ge. Sind erst Anfang der Woche eingereist ..."

    „Zeigen Sie mir einfach mal Rahels Ausweis!, verlangt der Polizist. Müller zieht auch diesen lässig aus dem Sakko und präsentiert einen schwarzen Reisepass. Der Beamte schlägt ihn auf, wendet sich ab und hält ihn seiner Kollegin hin, die zwei Meter entfernt aufmerksam Wache hält. „Malawi! Kei­ne sech­zehn Jahre alt! Hey, Siggi, stell dir das mal vor! Wen wir hier heute alles kennenlernen! ,Patentöchter´ aus dem tiefs­ten Schwarzafrika! Darf man das heute überhaupt noch so sagen?

    „Charly, halt die Luft an, bremst ihn Siggi gerade noch recht­zeitig. „Malawi? Da sind die besonders scharf, was die Identität von Kindern angeht. Weißte doch. Denk an Madon­na! Ist das Visum in Ordnung?

    „Scheint so, Schengen, abgestempelt in Li-long-we oder so."

    „Dann lass’ gut sein. Sonst heißt’s nachher wieder, wir be­trie­ben ,Racial Profiling’! Kümmer Dich lieber um die Verwar­nung! Wir machen hier schließlich Öffentlichkeitsarbeit fürs Strecken­radar, sonst nichts!"

    Nachdem Müller sich seine kostenpflichtige Verwarnung abgeholt und das Überweisungsformular eingesteckt hat, darf er endlich weiterfahren. Mit 45-minütiger Verspätung erreicht er die Autobahn nach Hamburg.

    3. Einige Wochen zuvor

    „Komm, lass uns wenigstens ein bisschen tanzen, Jens! Im Ball­saal hoch über der Elbe spielt die Band endlich den ersten Klas­siker, „Born to be wild. Frie­da Petermann, aufge­ta­kelt wie selten, hat ihren Mann Jens nur widerwillig zu der Bene­fiz­party begleitet, die dessen Bekannte Sabine für „Afrikas Kin­der im ehrwür­di­gen Luis C. Jacob organisiert hatte. „Wenn schon, denn schon – dann las­sen wir es richtig krachen!, so deren Idee. Das Kal­kül: Wer in diese erste Adresse Hamburgs am Elbufer in Blan­kenese eingeladen wird und der Einladung Folge leistet, der spendet mindestens vierstellig. Am Ende der Nacht würde die neue Hamburger Landesbeauftragte der Kon­rad-Adenauer-Stif­tung recht behalten.

    Dr. Sabine Kortweit hatte seit ihrer Rückkehr aus Dar es Sa­laam, der früheren Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas und heuti­gen Partnerstadt Hamburgs, steil Karriere gemacht. In Dar, wie die Stadt von den Tansaniern kurz genannt wird, hatte sie jah­re­lang für die historisch verrufene Lettow-Vorbeck-Stiftung das deutsche Gedenken aufpoliert und dort am Ende sogar pro­mo­viert. Nach ihrer Rückkehr hievte ihr vormaliger Ar­beit­­­geber sie auf eine auskömmliche Referentinnenstelle am GIGA, dem ehemaligen Übersee-Institut. Dort beriet sie den Senat. Mitt­ler­weile war Kortweit weiter geklettert und seit ei­nem Drei­viertel­jahr Repräsentantin der KAS in der Hansestadt.

    Der heutige Abend ist ihr erster großer Auftritt. Parteien, UNICEF, Worldvision, Save the Children, Kindernothilfe, Plan, Norddeutsche Mission, Caritas, BILD-Zeitung: Jede und jeder, die oder der in der Stadt etwas mit Kindern, Macht und Men­schenfreundschaft zu tun hat, war eingeladen. Darunter auch vermeintlich unbedeutende Vereine wie die Mlakizi-Stiftung, die im Süden Tansanias ein kleines Waisenheim betreibt und Kortweit von einem Parteifreund anempfohlen worden war. Alle waren sie erschienen, alle. Sogar eine sichtbar auf dem letz­ten Loch pfei­fende Adelige aus der Desiderius-Erasmus-Stif­tung stol­zier­te mit ihrem vertrockneten Partner übers Parkett. Berüh­rungs­angst kennt Kortweit nicht, nach rechts schon gar nicht.

    Selbstverständlich hatte sie auch Jens Petermann eingeladen, ihren alten Freund aus Studientagen, der sich zusammen mit seiner Frau seit Jahren für die kleine NGO „Children First! stark macht. Ihrer gemeinsamen Nacht vor einigen Jahren in Dar trauert die KAS-Chefin immer mal wieder ein bisschen nach. Frieda hinge­gen, Petermanns an­ge­stammte Frau seit Kin­der­tagen, der Jens sein Amuse­ment mit Sabine nach seiner Rück­kehr von der da­maligen Schatz­suche in Tansania sofort ge­beich­tet hatte, woll­te die „reak­tionäre Schnepfe Sabine heu­te Abend am liebsten gerupft und gran­dios schei­tern sehen.

    Die Party war in vollem Gange. Bevor die zah­lungskräftigen Gäs­te sich zurückziehen und die Tanzfläche dem ge­mei­nen Partyvolk überlassen würden, will Kortweit unbedingt noch ei­nen Appell loswerden. Am Mischpult des Radio-be­kann­ten Mo­derators, der für 7.000 € Honorar den Abend schmeißt, lässt sie sich das Mikro geben, klopft kurz drauf und beginnt mit ihrer einstudierten kurzen Rede.

    „Liebe Gäste, lassen Sie sich an diesem fantastischen Abend bitte noch ein letztes Mal von mir stören! Sie alle werden davon gehört haben, selbst der UN-Beauftragte zeigt sich besorgt: Ein­mal mehr hat es in Afrika ein schreckliches Verbrechen gege­ben. An kleinen Kindern! Mindestens zehn Kinder, die jüngsten gerade vier Jahre alt, wurden im Süden Tan­sa­nias zer­stü­ckelt auf­gefun­den. Alle wurden augenscheinlich Opfer die­­ses grau­sa­men Aberglau­bens, dass Körperteile von Menschen mit Albi­nis­mus eine besondere Heilkraft besäßen. Bei uns gibt es diesen Wahnsinn ja zum Glück nicht mehr. Da haben wir uns ja wei­terentwickelt. Blicke ich allerdings auf die jüngs­ten Fälle von Kindesmissbrauch, so bin ich mir da gar nicht ganz si­cher. Auch eine andere Zahl erschreckt mich ganz be­son­ders: 8.000 Kinder werden in Deutschland jährlich ver­misst. Acht­tausend! Selbst wenn viele davon unbeschadet bei Verwandten leben und früher oder später wie­der auf­tau­chen: Mehrere Hundert Kinder und Jugendliche sind bei uns zu je­der Tag- und Nachtzeit, auch in die­ser Minu­te, schlicht verschwunden. 1.500 vermisste Kinder unter vierzehn sind in den letzten 50 Jahren in Deutschland nie wieder aufgetaucht. Viele da­von sind ab­ge­rutscht in Prostitu­tion und Drogen, noch mehr werden missbraucht. Das kann doch eigentlich gar nicht mög­lich sein, oder? Da wünschte ich mir, dass die Politik end­lich in die Hufe kommt und zum Beispiel wie in den Nie­der­landen Vermisstenmeldun­gen von Kindern innerhalb von Minuten großflächig auf al­len Anzeigetafeln umlie­gender Bahnhöfe bekannt macht!" Den aufkommenden Beifall wischt Kortweit rasch beiseite.

    „In Holland schaffen die Behörden es, in weniger als zwan­zig Mi­nu­ten fast jeden Nachbarn über ein vermisstes Kind zu infor­mieren! Und doch: Zumindest gegen den mittelalterlichen Aber­glauben der Afrikaner können wir gemeinsam viel tun! So bitte ich Sie inständig, diese Veranstaltung nicht zu verlas­sen, ohne den hier anwesenden gemeinnützigen Vereinen und Stif­tungen, die alle täglich Großes für schutzbedürftige, ar­me Kin­der bewirken, mit ihrer Spen­de geholfen zu haben. Zei­gen Sie sich großzügig! Wir kön­nen das!"

    Große Worte fielen ihr früher schwerer. An den heutigen hatte sie tagelang gefeilt. Nun hofft Sabine Kortweit, dass sich der Erfolg am Ertrag des Abends wird messen lassen können. Frieda hingegen ist empört: „,Mittelalterlicher Aberglaube der Afrikaner’? Als wäre das der wichtigste Grund, sich zu enga­gieren! Was für ein Weltbild! Das ist rassistische Hetze! Ver­steckt hinter bevormundendem Gutmenschentum! „Frieda, reg dich ab, Sabine macht hier nur ihren Job!, kontert ihr Gatte kühl.

    Bevor die große Party sich dem Ende zuneigt, muss Sabine Kortweit unbedingt den langen Jens noch spre­chen. Hager geworden ist er, das Haar jetzt schütter, doch seine tief­braunen Augen strah­len für sie wie eh und je. Wer weiß, viel­leicht entwickelt sich daraus ja noch was für die Nacht. Dumm nur, dass er mit Frie­da da ist.

    Jens hatte seine Frau lange überreden müssen mitzukom­men. „Wir brauchen auch solche Kontakte, Frieda! Mehr hatte er nicht ins Feld führen können. Ihr Widerwille gegen die „mon­däne, dekadente Umgebung und gegen den konserva­ti­ven Geist der Gastgeberin hatte sich nur schwer überwinden lassen. Schließlich aber hatte sie die Vorstellung, vor ihrer alten Wider­sacherin mit Jens herumzutanzen, beinahe lüstern auf den Abend warten lassen. Das machte Spaß, tat der Gesundheit gut und spülte vielleicht ja auch etwas in die Kasse von „Chil­dren First!", dessen Mitbegründerin sie schließlich war. Doch aus­­ge­rechnet jetzt, wo die Musik endlich einmal passte und Jens schon stand, muss Sabine auf ihren Mann zustürmen, um ihm irgendetwas aufzuschwatzen.

    „Sabine, hallo, warte mal ein paar Songs, wir tanzen jetzt!" – sprach’s und genoss es, der Zie­ge ihren Mann zu entziehen. Weder Jens noch Sabine sträuben sich.

    Wohlzufühlen allerdings scheint Jens Petermann sich beim Tan­zen nicht so recht. Bedrückt trifft es nicht wirklich, aber seit Wochen geht es ihm nicht gut, er wirkt zunehmend antriebslos. Die Party kam ihm gerade recht, um sich abzulenken und ein biss­chen aufzu­tanken. Vielleicht hätte er Frieda gar nicht zum Mit­kom­men bewegen sollen. Sich mal wieder selbst so richtig wich­tig fühlen, anziehend, wenn auch nur als Vertreter einer kleinen NGO. Ohne diese Wirkung, das merkt er immer öfter, fällt es ihm zuneh­mend schwer, seine Aufträge abzuarbeiten oder gar neue zu akquirieren. Es läuft so vieles nicht mehr rich­tig rund, die Arbeit, die Architektur, die Liebe. Mit Anfang 50 sieht er zwei Drittel allen Lebens hinter sich. Und Neues fehlt.

    Gehen will er ganz bestimmt noch nicht. Auch wenn Frieda ihn gera­de zum Tanzen brachte – sie würde es nicht mehr lange hier aus­halten, das ist gewiss. Beide sind sie mit dem eigenen Wa­gen hier, kein Grund also, die Show gemeinsam zu ver­las­sen. Mal sehen, wie sich die Nacht noch so entwickelt. Sie hatten nicht darüber gesprochen, wie sie zurück nach Hause kämen. Die genervte Stimmung zwischen ihnen hält nun schon seit Monaten an, doch keiner tat den ersten Schritt. Sich aus­sprechen? Beziehungsarbeit? Gar erwägen sich zu trennen, nach mehr als dreißig Jahren Ehe? Raus aus dem Haus in den Har­burger Bergen, Friedas Elternhaus? Eine eigene Wohnung in Hamburg finden? Alles schwer vorstellbar. Irgendwie aber ist die Luft raus aus der Beziehung, irgendwo tut sich ein Ab­grund auf.

    Sabine Kortweit kommt ihm da heute Abend gerade recht. Noch ein, zwei Tänzchen mit Frieda, dann ist er frei. Schön, dass Sabine ge­rade den ersten Schritt gemacht hat. Der Saal ist nicht groß genug, um sich aus den Augen zu verlieren. Und tatsächlich murrt Frieda schon nach dem nächsten Song – „Hotel California der „Eagles – über die spie­ßige Musik und steuert den Infotisch von „Children First! an. „Ich bau ab, nehme Rollups und Tisch gleich mit, okay? Ihr Mann hat nichts dagegen. Und ist erleichtert.

    Kaum ist Frieda weg, steht die Gastgeberin hinter ihm. „Endlich habe ich Zeit ..." Sabines Hand bleibt deutlich zu lange auf seiner rechten Schulter liegen. Den Architekten erschreckt das nicht, er dreht sich gerne um.

    „Sabine, wie schön! Da hast du ja was Tolles auf die Beine gestellt! Win-win für alle, großartig! Es ist zwar nicht ganz klar, wo­rauf sich Peter­mann bezieht, doch Sabine kribbeln die Schenkel. Woher Jens’ Wirkung auf sie kommt, hat sie schon lange nicht mehr hinter­fragt. Heute scheint auch sie ihm ganz besonders zu gefallen. Nach kurzem Geplänkel à la „lange nicht gesehen drängt es die Stiftungsfrau allerdings, erst mal ihr Anlie­gen loszu­wer­den. Danach wird sie noch Zeit genug haben, mit dem Schlacks zu flirten.

    „Jens, ich muss dir schnell was erzählen!"

    „Okay ..."

    Vor ein paar Wo­chen sei sie von einem wohlhabenden Paar, das von ihrer Zeit in Tansania wisse, auf eine Stiftung angespro­chen worden. Die würde im Südwesten des ostafrikanischen Landes ein Wai­sen­­haus betreiben. „Die haben heute hier auch einen Stand. Da hinten! Kortweit zeigt quer durch den Saal auf die Wand vor der Garderobe, wo rund ein Dut­zend Organisatio­nen der Kin­der­hilfs-Sze­ne ihre Stände aufge­baut haben oder gerade abbauen, wie den von „Children First!. „Die Mlakizi-Stiftung einzuladen, hat mich Chris Amthor ge­beten, den kennste be­stimmt … Na ja, die Ehe­leute wollen wis­sen, ob man für das Haus da unten wohl eine Paten­schaft über­nehmen könne. Nach all den Morden da. Hast du be­stimmt von gehört. Ob das seriös ge­führt werde, wie die Ver­hält­nisse vor Ort aus­sähen und so weiter. Liegt bei Tukuyu, am Arsch der Welt, ganz nah an den großen Seen, zwischen Dar und Lu­bum­bashi, du weißt schon."

    „Tukuyu? Nie gehört, müsste nachschlagen, wo das ist", wen­det Petermann ein, den Sabines Anliegen nicht so recht erreichen will, ihr Reiz dagegen umso mehr.

    „Die wollen wissen, ob sie da Geld reinstecken können. Viel Geld. In die ‚Mlakizi Foundation’, so heißt das Ding. Ob die Kon­takt­leute da unten vertrauenswürdig sind. Da gibt’s angeblich einen Euro­päer, der das alles managt, aber irgendwie nicht gern in Er­schei­­nung tritt. All so’n Kram, fährt Sabine fort. „Die sind über Freunde auf das Projekt gestoßen, die da ein paar Paten­kinder finanzieren. Vielleicht lässt sich daraus ja was Größeres machen ...

    Nur zögernd lässt sich Petermann auf Sabines Gedanken ein: „Aber die beiden sind verunsichert durch die vielen Paten­schafts-Skandale? Wo Kinder als Haushalts- oder Sexsklaven verkauft werden?"

    „Ja, genau. Und durch die Kindermorde."

    „Hä?"

    „Bei den Paten versickern ja weltweit Millionen ..."

    „,Versickern’! Lass das bloß nicht deine geladenen NGOs hier hören. Fast alle kennen solche Fälle aus eigenem Erleben, das ist kriminell hoch fünf!"

    „Schon klar. Aber hier reden wir von einem konkreten Haus. In Tansania, was ja meist nicht so schlimm daherkommt. Gibt dort bestimmt auch tausend gut geführte Einrichtun­gen. Du kennst doch diesen Detektiv in Moshi, vielleicht weiß der was?"

    „Hey, Sabine, Moshi liegt vom Südwesten Tansanias weiter weg als Ham­burg von Mailand. Und Tansania hat mittlerweile auch schon fast so viele Bewohner wie wir hier in Deutschland. Warum also sollte Hannes mehr über dieses Haus wissen als du oder ich?" Der seltsam deutsche Vorname des Detektivs hatte sich gewiss auch bei Sabine eingeprägt.

    „Frag ihn doch einfach mal, er kann sich ja vielleicht mal um­hö­ren. Das kostet doch heute nix mehr. Dann sehen wir wei­ter!"

    „Okay, ich werd ihm davon erzählen. Aber jetzt?"

    Die Landesbeauftragte lässt noch nicht locker: „Vielleicht kann ja auch seine patente Tante Honorata was raus­kriegen, die lebt in Dar, oder? Die hat doch mal für diesen Karsten Härtling gearbeitet, von ‚Safety First’, der Sicherheitsfirma."

    „Ja, stimmt. Mal gucken, was das bringt … Wollen wir jetzt tanzen?"

    Nein, die Party war noch lange nicht zu Ende.

    4. Von Hamburg nach Moshi (in Tansania)

    Der Kater dröhnte gehörig. Als Jens Petermann am nächsten Morgen, der eher ein früher Mittag ist, im luxuriösen Zimmer des Louis C. Jacob erwacht, plagt ihn der Schmerz im Kopf ähnlich wie die Übelkeit. Das Zimmer hatte er noch in der Nacht angemietet. Er war doch tatsächlich mit Sabine, dieser alten Schrappnelle, im Bett ge­lan­det. Gut, er hatte es drauf angelegt. Und war’s zufrie­den. Das mit dem „endlich mal wieder anziehend sein" hatte wun­derbar geklappt. Begehrt sogar, na sowas. Ob ihm das al­ler­­dings bei der Bereinigung seiner Beziehung mit Frieda helfen wird, be­zweifelt sein benebeltes Hirn schon bevor es überhaupt zu Denken anfängt.

    Die andere Seite des ausladenden Doppelbetts ist leer und kalt. Frau Doktorin ist bereits verschwunden. Was hatte er ihr ver­flixt nochmal versprochen? Was hatte die Kortweit ei­gent­lich gewollt?

    Erst nach dem dritten Kaffee, den er sich aufs Zimmer brin­gen lässt, fällt es ihm wieder ein. Hannes anrufen, nach irgend­einem Waisenhaus befragen. Liegt da nicht irgendwo ein Flyer? Den Sabine ihm zugesteckt hatte? „Mlakizi – meet the future!" steht vorne drauf.

    Klein und fein, der Prospekt, Hochglanz, schönes Land­schafts­foto unter strahlend blauem, afrikanischem Himmel. Eine grüne Oase mit einem Dutzend Gebäu­den direkt an irgendei­nem braunen Fluss, lachende Kinder rundherum. Nur das Grün kommt etwas unecht rüber, könnten Reisfelder sein. Der Text auf Englisch, gedruckt aber offenkundig bei „fly­erpower" im deut­schen Internet.

    Innen ist von „vintage bree­­ding conditions die Rede, was Petermann leicht irritiert, aber wohlwollend mit „erstklassiger Erziehung übersetzt. Auch mit „top-quality me­di­cal super­vi­sion – erstklassiger me­di­zi­ni­scher Betreuung? – wirbt der Pro­spekt. Am Ende nennt er ein Spen­denkonto für die „Mlakizi Orphanage Foundation, selt­sa­mer­weise nicht bei einer tansanischen, son­dern bei einer süd­afri­kanischen Bank, die einen „easy transfer" ermögliche. Die Adres­­se der An­la­ge ist kryptisch wie so oft in Tansania: Post­box Mbeya, nicht Tu­kuyu, als Kontakt nur eine Mailadresse und Handy­nummer. Gibt es das Haus überhaupt?

    Google Maps kennt in der Gegend tatsächlich einen ähnlich klingenden Ort, nur ohne das zweite i. Okay, das wird es sein. Weder Google noch Open Street Maps allerdings verzeichnen dort viele Straßen. Für genauere Recherchen ist der Bildschirm von Peter­manns Smartphone ohnehin zu klein.

    Stattdessen öffnet der Architekt seinen WhatsApp-Account und be­ginnt einen englischen Text an seinen „Meisterdetektiv" Han­nes Wabaye in Moshi zu schreiben, mit dem er seit ihrem letzten gemeinsamen Aben­teuer locker in Kontakt geblieben ist. Damals hat­ten sie Diamanten für mehr als 100.000 € aus dem Wrack der MV Bukoba im Victoriasee ge­bor­gen und eine inter­na­tionale Ver­schwörung rund um den Untergang des Fähr­schiffs aufge­deckt, bei dem 1996 fast 1.000 Menschen ertrunken waren.

    „Hallo, Hannes! Ich hoffe es geht Ihnen, Honney und allen anderen aus der Familie prächtig und die Geschäfte laufen gut. Bei mir alles roger. Eine gute Bekannte von mir, Dr. Sabine Kortweit, die für eine politische Stiftung hier arbeitet, hat mich gebeten,

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