Windjammer: Die letzte Blüte der großen Frachtsegler 1880-1930
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Buchvorschau
Windjammer - Jürgen Prommersberger
Windjammer
Die letzte Blüte der großen Frachtsegler 1880-1930
Jürgen Prommersberger: Windjammer
Regenstauf , April 2016
Alle Rechte bei:
Jürgen Prommersberger
Händelstr 17
93128 Regenstauf
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel: Die Ära der Windjammer
Kapitel: der Hamburger Hafen zur Segelschiffszeit
Kapitel: The Flying P-Liners
Kapitel: Die Salpeterfahrt
Kapitel: Die Kaphoorniers
Kapitel: die große Weizen Regatta
Kapitel: verschiedene Großsegler
Kapitel: Die Arbeit an Bord
Die Ära der Windjammer
Der Windjammer ist ein Großseglertyp, der nach der Klipperära in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkam und die Nachfolge der schnellen Segler antrat. Es waren aus Holz (vorwiegend USA bis 1892), Eisen und Stahl (seit 1882) gefertigte, mehr auf Tragfähigkeit, Handhabung und Wirtschaftlichkeit ausgelegte Großsegler, um für ihre Reeder Gewinne einzufahren. Auch die späteren, frachtfahrenden Segelschulschiffe gehören zu dieser Kategorie. Die Schiffe wurden im Laufe der Jahrzehnte auch geschwindigkeits- und bedienungsbezogen optimiert (Änderungen an Rumpf und Takelage, dampfgestützte Winden, Jarvis-Brasswinden, Fallwinden, bessere Unterkünfte für die Mannschaft „vor dem Mast etc.). Heute steht der Begriff synonym für „Großsegler
und beinhaltet als letzte Generation der Windjammer moderne Segelschulschiffe und Kreuzfahrtschiffe wie die Sea Cloud.
Herkunft des Begriffs
Dem im Deutschen nach der deutschen Schreibung gesprochenen Wort „Windjammer geht das englische windjammer zeitlich voraus, ein Nomen Agentis zu englisch wind (Wind) und englisch jam (kräftig pressen). Das zunächst amerikanische Wort windjammer (Windpresser, Windquetscher) hat im Englischen ein reiches Bedeutungsspektrum: Es bezeichnet oder bezeichnete Militärtrompeter (Belege ab 1880), Großsegler (Belege ab 1892), deren Besatzungsmitglieder, Großsprecher (Belege ab 1893), eine Luftpumpe und einen Jackentyp (Belege ab 1930). Es wurde zunächst spöttisch von Dampferbesatzungen für Segler und deren Besatzung gebraucht, nach anderen Quellen (s. u.) für Schoner, entwickelte sich aber allein wegen des Erfolges dieser Schiffe, die mehr als 50 Jahre die Weltmeere beherrschten, zu einer Bezeichnung, die seit längerem einen respektablen Charakter beinhaltet. Die deutsche Aussprache ist von „Jammer
(zum Verb „jammern im Sinne von „klagen, heulen
) übernommen, entsprechend liest man häufig die Herleitung vom „heulenden Wind in den Rahen". Diese Volksetymologie ist im deutschen und niederländischen Sprachraum weit verbreitet. Im Englischen findet sich vereinzelt die Schreibung windyammer und die Angabe der Wortherkunft aus englisch wind und englisch yammer (jammern, klagen), die der deutschen und niederländischen Volksetymologie entspricht.
Parma
Abgrenzung des Typs
Der Begriff Großsegler bzw. der entsprechende englische Begriff tall ship (= hohes Schiff) umfasst sämtliche großen Tiefwassersegler, rah- wie schrat- oder gemischtgetakelte, z. B. Brigg, Bark, Barkentine, Vollschiff, Gaffelschoner etc. Alle Windjammer sind auch Großsegler, aber nicht alle Großsegler auch Windjammer, wenn man „Windjammer als funktionellen Begriff von der Windausnutzung her definiert: Während Schoner mit ihren längsstehenden Schratsegeln ihren Vortrieb über den Unterdruck ähnlich einer Tragfläche besonders beim Hoch-am-Wind-Segeln erhalten, werden Rahsegler, besonders bei rauem Wind, durch den „Wind vorwärts gedrückt
(wind-jammed). Viele Marineautoren vermeiden deshalb den Begriff „Windjammer in Zusammenhang mit Schonern und benutzten den Begriff „Klipper
auch für die Frachtsegler des 19. und 20. Jahrhunderts.
Bauweise
Da Windjammer aus den Klippern hervorgingen, von denen z. B. der konkave Klipperbug und auch die grundlegende Linienführung übernommen wurde, hatten manche Windjammer Längen-Seitenverhältnisse wie Extremklipper. Ein früher Ansatz war die Viermastklipperbark Great Republic aus dem Jahre 1853 von Klipperbauer Donald McKay mit ursprünglich 4.445 BRT, vier Decks und 125 Mann Besatzung.
Die neuen Großsegler waren zunächst weniger auf Geschwindigkeit ausgelegt, sondern in Richtung ökonomischer Transport optimiert, da sie vor allem Massengüter wie Salpeter, Kohle, Guano, Weizen oder Zement transportierten. Auch empfindliche Güter, die man der ständigen Erschütterung der Dampfmaschinen nicht aussetzen wollte, wurden noch Segelschiffen anvertraut. Die Preußen hatte zum Beispiel auf ihrer letzten Fahrt Klaviere als Fracht. Die Schiffe hatten daher einen vergleichsweise rechteckigen Rumpf mit weiten Laderäumen und eine Besegelung, die mit weniger Personal auskam, was auch durch das Viermastkonzept verwirklicht wurde – die riesigen Segeltücher der teilweise übertakelten Klipper verteilten sich bei den größeren Windjammer-Einheiten, den Viermastvollschiffen und Viermastbarken, auf vier Masten, die allerdings annähernd gleich groß waren, während beim Klipper der Großmast dominierte. Dazu entfielen die aufwändig zu bedienenden Leesegel. Die Tragfähigkeit verdreifachte sich dadurch im Vergleich zu den Klippern. In den Vereinigten Staaten gab es eine Reihe riesiger Windjammer aus Holz (mit Metallverstärkungen) und später aus Stahl, die man nach ihrer Herkunft Neuengland (vornehmlich Maine) „Down Easter" nannte. Sie stammten vorwiegend von der Werft und Reederei Arthur Sewall & Co. aus Bath (Maine) und stellten nach der Great Republic die größten Holzrahschiffe der Welt (Roanoke, Shenandoah, Susquehanna, Rappahannock).
Die Windjammer waren Schiffe der frühen Industrialisierung und profitierten daher schon von den Errungenschaften industrieller Produktion wie Rümpfen und Masten aus Eisen oder Stahl, Stahlseilen für die Takelung und Winden an Deck zur Arbeitserleichterung. Hilfsdampfmaschinen zur Bedienung von Ladegeschirr und Pumpen wurden ebenfalls installiert. Ein gemischter Antrieb mit Segel und Maschine kam versuchsweise zum Einsatz, bewährte sich aber nicht. Windjammer waren als Bark und Vollschiff mit drei Masten getakelt, größere Einheiten waren die Viermastvollschiffe und Viermastbarken, von denen es ca. 40 bzw. ca. 400 gab. Fünfmastrahsegler gab es in der Welthandelsflotte nur sieben Schiffe, bis auf die Preußen waren sie alle als Fünfmastbarken getakelt und hatten bis auf France I, Potosí und Preußen einen Hilfsantrieb (Dampf, Diesel). Sie konnten mit 6200 bis 8000 t das 1,5- bis zweifache einer mittleren Viermastbark transportieren, kamen aber zu spät, da die Dampferkonkurrenz immer überlegener wurde.
Die zuletzt in Deutschland gebauten Viermastbarken (die Flying P-Liner) waren typischerweise 110 Meter lang, hatten 3.200 Bruttoregistertonnen (BRT) und 4.000 Tonnen Tragfähigkeit bei etwa 30 Mann Besatzung.
Einsatz
Windjammer werden auch als Tiefwassersegler bezeichnet, was zum Ausdruck bringen soll, dass sie für interkontinentale Reisen über die tiefen Ozeane gedacht sind. Für Fahrten in küstennahen Gewässern sind sie schlecht geeignet und meist auf Schlepper angewiesen, da sie durch die Takelung mit Rahsegeln schlecht kreuzen können. Dies ist auf den Ozeanen selten notwendig, da die Routen anhand der vorherrschenden Winde gewählt wurden. Dennoch gab und gibt es Rahsegler, die aufgrund ihrer Rahaufhängung und deren „Brassbarkeit" fast wie eine Jacht sehr hoch am Wind segeln konnten und können. Beispiele hierfür seien die schnellen Laeisz-Segler wie Preußen, Pitlochry, dann die schnelle Herzogin Cecilie und heute die russische Mir genannt. Insgesamt wurden nach 1870 über 1.500 Dreimastrahschiffe gebaut, 440 Viermastrahschiffe (ca. 40 Vollschiffe und ca. 400 Barken) und sieben Fünfmastrahschiffe. Dabei hat sich aus Gründen der Ökonomie das Barkrigg durchgesetzt.
Die Windjammer standen in direkter Konkurrenz zu den Dampfern, die schon weite Bereiche der Schifffahrt erobert hatten und Segler in immer kleiner werdende Nischen drängten. Die Domäne der Großsegler waren überlange Distanzen, die wegen des Brennstoffproblems durch Dampfer noch nicht ökonomisch bedient werden konnten. Dazu zählte vor allem die Salpeterfahrt von Chile nach Europa um die Südspitze Südamerikas, das Kap Hoorn, oder der Weizentransport aus Australien.
Während die damals führende Schifffahrtsnation Großbritannien, unter deren Flagge außer der Neath ex R. C. Rickmers nie ein Fünfmaster fuhr, sehr schnell ihre Handelsflotte auf Dampfer umstellte, fanden die Windjammer in Frankreich und Deutschland noch ihre Anhänger. In Deutschland wurden vor allem die so genannten Flying-P-Liner der Hamburger Reederei F. Laeisz berühmt. In Frankreich war die führende Reederei mit Segelschiffen „Antoine-Dominique Bordes & Fils". Interessant zu wissen ist, dass, was die großen Windjammer – die Vier- und Fünfmastrahschiffe – anbetrifft, fast 70 % aus Werften Großbritanniens, vor allem Schottlands, stammten, gefolgt von Frankreich, Deutschland und den Vereinigten Staaten. Dagegen haben Seefahrernationen wie Italien nur sieben, Kanada vier, Japan fünf, die Niederlande zwei und