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Lasse Laufen: Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden
Lasse Laufen: Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden
Lasse Laufen: Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden
eBook143 Seiten2 Stunden

Lasse Laufen: Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden

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Über dieses E-Book

Lasse Laufen – nomen est omen – ist ein Laufmuffel vor dem Herrn und scharfzüngig noch dazu. So stänkert er über Lauftreffs, mokiert sich über Trends wie Rückwärtslaufen und tüftelt an akribisch ausgearbeiteten Ausredenkatalogen, mit denen man sich vor sportlicher Ertüchtigung retten kann. Liebste Zielscheibe seines Spotts aber ist sein aufreizend vitaler Nachbar, die leibhaftige Verkörperung von Lasses schlechtem Gewissen. In Begleitung von Mops Spiridon (!) nervt dieser Nachbar mit einem geradezu missionarischen Eifer in Sachen Lauffreude. Und das auch noch mit Erfolg: Selbst Lasse Laufen wird schließlich bekehrt. Sein innerer Schweinehund ist die ewigen Ausreden leid.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Apr. 2012
ISBN9783895338717
Lasse Laufen: Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden

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    Buchvorschau

    Lasse Laufen - Paul Frommeyer

    Autor

    Vorwort

    Liebe Leser,

    Lasse Laufen ist ein kauziger Kerl, das werden Sie schnell merken. Er startet als Laufmuffel, mutiert später zum fanatischen Hobbyläufer, wandelt sich manchmal von einer zur anderen Folge. Er hat Kumpanen, mit denen er es mehr oder weniger häufig zu tun hat. Zum Beispiel seinen Nachbarn, einem Laufguru vor dem Herrn. Oder seine Ehefrau, „das beste Eheweib" von allen, mit der es allerdings gelegentlich zu Turbulenzen kommt, die irgendwie immer mit dem Laufen zu tun haben.

    Lasse Laufen macht sich lustig über Läufer und Nichtläufer, vor allem aber über sich selbst. Damit will er letztlich vor allem eines: Sie, verehrte Leser, unterhalten. Das macht er mit Fantasie und Geist, mit Ironie und manchmal sogar mit einer Prise Ernsthaftigkeit. Immer aber mit einem Augenzwinkern.

    Sein humoristisches Unwesen treibt Lasse Laufen bereits einige Jahre. Seit 2006 erscheint die Glosse alle zwei Monate in dem Laufmagazin „aktiv Laufen". Schnell hatte Lasse dort eine treue Leserschaft, die bis heute ständig zugenommen hat.

    Im Wesentlichen sind die Glossen von „aktiv Laufen unverändert übernommen. In seltenen Fällen, etwa bei der Folge „Knut und der wahre Langstreckenläufer, haben aktuelle Entwicklungen dazu geführt, dass Korrekturen bzw. Anmerkungen sinnvoll erschienen.

    Wer direkt mit Lasse Laufen kommunizieren möchte, der kann das – Lasse ist medial auf der Höhe der Zeit – auch bei Facebook tun. Unter der Adresse www.facebook.com/LasseLaufen hat er sein eigenes Profil und freut sich dort über jeden neuen Freund.

    Lasse Laufen wünscht viel Freude bei der Lektüre.

    Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft.

    Mein Nachbar ist ein Glücksfall. Für mich persönlich ist er ein moralisches Desaster. Etwas wie das mal trabende, mal spurtende Symbol meines schlechten Gewissens. Ein Glücksfall ist er für die Gilde der Jogger, der Traber, Renner und Walker – also für die Gesamtheit der Läufer und artverwandten Spezies. Er liefert die intellektuelle Unterfütterung (das Wort zählt zu seinen Lieblingsvokabeln) für diese in Zeiten des A 380 und des Transrapid doch eher anachronistische Form der Fortbewegung.

    Dem Laufen mangele es an der „motivationsfördernden, der geistigen Unterfütterung. Ganz anders als etwa dem Boxen. Dazu habe sich bekanntermaßen jeder Dichter und Denker seit der Antike geäußert. Von Seneca bis Brecht, Sokrates bis Hemingway; von Verse schmiedenden Modepoeten wie Wolf Wondratschek ganz abgesehen. Nichts dergleichen beim Laufen, dieser „schönsten aller sportlichen Disziplinen. So der Herr Nachbar.

    Jeden zweiten Tag joggt er kaum schnaubend mit geradezu aufreizender Vitalität am Jägerzaun meines Gartens vorbei. Seit einem halben Jahr. Vorher war er anderswo gerannt. Dass er seinen regelmäßigen Streckenverlauf geändert hat, habe ich mir selbst zuzuschreiben. Als er nämlich in Abänderung der bis da üblichen Strecke erstmals auf dem seine Gelenke schonenden Feldweg auftauchte und ante portas meines Grundstücks eine Pause einlegte, sprach ich ihn an. Aus Höflichkeit, als Form des Grußes. Vielleicht noch, weil sich hinter dem schweißigen, dünnen Firnis seines Antlitzes dezent der Wunsch abzeichnete, sich auszutauschen. Über das Laufen. Ein insbesondere dem Hobbyläufer wesensimmanenter Zug, wie ich inzwischen gelernt habe.

    „Sie joggen, Herr Nachbar!?", sagte ich. Aus Höflichkeit, wie schon erwähnt. Situationsbedingt wohl auch mangels alternativer Themen. Wer käme schließlich auf die Idee, einen, wie ich dachte, nur eine kurze Verschnaufpause einlegenden Läufer auf die neuen alarmierenden Arbeitsmarktzahlen, die Staatsverschuldung oder ein Sonett von Shakespeare anzusprechen? Beispielsweise.

    „Ja, ich laufe!!" Mehr antwortete der Nachbar nicht. Aber in beiden Augen blitzte ein Ausrufungszeichen auf. Wie bei einem Börsenmakler die Dollar-Zeichen, spricht man das Wort Hausse aus.

    „Sollte ich auch mal wieder machen", merkte ich höchst fahrlässig an. Die Ausrufungszeichen in den Augen des Herrn blitzten mich weiter ohne Unterlass an. Meine Interpretation dessen war fatal. Quasi als Aufforderung, mich in die kurze Schilderung meiner anhaltenden sportlichen Untätigkeit, meiner Antriebslosigkeit zu begeben wie ein reuiger Sünder in den Beichtstuhl.

    „Sie laufen also nicht! Der Tonfall des Herrn Nachbarn traf mich wie ein lucky punch den unaufmerksamen Boxer. Absolution war hier nicht zu erwarten, wurde mir augenblicklich klar. Da holte mein Gegenüber zum nächsten Schlag aus: „Das sollten Sie in der Tat!

    Nun taumelte ich in die Seile. Wurde zurückgeschleudert von der Kraft der Einsicht in die mangelnde Fürsorge meiner Gesundheit, der fahrlässigen Unterminierung meiner einst anständigen Fitness, der durch Zigaretten und manch Bierchen völlig aus der Balance geratenen Harmonie von Körper, Geist und Seele. Letztlich durch die Erkenntnis, im Grunde ein Wrack zu sein. Wider meine Natur unhöflich, ließ ich den Nachbarn grußlos zurück und schleppte mich ins Haus wie der Boxer in die Ringecke.

    Der Gong zur nächsten Runde ertönte zwei Tage darauf. Es kam, wie es kommen musste. Der Herr Nachbar – Lehrer für Sport, Religion und Gemeinschaftskunde – tauchte wieder auf, wie seitdem stets im Zweitagesrhythmus. Er winkte schon von Weitem. Der Mann wollte reden, logisch. So kalt aber wollte ich mich nicht wieder erwischen lassen. Also attackieren, selbst in die Offensive gehen. Noch bevor er seinen zügigen Trab auf Schritttempo gedrosselt hatte, fragte ich unaufgefordert und zugegeben etwas aggressiv: „Warum sollte ich mich dieser langweiligen Lauferei hingeben, dieser monotonsten aller sportlichen Betätigungen?"

    Wie erwartet, ließ sich der sportlich, religiös und gemeinschaftskundlich geschulte Pädagoge nicht provozieren. Ruhig parierte er mit einer Gegenfrage: „Welche Begründung wäre Ihnen lieber. Die laufhistorisch pointierte oder die, na …, er machte eine Kunstpause, „die geisteswissenschaftlich unterfütterte?

    „Nennen Sie mir die lustigste, man will schließlich unterhalten werden!"

    Keine Schweißperle war auf dem Gesicht des Nachbarn auszumachen. Trotzdem strich er sich über die Stirn, als wolle er auf sein durch das Laufen leistungsfähig gehaltenes, zerebrales Kraftwerk hinweisen. „Verehrter Herr Nachbar", hob er an, „die laufhistorisch pointierte Begründung lautet so:

    ‚Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft!‘"

    „Hübsch, sagte ich. „Wer beansprucht die Urheberschaft für dies erfrischende Aperçu?

    „Emil Zátopek!"

    „Ach, Zátopek, stellte ich halb fragend fest. „Die alte, tschechische Lokomotive. Der Emil-Dampf in allen Stadien der fünfziger Jahre. Der begnadet radebrechende Dampfplauderer in sämtlichen Sprachen diesseits des Urals.

    „Genau der, mein Herr. Der olympische Meister des Langlaufes. Der sportanthropologisch und soziophilosophisch unbesiegte Titan läuferischer Tiefenerkenntnis – aber dazu mehr demnächst an diesem Jägerzaun …" Dann trabte der Herr Nachbar von dannen, elastisch wie eine gummitwistende Maid im Mai.

    Als ich fast zum Mörder wurde

    Schon vergessen? Wir sind (Fußball-) Weltmeister! Zugegeben, nur Weltmeister der Herzen. Darauf kommt es nicht an in Zeiten, da wir schließlich auch alle Deutschland sind. Papst sowieso. Fußball, Papst und Deutschland. Ich konzentriere mich zunächst auf das Wesentliche, den Fußball. Genau gesagt auf jenen denkwürdigen, ja bereits historischen 4. Juli dieses Jahres. Als die ganze Nation Weltmeister wurde – und ich zum Mörder. Fast.

    Jedenfalls fasste ich an diesem Tag den festen Vorsatz, meinen Nachbarn zu meucheln. Jenen Nachbarn, das nur zur Erinnerung, der seit geraumer Zeit regelmäßig aufreizend fit an meinem Grundstück vorbeigaloppiert und mir in Plapperpausen am Jägerzaun das hohe Lied des Laufens, Joggens, Rennens singt. Hochgeistig unterfüttert, wie er meint – tatsächlich in jenem selbstgefälligen Ton, der eher dem Zwecke dienen soll, mir mein unsportliches Herz endgültig bis zum Infarkt zu triezen.

    Aber zur Sache. Es war also jener 4. Juli 2006, die 117. Minute beim WM-Halbfinale Deutschland – Italien. In Erwartung des anstehenden Elfmeterschießens, das wir so sicher gewonnen hätten, wie unser Papst in Rom regelmäßig Amen sagt, hatte ich drei Minuten vor Schluss der Verlängerung gerade mein Pikkolöchen Sekt vorbereitet. Ein Prösterchen auf Klinsis grandiose Burschen war mir Ehrensache. Da läutete es. Natürlich reagierte ich nicht. Die 118. Minute. Wieder läutete es, geradezu penetrant bediente jemand die Glocke am Tor des Jägerzaunes. Ein Unfall, eine Katastrophe, eine Art Weltuntergang, den ich verhindern musste? Geringeres hätte ich als Anlass für die Störung in diesem Moment nicht gelten lassen. Ich also hastig raus, zum Jägerzaun. Und wer steht da? Der Nachbar, offenkundig auf dem Rückweg seiner was weiß ich wie viel Kilometer langen Tour. Entspannt, leichte gymnastische Übungen andeutend, ohne jedes Anzeichen für irgendeine Katastrophe im Anmarsch, haucht er rüber: „Wollte nur mal horchen, ob alles in Ordnung ist. Haben uns ja fast vier Wochen nicht mehr gesehen." Dabei zupft er, zweifellos um mich zu reizen, an der am Zaun befestigten schwarz-rot-goldenen Fahne rum.

    „Finger weg", raunze ich ihn an. Das Folgende brülle ich ihm in einem Tempo entgegen, dass nur von einem verbalen Sprint gesprochen werden kann (schließlich dürfte Jens Lehmann jeden Augenblick seinen Spickzettel mit den Vorlieben der italienischen Elfmeterschützen in seinen Stutzen stecken, ich musste also schleunigst zurück): „Herr Nachbar, sind Sie des Läuferwahnsinns fette Beute? Natürlich haben wir uns länger nicht gesehen. Es ist WM, es ist Aufbruch im

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