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Der rote Sturm
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Der rote Sturm
eBook181 Seiten2 Stunden

Der rote Sturm

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Über dieses E-Book

Das Buch spielt in der amerikanische Staat Nebraska in den Jahren 1890. Der Vater der jungen Jenny ist ein Siedler, der alltäglichen damit kämpft, dem kargen Boden Gewinn abzuringen. Jenny bewundert ihren Vater, aber hat gleichzeitig auch Angst vor ihm, da er sehr kämpferisch und wütend werden kann. Als Jenny und ihr Vater bei einem Indianeraufstand plötzlich Feinde zu werden scheinen, wird die Vater-Tochter Beziehung noch komplizierter. -
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum13. Dez. 2021
ISBN9788726921748
Der rote Sturm

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    Buchvorschau

    Der rote Sturm - Stig Ericson

    Stig Ericson

    Der rote Sturm

    Übersezt von Regine Elsässer

    Aus den Erinnerungen von

    Jenny M. Lind, Nebraska 1890

    Saga

    Der rote Sturm

    Übersezt von Regine Elsässer

    Titel der Originalausgabe: Jenny och den röda stormen

    Originalsprache: Schwedischen

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 1992, 2021 Stig Ericson und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788726921748

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

    Mein Vater

    Als ich zehn Jahre alt war, schloß mein Vater mich eines Morgens in den Gemüsekeller ein.

    Mutter versuchte, ihn zu hindern, aber er stieß sie beiseite, und als er die Tür zudrückte und den Riegel vorschob, hörte ich ihn schreien:

    „Kümmere dich um deine Angelegenheiten, Frau. Sonst... "

    Ich weiß nicht mehr, was ich angestellt hatte, aber es muß auf jeden Fall irgendwann im Spätherbst gewesen sein, denn die Wühlnattern hatten sich dorthin zurückgezogen, und es kroch und krabbelte überall um mich herum.

    Ich stand barfuß in der Dunkelheit und schrie wie eine Wahnsinnige. Wenn ich zwischen den Schreien Luft holte, hörte ich, wie die Schlangen sich bewegten, nicht nur auf dem Boden, sondern auch auf den Regalen und den morschen Brettern unter der Decke. Ich zog mir das Kleid am Hals ganz, ganz fest zu, damit sie nicht an meinen Rücken gelangen konnten, meinen so empfindlichen Rücken, den ich schon damals, so gut es ging, zu schützen versuchte.

    Als ich dann wieder herausgelassen wurde, stand die Sonne groß und rot über den Hügeln hinter dem Fluß, das Licht stach wie mit Messern in den Augen, und ich sprach mehrere Tage mit niemandem ein Wort...

    So ist es, wenn ich über meine Kindheit und Jugend in der Siedlergemeinde Bluewater erzählen möchte; ich komme auf Ereignisse zu sprechen, die mit Vater zu tun haben; starke, oft schreckliche Erlebnisse, die mich immer noch zu unüberlegtem Handeln veranlassen können.

    Er bestimmte mein ganzes Dasein. Meistens haßte ich ihn. Aber gleichzeitig wurde ich von ihm angezogen; es kam häufig vor, daß ich seine Nähe suchte, so wie Motten das Licht.

    Mein Bruder Daniel sagte manchmal, ich sei wie mein Vater, und da wollte ich ihn dann immer kratzen und schlagen... Was ich erzähle, wird nicht nur ein Bericht über den ,roten Sturm’, die große Indianerfurcht im nordwestlichen Nebraska im Herbst 1890, oder darüber, was die Angst der Menschen, ihre Unwissenheit und ihre Vorurteile vermögen; vieles von dem, was ich erzähle, hat mit meiner Beziehung zu meinem Vater zu tun.

    Vielleicht hilft mir das Schreiben, ihn und mich besser zu verstehen.

    Mein Vater glich keinem anderen Menschen und wollte es vermutlich auch nicht.

    Er hatte die kaputtesten Kleider, den beißendsten Geruch an sich, den wildesten Bart und die schärfste Zunge in der ganzen Gegend.

    Jeder, der ihn zwischen den Häusern von Rushville, Chadron, Gordon oder einer der anderen neuerbauten kleinen Ortschaften entlang der Eisenbahn trotten sah, reagierte irgendwie auf ihn.

    Die Kinder streckten ihm die Zunge heraus und ahmten seinen merkwürdigen, etwas holprigen Gang nach. Die Frauen traten beiseite und wandten sich ab; er war weit und breit bekannt für seine frechen Grimassen und für seine Verachtung für alles, was Weiberröcke trug. Die Männer schoben sich die Mütze in den Nacken und glotzten ihm nach, entweder mit Wut oder mit widerwilligem Respekt.

    Man nannte ihn Onkel Charles.

    Das hatte nichts mit seinem Alter zu tun; es gab in der Gegend Männer, die sehr viel älter waren. Aber nach vielen Jahren im Einwandererland war er so etwas wie eine Führerfigur, ein Ratgeber geworden.

    An ihn wandte man sich, wenn die Ernte mißlang, wenn wieder Gerüchte umgingen, daß die Indianer oben im Reservat Kriegstänze tanzten, oder wenn die Übergriffe der Viehzüchterbosse gegen die Siedler zu schlimm wurden.

    Die Bosse wollten die früher freien Steppen für sich haben.

    Die Weiden machten sie reich, oder noch reicher. Die meisten hatten viele tausend Tiere. Deshalb versuchten sie auf jede nur mögliche Art, die Neuankömmlinge zu vertreiben. Häuser brannten aus mysteriösen Gründen. Eingewanderte Farmer wurden tot mit Schußwunden im Rücken gefunden. Unbekannte Reiter galoppierten im Schutz der Dunkelheit nach Süden...

    Die Gegend um Bluewater war weit weg vom nächsten Sheriff.

    Vater behauptete, der einzig gebildete Mensch in der ganzen Gegend zu sein. Das würde man nicht glauben, wenn man ihn sah oder in seinem gebrochenenen Englisch schimpfen und fluchen hörte, aber es kann schon sein, daß etwas dran war an der Behauptung.

    Bis zu den schrecklichen Ereignissen oben im Pine-Ridge-Reservat in der Woche nach Weihnachten im Jahr 1890 war er davon überzeugt, daß er und sonst niemand wußte, wie Bluewater in Zukunft aussehen würde.

    Es ging um den Anbau. Ums Säen und Pflanzen, Wässern und Beschneiden. Darum, die richtigen Pflanzen in die richtige Erde zu setzen.

    „Da, wo wilde Sonnenblumen wachsen, kann man auch Mais säen..."

    Das habe ich ihn unendlich oft sagen hören, sowohl zu Neuankömmlingen als auch zu Nachbarn, die Ratschläge haben wollten. Und er hatte meistens recht. Ich wuchs in einem Land auf, das sich wandelte; in meiner Kindheit wurden viele tausend Acres bis dahin unberührtes Prärieland unter den Pflug genommen.

    Mein Vater war ein Farmer, ich möchte sogar fast behaupten ein Farmer-Genie. Es kam vor, daß Leute aus Lincoln angereist kamen, um seinen Obstgarten anzuschauen. Er hatte die Fähigkeit, die Kraft des Bodens zu bestimmen, indem er an der Erde roch oder sie zwischen seinen kurzen, immer schmutzigen, aber dennoch merkwürdig empfindsamen Fingern zerkrümelte.

    Er liebte den Mais, den Obstgarten und das Gemüse und haßte viele Menschen.

    Es war fast nicht möglich, ihn zu verstehen.

    Er hieß Charles J. Lind und stammte aus Schweden.

    Der Indianerbaum

    Viele Gemeinden haben ihre besonders gefährlichen und unheimlichen Orte, wo es angeblich in bestimmten Nächten spukt, wo die Eule bei Vollmond dreimal hintereinander ruft.

    Diese Orte haben oft etwas mit Gewalt und Blut und Tod zu tun.

    Auch die kleine Siedlergemeinde am Bluewater kam zu einem solchen Ort. Er lag am Fluß, drei oder vier Meilen nach Osten.

    Da stand eine riesige, verwachsene Baumwollpappel, deren knorrige Zweige und rissige Rinde die Spuren von vielen Jahrzehnten von Stürmen und Grasbränden trugen. Der Baum wuchs so nah am Fluß, daß die klauenähnlichen Wurzeln bis ins Wasser reichten.

    Eines Tages hing da ein Mensch, ein junger Indianer.

    Es geschah an einem klaren, sonnigen Herbsttag, ein paar Tage, bevor ich zehn Jahre alt wurde. Ich verstand zuerst gar nicht, was geschehen war.

    Ich sah, wie Menschen mit gesenktem Kopf vorüberritten, und als eine der Nachbarsfrauen in die Küche kam, begrüßte sie mich nicht, und Mutter schickte mich hinaus, ehe sie miteinander sprachen. Es lag etwas in der Luft, etwas Schreckliches und Beängstigendes, und hinterher war Mutter ganz anders als sonst. Sie hatte Angst im Gesicht, obwohl Vater nicht zu Hause war. Ich konnte keinen Augenkontakt mit ihr bekommen.

    Und ich fragte mich natürlich, was wohl passiert war.

    „Laß mich in Ruhe", zischte sie, wenn ich sie fragte.

    „Aber Mutter, Liebe..."

    Sie schlug nach mir.

    „Ach Kind. Häng mir nicht am Rockzipfel. Raus."

    Mutter kam aus Deutschland und hatte die neue Sprache nicht richtig gelernt. Sie verwendete oft deutsche Wörter. Raus bedeutete, daß ich verschwinden sollte, daß sie mich nicht sehen wollte...

    Irgendwie bekam ich dann doch heraus, daß man an diesem sehr sonnigen Morgen in der Nähe von Bluewater einen Menschen getötet hatte, daß man jemandem einen Strick um den Hals gebunden hatte und ihn an einem Baum hochgezogen hatte, so daß er erdrosselt wurde.

    Wenn es niemand sah, band ich mir das Brunnenseil um den Hals und versuchte, mir vorzustellen, wie es sich anfühlte, erhängt zu werden.

    Es ging nicht.

    Ich erinnere mich auch an etwas, was Vater sagte, als er und Mutter ausnahmsweise miteinander sprachen. Es muß ein paar Tage später gewesen sein.

    „Sie waren keine Menschen, als sie es taten, sagte er. „Sie waren ein Mob.

    Mob.

    Das war ein neues Wort, über das ich viel nachdachte.

    Vater war dabei, als sie den Indianer hängten, aber er erzählte nicht, was geschehen war. Das erfuhr ich erst viele Jahre später von anderen. Vater erzählte selten oder fast nie etwas.

    Es hatte etwas mit gestohlenen Pferden zu tun.

    In diesem Sommer waren drei oder vier Pferde von den Höfen in der Gegend verschwunden, und Pferde waren der wertvollste Besitz. Man lieh sich Geld gegen hohe Zinsen, um die Ochsen gegen ein paar Pferde eintauschen zu können.

    Die Pferde waren ein Zeichen dafür, daß man auf dem besten Weg war, es zu schaffen, daß man sich durch die ersten Schwierigkeiten hindurchgearbeitet hatte. Wer ein Pferd besaß, mit dem mußte man rechnen.

    Eines Morgens war der Schotte McBride früh auf, und da sah er einen Indianer im Pferdegehege. Ich erinnere mich an McBride als einen grobschlächtigen, rothaarigen Mann mit harten Augen und tiefen Falten zwischen Mund und Wangen. Der Indianer rannte davon, trat aber in ein Kaninchenloch und fiel hin. McBride übermannte ihn und rief Leute zusammen, indem er drei Schüsse in die Luft abgab.

    Das war die übliche Art, um Hilfe zu rufen.

    Als genug Leute beisammen waren, warf man den gefesselten Indianer auf einen offenen Wagen, um ihn zum Sheriff nach Valentine zu bringen. Die Eisenbahn war damals noch nicht weiter gekommen.

    Aber nun war es ein ungewöhnlich warmer Morgen, und es war weit bis nach Valentine. Das Korn stand reif auf dem Feld, man war mitten in der Erntearbeit, und für viele war es die erste Ernte in dem neuen Land. Man konnte nie wissen, wie das Wetter am nächsten Tag war. Die Herbstregen kamen sicher bald.

    Man sprach darüber, während der Indianer schwieg und der Karren auf dem primitiven Weg vorwärtsknirschte. Man fluchte über die Wärme und darüber, daß ein guter Arbeitstag verloren gehen würde. Konnte McBride diesen Transport denn nicht alleine machen?

    Das konnte McBride nicht. Es gab bestimmt noch mehr Rothäute in der Nähe, und er wollte nicht riskieren, von einer Horde mörderischer Wilder überfallen zu werden...

    Man verfluchte alle Indianer, dieses Diebes- und Banditenpack, das oben im Reservat gut lebte, das Essen und Kleider bekam, ohne auch nur einen Finger zu rühren, während ehrliche, christliche Leute schufteten, daß ihnen das Blut unter den Nägeln hervortrat. Man schaute sich die schwieligen Hände an, die Sonne stieg immer höher, und ein Wort gab das nächste.

    Die gestohlenen Pferde würden nie mehr zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurückkommen; die waren wohl oben im Reservat verkauft worden, um Geld für den sündigen Whisky zu bekommen. Sie soffen ja wie die Schweine, die Rothäute. Und wenn sie nicht soffen, dann stahlen sie ehrlichen Leuten die Pferde...

    Warum es nicht auf der Stelle erledigen? Er würde ja doch gehängt werden.

    Es kann sein, daß es wie ein Scherz anfing, so wie Männer sich gegenseitig zeigen, wie stark sie sind, und sicher haben viele protestiert. Mein Vater muß einer von denen gewesen sein. Er hatte zusammen mit Indianern gejagt und zollte ihnen einen gewissen Respekt. Außerdem konnte er Leute mit vorgefaßten Meinungen nicht ausstehen, obwohl er selbst dazugehörte.

    Aber dieses Mal haben nicht viele auf Onkel Charles gehört.

    Als man an die Stelle kam, die noch sehr lange Zeit ,Der Indianerbaum’ genannt wurde, warf jemand ein Seil über den untersten Ast.

    Hinterher wollte niemand sagen, wer es war, aber es ging das Gerücht, daß es ein

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