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Inmitten der Heide: Erzählung
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eBook147 Seiten2 Stunden

Inmitten der Heide: Erzählung

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Über dieses E-Book

Maria Svoboda, geboren in Stupozke inmitten der Niederlausitzer Heidelandschaft, besucht noch einmal das Dorf ihrer Kindheit. Maria nutzt die Gelegenheit, um Stupozke, ihre Freundin Marina und ihre Cousine Elvira nach vier Jahrzehnten noch einmal zu sehen. Als Maria am Dorfplatz aussteigt, stellt sie entsetzt fest, dass die Gasthöfe, die Geschäfte, der Konsum spurlos verschwunden sind. Wie ausgestorben wirkt das Dorf trotz blendender Häuserfassaden. Kein einziges Geschäft gibt es mehr wie damals zu DDR-Zeiten, keine Jugend. Auf dem Friedhof findet sie die verschwundenen, ehemaligen Gräber der Großeltern, der Eltern, ihres Bruders problemlos, weil die kleinen Bäume von damals zu mächtigen Bäumen herangewachsen sind, die die Friedhofsverwaltung nicht beseitigt hat wie die Gräber.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Feb. 2022
ISBN9783742770363
Inmitten der Heide: Erzählung

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    Buchvorschau

    Inmitten der Heide - Werner Hetzschold

    1

    Grafik 1

    ©HeRaS Verlag, Rainer Schulz, Berlin 2021

    www.herasverlag.de

    Layout Buchdeckel Rainer Schulz, unter Verwendung eines Gemäldes

    von Franz Schreyer: „Winterabend am Moorbruch"

    ISBN 978-3-95914-234-2

    Flach, fast eben ist die Landschaft. Nur im Süden unterbrochen von winzigen Hügeln. Sandige Flächen nehmen viel Raum ein. Sie verfügen kaum über Wasser, sind wenig fruchtbar, nicht für den Ackerbau geeignet. Karge Weiden nehmen ausgedehnte Areale ein, dicht bewachsen mit purpur blühender Heide, hin und wieder von verschwiegenen Mooren bedeckt, die Geheimnisse hüten. Die weißen Stämme der Birken beleben die purpur blühende Heide, vermitteln ihr einen Anstrich von Sehnsucht und Weite nach unbekannten Fernen. Buchen und Eichen beleben das Landschaftsbild. Erlen und Eschen signalisieren die Moore. Die karge Heide beleben Streuobstwiesen, vermitteln einen Zauber von Romantik. Die Niederlausitzer Heidelandschaft beansprucht wenig Raum. Inmitten dieser Idylle träumt Stupozke. 1231 wird es erstmalig im „Urkundenbuch des Klosters Dobrilugk und seiner Besitzungen" als eines seiner Besitzungen genannt. Sehr dünn besiedelt ist die Region der Niederlausitzer Heidelandschaft, kann nur wenige Menschen ernähren. Vorwiegend gehören die Menschen der sozialen Schicht der Häusler (Kleinstbauern mit eigenem Haus, aber nur wenig Grundbesitz) an, nur wenige sind Landwirte.

    1888 wird Otto als Sohn des Häuslers Thomas Bruch in Jordan, Schlesien, geboren. Die Familie lebt in zwei kleinen Kammern im Hauses des Bruders seines Vaters. In einer steht ein Kachelofen. Thomas ist verpflichtet, überall und zu jeder Tageszeit dem Onkel dienstbar zu sein. Er verdient sein Brot und das für seine Familie als Waldarbeiter. Wie alle seine Vorfahren. Keiner in der Sippe weiß, seit wann sie in der Niederlausitzer Heidelandschaft leben. Wie viele andere Familien auch.

    Liese, ihr Taufname lautet Louise, entstammt auch einer Häusler Familie. Obwohl Liese, wie sie im Dorf genannt wird, zwei Jahre jünger ist als Otto, besuchen sie gemeinsam eine Klasse in der Dorfschule. Diese Form des Schulwesens ist üblich auf den Dörfern. Die Kinder in Jordan unterrichtet ein vielseitig interessierter Lehrer. Er lehrt sie die Liebe zur Heimat in einem eigens von ihm ins Leben gerufenen Faches, das nach dem offiziellen Unterricht stattfindet. Nach einer kurzen Pause setzt er seine Lehrtätigkeit fort. Das Fach nennt er „Geschichten über die Heimat", an dem alle Kinder freiwillig teilnehmen können. So auch Otto und Liese. Die Kinder erfahren in vielen Geschichten vieles aus der Geschichte, aus der Vergangenheit der Region der Niederlausitzer Heidelandschaft. Das ist sehr spannend, vor allem weil der Lehrer ein so vorzüglicher Geschichten-Erzähler ist. Eine Abstellkammer im Schulhaus verwandelt er in ein Museum.

    Nach der Konfirmation verbleibt Otto im Dorf. Wie der Vater arbeitet er im Wald. Liese geht in Stellung. In Wikow beginnt sie als Dienstmädchen in den Haushalten des Pfarrers und des Postdirektors. Glücklich ist Liese, lernt sie doch die große, weite Welt kennen.

    Im Haushalt des Herrn Pfarrers wird sie mit ihrem korrekten Vorname angesprochen. Er sagt: „Fräulein Luise, meine Ehefrau händigt dir den Einkaufszettel aus. Alles auf dem Zettel Stehende kaufst du ein. Nichts darfst du vergessen. Alles ist wichtig. Meine Frau wird dir das Fahrrad geben, damit die Einkäufe leichter transportiert werden können."

    Louise antwortet laut und deutlich: „Ich gehe mit dem Fahrrad zu Fuß. Es ist sicherer."

    „Das ist sehr vernünftig, erwidert der Herr Pfarrer, „denn in Wikow herrscht reger Verkehr. Nicht zu vergleichen mit dem in Jordan.

    Louise fühlt sich sehr wohl im Hause des Herrn Pfarrers. Im Herbst des zweiten Jahres informiert sie der Herr Pfarrer, dass sich ihre Wege trennen. „Meine Familie und ich verlassen Wikow. Ich werde versetzt. In den Norden. Es tut mir leid, dass ich dich nicht in meinen Diensten behalten kann. Dein Führungszeugnis kannst du einsehen. Mit dem Herrn Postdirektor habe ich vereinbart, dass du in seinem Haushalt eine Anstellung findest."

    Nach ihrem 18. Geburtstag endet die Stellung im Haushalt des Herrn Postdirektors. Mit vorzüglichen Zeugnissen kehrt Louise nach Jordan zurück und wird wieder zur Liese. Dort begegnet sie erneut Otto.

    Eines Tages bringt Thomas Bruch die Nachricht nach Hause, dass Kohle auch zwischen Stupozke und Zeleny Gózd entdeckt wurde. „Das wird Veränderungen mit sich bringen!"

    Er erzählt: „Genau erinnere ich mich daran, was für eine Aufregung herrschte, als gesagt wurde, dass viel Kohle rund um Bukowc, Głupsk, Wjesko, Kósćerjow und Zeleny Gózd liegt. Gleich tauchten Vertreter einer Bergbau-Gesellschaft mit viel Geld auf. Alles Land kauften sie von den Bauern und den Häuslern. Die Bauern und die Häusler freuten sich über das viele Geld, das ihnen für das dürre, magere, unfruchtbare Land und für die nassen, feuchten, sumpfigen Wiesen ausgehändigt wurde. Ich kann mich entsinnen, es wurde erzählt, dass Bauern, aber auch Häusler bei diesen Geschäften alles verloren. Mit dem vielen Geld in der Tasche feierten sie. Schnaps und Bier tranken sie im Überfluss, bis zur Bewusstlosigkeit. Als sie irgendwann mit schwerem Kopf irgendwo erwachten, stellten sie den Verlust des Geldes fest. So wurde aus einem Bauern ein Tagelöhner. Solche Schicksale gibt es zu allen Zeiten."

    Thomas Bruch holt tief Luft. Dann fährt er fort: „Alles Land gehört der Bergbau-Gesellschaft. Die Wälder werden gerodet. Viel Arbeit gibt es. Das nunmehr kahle Land wird aufgerissen. Fremde werden in die Niederlausitz geholt, auch in die Niederlausitzer Heidelandschaft. Viele bleiben."

    Bis 1908 verdient Otto als Waldarbeiter sein tägliches Brot, dann wird dem intelligenten jungen Mann ein Angebot gemacht, dem er nicht widerstehen kann. Er wird zum Lokomotivführer ausgebildet, fährt künftig eine der Grubenbahnen, erhält einen festen Arbeitsvertrag als Bergmann auf Lebenszeit, verbunden mit allen Rechten und Pflichten. Neben einer Bergmannsrente und Bergmannsgeld gehören 300 Zentner Kohle gratis pro Jahr dazu und der Bergmannsschnaps, von allen Kumpel-Tod genannt. Der Kumpel-Tod ist ein klarer Trinkbrandwein, geschmacklos, mit einem Alkoholgehalt von 33 Prozent. Alle lieben diesen Trinkbranntwein, benutzen ihn neben Wodka, Korn und den unterschiedlichsten Früchten zur Herstellung von Likör. Der junge Bergmann Otto ist jetzt in der Lage eine eigene Familie zu gründen. Zärtlich nennt er seine Liese: „Mein kleines, schwarzes Luder!" Bewusst wählt er diesen Namen, denn Liese hat schwarze Haare, feurige dunkel-braune Augen und einen olivfarbenen Teint. Für Otto ist Liese das schönste und begehrenswerteste Mädchen weit und breit. Er hält um ihre Hand an. Noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges heiraten sie. 1914 ist Liese schwanger. Fritz heißt der Erstgeborene, Heinz der fünf Jahre jüngere zweite Sohn.

    Nach dem Ersten Weltkrieg kaufen sie ein Handtuchfeld im Oberdorf von Stupozke. Südlich grenzt ihr Besitz an die Tschischerascher Berge, eingerahmt vom Hochwald, vor dem der Zollweg von Schlesien im Osten kommend sich nach Westen in Richtung Lubuš hinzieht. In Richtung Norden führt der Weg ins Unterdorf, ins Hauptdorf von Stupozke. Dort befinden sich die Bauernhöfe, die Kirche, die Gaststätte mit Tanzsaal, der Schmied. Auf diesem Handtuchfeld im Oberdorf gleich neben der Straße nach Plesow, einem breiten, zerfurchten Sandweg, errichten Otto und Liese ihr Haus. Alle im Dorf ansässigen Gewerke beteiligen sich am Hausbau. Zunächst wird die Baugrube, der künftige Keller ausgehoben. Als Werkzeug dienen Spaten, Schaufeln, Eimer und Winden. Über den mit Steinplatten abgedeckten Keller wird das Gebäude in Ziegelbauweise Stein um Stein hochgezogen. Der im Herbst 1927 abgeschlossene Rohbau bleibt über die Wintermonate bis zum nächsten Frühling Frost, Schnee, Kälte überlassen.

    Im Sommer des folgenden Jahres beziehen Liese und Otto ihr Haus im Oberdorf unmittelbar vor dem Zollweg und dem Hochwald. Der Erwerb des Grundstückes und der Bau des Hauses hat alle Ersparnisse aufgebraucht. Kredite bei Banken nehmen sie nicht auf. Sie misstrauen diesen Institutionen. Die eigene Familie ist verlässlicher.

    Als Hausfrau konzentriert Liese ihre volle Aufmerksamkeit auf Haus, Grundstück und ihre Kinder; Fritz heißt der Erstgeborene, Heinz der Fünfjahre jüngere zweite Sohn. Im Dreischichtsystem ist Otto als Lokomotivführer der Grubenbahn im Einsatz.

    Nach dem Umzug von Liese und Otto nach Stupozke verbleibt Fritz bei den Großeltern in Jordan. Dort beendet er die Schule, um anschließend eine Ausbildung als Kaufmann in der Stadt aufzunehmen, in der einst seine Mutter als Dienstmädchen sich ihren Lebensunterhalt erwarb. Nie wieder wird Fritz zurückkehren. Seine Mutter ist stolz auf ihren Großen. Ein kluger Kopf ist er. Luise erwartet, dass ein guter Geschäftsmann aus ihm wird. Hätte sie die finanziellen Mittel, könnte sie ihm den Weg zu einer Höheren Schule ebnen, ihn studieren lassen. Wie der Herr Postdirektor und der Herr Pfarrer könnte ihr Großer ein feiner Herr werden. Das Zeug dazu hat er. Dessen ist sich Luise sicher. Nur ungerecht ist die Welt. Sie kann das Schulgeld nicht aufbringen. Alles Vermögen hat das Haus verschlungen. Der jüngere, zweite Sohn besucht die Schule in Stupozke.

    Unmittelbar hinter dem Haus befindet sich der Auslauf für das Geflügel, für Hühner und Enten. Auf diesem Gelände errichtet Otto auch die Holzfeime, fein säuberlich und akkurat gestapelt. Otto sagt immer: „Wenn die Holzfeime ordentlich aufgeschichtet sind, kann auf ihnen getanzt werden." Hinter dem Geflügelauslauf legt sich Liese einen kleinen Blumengarten an und einen großen Gemüsegarten.

    Alle Grundstücke im Oberdorf verfügen über keine Kanalisation. Der Abfluss ist sehr störanfällig, für Abwaschwasser ungeeignet. Schnell ist er verstopft. Deshalb wird alles Wasser in Eimern in den Garten getragen. Unmittelbar am Zaun zu den Feldern wird das Schmutz-Wasser ausgeschüttet, versickert schnell in der Erde.

    Liese und Otto sind mit dem Tagebau aufgewachsen, haben das Entstehen der Gruben, die Rodung der Wälder, die Vernichtung der Heidelandschaft, die Abraumhalden, das Verschwinden des Grundwassers, die Verpestung der Luft, die Verschmutzung einer ganzen Region, die Zuwanderung vieler Menschen bewusst erlebt. Aber sie wissen auch, dass der Bergbau den Menschen Wohlstand, ein gesichertes Einkommen bringt.

    Liese sitzt auf ihrem Küchenstuhl, starrt aus dem Küchenfenster, weint. Vor ihr auf dem Tisch liegt ein Brief, daneben ein Briefumschlag, äußerlich erkennbar als amtliches Schreiben. Immer wieder greift sie nach dem Brief, liest, schüttelt den Kopf, schreit in die Stille der Küche: „Das kann nicht wahr sein! Das darf nicht wahr sein! Ich will meinen Fritz zurück! Sie will sich die bittere Wahrheit nicht eingestehen. „Ich will meinen Fritz zurück!, schluchzt sie. Liese hält die Hand vor den Mund, um die Klage, den tiefen Schmerz, die Trauer zu unterdrücken. Sie will ihre Gefühle vor den Nachbarn verbergen. Sie spricht mit sich selbst: „Mein Junge ist tot. Mein intelligenter, kluger, strebsamer Junge ist nicht mehr! Meine Hoffnungen, meine Sehnsüchte werden sich nicht erfüllen. Mein Fritz sah blendend aus, war vornehm, ehrgeizig, hatte eine Zukunft als Kaufmann vor sich. Er war anders als Otto und Heinz. Die beiden sind Handwerker, verstehen etwas von ihrem Fach, können eine Familie ernähren, aber mein Fritz war gelernter Kaufmann, hatte es schon weit gebracht in Erfurt. Ob seine Frau benachrichtigt worden ist? Ich

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