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MACHT HOCH DIE TÜR: Das System Merkel und die Spaltung Deutschlands
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eBook243 Seiten3 Stunden

MACHT HOCH DIE TÜR: Das System Merkel und die Spaltung Deutschlands

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Über dieses E-Book

Ist unsere liberale Demokratie noch zu retten?

Markus Vahlefeld analysiert in seinem zweiten Buch mit verstörender Klarheit den Irrsinn, in den die deutsche Politik ihre Bürger treibt. Sachlich fundiert, scharfsinnig und doch immer auch humorvoll führt er unseren absurden Zeitgeist vor. Im Mittelpunkt der Betrachtung: Eine Kanzlerin zwischen Beliebigkeit und Machtbesessenheit, die sich berufen fühlt, nicht nur den Westen und Europa, sondern auch Deutschland zu zerreißen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum15. Okt. 2018
ISBN9783746770758
MACHT HOCH DIE TÜR: Das System Merkel und die Spaltung Deutschlands

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    Buchvorschau

    MACHT HOCH DIE TÜR - Markus Vahlefeld

    1

    DEUTSCHLAND AUF DER COUCH

    Zwischen Weltkrieg Zwei und Drei drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Der Gebrauch des Wortes ›Humanitätsduselei‹ kostete achtundvierzig Stunden Arrest oder eine entsprechend hohe Geldsumme. Die meisten der Deutschen nahmen auch, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Humanität und Güte erschien ihnen jetzt der beste Weg zu diesem Ziel. Sie fanden ihn sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenlehre.

    Franz Werfel 1946 in: Stern der Ungeborenen

    Die Grenzöffnung für alle vom Spätsommer 2015 markiert für Deutschland einen ähnlich epochalen Einschnitt wie der November 1989, als ebenfalls eine Grenze fiel. Wuchs damals zusammen, was zusammengehörte, so brach 2015 das Land erneut entzwei.

    Die physischen Grenzen, die man 1989 noch jubelnd niedergerissen hatte, wurden 2015 mit atemberaubender Rigidität imaginär wieder hochgezogen. Dass der neue alte Grenzverlauf nun abermals den scheinbar progressiven Westen vom dunkel-reaktionären Osten trennte, diese Mär glaubten und glauben nur diejenigen, die am neudeutschen Narrativ des „braunen Sachsens und „Dunkeldeutschlands mitstrickten, um ihren ideologischen Unter- und Überbau zu tarnen. In Wahrheit verläuft der neue Gesinnungs-Grenzverlauf seit 2015 zwischen den Gläubigen einer post-nationalen „One-World-Ideologie und den besorgten Vertretern einer nationalstaatlichen Identität. Wer auf letztere pochte und sie weiterhin zu bewahren trachtet, findet sich schnell in der Ecke der Ressentiment-geladenen sogenannten „Abgehängten wieder.

    Auf eine nationalstaatliche Identität zu bestehen, mutet vielen Deutschen in der Tat wie aus der Zeit gefallen an. Die intellektuellen Eliten Westdeutschlands hatten sich schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von dem Konzept eines Nationalstaats verabschiedet, standen doch bereits damals Begrifflichkeiten wie Volk oder Nation unter dem Verdacht einer faschistoiden Weltanschauung. Der westdeutsche Zeitgeist, der sich im Härtebad aus 1968er-Mythos, Studentenunruhen, Straßenschlachten, RAF, maoistischen, stalinistischen und anderen die individuelle Freiheit abschaffen wollenden Splittergruppen herausgebildet hatte, galt fürderhin als einzig zukunftsfähig. Progressiv und weltoffen war nunmehr, anstatt von einem Volk oder einer Volksgemeinschaft vom ver-gleichsweise unverdächtig anmutenden Terminus technicus der „Gesellschaft" zu sprechen.

    Eine Gesellschaft definiert sich aus Funktionsweisen, demgegenüber gründet und eint eine Gemeinschaft deren Homogenität. Diese Homogenität galt jedoch den Westdeutschen, zu deren zwingendem Selbstverständnis es gehört, aus der Geschichte gelernt zu haben, durch den Nationalsozialismus als nachhaltig kontaminiert. Um künftig also niemals wieder einer faschistischen Weltanschauung anheimfallen zu können, hatte sich das deutsche Volk zu einer eigenschaftslos funktionierenden Gesellschaft zu läutern.

    Zeitgleich hatte man östlich des antifaschistischen Schutzwalls den von Honecker & Co zwangsbetreuten Traum einer sozialistischen Internationale zu träumen, welcher, das war das erklärte Plansoll, bald schon die ganze Weltgemeinschaft umfassen sollte. Dass die Menschen östlich der Elbe diese Zwangsbeglückung irgendwann satt hatten und die herrschende Klasse zum Teufel jagten, dürfte für einen nicht unbeträchtlichen Teil der westdeutschen Eliten die größte Schmach gewesen sein, hatte sich doch nach dem erfolg-reichen Marsch durch die Institutionen eine neue Klassenelite in Westdeutschland etabliert, die aus ihren Sympathien für die große sozialistische Internationale keinen Hehl mehr machen musste.

    Wirft man einen Blick auf das Kabinett I (1998-2002) und das Kabinett II (2002-2005) von Gerhard Schröder, so trifft man viele bekannte Gesichter aus sozialistischen, maoistischen oder stalinistischen Gruppen wieder. Der gewalttätige RAF-Sympathisant und spätere grüne Außenminister Joschka Fischer dürfte der Prominenteste sein. Aber auch seine Parteikollegen Jürgen Trittin (Kommunistischer Bund, später Umweltminister), Renate Künast (vom Verfassungsschutz beobachtet, später Landwirtschaftsministerin) oder Andrea Fischer (Gruppe Internationaler Marxisten, später Gesundheitsministerin) reihen sich in die Phalanx der grünen Sozialisten nahtlos ein.

    Dass der Traum vom Sozialismus jedoch nicht nur ein grüner ist, machen auch viele SPD-Kabinettsmitglieder unter Schröder deutlich: Ulla Schmidt (Kommunistischer Bund Westdeutschlands, später Gesundheitsministerin), Brigitte Zypries (gemeinsam mit dem amtierenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in der Redaktion des DKP-nahen Pahl-Rugenstein Verlags, später Justizministerin) oder Renate Schmidt, die eine Ortsgruppe der Sozialistischen Jugend Deutschlands gründete und später Familienministerin wurde. Alle diese Namen betreffen ausschließlich die erste Reihe an Ministern. Was auf den unteren Ebenen an Staatssekretären, Ministerialdirektoren, -räten und -dirigenten und schließlich in Bundesämtern und Universitäten durch das Fegefeuer des sozialistischen Traums ging, füllt ganze Bibliotheken.

    Vor allem: der doch auffällige Überhang an Begeisterung für Maoismus, Stalinismus, Marxismus und Kommunismus in den rot-grünen Kabinetten Schröder holte und holt in Deutschland keinen Hund mehr hinterm Ofen der Mitte hervor. Das ist normal. Das sind Jugendsünden. Davon merkt man ja nichts, wenn erstmal Ministerwürden winken. Das nennt sich liberale Demokratie. Ideologische Tabus gibt es nicht. Zumindest fast. Denn mit gleicher Nonchalance darf man nicht rechnen, wenn in einer der kommenden Regierungen Ministerämter an ehemalige Mitglieder von Wehrsportgruppen, an Sympathisanten von Nazi-Aufmärschen und an Mitarbeiter rechtsradikaler Verlage vergeben würden. Das wäre im besten Deutschland aller Zeiten nicht nur ein veritabler Skandal, das wäre das Ende der Demokratie, das Ende des Rechtsstaats und das Ende überhaupt der Welt, wie wir sie kennen.

    Noch immer genießt der internationale Sozialismus – ganz im Gegensatz zum nationalen Sozialismus – einen hervorragenden Leumund und gilt als so etwas wie ein Durchlauferhitzer für die idealistische Jugend, um schließlich nach Abschmelzen des revolutionären Fettes verantwortungsvolle Aufgaben im Land übernehmen zu können. Das ist merkwürdig, denn nach 83 weltweit gescheiterten Versuchen, den Sozialismus/Kommunismus als Staatsform zu etablieren, schickt sich das ehemals reiche Venezuela momentan an, zur Nummer 84 zu mutieren mit allen bereits bekannten Folgen: Mangelwirtschaft, Armut, Unruhen, Abwanderung. Und trotzdem scheint die „idealistische Jugend nicht aus der Geschichte lernen zu wollen. In einem Land, wo „aus der Geschichte gelernt zu haben zur neuen Staatsräson wurde, ist das umso merkwürdiger.

    Der internationale Sozialismus unterscheidet sich vom nationalen Sozialismus darin, dass eben die ganze Menschheit auserwählt ist, den sozialistischen Traum zu leben, während der nationale Sozialismus die eigene Nation oder das eigene Volk als höherwertig und auserwählt ansieht. Nach 1945 kam der nationale Ansatz des Sozialismus verständlicherweise aus der Mode, der Traum vom Sozialismus jedoch blieb lebendig.

    Der nationale Sozialist stellt sich und die Eigenheiten seiner Nation über die der anderen Nationen, während der internationale Sozialist vorgeben kann, sich aus Liebe zur ganzen Menschheit zu deren Werkzeug zu machen. Wer sich fragen sollte, warum der internationale Sozialismus trotz vergleichbarer historischer Schrecken heute noch so viel mehr Sex-Appeal besitzt, wird hier die Antwort finden: Der internationale Sozialist kann sich im Glauben wähnen, die ganze Menschheit zu lieben, was in Zeiten der Globalisierung allemal sinnvoller erscheint, als nur sich selbst zu lieben und den Rest der Menschheit als minderwertig abzulehnen.

    Dem nationalen Sozialismus liegt in letzter Konsequenz das kriegerische Element gegen andere Länder und Völker inhärent inne. Der nationale Sozialist ist Bellizist, während der internationale Sozialist sich selbst als Pazifist begreift, ganz ohne Aggression aber auch nicht meint auskommen zu können und stattdessen den Bürgerkrieg liebt. Der Hass aufs Eigene wird elegant sublimiert durch die vermeintliche Liebe zu allen anderen.

    So trafen 1989/90 zwei Deutschlands aufeinander, von denen das eine Deutschland sich mit Freuden aller Zwangsbeglückungen der großen sozialistischen Internationale entledigte, wohingegen das andere Deutschland in der Wiedervereinigung einen historischen Rückschritt zur alten Volksgemeinschaft erlebte. Diese Erniedrigung hat die westdeutsche Intelligenzija den ehemaligen DDR-Bürgern niemals wirklich verziehen, und die Begeisterung, mit der spätestens seit 2015 das Projekt der post-nationalen Gesellschaft vorangetrieben wird, speist sich unter vielem anderen auch aus der verspäteten Rache für diese nie verwundene Schmach.

    So war die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 eine letzte politische Großtat, die einzig auf der tragenden Säule einer volkhaften Identitätsstiftung ruhte. Die Bewegung der westdeutschen Eliten hin zu einem vereinten Nationalstaat war daher auch mehr als widerwillig, und 30 Jahre später wiederholt sich nun drüben wie weiland hüben ein komplementärer Widerwille auf Seiten der Ostdeutschen, wenn ihnen leidlich Altbekanntes erneut als Segnungen einer großen Internationale verkauft werden soll. Diese beiden deutschen Grundbefindlichkeiten sollte man sich stets vor Augen halten, wenn man die seit 2015 so massiv eingetretene Spaltung des Landes ermessen will.

    Für viele – und selbstverständlich nicht nur für ehemalige DDR-Bürger – war der Umgang mit der Eurokrise seit 2010 ein Augenöffner, wie schnell nationale Souveränitätsrechte, parlamentarische Haushaltsrechte und europäische Währungsgesetze zugunsten dessen, was man das „europäische Friedensprojekt" zu nennen sich verpflichtet fühlt, ausgehebelt werden können und müssen. So musste das Bundesverfassungsgericht einschreiten, um den vom deutschen Volk gewählten Bundestag aus seiner Rolle als lächerlicher Abnickverein für die Politik Merkels und Schäubles zu befreien und die parlamentarischen Rechte wieder zu stärken. Und mit der Offenhaltung der Grenzen im Spätsommer 2015 ohne jeden demokratischen Parlamentsbeschluss wurde am deutschen Firmament ein Phänomen sichtbar, das in Demokratien nur ganz, ganz selten zu beobachten ist: die regierungstreue Opposition. Die sich, das sei nur am Rande bemerkt, auch nach der Bundestagswahl 2017 fortsetzt und regelmäßig Untersuchungsausschüsse wie dem zum BAMF-Skandal und Verfassungsklagen wie der zur Aussetzung des Dublin-Verfahrens verhindert.

    Die Begeisterung, mit der parlamentarische Regeln und staatliche Kontrollwerkzeuge 2015 über Bord geworfen wurden, war zutiefst verstörend. Die einen erklärten das Aufgehen Deutschlands als identitätsloser Besiedlungsraum innerhalb der EU zur antifaschistischen Herzensangelegenheit und begrüßten die große Internationale der Flüchtlinge mit eben jener Begeisterung, die sich aus dem post-nationalen – und das heißt immer auch: antifaschistischen – Projekt speist. Die anderen dagegen beschlich das höchst ungute Gefühl, die nationalstaatliche Identität solle ein für allemal aufgelöst und alle Souveräntitätsrechte an höchst dubiose Institutionen abgetreten werden, die, zwar von Berlin mitgestaltet, sich doch in Straßburg oder Brüssel der demokratischen Kontrolle entziehen. Hier sei an die Worte des ehemaligen Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) erinnert: „Wäre die EU ein Staat, der die Aufnahme in die EU beantragen würde, müsste der Antrag zurückgewiesen werden – aus Mangel an demokratischer Substanz." Martin Schulz muss es ja wissen.

    Hinter der Euphorie der offenen Grenzen und der Mobilmachung der richtigen post-nationalen Einstellung schien eine deutsche Sehnsucht auf, die sich aus vielem speiste, aber ganz sicher nicht aus politischem Sachverstand. Die Weigerung, über eine Obergrenze für die Aufnahme von sogenannten Flüchtlingen auch nur zu debattieren, bedeutete einen Paradigmenwechsel, wie er seit 1945 nicht mehr stattgefunden hatte: Es war der erneute Einbruch des Absoluten und Unbedingten in die deutsche Politik.

    Selbstverständlich hat jedes Land und jede Nation eine Obergrenze bezüglich der Aufnahmekapazität Fremder, so wie ein Land eine Obergrenze an Arbeitslosigkeit oder Auswanderung hat, bevor es bricht. Ob sie bei einer Million, zwei Millionen oder drei Millionen Menschen pro Jahr liegt, diese Erwägung muss zuvörderst das Ergebnis einer politischen Debatte sein.

    Der Verzicht auf ebendiese Debatte bei gleichzeitiger Kollektiv-Einstimmung in eine massenmediale und massen-psychotische Hurra-Mentalität – flankiert von rigoroser Abstrafung aller Kritiker und Zweifler – ist als Versuchung den Deutschen ins schicksalhafte Volksbuch geschrieben. Doch galt unter den demokratischen Eliten der Mitte seit 1945 der Konsens, auf jedwede Mobilmachungen des Absoluten und Politreligiösen zu verzichten. Diesen für Demokratien im Allgemeinen und für die Deutschen im Besonderen eminent wichtigen Konsens gebrochen zu haben, darf man, neben allen ihren sachpolitischen Fehlleistungen, der Kanzlerin am nachhaltigsten vorwerfen. Wenn maßvolle Politik durch Gesinnung und Entgrenzung ersetzt wird, ist die fundamentale Spaltung des Landes nicht schwer vorhersagbar. Jede Religion schafft immer erst ihre Häretiker.

    Der absoluten Grenzenlosigkeit der Aufnahmekapazität entsprach die Grenzenlosigkeit des staatlichen Territoriums wie auch die zur Schau getragene grenzenlose Güte der politischen Moral. Ob die weitreichenden Unterlassungen des Spätsommers 2015 wirklich in deutschem Interesse, wichtiger aber: ob es die politisch klügsten Entscheidungen gewesen waren, diese nicht unwesentliche Frage überließ man der außerparlamentarischen Opposition in Gestalt der AfD, mit der überhaupt nur in Kontakt zu treten jedoch inbrünstig verboten wurde.

    Es existieren einige Ängste in den Deutschen, die man leicht und kollektiv aktivieren kann, um sie politisch zu instrumentalisieren. Die größten Ängste der moralisch Hochbegabten lauten: Umwelt (Atom, Klima), Amerika (Israel, Krieg) und Rechts (Nazi, Auschwitz), während sich die größten Ängste der Abgehängten um sozialen Abstieg (Armut, Hartz-IV), Überfremdung (Rassismus, Ausländerhass) und Islam (Terror, Geburten-Dschihad) drehen. Das simple Spiel ist, dass die einen behaupten, man habe gar keine Ängste, sondern es seien echte Gefahren, während die Ängste der anderen für eingebildet und nichtig erklärt werden. Bisher war es immer Aufgabe der gesellschaftlichen Mitte gewesen, so zu tun, als seien alle Ängste begründet und Teil des politischen Diskurses, ohne dass dabei der Sachverstand und der Pragmatismus aus den Augen verloren wurde. Durch das Eingebettetsein Deutschlands in einen internationalen Kontext waren die Handlungsspielräume, die alle diese deutschen Ängste mit Wucht auszufüllen begehren, begrenzt.

    Der größte Teil der Unwucht, die Deutschland inzwischen ereilt hat und die nicht wenige als einen Linksruck der gesellschaftlichen Mitte bezeichnen, liegt in der Tatsache begründet, dass die einen Ängste – Abstieg, Überfremdung, Islam – als schlecht und „nicht hilfreich" ausgegrenzt werden, während die anderen Ängste – Umwelt, Krieg, Rechts – zum Maßstab der Regierungspolitik erhoben wurden. Und das im Alleingang ohne Rücksicht auf internationale Kontexte.

    Die Politik der Regierung Merkel gegenüber den USA, also der größten westlichen Schutzmacht gegenüber, ist desaströs. Die durch Frank-Walter Steinmeier in den Rang des Offiziellen erhobene Beleidigung des US-Präsidenten Donald Trump als Hassprediger überschritt jede diplomatische rote Linie, die deutsche Regierungspolitiker bei so lupenreinen Despoten wie Putin oder Erdogan noch einhalten.

    Der Ausstieg aus der Kernenergie und der Klimarettungsfetisch, der mit Dieselverboten und Selbstanklageritualen einher geht, mögen die naturromantischen Grünen und die ihnen eigenen Untergangsängste besänftigen und die Energiepreise in ungeahnte Höhen katapultieren, gesellschaftlich dürften sie erheblich mehr Schaden anrichten, als sie national von Nutzen sind. Andere Länder, die dieser deutschen Angst ebenfalls so gewissenhaft frönen, sind auf weiter Flur nicht auszumachen.

    Die wirkmächtigste und die gesellschaftliche Mitte am schnellsten und gründlichsten in Beben versetzende Angst jedoch ist die Angst vor Rechts. Diese Angst umschließt inzwischen alles, was Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Islamfeindschaft, EU-Skepsis und Merkelkritik beinhaltet, und diese Angst wird mit berechenbarer Zuverlässigkeit jedes Mal aktiviert, wenn die unsägliche Regierungspolitik des maximalen Nichtstuns ihre zwangsläufigen Opfer fordert.

    Das Muster ist leicht durchschaubar, seine Wirkmächtigkeit nimmt rapide ab, aber es wird dennoch weiter angewandt: Überrollt ein islamistischer Attentäter 12 Menschen auf dem Berliner Breitscheidplatz, versammelt sich die politische Klasse Deutschlands mit einem fundamentalistischen Imam, um ein Zeichen gegen Islamophobie zu setzen. Wird eine Fünfzehnjährige in Kandel von einem Afghanen, gegen den bereits eine „Gefährderansprache durch die Polizei erfolgt war, vom Leben zum Tod befördert, ist der am lautesten geäußerte Vorwurf im Blätterwald, dass die Rechten das Verbrechen zu instrumentalisieren versuchen. Ein Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft lässt sich fröhlich mit dem türkischen Despoten Erdogan ablichten, und Deutschland diskutiert über den eigenen Rassismus. Ein mutmaßlicher Leibwächter Osama bin Ladens und islamistischer Gefährder wird in sein Herkunftsland Tunesien, in das jährlich tausende von Deutschen zum Urlauben reisen, abgeschoben, und Deutschland diskutiert über das Ende des Rechtsstaats, weil die Abschiebung unter Umständen nicht rechtens war. Und werden in Chemnitz drei junge Männer auf einem Straßenfest von mehreren Asylbewerbern gemessert und einer von ihnen stirbt, stellt sich die Kanzlerin am übernächsten Tag vor die Mikrofone und bescheinigt, dass es Hetzjagden gegen Ausländer gegeben habe, und das könne man nicht zulassen. Dass sich ihr Wissen ausschließlich auf eine mehr als nur dubiose Quelle mit Namen „Antifa Zeckenbiss bezieht, ficht weder die Kanzlerin noch ihren Regierungssprecher an. Wichtiger ist, die Reihen geschlossen zu halten, indem die Angst vor Rechts am Köcheln gehalten wird.

    Die Toten, die Morde, die Untätigkeiten der Behörden, der ganze Schlammassel, den eine planlose aber gesinnungsgeschwängerte Politik zu verantworten hat, tritt bei der Angst vor Rechts regelmäßig in den Hintergrund. Und der Reflex, sich bei Schuldanklage sofort mit sich selbst zu beschäftigen, gehört als politischer Kollateralnutzen zum Narrativ der Deutschen, die eben aus der Geschichte gelernt haben wollen.

    So schaffte es die politische Klasse in Deutschland im Verbund mit den Kirchen, Gewerkschaften und NGOs, die demokratische und politische Debatte über eine im wahrsten Sinne des Wortes tödliche Politik regelmäßig zu verhindern, parlamentarische Abstimmungen zu umgehen und alle, die eine Abkehr vom humanitätstrunkenen Sonderweg der Deutschen forderten, in die Nähe von Demokratiefeinden zu rücken. Die AfD avancierte zum größten Glücksbringer der politischen Eliten, denn ohne AfD hätten politische Argumente ins Feld geführt werden müssen. Doch die blieben aus. Bis heute. Stattdessen zog man mit der AfD als Monstranz durch die Straßen und rief zum „Aufstand der Anständigen" auf.

    Wenn alle gutmeinenden demokratischen Kräfte in Deutschland zum aktiven Widerstand aufrufen, weil eine zugelassene Partei ihrer nach Parteigesetz auferlegten Pflicht zu einem Bundesparteitag nachkommt; Politiker dieser Partei dann von ihren Gegenern mit Dachlatten durch die Stadt Köln getrieben werden und nur die Polizei mit erheblichem Aufwand für halbwegs Ruhe sorgen kann; dann mögen sich die Gutmeinenden richtig gut fühlen, der Demokratie und dem Rechtsstaat ist jedoch mehr geschadet, als sie in ihren Sonntagsreden je wieder gutmachen können. Und wenn protestierende Bürger

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