Glaube an den stets größeren Gott: Karl Rahner als Anreger
Von Klaus P. Fischer
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Über dieses E-Book
Herausgeber: Hans-Jürgen Sträter, Adlerstein Verlag
Klaus P. Fischer
Klaus P. Fischer, geboren 1941 in Stuttgart, studierte Klassi-sche Philologie bei W. Schadewaldt, W. Jens (Tübingen) und R. Muth (Innsbruck), Philosophie und Theologie u. a. bei H. Küng, W. Schulz, R. Schaeffler in Tübingen, E. Coreth, K. Rahner, J.A. Jungmann in Inns-bruck, P. Henry, H. Bouillard in Paris, O. Semmelroth, B. Schüller in Frankfurt/M. Beraten u.a. von K. Lehmann (dem heutigen Kardinal), promovierte er 1973 bei H. Bouillard in Paris mit einer Arbeit über die Theologie K. Rahners. Er engagierte sich jahrzehntelang in Religionspädagogik, Gemeinde, Jugend und PatientenPastoral sowie in religiöser Rundfunkarbeit (Südd. Rundfunk). Derzeit Lehrbeauftragter für Theologie an der Universität Heidelberg, dazu Kurse in religiöser Erwachse-nenbildung. Schwerpunkte seines Bemühens sind von Anfang an die Hinführung zum christlichen Glauben wie auch die Lebenshilfe aus dem Glauben. Dafür waren und sind ihm die Biblische Theologie (dankbar und vielfach gestützt auf das in Vorträgen verbreitete und in einigen Manuskripten erhaltene Lebenswerk von H. Seifermann, München), ignatianische und oratorianische Spiritualität wichtige Quellen. Für die letztgenannten sowie für den Geist des 2. Vatikanischen Konzils stand und steht er in fruchtbarem Austausch mit dem langjährigen Erfurter Theologen S. Hübner (jetzt Berggießhübel).
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Buchvorschau
Glaube an den stets größeren Gott - Klaus P. Fischer
Der 1. Beitrag entstammt der im Adlerstein-Verlag 2016 erschienenen Schrift Auf der Suche nach Glauben - Begegnungen mit Karl Rahner
.
Der 2. Beitrag wurde in kürzerer Fassung sowohl in der eben genannten Kleinschrift wie auch im Jahrbuch 2017 der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg veröffentlicht.
Der 3. Beitrag ist in erster Fassung im e-book der Initiative Pro Pope Francis
von Halik-Zulehner zugänglich und wurde nochmals überarbeitet.
Der frühere Titel Auf der Suche nach Glauben
wird nicht mehr aufgelegt.
Der 4. Beitrag wurde von Klaus P. Fischer im Oktober 2021 hinzugefügt.
VORWORT
Die nachfolgenden Beiträge, unabhängig voneinander entstanden, sind inhaltlich miteinander verbunden durch die Frage nach Gott.
Sie kann nie endgültig beantwortet sein, wie man es für die Untersuchung eines endlichen Gegenstandes erwarten könnte (was sich aber auch hier meistens als Täuschung herausstellt). Dem Thema Gott freilich hat man schon oft den Abschied gegeben, weil er im modernen und postmodernen Weltbild keinen 'Platz` mehr habe. Nicht wenigen Zeitgenossen jedoch widerfährt es unerwartet, dass der Lebenslauf Nachdenkliches, ja Unlösbares wie eine unbestellte Ware gratis mit liefert. Anlässlich solcher Erfahrungen kommt es immer wieder vor, dass man bei Christen Rede und Antwort erfragt über die Hoffnung, die sie trotz allem
bewahren. Christen könnten dann jene, die den Mut dazu haben, einladen, mit ihnen in die Abgründe der Welt hinabzusteigen, um Gott zu entdecken als Alternative zum Nichts.
Der einst weltberühmte Theologe Karl Rahner († 1984) - he has become a legend in his lifetime
, kommentierte einmal ein amerikanischer Zeitgenosse seinen Namen - kannte die moderne Welt und ihre Menschen. Sein seelsorglicher Mut trieb ihn zeitlebens an, sich in äußerste Tiefen der Existenz vorzuwagen, um den Menschen nahe zu sein, ja ihnen tröstend zuzureden, wo der verzweifelte Sturz ins Nichts droht. Sein bohrendes Denken ließ nicht nach, bis er einen (zumindest vorläufigen) Ruhepunkt gefunden hatte oder aus seiner Glaubenserfahrung einen guten Rat von Mensch zu Mensch mitteilen konnte.
Karl Rahner war ein kühner Denker, der oft dort noch weiter fragte, wo andere aufgehört hatten. So vermittelte er Anstöße und öffnete neue Horizonte.
Die folgenden drei Aufsätze versuchen, Wege weiter zu gehen, die Rahner gebahnt hatte. Sie tun es in unterschiedlicher Weise.
Der erste Aufsatz resümiert Gedanken, die Rahner in mehreren Anläufen entwickelt hatte: welche Gründe kann ich mir und anderen anführen, weshalb ich an Gott glaube und Christ bin ...
Der zweite ist bemüht, die uralte Frage nach dem Leid im Menschenleben aufzugreifen, die Frage, die seit jeher gegen Gott, gegen Glauben an Gott angeführt wird. In den letzten Lebensjahren verfasste Rahner zur Frage Gott und menschliches Leid eine eigene Abhandlung, die aber wegen ihrer nur angedeuteten gedanklichen Voraussetzungen vielfach missverstanden wurde. Sie wird hier aufgenommen und auf ihre Voraussetzungen hin durchleuchtet.
Der dritte Beitrag schließlich nimmt ein Thema vor, das Rahner seit Ende des 2. Vatikanischen Konzils immer mehr beschäftigte: die Aufgabe eines Strukturwandels der Kirche nach innen und außen, der aus einer tiefen Erneuerung des Glaubens erwachsen sollte und müsste. Die Aktualität und Brisanz dieser Aufgabe muss heute, fast 50 Jahre nach Veröffentlichung von Rahners Votum, nicht groß erläutert werden. Rahners Einsichten treffen heute auf neue Konstellationen, Bedürfnisse, Begründungen und erweisen ihre Aktualität.
Diese deutlich zu machen ist Anliegen des dritten Aufsatzes.
Die Vorrede zeigt, dass Karl Rahner für die drei Beiträge in unterschiedlicher Weise Pate steht: als Lehrer, als geistlicher Begleiter, als Anreger und Ideengeber.
Die Verantwortung liegt jedoch allein beim Autor dieser Zeilen.
Wer weitergehende Aufschlüsse zu Rahners Denken sucht, sei verwiesen auf das gemeinsam mit Siegfried Hübner erstellte Werk GOTT ALS GEHEIMNIS DES MENSCHEN - Annäherungen an Karl Rahner (Wiesmoor 2015).
INHALT
I. Wer oder was ist ein Christ?
II. Leben und Leiden vor dem Geheimnis Gott
III. Wandelt euch durch ein neues Denken!
IV. VON TOD UND LEBEN - aktuelle Probleme des Theodizee-Problems
Literaturverzeichnis
Zum Autor
Wer oder was ist ein Christ?
Karl Rahner – und das ist für ihn charakteristisch – antwortet auf die Frage, was bzw wer ein Christ ist, nicht durch Verweis auf die Evangelien oder das Glaubensbekenntnis.
Rahner gibt Auskunft aus der Selbstbefragung: ich möchte ein Christ sein und betrachte mich – ein wenig zweifelnd – auch als solchen. Was entdecke ich da an mir, in mir, weshalb ich Christ sein möchte und zu sein hoffe? Was glaube ich denn beim Hören der christlichen Botschaft „gehört und verstanden zu haben"? Rahner antwortet also sehr persönlich durch ein Zeugnis, reflektiert aber dabei, wie es seine Methode ist, auch auf die Grundstrukturen des Menschseins, wie er sie an sich selbst, aber auch bei anderen erkennt. Rahner antwortet daher als Zeuge, erkundet dabei aber die „Bedingungen der Möglichkeit" des „Christ-seins".
Das war stets seine Stärke: das Bemühen, die Fragen des Glaubens vom Menschen selbst her neu anzuschauen und zu stellen, wie es der „Wende zum Subjekt" entspricht.
„Ich möchte ein Mensch sein, der frei ist und hoffen kann".¹ Das bedeute, sagt Rahner, dass er weiß und vollzieht: ich bin meiner Freiheit anvertraut. Sie will und soll ein Leben hindurch endgültig aus ihm machen, was ihm und ihr vorgegeben sei als Entwurf eines Menschen: „ein Mensch der Treue, der Liebe, der Verantwortung".
Eine solche Geschichte der Selbstbestimmung, davon ist Rahner überzeugt, ereigne sich durch alles Undurchsichtige, Fragwürdige, ratlos Machende, die unbestimmten Anläufe eines Lebens hindurch. Das geschichtliche Leben des Menschen zerrinne durch alles Einzelne, Banale, Mühselige hindurch nicht ins Leere, sondern steuere auf einen „absoluten Entscheidungspunkt" zu, wo ein Leben als Ganzes verantwortet wird.
Natürlich sei ihm bewusst, sagt Rahner, dass die Theoretiker der Philosophie und der Humanwissenschaften Begriffe wie Freiheit, Verantwortung, Liebe, Selbstlosigkeit usw. problematisieren. Auch ihm selbst seien diese Begriffe nicht einfach restlos klar und durchsichtig.
Doch wenn er sehe, wie jene Theoretiker versuchen, diese großen Begriffe in Atome der Natur, des Psychischen, des Animalischen, des Chemischen usw aufzulösen, erinnere er sich, dass solche Auflösungsversuche ja ebenfalls von Subjekten vorgenommen werden, die dazu ihre Freiheit gebrauchen und dafür Verantwortung übernehmen müssen. Dies vor Augen, erschienen ihm „solche Destruktionsversuche falsch" (Wagnis 28). Auch der krasse Materialist setze seinem Leben Ziele und Ideale – und eben dafür setzt er seine Freiheit ein und seine Verantwortung (Ich glaube, 188).
Das heißt für Rahner: ich nehme mich an mit all den Bedingtheiten und Zufälligkeiten meiner biologischen und geschichtlichen Existenz, auch wenn ich das Recht habe,