Andante con Moto
Von Theodor Strock
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Andante con Moto - Theodor Strock
Glossar
Hier ein paar kurze Hinweise zur Aussprache der schweizerdeutschen Passagen:
Die Laute werden wenn immer möglich so wiedergegeben, wie man sie bei aufmerksamem Hinhören vernimmt, und so nahe wie möglich am Prinzip: 1 Buchstabe = 1 Laut. Natürlich übernehmen wir die gewohnten Sch und Ch für Einzellaute. Dazu kommen Laute, die das Schweizerdeutsche anders unterscheidet als die Hochsprache der Bundesrepublik und für die z. T. eine etablierte Schreibtradition besteht:
y steht für einen gedehnten i-Laut, den man im Deutschen oft (aber nicht immer) mit ie oder ih wiedergibt: ihr, sie, Miene → yr, sy, Mynę.
i steht für einen kurzen, klaren Laut, der nicht wie im Norddeutschen oft nahe bei ü liegt (Da hadder ümma jelacht): Sitz, ligg!
ę benutzen wir, um ein „sterbendes", mit schlaffem Mund gesprochenes e zu bezeichnen, ähnlich dem englischen Sir → Söa. Das Schweizerdeutsche spricht lange Vokale und Diphthonge weniger straff aus als das Hochdeutsche. Nicht verwechseln: Müüsli (Mäuschen) ↔ Müęsli (Mus, mit Verkleinerungsendung -li), z. B. das berühmte Birchermüęsli.
gg gibt es in der hochdeutschen Schreibung nur sehr vereinzelt. Im Schweizerdeutschen bezeichnet es nicht einen straff vorne am Gaumen gesprochenen Doppellaut, sondern einen Konsonanten, der weiter vorne als k gesprochen wird. Wenn Sie den hochdeutschen Satz „Er hat alles mit der Egge gemacht" rasch und beiläufig aussprechen, kommen Sie der Sache am nächsten. Beispiel: Er hät än Äggę-n-ab (er spinnt).
k wird in Zürich kehlig, recht weit hinten gesprochen, ungefähr wie in Bayern.
-n- bezeichnet einen Bindelaut, nicht den Kasus. Das Deutsche kennt einen sogenannten Fügelaut mit einer ähnlichen Funktion: Seele–n–schmetter (Genitiv!): Schrybsch m’r no–n–äs Mejl? (Schreibst du mir noch ein Mail?) ↔ Ich ha–n–än Bryęf überchoo (Ich habe einen Brief bekommen: Der Kasus wird durch än ausgedrückt). Das –n– ist fakulativ: Schrybsch m’r no äs Mejl? ist korrekt, nur darf das ä auf keinen Fall mit Knacklaut ausgesprochen werden, der Übergang muss fließend sein wie ein Diphthong.
þ bezeichnet einen Laut zwischen b und p: Häsch t’Kamęra mitþracht?
ð bezeichnet einen Laut zwischen d und t: Hänðsęn g’fundę (Haben sie ihn gefunden)?
Das meiste, was für Bundesdeutsche nicht unmittelbar verständlich ist, wird mit Fußnoten erklärt, die zuweilen auch Hinweise auf den Ursprung geben. Deshalb werden hier nur wenige Wörter angeführt:
ännęt: jenseits
Arflę, Aarfęlę: ein Armvoll, was man auf einmal zwischen den Armen tragen kann – än Aarfęlę Chrys (ein Armvoll Tannenreisig)
Baigę, Bygę: Stapel – ä Bygę Schytli (ein Stapel Scheite)
Chrys: Tannenreisig.
Göppęl: Fahrzeug, meist Fahrrad, aber auch Motorrad. Aus dem Berndeutschen Göppu, in Zürich ebenfalls gebräuchlich.
Hampf(ę)lę: Handvoll, kleines Häufchen.
maini: (ich meine =) anscheinend.
schmöckę: riechen, mit der gleichen Doppelbedeutung wie im Deutschen. Das Schweizerdeutsche hat besondere Ausdrücke für unangenehme Gerüche – Äs müffęlęt: Es riecht nach Schimmel. Äs bismęlęt: Es riecht streng (stark und eher schlecht). Äs böckęlęt: Es riecht wie nach einem Geißbock.
Schlarpę: bequeme Hausschuhe (s. auch Online-Duden)
schnutzgrad: gerade wie ein gespannter Schnutz (Schnur)
teerę: dörren (z. B. Bohnen, Apfelschnitten, Zwetschgen)
Töff: Motor(fahr)rad.
Välo: Fahrrad (von Veloziped abgeleitet) – Nimsch s’Välo? Schriftliches Beispiel: „Wer ohne Helm einen schweren Velounfall überlebt hat, wird nie mehr unbehelmt auf ein Velo steigen" (NZZ, 11.11.2019).
Wichtige Nachschlagewerke, die online verfügbar sind:
Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, nach dem Tod der Gebrüder 1859/1863 von Generationen von Sprachwissenschaftern fortgesetzt, bis zur Onlineausgabe von Kurt Gärtner an der Universität Trier, öffentlich zugänglich unter dwb.uni-trier.de.
Schweizerisches Idiotikon – Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache, online unter der URL https://www.idiotikon.ch/kostenfrei zugänglich.
Der gute alte Duden in neuem Gewand: https://www.duden.de. Nicht wenige südalemannische und schweizerische Wörter haben darin Aufnahme gefunden. Wo dies der Fall ist, werden sie nicht erklärt, auch wenn sie nur wenigen bundesdeutschen Leser*inne*n bekannt sind und Duden die Aussprache nur sehr approximativ angibt.
Kapitel 1
Ein dramatisches Witiker Konzert
Das liebt man gar nicht, wenn so was passiert in einem Konzert, das ist ausgesprochen unschön, und wenn es geht, verbirgt man es vor dem Publikum, dass einer zum Beispiel dem Nachbarn mit dem Bogen das Aug’ aussticht. Es geht leider nicht immer, das mit dem Verbergen, vor allem, wenn man den Dirigenten auf einer Bahre hinaustragen muss und die Routiniers unter den Zuhörerinnen und Zuhörern schon zu den Ausgängen drängen, weil dort an der Kasse noch die Einnahmen dieses Konzerts liegen und man mehr Aussicht hat, sich den Eintritt zurückerstatten zu lassen. Das ist dann ein Schock für die einen und ein amüsanter Zwischenfall für die anderen.
Bei so was war ich auch schon dabei und hatte vor allem Mitleid mit den Musikern: Die üben ja stunden-, tage- und nächtelang, oft noch mit Chor und Solisten, jetzt sollte das einen bescheidenen Verdienst abwerfen, und vielleicht gibt es nichts. Fast kein Musiker ist gegen Berufsschäden versichert. Und was sich Musikerinnen und Musiker an Krankheiten mit dem fleißigen Musizieren holen können, das ist vollends erschreckend. Arme Musizierende! Ja, gut, werden Sie sagen, Berufsrisiko, haben wir alle, man lernt eben, sportlich damit umzugehen. – Ein fades Argument, muss ich schon sagen, aber ich will hier nicht mit Ihnen streiten, nein doch, mit meinen holden Leserinnen streite ich nie, mit den Lesern auch nicht. Und ich gebe Ihnen auch recht, wenn Sie sagen, es gebe Schlimmeres auf der Welt, so viel Leiden überall, und unsere Machtlosigkeit dazu. Nicht zum Aushalten! Gut, auch recht, abgesehen davon, dass an unserer Hilflosigkeit nicht wir, sondern die anderen leiden.
Doch weder ein von einem geigenden Kollegen ausgestochenes Auge noch der unfallbedingte Sturz einer Sängerin in die Orchestergrube führen üblicherweise in Zürich dazu, dass ein Stadtpolizist und Vertreter der Abwehr aus einem ganz anderen Quartier aufgeboten wird, um den Vorgang genauer zu untersuchen. Diesmal ging es um eine echte Tragödie: den Tod einer jungen, begnadeten Sopranistin, die ein Jahr zuvor in der Herbstsaison 2040 im Zürcher Operntheater als Königin der Nacht in Mozarts Zauberflöte Stürme der Begeisterung ausgelöst und sich mit einem Mal ins internationale Scheinwerferlicht gesungen hatte – von der Metropolitan Opera bis zur Opéra de Paris hatte es Anfragen für die kommende Saison gehagelt, die sie „vorläufig" höflich abgelehnt hatte: Im Januar 2040 war sie im zweiten Monat schwanger, gedachte noch, am Pfingstsonntag in einer Aufführung der H-Moll-Messe KV 427 als Erster Sopran mitzuwirken und dann ein Jahr Pause einzuschalten, um sich ganz ihrer Rolle als Mutter zu widmen. Sie verfügte nicht nur über eine großartige Stimme, sondern auch über ein gesundes Selbstbewusstsein und traute sich zu, nach einem Jahr erneut den Anschluss an eine noch kaum angedeutete Karriere zu finden.
Was dann am Samstag, 14. April 2040 geschah und zum Tod von Teresa Celli[1] führte, war allerdings derart verstörend und seltsam, dass es einer sorgfältig koordinierten Anstrengung aller Untersuchungsorgane bedurfte, um den Fall von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Ich erfuhr davon gegen elf Uhr nachts, als mich ein ziemlich erregter Oberstdivisionär von Fells zu sich auf seinen Kommandoposten bestellte, „Sofort!, der Einsatzwagen, der mich abhole, stehe vermutlich schon an der Pfarrhausstraße vor dem Hintereingang unseres Polizeipostens. Auch das war ungewöhnlich: An der Altstetterstraße 162, der offiziellen Adresse, hat es zwei offizielle Parkplätze, und unsere eigenen Fahrzeuge stehen in der unterirdischen Garage, deren Ausfahrt wenig weiter südlich mündet. Auf dem Posten waren wir gerade zu dritt, Jakob Klöti, Aleksandra und ich, und die Adjudanz wusste immerhin so viel zu sagen, als dass es sich um „um t’Frau Térésa Tschälli
und um „ęn äxtréém kurligę Fall handle. Aleksandra beschloss mit ihrer üblichen Chuzpe, sie wolle dabei sein, schließlich sei der Schutz von Frauen und Kindern die ihr zugeteilte Sonderaufgabe, und soviel sie wisse, sei Teresa Celli schwanger gewesen. Woher sie das nun wieder wusste, wollte sie mir nicht sagen: „Später, jetzt haben wir anderes zu besprechen: Die Ermordung einer Künstlerin während einer nicht öffentlichen Probe in einem peripheren Saal – Witikon ist doch ein Randquartier, nicht? – auf eine so furchterregende Weise sei ein typisches Vorgehen abgehalfterter Agenten der Służba Bezpieczeństwa[2]. Wetten, die brauchen mich auch?
„Üüch han i nid þstäut, wieso sit yr mitchoo (lautete allerdings der ziemlich gereizte Kommentar des Chefs)?"
„Ich war auf der Wache, als die Adjutanz eingetroffen ist und uns gesagt hat, es handle sich um Frau Teresa Celli. Und was ihr passiert ist, könnte als Anwendungsbeispiel im Protokollbuch der Służba Bezpieczeństwa stehen. Sie werden mich noch brauchen, Herr Oberstbrigadier."
„Was wird éigęntli auwes g’schnuręt i däm Dięnscht wän ig d’r Bäfääl gibę, t’Schnurę z’häbę, Schtärneföifi!?"
„Gerade so viel (habe ich mich an diesem Punkt eingeschaltet), dass Frau Abramovicz unterwegs von einem Kontakt erfahren konnte, der polnische Staatsschutz sei über den Vorfall bereits informiert und kenne Details. Anscheinend sei Teresa Celli[3] mit einem Entsetzensschrei zum Bühnenrand gerannt und habe sich mit einem Sprung in den leeren Saal retten wollen, sei dabei vornüber auf das Gesicht gefallen und sofort tot gewesen. Gemäß der polnischen Quelle sei aber die eigentliche Todesursache ein Aortariss. Dass solche Details in Warschau bereits eine halbe Stunde nach dem Vorfall bekannt wurden, kann nichts anderes heißen, als dass mehrere polnische Auslandsagenten gleichzeitig während der Probe im Saal waren und niemand der anderen Anwesenden sie bemerkt hat. Die Situation ist also noch um einiges explosiver, als sie Ihnen gemeldet wurde. Ich denke aber, die Zeit reicht noch, um an der richtigen Stelle zu intervenieren, damit zumindest in Polen nichts in den Medien durchsickert, Oberst Burri ist bestimmt erreichbar und kann das besorgen. Hier werden meine Frau und ich das Nötige vornehmen."
Der Chef hat sein kostbares, hoch technisiertes Tischtelefon gepackt und an der Wand zerschleudert. So wütend habe ich ihn noch nie gesehen:
„Wät’ir scho i föif Minutę söfu Informationę übęrchömid, więso héit’ir vo därę Pänätration nüt fäschg’schtäut? Da müęsted doch üüchi Diode uufg’lüüchtet ha, òder!?"
„Nein, wieso? Witikon ist nicht in unserem Revier, eher am anderen Stadtende, die polnischen Agenten sind sicher direkt angereist und haben sich vorher nirgends herumgetrieben. Schließlich hatte ja auch die Kreiswache Hottingen, die für Witikon zuständig ist, keine Ahnung, obwohl dort zwei ausgezeichnete Offiziere von unserem Dienst tätig sind. Die einzige Stelle, die wirklich auf dem Laufenden war, muss eine Leitstelle sein, die solche Interventionen programmiert, wobei es nicht einmal sicher ist, dass die in Warschau sitzt. Das Mitwissen der Staatssicherheit zeigt höchstens, dass die Leute dort sehr gut arbeiten."
Ich habe dann dem Chef klargemacht, dass jetzt wirklich nicht der Moment war, uns intern an die Wäsche zu fahren. Aleksandra und ich würden unverzüglich alles andere liegen und stehen lassen und uns nur noch diesem Fall widmen, bis zumindest klar werde, woher der Schlag gekommen sei, was man allenfalls noch gewärtigen müsse und was man unternehmen könne. Er hat dann nur noch „Miraa" (von mir aus) gesagt und uns aus dem Zimmer gewunken. Ich kann ihn verstehen: Für ihn ist das eine arge Schlappe, man wird ihn in Bern oben ziemlich zerzausen: Ausländische Agenten, u. a. solche eines Dienstes, mit dem wir ein weitgehendes Zusammenarbeitsabkommen haben, operieren in Zürich, als wären sie die wahren Einwohner, und wäre da nicht eine gewisse Aleksandra Abramovizc, seit Kurzem Schweizer Staatsbürgerin und ex officio integriert in den Bestand der Polizeiwache Altstetten und in die Stadtzürcher Abwehr, wir würden noch lange nichts davon merken. Immerhin die letzte Entscheidung kann er sich zugutehalten, damit hat er das Potenzial der Abwehr deutlich gesteigert! Er wird das schon irgendwie so zurechtrücken, dass er mit sauber gebürsteter Uniform herauskommt. Ich lasse mich auf dem Sekretariat mit Hottingen verbinden, wo man mir bescheidet, die Spuren seien alle aufgenommen und die Leiche schon ins Forensische Institut an der Zeughausstraße 11 gebracht worden, am meisten würde ich wohl dort erfahren, der Bericht der Spurensicherung werde erst im Laufe des Vormittags bereit sein.
„Na (hat mich Aleksandra auf der Fahrt nach Hottingen gefragt)?"
„Vermutlich hast du jetzt dem Oberstdivisionär seine Kappe gerettet. Du hast mir nie gesagt, dass du Teresa Celli persönlich kennst?"
„Wir waren doch zusammen an der Vorpremiere und haben sie nach der Vorstellung kurz angesprochen."
„Aber dass sie schwanger war – im ersten Monat, oder? Siehst du so was auf Anhieb?"
„Die Augen! Jeder gute Augenarzt kann dir das sagen. Weißt du doch!"
„Theoretisch, aber ich achte nicht auf die gleichen Sachen wie du, wenn es um Frauen geht, da hätte ich länger mit ihr im Gespräch sein müssen."
„Nimmt mich wunder, was George Huber, der die Leiche seziert, unterdessen herausgefunden hat, von ihm erfahren wir jetzt sicher am meisten."
Allerdings! Und gleich zu Beginn etwas Sensationelles: dass nämlich die Leiche nicht die von Teresa Celli war. Verdammt! Wo war diese Teresa hinverschwunden? Eine zweite mit ihrer Stimme gab es sicher nicht in Zürich, und diese ihre Stimme musste an der Probe im großen Pfarreisaal der katholischen Kirchgemeinde gesungen haben, sonst hätte eines der besten Musikerohren, wie es das von Arthur O. Lilienthal jun., Sohn des Haupt- und Mitbegründers des Witiker Kammerorchesters, war, dies nach einer Sekunde gemerkt, angenommen, das Äußere wäre täuschend gleich gewesen. Aber das war es nicht einmal, die arme Leiche stellte nur eine ziemlich blasse Kopie des Originals dar, sogar wenn man die Veränderungen durch das Entsetzen und den brutalen Tod in Rechnung stellte. Im allgemeinen Trubel, der nach ihrem Tod entstanden war, hatte natürlich niemand genauer hingeschaut, man hatte Sanität und Polizei machen lassen, der Amtsarzt, der vielleicht kein besonderer Musikkenner oder zumindest kein Opernfreund war, hat einfach den Tod festgestellt und den Abtransport ins FOR angeordnet. Aber jene Leute, die den Ablauf so organisiert hatten, dass die Verwechslung gelingen konnte, mussten einer meisterhaften Regie gefolgt sein. Und wo war jetzt die echte Teresa Celli? Entführt? Geflohen? Wir mussten so früh wie möglich den Dirigenten und alle Mitglieder des Orchesters befragen, um den genauen Ablauf der Ereignisse herauszufinden. Das hieß, einen Sack Flöhe möglichst rasch einsammeln: Der Dirigent, der noch viele andere Orchester betreut, wohnt in Münsingen BL, von den Orchestermitgliedern und beigezogenen Solisten sind nur drei in Witikon ansässig, alle anderen verteilen sich auf sämtliche Zürcher Quartiere, einer logiert in Albisrieden – den könnten wir vielleicht heute früh gleich abfangen. Das Orchester ist zwar bekannt und steht auf einem professionellen Niveau, die meisten sind aber nicht Berufsmusiker und opfern oft ihre gesamte Freizeit für die Proben und Aufführungen. Man könnte sagen, das Witiker Kammerorchester ist ein Freundschaftsbund von Musikern, die darin einen Teil ihres Lebenssinnes und ihrer Lebensfreude finden. Von Amateuren kann jedenfalls nicht die Rede sein. Deshalb finden sie auch immer wieder Starsolisten, vorwiegend jüngere, nicht selten aber auch international bekannte für ihre Aufführungen, und nicht wenigen haben sie den Sprung in die große Karriere erleichtert oder sogar erst ermöglicht, auch dank den Spenden ihres Gönnerkreises: Die meisten ihrer Konzerte finden in kirchlichen Räumen statt, wo kein Eintritt erhoben wird und nicht einmal eine Spendenkasse am Ausgang steht. Das ist ungefähr das Wissen, von dem wir ausgehen können. Ich beschließe, noch Lukas Gerny beizuziehen und Jakob Mathis die Leitung unseres Postens voll zu überlassen. Eine Woche zu dritt werden sie sicher hinkriegen.
Am Sechzehnten (Montag) konnten Aleksandra und ich den Albisrieder Hornisten schon um halb sieben kurz befragen, was ihm Zeit ließ, seine Tramverbindung zur Innenstadt zur üblichen Zeit zu erreichen: Mit der Zwei zum Paradeplatz und zu Fuß weiter zur PostFinance-Zentrale am Rennweg schafft er es in einer halben Stunde. Beat Jordi arbeitet dort als Systemanalytiker. Wir hatten ihn schon am Vortag telefonisch erreicht und mit ihm diesen Termin abgemacht. Achtundzwanzig, ledig, ist er eines der jüngeren Mitglieder des Witiker Kammerorchesters und, wie er uns versichert hat:
„… restlos begeistert. Den ganzen Tag mit den Händen auf einer Computertastatur und in der Freizeit womöglich noch auf einer Gamekonsole: Da verkümmert doch die Hand, und mit ihr das Gehirn, denn die Hand ist das Hauptorgan des …
Strock: „Ja … (eigentlich wollte ich von ihm keine Lebensbeichte, sondern Auskünfte über die Orchesterprobe vom 14. April), zweifellos, merke ich selber. Aber wie war eigentlich Frau Teresa Celli bei den Proben: konnte sie bei jeder mitmachen?"
Jordi: „Nein, nicht ganz. Sie hat bisher dreimal bei uns als Sopranistin mitgemacht, das letzte Mal eben für die H-Moll-Messe, aber da war sie besonders ehrgeizig und engagiert, ich habe sie einmal sagen hören, das sei für sie das Maß, das absolute Level, wenn sie das erreiche …"
Aleksandra: „Für Johann Sebastian würde ich auch alles andere fahren lassen. Wie standen Sie eigentlich persönlich zu ihr?"
Jordi: „Ich verstehe die Frage nicht."
Aleksandra: „Na ja, eine einmalige Stimme, eine ausgesprochen schöne Frau, engagiert, kollegial …"
Jordi (lacht): „Ach so! ... Also, Teresa Celli ist … war die seelische Tochter von Arthur M. Lilienthal,