Deutscher Herbst 2015: Essays zur politischen Entgrenzung
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Über dieses E-Book
Im Kern bleibt der moralische Universalismus unpolitisch. Denn seine abstrakten Forderungen reflektieren weder seine historischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen, noch die größtenteils irreversiblen Folgen seines eigenen Handelns. Ob die mit der Grenzöffnung bereits angestoßenen Entwicklungen noch eine Umkehr ermöglichen, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen. Hauptbedingung für eine politische und vor allem mentale Wende ist aber eine nüchterne Analyse und Darstellung der Gegenwart, die sich an der Wirklichkeit, also an dem, was ist, und nicht an dem, was sein soll, orientiert. Die hier vorliegenden Essays wollen dazu einen Beitrag leisten.
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Buchvorschau
Deutscher Herbst 2015 - Alexander Meschnig
2015
DER WESTLICHE SELBSTHASS
I.
Der Soziologe Max Weber nannte den vorherrschenden Typus des Intellektuellen in seinem 1919 veröffentlichten Essay Politik als Beruf zu Recht in pejorativer Absicht: Gesinnungsethiker. Deutschland besitzt, insbesondere im linken Spektrum, eine schier unerschöpfliche Quelle an »edlen Seelen« (Siegfried Kohlhammer), die in der Regel jegliche Verantwortung für ihre »reine und hehre Gesinnung« anderen bzw. der Allgemeinheit übertragen, die dann mit den unmittelbaren Folgen leben müssen. Ihre Positionen sind im besten Sinne apolitisch, da sie in den meisten Fällen keinen Bezug zur Realität oder den Friktionen der Realpolitik zeigen. Unerfüllbare Maximalforderungen und abstrakte Ideale, wie etwa ein bedingungsloser Pazifismus Käßmannscher Prägung oder das neueste Buchelaborat aus dem Prantlschen Paralleluniversum, sind typische Ausprägungen eines gesinnungsethischen Moralismus.
So mag es eine individuell erhöhende und wohlfeile Sache sein, den Anspruch eines jeden Ausländers auf Einwanderung und Versorgung durch den deutschen Sozialstaat zu fordern (»Kein Mensch ist illegal«). Nüchtern betrachtet stellt das aber nur eine Einladung an Millionen von Wirtschaftsflüchtlingen aus der ganzen Welt dar, gleich, ob sie politisch verfolgt werden oder nicht, die verpflichtende Grundsicherung (Unterkunft, Verpflegung, Geldleistungen) hier in Anspruch zu nehmen. Dabei spielt es objektiv nicht einmal eine Rolle, ob Deutschland ein, zwei oder mehrere Millionen Armutsflüchtlinge aufnimmt. Die Bevölkerungsexplosion in Afrika oder den meisten muslimischen Ländern würde die Verluste an Auswanderern jedes Jahr einfach ausgleichen. Die Zahl der Afrikaner ist etwa seit 1950 von 250 Millionen auf über eine Milliarde gestiegen. Millionen vor allem junge Männer, warten bereits auf die Chance, ihre Heimatländer zu verlassen und nach Europa zu kommen. Dafür gehen sie alle Risiken ein, insbesondere da sich herumspricht, dass, wer einmal in Europa, vor allem in Deutschland angekommen ist, in den allerwenigsten Fällen ausgewiesen wird, selbst wenn ein Asylstatus abgelehnt wird. Ökonomische Gründe mögen für die wachsenden Flüchtlingswellen wichtig sein; letztendlich ist es aber der demografische Faktor, der den Druck im Inneren vieler Staaten erhöht. Die extremen Youth bulges in Afrika und den arabischen Ländern, also die exorbitante Zunahme junger Männer in der Bevölkerungspyramide, für die keinerlei gesellschaftliche Position zur Verfügung steht und die im wahrsten Sinne des Wortes »Überflüssige« sind, zeigt sich aktuell in der Zunahme kriegerischer Konflikte in den betroffenen Regionen. Bürgerkriege, äußere Konflikte, ethnische und religiöse Spannungen sind stets historische Begleiterscheinungen von Youth bulges, wie Gunnar Heinsohn, ein akademischer Außenseiter, in seinem Buch Söhne und Weltmacht eindringlich zeigt.
II.
Die letzte Konsequenz vollkommen offener Grenzen ist, neben dem schon lange sichtbaren Import unzähliger Konflikte der Einwanderer und mentaler Inkompatibilitäten, das Ende unserer Sozialsysteme, wo man über längere Zeit Beiträge einbezahlt, um danach irgendwann Leistungen zurückzubekommen. Das Grundprinzip allen menschlichen Zusammenlebens lautet Reziprozität. Warum jemand, der hier nie einen Cent für die Allgemeinheit bezahlt hat, alle möglichen Forderungen stellen, den Staat erpressen und damit Erfolg haben kann – wie etwa in Berlin-Kreuzberg monatelang von sogenannten »Refugees« und ihren linksextremen »Supportern« vorexerziert –, das bleibt für die meisten Menschen, nicht nur in Deutschland, wohl rätselhaft. Es gibt, zugespitzt gesagt, keinen Generationenvertrag zwischen alternden Westeuropäern und Schwarzafrikanern, rumänischen Sintis, Irakern oder Afghanen. Offensichtlich gibt es aber so etwas wie einen »Schuldvertrag« zwischen dem »reichen Europa« und dem »armen Rest«, der leicht zu instrumentalisieren ist und jederzeit abgerufen werden kann. Der französische Soziologe Pascal Bruckner fasst dieses Verhältnis präzise und polemisch zusammen: »Europa schuldet Letzteren alles: Unterkunft, Verpflegung, Gesundheitsversorgung, Erziehung, ordentliche Löhne, prompte Erledigung ihrer Anliegen und vor allem Respektierung ihrer Identität. Bevor sie noch einen Fuß auf unseren Boden gesetzt haben, sind sie Gläubiger, die ihre Schulden einfordern.«
Über die tatsächlich Schuldigen, etwa die unsäglichen afrikanischen Regierungen, wird selten einmal berichtet. Inzwischen kommen die meisten afrikanischen Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa strömen, nicht aus den Bürgerkriegsländern und sind in der Regel nicht von Hunger bedroht. Die Ärmsten haben auch gar keine Möglichkeit, den Preis für die Schlepper zu bezahlen. Korruption und Vetternwirtschaft, ein mangelndes Bildungssystem, eine ineffiziente Administration, ausufernde Planwirtschaft, mangelnde Rechtssicherheit und ein Gangstertum an der Spitze vieler Staaten, die für sich und ihre Clans den Reichtum verschleudern, erzeugen eine Perspektivlosigkeit für viele Afrikaner, die offensichtlich alle Risiken auf dem Weg nach Europa in Kauf nehmen. Die afrikanische Union oder einzelne afrikanische Staaten scheint dieser Massenexodus der eigenen Bevölkerung, in der Regel junge Männer, nicht zu kümmern. Hat man bis dato einmal davon gehört, dass es einen Sondergipfel oder sonstige Zusammenkünfte afrikanischer Vertreter gab, die das Problem der Massenflucht thematisieren, geschweige sich die Frage stellen: »Was ist eigentlich mit unseren Ländern los, dass Menschen ihr Leben riskieren, um sie zu verlassen?« Das einzige, was wir von afrikanischen Potentaten hören, sind Vorwürfe, die in der Aussage gipfeln, Europa schotte sich ab. Darin gleichen sie den Claudia Roths, den Katrin Göring-Eckardts, den Heribert Prantls und anderen Linkspopulisten in